— 42 — würde an sich bedeuten, daß jede Veränderung des Gebietes nur in den Formen der Verfassungsänderung erfolgen könnte, wenn nicht wie in der preußischen VU. Art. 1 ein gewöhnliches Gesetz für ausreichend erklärt wird. Das Gebiet aller deutschen Einzelstaaten ist aber gleichzeitig Reichsgebiet. Auch dieses ist in Art. 1 RV. unter der Bezeich- nung Bundesgebiet verfassungsmäßig festgelegt durch Aufzählung der Staaten, die das Bundesgebiet ausmachen. Die Folge, daß demnach jede Veränderung des Bundesgebietes nur in den Formen einer Verfassungsänderung erfolgen könne, ist aber für das Reich nicht wie für Preußen durch Zulassung eines einfachen Gesetzes ausgeschlossen. Jede Veränderung des Reichsgebietes mit staats- rechtlicher Wirkung bedarf daher eines formellen Verfassungsge- setzes des Reiches. Veränderungen des Gebietes eines deutschen Einzelstaates im Verhältnisse zu einem anderen deutschen Einzelstaate können, da dadurch das Reichsgebiet nicht berührt wird, nach vorherigem völkerrechtlichen Abkommen der beteiligten Staaten staatsrechtlich durch Gesetze der Einzelstaaten ohne jede Mitwirkung des Reiches vorgenommen werden. Das Reich würde in den Formen der Ver- fassungsgesetzgebung nur mitzuwirken haben, wenn etwa durch die Gebietsveränderung ein deutscher Einzelstaat unterginge und das Stimmverhältnis im Bundesrate berührt würde. Soll dagegen Gebiet eines deutschen Einzelstaates dem Aus- lande gegenüber verändert werden, so bedarf es eines überein- stimmenden Reichs= und Landesgesetzes, das für beide staatliche Organisationen die Veränderung ihres Gebietes vornimmt. Ein Reichsgesetz allein würde genügen, wo es sich bloß um die Veränderung von Reichsgebiet handelt, z. B. in Elsaß-Lothringen. Die patrimonialstaatliche Auffassung betrachtete die Gebiets- hoheit vom Standpunkte des privatrechtlichen Eigentums, suchte womöglich entweder ein unbeschränktes oder wenigstens ein Ober- eigentum lehnrechtlichen oder ähnlichen Charakters durchzuführen. Erst in dem modernen Staate ist die Gebietshoheit rein öffent- lichrechtlich geworden. Ob das Gebiet ein selbständiger Gegen- stand der Staatsherrschaft ist, wird bestritten. Die herrschende