wir unsere Worte nicht so wählen, daß wir nur Konzessionen zu machen schienen: Indem wir unsere Zustimmungserklärung be- fristeten und davon abhängig machten, daß auch die Alliierten dem Selbst. bestimmungsrecht der Völker zustimmten, gaben wir den Russen die schöne Rolle, als Sieger im Ideenkampf Bedingungen stellen zu können, die wir unter diesen oder jenen Einschränkungen anzunehmen bereit wären. Grund- sätze auf Frist und Widerruf gibt es nicht, solange man sich noch die Kraft zutraut, das durchzusetzen, was man für recht hält. Soweit war unser diplomatisches Verhalten ideenarm und unfruchtbar gewesen, aber wir hatten wenigstens unsere internationale Lage noch nicht entscheidend verschlechtert. — Am 28. Dezember 1917 begingen wir den nicht wieder gut- zumachenden Fehler: wir erweckten vor der ganzen Welt und vor den deutschen Massen den Eindruck, als ob im Gegensaßz zu dem russischen Verhalten unsere Zustimmung zu dem Selbstbestimmungsrecht der Völker unaufrichtig war und Annexionsabsichten dahinter lauerten. Wir lehnten die russische Forderung nach freier und ungehemmter Volksabstimmung in den besetzten Gebieten mit der Begründung ab: die Kurländer, Litauer, Polen hätten bereits über sich selbst bestimmt. Niemals durften wir die willkürlich eingesetzten oder erweiterten Landesräte als berufene Volks- vertretungen ansprechen. Das russische Verlangen nach einem Referendum war entweder vor- behaltlos anzunehmen oder durch die Forderung nach einer verfassung- gebenden Nationalversammlung, hervorgegangen aus allgemeinen Wahlen, zu ersetzen. Die sofortige Räumung war natürlich abzulehnen. Wir konnten sie für die Zeit nach dem Kriege unbedenklich zugestehen, jetzt aber hatten wir den Russen und der Welt klarzumachen: Die Gefahr einer un- zulässigen Wahlbeeinflussung durch eine die Ordnung aufrechterhaltende militärische Besatzung ist verschwindend gering gegenüber dem Terror des Bürgerkrieges, den zu entfesseln im Plan der Bolschewiki lag. Wir durften getrost unser Recht und unsere Oflicht proklamieren, die blutige Diktatur der Droletariats von den befreiten Nationen fernzuhalten, ebenso wie von unserer eigenen Landesgrenze, an die gerade die Russen durch ihr Räumungsverlangen herankommen wollten. Ferner: Wem das Wort „Civis Germanus sum“ keine DPhrase, sondern eine Sendung bedeutete, der durfte in Brest-Litowsk nicht sprechen und handeln, als ob wir an dem nichtbesetzten Lioland und Estland desinteressiert wären. Dort saßen vielhundertjährige Hüter unserer Kultur. Sie hatten unsere Sprache und Art bewahrt durch schwedische und russische Gremdberrschaft 191