„Über die heutige englische Auffassung ist es ebenfalls schwer, sich eine klare Tatbestandaufnahme zu machen. Lord Northeliffe und Reuter halten es für ihre vornehmste Aufgabe, Deutschland nur das England zu zeigen, mit dem es nur einen Kampf auf Leben und Tod geben kann. Gewiß, auch andere Stimmen schallen herüber. Aber die eigentlich entscheidende Frage bleibt: Welches ist das Kräfte— verhältnis der widerstreitenden Richtungen? Diese Frage ver— mag ich nicht zu beantworten. „Eines steht fest: Der Versailler Kriegsrat proklamiert noch einmal die Entscheidung nur durch Waffengewalt. Es liegen manche bedenklichen Parallelen vor zwischen der Situation Ende 1916 und heute. Auch damals gab es in England starke Strömungen — die, Morning Post“ enthüllte, sie reichten bis in das Kabinett hinein, ja sie nennt die Namen ihrer Exponenten, — die einen Frieden durch Anterhand- lungen begünstigten, natürlich nur einen Frieden, der sich mit der Ehre und Sicherheit Englands vereinen ließ. Lloyd George sah seine große Offensive bedroht, auf die er sich als Kriegsminister so freute, und hielt die Knock-out-Rede,t die die Kriegsleidenschaften aller Länder zu seiner Hilfe aufrief. So kam die Kampagne von 1917 zustande. Heute gibt es wieder Männer aller Parteien in England, die nach einem Aus- weg sich umsehen — eine öffentliche Aussprache zwischen Staats- männern war soeben im Gange, wie 1916 in den Auseinander- setzungen zwischen Grey und Bethmann über die Friedensliga — da tritt der Versailler Rat zusammen und stößt den Verhandlungs- gedanken zurück, und England setzt sich für die Wiedereroberung Elsaß-Lothringens ein.“ Dr. Mantler wandte mir hier ein, es sei von neutraler Seite mehr- fach darauf hingewiesen, daß Lloyd George sich gewandelt hätte; er hätte in bezug auf Elsaß-Lothringen das Wort „reconsideration“ gebraucht, im Gegensag zu der früheren Kampfansage à outrance, die in der Forderung der Rückgabe enthalten war. Ich antwortete: „Auch mir sind derartige Heilungsspmptome von neutralen Freunden angezeigt worden. Ich wurde auf die Rede vor den Gewerkschaften? und auf die frühere Glasgower Rede verwiesen, in der er die Kolonien zur Verfügung einer Konferenz stellen wollte. Mir fehlte gleich der Glaube. Lloyd George ist nun einmal in der Weltgeschichte als der Ex- ponent des Knock-Out-Militarismus, des unerbittlichen Vernichtungs- 1 Vom 28. September 1916 (Boxer-Interview). 2 Vom 5. Januar 1918, siehe oben S. 195f. 221