— 187 — Reichskanzler gleichzeitig preußischer Ministerpräsident ist, erscheint als politisch wünschenswert, doch nicht als notwendig. Zeitweise 1873 (Bismarck-Roon) und 1891—1894 (Caprivi-Eulenburg) sind beide Amter getrennt gewesen. Doch muß der Reichskanzler wegen der Verbindung des Auswärtigen Amtes mit dem preußischen Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten preußischer Minister des Auswärtigen und Mitglied des preußischen Staatsministeriums sein. Er muß überhaupt einen maßgebenden Einfluß auf die preußi- sche Politik haben und mit ihr einverstanden sein, da der leitende Reichsbeamte nicht nach Anweisungen des preußischen Ministeriums im Bundesrat und Reichstag handeln kann, mit denen er nicht übereinstimmt. Damit verbietet sich endlich von selbst das parlamentarische System des Ministerwechsels nach wechselnden Mehrheiten der Volksvertretung. Denn die obersten Verwaltungen Preußens und des Reiches müssen in engster Verbindung miteinander stehen. Preußisches Abgeordnetenhaus und Reichstag haben aber verschiedene parlamentarische Mehrheiten. Das parlamentarische System würde wiederum den organischen Zusammenhang der beiden obersten Ver- waltungen zerreißen und entweder überhaupt die Verwaltung zum Stillstande bringen oder, da das nicht möglich ist, die eine der beiden Volksvertretungen zugunsten der anderen mediatisieren. II. Die Sinzelgebiete der Verwaltung. *§ 46. Huswärtiges. Die auswärtige Verwaltung ist zu behandeln von einem doppelten Gesichtspunkte, dem des Verhältnisses von Reich und Einzelstaat und dem der auswärtigen Verwaltung des Reiches an sich. Bei beiden sind die internationalen Organe und die inter- nationalen Rechtsakte zu erörtern. I. Verhältnis von Reich und Einzelstaat. Im Gegensatze zum Entwurfe der Reichsverfassung von 1849 ist dem Einzelstaate die völkerrechtliche Persönlichkeit und auswärtige Hoheit nicht entzogen, aber doch dem Reiche das unbedingt Not- wendige gegeben, so daß beide staatliche Organisationen nebenein- ander eine auswärtige Verwaltung haben.