In Genf war er dem amerikanischen Professor Herron zugeführt worden. In seiner anschaulichen Art schilderte er uns, wie Herron von Präsident Wilson nur mit einem ehrfurchtsvollen Schauder sprach wie von einem Propheten, daß Herron sich selbst als von dem großen Manne eingeweiht bezeichnet und dann mit heiligen Eiden versichert hätte, Wilson werde sofort den Frieden in die Hand nehmen, sobald seine Punktationen vom Reichskanzler Grafen Hertling in einer öffentlichen Rede, ohne Vor- behalte, angenommen wären. Haußmann hatte den englischen Wortlaut der Beteuerung noch behalten; sie mußte in der Tat eindringlich gewesen sein, um Haußmann im Gedächtnis zu bleiben, denn er konnte kein Wort Englisch. Im reinsten Schwäbisch zitierte er uns die Worte: „As sure as Christ was nailed on the cross, Wilson will make peace“.1 Haußmann selbst schien diese Aktion nicht sehr ernst zu nehmen, war nur unbedingt von der Gutgläubigkeit des Mannes überzeugt. Darin hat er recht behalten. Herron hat es nach dem Kriege als eine Gewissenssache betrachtet, seiner Entrüstung über Wilsons Verrat an den eigenen Idealen öffentlich Ausdruck zu geben. Ernster schien Haußmann eine Angelegenheit, die ein in der Schweiz lebender holländischer Hazifist an ihn herangebracht hatte:# Je dreiführende Parlamentarier aus England und aus Deutschland, die für den Ver- ständigungsfrieden arbeiteten, sollten zu einer Zusammenkunft in der Schweiz bewegt werden. Der Holländer wollte wissen, daß der britische Vertreter in Bern, Sir Horace Rumbold, Interesse für den Plan ge- zeigt habe. Am ihn zu verbindern, warf Haeften ein. Tatsächlich er- 1 „So sicher, wie Christus ans Kreuz geschlagen wurde, wird Wilson Frieden machen.“ * VUgl. George D. Herron, Der Pariser Frieden und die Jugend Europas, Berlin 1920, S. 15 f.: „Ich glaubte fest und treu daran, daß Amerikas Teilnahme an dem Kriege dessen ganze innere Beweggründe verändern und ihn schließlich so ab- •chuchen würde, daß er der letzte der großen Menschheitszwiste sein würde.“ — „Einige Zeit nach der amerikanischen Kriegserklärung kamen verschiedene hervorragende Oeutsche zu mir nach Genf, um von mir Näheres über Amerikas Absichten zu er- fahren.“ — „Später — und hier beginnt meine wirkliche Schuld — überzeugte ich noch die Deutschen von etwas anderem, und zwar von etwas, an das ich selber ebenfalls glaubte, nämlich von der absolut sicheren Einhaltung der 14 Dunkte.“ — „Noch niemals, seitdem die traurige Geschichte unseres Geschlechtes begann, ist soviel Macht zum Guten und zum Hohen, zum Schönen und zum Edlen in die Hand eines einzigen Mannes (Wilson) gelegt wesen. Aber ach . niemals noch berichtete unsere menschliche Chronik von einer mitleiderregenderen Tragödie, als der vom Versagen dieses Mannes und von seiner Unfähigkeit, den Hoffnungen und dem Ver- trauen der Bölker gerecht zu werden."“ (S. 12.) 2 Ggl. Haußmann, a. a. O., S. 172ff. 226