Der Kaiser nach der Trennung V.KAPITEL Das Verhalten des Kuisers Wilhelm II. gegenüber Bülow nach dessen Rücktritt » Preß- treibereien + Schiernann + Unterredung des Kaisers Wilhelm II. mit dem Grafen Friedrich Vitzthum-Lichtenwalde über den Rücktritt des Fürsten Bülow - Verdächtigung in der „Märkischen Volkszeitung‘ « Schreiben Bülows an Bethmann + Antwort Bethmanns aus Linderhof « Wahnschuffe, Chef der Reichskanzlei, in Norderney + Briefwechsel zwischen Fürst Bülow und Bodo von dem Knesebeck über die November-Ereignisse von 1908 s konnte nicht ausbleiben, daß manche unschönen Züge im Wesen Wilhelms II.nach meinem Rücktritt auch mir gegenüber zutage traten. Ich hatte während meiner zwölf Ministerjahre wiederholt Beobachtungen gemacht, die mich nachdenklich stimmten und die mich wenig Erfreuliches für die Zeit erwarten ließen, wo die Politik uns trennen würde. Ich hatte mir in dieser Hinsicht daher nie Illusionen gemacht und, trotz der bisweilen fast überschwenglichen Beteuerungen seiner freundschaftlichen und herz- lichen Gefühle für mich, von Wilhelm II. nicht erwartet, daß er sich gegen mich weniger undankbar und weniger rücksichtslos benehmen würde als gegenüber manchen anderen und insbesondere gegenüber meinem größten Vorgänger. Es gab aber hier eine gewisse Grenze, die ich zu wahren ent- schlossen war. Wilhelm II. war, das kann ich nicht oft genug hervorheben, an und für sich im Verkehr mit Menschen, die ihm sympathisch waren und solange sie ihm sympathisch waren, ein netter Kerl. „Comme l’Empereur est bon gargon“, sagte mir einmal während der Kieler Woche ein liebenswürdiger und intelligenter Franzose, der mit dem Kaiser, dem Prinzen Heinrich, einigen Admirälen und mir den ganzen Tag, von acht Uhr morgens bis neun Uhr abends auf dem „Meteor“ gesegelt war. Wilhelm II. konnte wirklich ein guter, ein sehr guter Junge sein. Er konnte leider auch ein unartiger Junge sein, wenn ihn, den Neurastheniker, üble Laune plagte oder wenn ihn die Hybris überkam, der alte Fluch autokratisch angelegter und dabei nicht in sehr festen Schranken gehaltener Monarchen. Solange ich 1909 in der Nähe des Kaisers weilte, ließ er sich nicht völlig gehen. Er beobachtete eine gewisse Vorsicht und wahrte das Staatsinteresse wie seine eigene Würde. Gewiß wird er nach den Novembertagen mit Hans Oppers- dorff, Theodor Schiemann, Eckardstein, Eugen Röder und ähnlichen