6 Erster Abschnitt. Erster Abschnitt, 82. Allgemeine Kennzeichnung der Verfassung. Stellung nach außen. Nach Art. 1 der Verfassung bildet der lübeckische Frei- staat unter der Benennung „die freie und Hansestadt Lübeck“ einen selbständigen Staat des Deutschen Reiches. Damit wird das Vorhandensein eines besonderen Staatswesens vor- ausgesetzt, die Art seiner Verfassung angedeutet, die Selb- ständigkeit des Staates betont und seine Zugehörigkeit zum Reiche ausgesprochen. Daß es sich um ein Staatswesen, nicht lediglich eine städtische Gemeinde handelt, ergibt sich nicht sowohl daraus, daß außer der Stadt selbst auch anderes Gebiet in Frage kommt, sondern daraus, daß die zur Verwaltung (im weiteren Sinne) berufenen Organe ihre Rechte nicht von einer höheren Gewalt ableiten. Mit der Bezeichnung als Freistaat ist aus- gesagt, daß die Verfassung republikanisch ist. An der Spitze des Staates steht nicht eine einzelne Person, ein Monarch, sondern ein aus gewählten Mitgliedern bestehendes Kollegium, der Senat. Die Selbständigkeit des Staates erleidet durch die in Art. 1 der Verfassung ausgesprochene Zugehörigkeit zum Reiche diejenige Beschränkung, die für alle deutschen Bundestsaaten in ihr lieg. Nur soweit ihnen überhaupt Souveränität zukommt*), kann auch Lübeck als souveräner Staat angesehen werden. In der Aufzählung der Bundesstaaten in der Reichsver- fassung (Art. 1) stehen die freien Städte an letzter Stelle, in der Reihenfolge Lübeck, Bremen, Hamburg. Die Mitregent- schaftsrechte am Reiche im Bundesrat, übt der Senat allein aus (gemäß Art. 18 der Verfassung; siehe unten). Danach ist die Wahl und Instruktion des Bevollmächtigten zum Bundes- *) Vgl. hierzu besonders Laband, Deutsches Reichs- staatsrecht (das öffentliche Recht der Gegenwart, Bd. I), 1907, Ss. 15 ft.