— 179 — 5. Der Kaiser ist der Vertreter der Reichsstaatsgewalt in den reichsunmittelbaren Gebieten. Denn § 3 des Vereinigungs- gesetzes vom 9. Juni 1871 und Art. 2 8§ 1 das Verfassungsgesetzes vom 31. Mai 1911 hat ihm die Ausübung der Staatsgewalt in Elsaß- 17. April 1886 25. Juli 1900 die Ausübung der Schutzgewalt in den deutschen Schutzgebieten übertragen. In Elsaß-Lothringen erhält er dadurch eine gewisser- maßen landesherrliche, in den Schutzgebieten eine annähernd ab- solute Gewalt. Während die Regierungsbefugnisse des Bundesrates ein für allemal festliegen, sind die des Kaisers in stetig aufstrebender Ent- wicklung begriffen. Die Mannigfaltigkeit seiner Regierungsrechte kapselt die bundesrätlichen allmählich ein und macht ihn zu einem wirklichen monarchischen Reichsoberhaupte. Diese Entwicklung vollzieht sich durchaus rechtmäßig auf den verfassungsmäßigen Grund- lagen der Reichsverfassung durch die Macht der Verhältnisse und das Reichsherkommen. Die kaiserliche Regierung, die es ursprüng- lich neben der des Bundesrates gar nicht geben sollte, hat letztere längst überholt und ist schon heute eine ganz andere als 1871. Lothringen, § 1 des Schutzgebietsgesetzes vom 8 44. Die Keichegerichtebarkeit. Das Reich hat eine Gerichtsbarkeit in doppelter Hinsicht als oberste Gerichtsbarkeit und als Staatsgerichtsbarkeit. I. Oberste Gerichtsbarkeit. Wo das Reich das Recht der Gesetzgebung hat, nimmt es nur selten deren Durchführung für sich in Anspruch, sondern überläßt sie der Verwaltung der Einzelstaaten. Unter allen Umständen beansprucht es aber da, wo es die Gesetzgebung hat, auch die Beaufsichtigung namentlich im Interesse der einheitlichen Durch- führung. An sich hat die Aufsicht der Kaiser durch seine Behörden, die Beschlußfassung über Mängel der Bundesrat (vgl. § 43). Wenn jedoch die Durchführung der Reichsgesetze seitens des Einzelstaates im Wege der Rechtsprechung erfolgt, würde eine solche Beschlußfassung des Bundesrates einen Eingriff in die Unabhängig- 12*