dorthin geschickt werden. Gleichzeitig setzten gewaltige Angriffe auf der Westfront ein. Man hätte ihnen noch standgehalten, aber man müsse damit rechnen, daß die Angriffe fortgesetzt würden. Bestimmend für die Verschlechterung der Lage seien zwei Faktoren gewesen: 1. Die Tanks. Sie waren in unerwartet großen Mengen eingesetzt worden, häufig so überraschend, daß ihnen die Nerven der Leute nicht gewachsen waren. 2. Die Ersatzlage. Der laufende Ersaß reiche nicht einmal zu einem ruhigen Winterfeldzuge. Jede 24 Stunden können die Lage verschlechtern. Major v. d. Bussche schloß damit, ein Telephonat zu verlesen, das am Nachmittag eingetroffen war: Großes Hauptquartier, 1. Oktober 1918,7 1 Uhr 30 nachm. Angekommen 2 Uhr nachm. Wenn bis heute abend 7 bis 8 Uhr Sicherheit vorhanden ist, daß Prinz Max von Baden die Regierung bildet, so bin ich mit dem Aufschub bis morgen vormittag einverstanden. Sollte dagegen die Bildung der Regierung irgendwie zweifelhaft sein, so halte ich die Ausgabe der Erklärung an die fremden Regierungen heute nacht für geboten. v. Hindenburg. Ich wehrte mich gegen das Drängen der Obersten Heeresleitung: Wenn die Lage so ernst wäre, dann sei sie durch ein Waffenstillstandssangebot nicht mehr zu retten, dann müsse man es eben darauf ankommen lassen, ob die Katastrophe eintritt oder nicht; die Aberstürzung des Friedens., be- sonders aber des Waffenstillstandsangebots müsse furchtbare politische Folgen haben. Dazu gäbe ich meinen Namen nicht ber. Gleich darauf begab ich mich zu Herrn v. Berg und erklärte ihm, daß ich die Kanzlerschaft nicht übernehmen könne. Das Waffenstillstands angebot sei ein verhängnisvoller Fehler, und ich würde es nicht unterzeichnen. Herr v. Berg antwortete: „Sie waren zwar nicht mein Kandidat, aber ich habe keinen anderen.“: Darauf entgegnete ich in großer Erregung: Ich scheute mich nicht vor dem Opfer, aber es dürfe kein sinnloses Opfer sein, und das wäre es, wenn mein erster Schritt als Kanzler die Bitte an den Feind sein müsse. Ich machte ihm als dem nächsten Berater des Kaisers Vorwürfe, daß man mich erst riefe, nachdem es zu einem solchen Bankrott 1 Amtliche Urkunden Nr. 22. 2 Noch zweimal erhielt ich in den folgenden Tagen die gleiche Antwort, als ich Herrn v. Berg gegenüber mich weigerte, die Kanzlerschaft, belastet mit dem Waffen- stillstandsangebot, zu übernehmen. 336