XI KAPITEL Die deutsche Politik unmittelbar vor Ausbruch des Weltkrieges - Stellung Wilhelms II. zum Kriegsproblem » Bethmann als Diplomat » Seine Unterredung mit dem englischen Botschafter Goschen + Staatssekretär von Jagow + Bericht des belgischen Gesandten Beyens + Wilhelm Stumm » Zimmermann » Diego von Bergen » Wie war die damalige diplomatische Lage? enn ich nun die Frage wiederhole, die ich in jener unvergeßlichen Unterredung, deren Verlauf und Inhalt ich mir notierte, an Bethmann richtete, wie eigentlich alles gekommen sei, so möchte ich eine Äußerung an die Spitze stellen, die im Mai 1915, wenige Tage bevor Italien den Öster- reichern den Krieg erklärte und ich Rom verließ, mein alter Freund Alberto Pansa im Garten der Villa Malta an mich richtete. Pansa war aus der Schule von Visconti-Venosta hervorgegangen. Er hatte außer mehreren Gesandtschaften, darunter Belgrad, Bukarest und Peking, drei Botschaften: Konstantinopel, London und Berlin, mit Auszeichnung ge- führt. Er verband Gewissenhaftigkeit mit Nüchternheit, er war kein Pedant, aber sachlich und gründlich, nie aufgeregt, vorsichtig, nicht ängst- lich, stets aufmerksamer Beobachter. Er nahm nach dem Rat von Thiers rien au tragique, aber tout au serieux. Er sagte mir im Mai 1915: „Mr. Beth- mann et ses collaborateurs ont &Et& beaucoup moins mechants, criminels, sanguinaires, belliqueux que les ennemis de l’Allemagne ne le disent. Mais vos gouvernants ont €t€ au mois de Juillet dernier cent mille fois plus betes qu’aucune fantaisie ne peut se le figurer. Sans vouloir la guerre ils ont par leur maladresse jete sur eux-mömes et sur votre malheureux pays tout l’odieux de cette Epouvantable catastrophe.“ Diese Worte eines alten, erfahrenen Diplomaten treffen den Nagel auf den Kopf. Als Deutscher, aber auch als Europäer, der vieler Menschen Städte gesehen und Sitte gelernt hat,sage ich mit gutem Gewissen, daß alles in allem das deutsche Volk das friedlichste aller Völker war und ist. Während alle übrigen Nationen, die Engländer und die Franzosen, die Russen und die Amerikaner, die Spanier, die Japaner und die Balkan- völker, in den dreiundvierzig Jahren, die den Frankfurter Frieden von dem Beginn des Weltkrieges trennen, kleinere und größere, zum Teil große und Die Frage der Kriegsschuld