V.KAPITEL Neujahr 1905 . Denkschrift der englischen Admiralität über Flottenfragen » Fall von Port Arthur » Neucrliche und bedenkliche Erregungszustände bei Wilhelm II. . Die belgische Neutralität - Der ein Jahr vorher erfolgte Besuch des Königs Leopold von Bel- gien in Berlin . Dessen damalige Unterredung mit Bülow, sein Töte-A-Töte mit Wil- helm II. - Richtlinien Bismarcks hinsichtlich unserer Stellungnahme zur belgischen Neutrnlität - Graf Alfred Schlieflen über das belgische Problem » Artikel der Deutschen Revue - Feststellung des Auswärtigen Amtes vom 6. VII. 1920, bezüglich angeblicher Meinungsverschiedenheiten mit dem Gencralstabe über die Frage eines Durchmarsches durch Belgien « Generaloberst Moltke über die belgische Frage «- Wunsch Wilhelms II. nach einem Bündnis mit Dänemark » Betrachtungen zur außen- und innenpolitischen Lage im Jalıre 1905 » Der englische Botschafter Lascelles über Wilhelm II. » Idiosyn- krasie des Kaisers gegen Japan D: Jahr 1905, von dem ein dunkles Gefühl den Völkern und insbe- Neujahrs- sondere uns Deutschen sagte, daß es ein ereignisreiches sein würde, von predigt und dem viele besorgten, daß ihm im Zeitenschoße mehr schwarze als heitere Defiliercour [ge zuhten, begann für mich, wie üblich, in der Kapelle des Königlichen Schlosses. Rechts vom Altar saßen die Staatsminister, links die Ritter vom Schwarzen Adler. Ich hatte die Wahl, ob ich meinen Platz bei den einen oder bei den anderen nehmen wollte, schloß mich aber grundsätzlich den Ministern an, die als feste Pfeiler den preußischen Staat stützten oder jedenfalls stützen sollten, während die Ordensritter in ihren Ordens- ınäntelo von rotem Samt mit blauem Futter diesen Staat mehr als ornamen- taler Schmuck zierten. Gegenüber dem Altar saß der Kaiser mit der Kai- serin, umgeben von den Prinzen des königlichen Hauses und den zur Neujahrscour in Berlin erschienenen fürstlichen Gästen. Es gab keinen aufmerksameren Zuhörer als Wilhelm II. Er, sonst so quecksilberig, lauschte der längsten Predigt und dem langweiligsten Vortrag mit gespann- ter Aufmerksamkeit und in der unbeweglichen Haltung, die er bei allen Hofzeremonien und auf allen Paraden zeigte. Darin wie in vielem anderen war mir der Kaiser entschieden über. Vorträgen oder Predigten zu folgen, war mir von Jugend an beschwerlich. Selbst im Reichstag hörte ich den Rednern nur zu, wenn ich wußte, daß ich auf ihre Ausführungen sofort würde antworten müssen. Während der Predigt in der Schloßkapelle pflegte ich die Königsbilder zu mustern, mit denen die romantische Phan-