sondern auf Grund des neuen Verfassungslebens beruht. Ebenso wichtig ist heute aber auch das Zutrauen anderer. Drängt sich mir die Über— zeugung auf, daß meine Person ein Hindernis auf dem Wege des Frie- dens ist, so werde ich es in diesem wie in jedem anderen Fall für meine pflicht halten, mein Amt zu verlassen.“ Ich verließ sofort das Beratungszimmer, aber hatte schon während meiner Rede einen Stimmungsumschwung gespürt: die Herren erbaten sich Abschriften der Erklärung zur Verwertung in ihren Fraktionen und vertagten sich auf den nächsten Morgen. Am 13.Oktober teilte Ebert dem wieder versammelten Interfraktionellen Ausschuß mit, daß die dem Parteivorstand verlesene Erklärung des Kanzlers großen Eindruck gemacht habe, daß vor der endgültigen Ent- scheidung aber noch die Fraktion gehört werden müsse. Als anschließend Erzberger — im Auftrag handelnd — erklärte, die Oberste Heeresleitung müsse die Verantwortung für die militärischen Konsequenzen eines Kanzler- wechsels ablehnen, hätte für mein Gefühl Schluß gemacht werden können. Aber die Rückfragen und Diskussionen in den Fraktionszimmern schleppten sich noch tagelang hin, bis die sozialdemokratischen Minister endlich die Erlaubnis erhielten, im Kabinett zu verbleiben. — Dabei hatte Solf, unterstützt von Graf Nangzau, die Herren auf das seltsame Schauspiel hingewiesen, das wir dem Ausland bereiteten: man verstünde draußen nicht, daß wir in unserer Lage so viel Kraft und Zeit auf die Brief- affäre verschwenden könnten. 1 Bei der Erwähnung meiner Stellung zur Wahlrechtsfrage (oben S. 401) ist ein Irrtum unterlaufen: anstatt „Ende Juni“ mußte es heißen: Mitte Juli. 403