auswärtigen Politik aber reichte es aus, daß der General Ludendorff sich fügte — zornig, widerstrebend oder schweigend. Vor dem Kronrat vom 11. September, in welchem er erneut für Lüttich plädierte, hatte der General Haeften empfangen und ihn darauf vor- bereitet, daß er militärische Sicherungen anstreben würde — Haeften wider- sprach und drang nicht durch, aber er gewann den Eindruck: dem General liegt auch heute die Vermeidung des vierten Kriegswinters vor allem am Herzen, und er wird im Kronrat nachgeben. Nachher nahm er nicht anders an, als daß die Entscheidung Seiner Majestät für alle Teile bindend sein würde. Für ihn stand seit dem 9. August fest: die Zustimmung zu der Er- klärung über Belgien ist von dem General Ludendorff zu erlangen, sowie eine entschlossene Regierung sie fordert als das einzige M ittel, um entweder im Jahre 1917 zu einem Verständigungsfrieden zu gelangen oder für die Kampagne von 1918 die Feinde zu schwächen und zu spalten. So entschließt sich Haeften am 20. September dazu, Kühlmann aufzusuchen. Das denk- würdige Gespräch nahm etwa folgenden Verlauf: Zunächst erklärte Haeften, die Lage sei reif für eine Initiative des Staatssekretärs des Auswärtigen. Die Meichsleitung könne jecßt die öffentliche Erklärung über Belgien bei der Obersten Heeresleitung durchseczen. Da gab Kühlmann die Antwort: Das geht euch Soldaten gar nichts an. Nunmehr forderte Haeften die Erklärung über Belgien als kriegspolitisches Machtmittel, auf dessen Anwendung in unserer heutigen Lage die Armee Wert legen müsse. Da m einte der Staats- sekretär ungeduldig: Das werden Sie mir überlassen, den Zeitpunkt zu be- stimmen, wann ich diese Erklärung abgebe. Wer sagt Ihnen überhaupt, daß ich dieses Hferd verkaufen will. Das ist mein bestes Pferd im Stall.“ Zum PVerständnis für Kühlmanns olitik sei erneut betont, daß er nie und nimmer daran dachte, Belgien zu behalten. Er war für die vollständige Wiederherstellung der belgischen Souveränität und Integrität. Ihn lähmte aber die diplomatische Doktrin: nur kein Pfandobjekt entwerten, ehe die Verhandlungen im Gange sind; und sie hoffte er durch die bewährten Mittel der Geheimdiplomatie herbeizuführen. So tauchte immer wieder der Denk. fehler auf, eine amtliche Friedensbereitschaft in England vorauszusetzen. Gewiß lagen damals einige maßvolle Außerungen englischer Minister vor, aber das waren meist nur Manöver, um die kriegsstörenden Pazifisten ruhig zu halten. Jeder geheime deutsche Fühler, mochte er über Spanien, über Pacelli-de-Salis, über Rosen-Heemskerk führen, mündete bei Lloyd George, und Lloyd George wollte Krieg. 1 Aussage des Generals v. Haeften vor dem Zweiten AUntersuchungsausschuß am 2. März 1922. Beinz Max von Baden 10 145