$ 3. Charakter des Staates und der Verfassung. 11 Dtaatsgewalt ist nicht ein einzelner Mensch, sondern eine Personenmehrheit. Es ist die alte, in den deutschen Städten des Mittelalters allgemein ausgebildete repu- blikanische Ratsverfassung, umgeändert in die Ver- fassung eines modernen Rechtsstaates. Herkömmlich pfest man unter den Republiken Aristokratien und Demokratien zu unterscheiden; bei den ersteren hat eine bevorrechtiste Klasse, bei den letzteren haben die Bürger im ganzen die höchste Gewalt. Die demokratischen Verfassungen wieder haben einen sehr verschiedenen Charakter, je nachdem der Wille des Volkes unmittelbar zur Geltung kommt oder durch Einfügung aristokratischer Elemente gehemmt ist. Die Bremische Verfassung von 1849 war rein demokratisch; das Volk in breiter Masse war Herrscher im Staate; die heutige Verfassung dagegen zeigt beidemokratischem Grundcharakter manche aristokratische Elemente, so in den Wahlbestimmungen für Senat und Bürgerschaft und in der Abgrenzung der Zuständigkeit beider. Die höchste Staatsgewalt wird von Senat und Bürgerschaft gemeinschaftlich ausgeübt (Verf. $ 3). Ihrer beider Wille, zum Aus- druck gebracht durch übereinstimmende Beschlüsse beider Organe, ist der höchste Wille im Staate. Dieser Satz enthält das Fundament und Grundprinzip der Verfassung; er findet dann seine Ausgestaltung in den einzelnen Einrichtungen einmal nach der Richtung, daß die beiden höchsten Organe formell gleichberechtigt und voneinander unabhängig sestellt sind, und weiter darin, daß ihr gemeinsamer Wirkungs- kreis grundsätzlich und im Zweifel alle Staats- angelegenheiten umfaßt... Nach diesem Grundsatz hat die Bürgerschaft eine wesentlich andere Stellung als die Volksvertretungen der monarchischen deutschen Bundesstaaten. In den letzteren ist der Fürst In- haber der Staatsgewalt, der Landtag ein beschränkender