1015 102 Zweites Hauptstück. Geschichte Thüringens (bis zum Auftreten erblicher Land- grafen) und der von Thüringen ausgegangenen Marken (1130). — — 1. Das eigentsiche Thüriugen. Seit den Tagen Heinrichs des Sachsen und der Ottonen tritt Thüringen mehr und mehr aus dem früheren fränkischen Systeme in das sächsische herüber. Hervorragende Bedeutung gewann es seit dem Untergange des alten Königreichs zum ersten Male wieder in Heinrichs Kämpfen gegen König Kon- rad I.; daß sich Heinrich hier behauptete, entschied sein über- gewicht und bahnte ihm nachher den Weg zum Throne. Die Kämpfe mit den Slaven, die Grenzstellung gegen Böhmen und Sorben gaben dem Lande ein politisches Gewicht, wel- ches durch die vorgeschobenen Marken von selbst wegfallen mußte. Von der sächsischen Periode an erscheint es fast wie ein deutsches Binnenland, und wenn ein Thankmar, ein Hein- rich in demselben und von demselben aus ihre dem Reichsober- haupte feindselige Nolle spielen, so beurkundet die ziemlich rege Theilnahme der Thüringer daran ein unverkembares Streben, durch eigene Fürsten ein Reichsland wie Franken, Baiern, Schwaben und Sachsen zu bilden. Was also in den nächsten zwei Jahrhunderten in Thüringen geschieht, ist nur abgerissen und unvollständig auf uns gekommen. Der Mangel kirchlicher Selbständigkeit macht sich in jeder Weise fühlbar, zumal der- selbe auch nicht durch das Vorhandensein anderer bedeutender geistlicher Stiftungen ersetzt wurde. Von Wichtigkeit war nur die Abtei Memleben, eine Stiftung Kaiser Ottos II., die aber schon 1015 durch Kaiser Heinrich II. dem Kloster Hersfeld untergeben wurde 1), das auch andere Stiftungen und zahlreiche 1) Wahrscheinlich wurde dadurch auch die Lebensabhängigkeit des Landstrichs zwischen Zschopan, Mulde und Striegis vom Kloster Heröfelb begrindet, wo Kaiser Otto II. dem Kloster Memleben die custelln ot locu Doblin und IIwoznie (Goznej geschenkt hatle.