gekommen wäre, ich solle nun meinen Namen und mein Ansehen hinein- werfen, um noch zu retten, was zu retten sei. In eine solche Zwangslage brächte man keinen Menschen und kein Volk. Herr v. Berg warf ein: „Sehen Sie, jetzt werden Sie schon nervös.“ Ich antwortete ihm: Die Nachrichten, die ich hier vorfände, begründeten wahrlich meine Erregung. Im übrigen sei ich gar nicht in der Lage, das Kanzleramt anzunehmen ohne Zustimmung des Großherzogs von Baden, die nach Lage der Dinge durch den Kaiser erbeten werden müsse. Major v. d. Bussche unterbrach unser Gespräch, um Herrn v. Berg das Telephonat der Obersten Heeresleitung mitzuteilen und auf Beschleuni- gung der Regierungsbildung zu drängen. Erließ den Einwand Bergs nicht gelten, daß es technisch unmöglich sei, heute nacht noch die Verbindung zwischen dem Kaiser und dem Großherzog von Baden herzustellen. Er glaubte offenbar an bösen Willen. Ich ließ die beiden Herren in heftigem Wortwechsel zurück. Ehe ich mich wieder zu Herrn v. Dayer begab, ging ich lange mit Haeften in der Wilhelmstraße auf und ab — ich erklärte dem Vertreter der Obersten Heeresleitung, daß ich das Reichskanzleramt nur übernehmen könnte, wenn mir General Ludendorff politische Freiheit des Handelns ließe. Ein Waffenstillstandsangebot mache jede Friedensaktion, wie ich sie beabsichtigte, unmöglich. Ich forderte ihn auf, den General Ludendorff umzustimmen. Zum mindesten müßte ich vierzehn Tage Zeit verlangen, um innen- und außenpolitische Vorbereitungen zu treffen. Haeften war wie verwandelt, die alte Frische und Sicherheit waren dahin. Er kämpfte die ganze Zeit den inneren Kampf zwischen Einsicht und Gehorsam. Der Mann zerbrach fast an diesem Konflikt. Einen Augen- blick schien es mir, als wolle er sich frei machen und Oudendorff entgegen- treten. Aber dann verfinsterte er sich wieder und sagte fast formelhaft: Die Armee braucht Ruhe, das Wasffenstillstandsangebot muß beschleunigt heraus. Da rief ich ihn auf, sich in meine persönliche Lage zu versetzen. Die Unterzeichnung der Bitte an Wilson würde meine Zukunft als Bundes- fürst unerträglich belasten. Haeften hielt mir entgegen: Eure Großherzog- liche Hoheit sind nicht nur badischer Thronfolger, sondern auch General der preußischen Armee, um deren Schicksal es jetzt geht.“ Bei Payer trafen wir Hintze und Roedern. Bald erschien auch wieder Major v. d. Bussche, um zu treiben. Er sprach sich Oberst v. Haeften gegen- über sehr unwillig aus über das Trödeln der Zivilisten: man müsse den Herren die eiserne Faust ins Genick setzen. Der Staatssekretär des Auswärtigen vertrat die Auffassung: Es sei am 29. September im Hauptquartier zum Beschluß erhoben worden, das An- Prinz Max von Baden 22 337