schlechtern, unter denen Ihr die Waffen ruhen lassen oder zum letzten Verteidigungskampf erheben werdet. Gewährt der Feind einen Waffen- stillstand, der Eure und des Deutschen Volkes Ehre wahrt, so werdet Ihr Euch sagen dürfen, daß er die Folge Eures heldenmütigen Aus- harrens ist. Sind die Bedingungen für Deutschland unannehmbar, so heißt Mein letztes Wort an Euch: Bisher habt Ihr auf fremder Erde den Ruhm der deutschen Waffen gemehrt, jetzt verteidigt den Heimat= boden mit aller Kraft, die in Euch ist. Richtet die Blicke und die Herzen nur gegen den Feind! Sorgt Euch nicht um die Heimat! Sie wird alles tun, um Euch zu helfen; denn unser ganzes Volk lehnt es ab, sich ehrlosen Bedingungen ohne Kampf zu unterwerfen.“" Ich habe Jahre später diese Entwürfe dem Mitarbeiter aus meiner Kanzlerzeit gezeigt, der bis zum letzten Augenblick der schärfste Gegner der Abdankung des Kaisers war. Als er die Proklamationen „An mein Volk“ und „An mein Heer“ gelesen hatte, rief er aus: „Das wäre die Rettung gewesen." Der Drinz Friedrich Karl kam gegen Abend, wie ich glaubte, um sich zu verabschieden. Ich orientierte ihn über die Auffassung des Haupt- quartiers; er sollte wissen, welch wohlorganisierten Widerstand gegen die Abdankung er vorfinden würde. Aber der Prinz selber war im Laufe des Tages schwankend geworden. Die Abwehrparole der Obersten Heeres- leitung hatte den Soldaten in ihm berührt, auch war er betroffen durch die Unsicherheit maßgebender ziviler Persönlichkeiten, die zwar von der Notwendigkeit der Abdankung überzeugt schienen, aber vor der lethten Konsequenz zurückschreckten, aus Sorge vor der unberechenbaren Wirkung auf das Heer. Ich rief Simons herein und unterrichtete ihn über die Zweifel des Prinzen. Da fuhr er auf — die gewohnte Korrektheit und Geduld verließen ihn, und mit leidenschaftlichen Worten wandte er sich an den Prinzen Friedrich Karl: wenn er nicht vor den Kaiser hintreten könnte wie Luther vor dem Reichstag in Worms: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir!“ dann würde die MReise besser unterbleiben. Der Prinz erwiderte, das sei ihm nicht möglich; ohne selbst überzeugt zu sein, könne er den Kaiser nicht überzeugen. Simons ging binaus, um den Extrazug abzubestellen. Draußen traf er Prittwitz und andere Mitarbeiter. Man beschwor ihn, noch einmal zum DPrinzen von Hessen zu geben und alles zu tun, damit die Reise doch zustande käme. Diese letzte Hoffnung dürfe nicht zuschanden werden. 550