— 249 — von ihm abhängigen Verwaltungsbehörden. Der Präsident hat daher trotz der zeitlichen Beschränkung eine unendlich viel größere Gewalt als der parlamentarische König. Die parlamentarische Präsidentschaft knüpft dagegen an die lberlieferungen des parlamentarischen Königtums an. Der Präsi- dent muß daher seine Exekutive ausüben durch ein parlamentarisches Ministerium je nach der Mehrheit der zweiten Kammer. Den Präsidenten unmittelbar vom Volke wählen zu lassen, wäre bei den cäsaristischen Uberlieferungen bedenklich. Schon die Wahl durch die Nationalversammlung muß ihm den Stempel der Abhängigkeit von der Volksvertretung aufdrücken, den er während seiner ganzen Amtsperiode behält. Infolge der zeitlichen Beschränkung fehlt dem Präsidenten auch der soziale Einfluß des parlamentarischen Mo- narchen. Rein dekorativ, ist die parlamentarische Präsidentschaft die schwächste Ausprägung des selbständigen Staatsgedankens. 3. Demokratische Tyrannis. Die demokratische Tyrannis ist weder dem Altertume noch dem Mittelalter fremd. Sie zeigt sich in den hellenischen Stadt- staaten beim Übergange von der Aristokratie zur Demokratie, im römischen Kaisertume, in den Tyrannengeschlechtern der italienischen Renaissance und im Protektorate Cromwells. Doch die reinste Ausprägung für die Neuzeit bildet das erste und zweite fran- zösische Kaiserreich. Nach starken revolutionären Bewegungen ersehnt die Gesellschaft Ruhe um jeden Preis, besonders Sicherheit der Person und des Eigentums. Das ist die geeignete Stätte für den Retter der Gesell- schaft, der sich zunächst tatsächlich in den Besitz der Gewalt setzt. Ihre Legitimation empfängt die Tyrannis, indem das souve- räne Volk durch Plebiszit den Gewalthaber erwählt und die von ihm vorgeschlagene Verfassung annimmt. Der Gewalthaber hat nicht eigenes Recht wie der legitime Monarch. Er leitet sein Recht vom Volke her. Doch das Volk hat ihm alle Gewalt übertragen und sich in ihm verkörpert. Er hat daher eine größere Gewalt als ein legitimer absoluter Monarch. Zum Scheine ist er mit konstitutionellen Einrichtungen umgeben. Aber der Erwählte kann sich jeden Augenblick über die Volksvertretung hin-