— 373 — es kann daher die diesem Kinde gewährte Unterstützung nicht als eine ihm selbst gewährte angesehen werden. Ebenso verfehlt ist der Einwand des Verklagten, daß der Lauf der Frist durch den vom Kläger an den Verklagten gestellten Antrag auf Uebernahme der Katharina N. unterbrochen worden sei. Denn nur ein Antrag des Verklagten auf Uebernahme des X. hätte nach 8. 14 ibid. den Lauf der Frist unterbrechen können. Ein solcher Antrag ist niemals erhoben worden und hat auch nicht erhoben werden können, weil eine öffentliche Unterstützung des X. niemals statt- gefunden hat. Dagegen kommt allerdings in Frage, ob der Umstand, daß die verehelichte K. durch die ihrem unehelichen Kinde seit dem 1. April 1872 gewährte öffentliche Unterstützung für mitunterstützt zu erachten ist, es rechtlich hinderte, daß sie am 1. Juli 1873 in das von ihrem Ehemann in diesem Zeltpunkte erworbene neue Hülfsdomizil mitüberging. Diese Frage ist jedoch zu verneinen. Wie das Bundesamt bereits wiederholt angenommen hat (Erk. vom 9. Juni 1873 in Sachen Harriehausen e. Hannover und vom 13. September 1873 in Sachen Dorstfeld c. Seppenrade), gilt der Grund- satz, daß eine einmal begonnene Fürsorgepflicht für den obligirten Verband so lange fortdauert, wie die Nothwendigkeit der öffentlichen Unterstützung selbst, wohl für den Erwerb des Unterstützungs- wohnsitzes durch Aufenthalt, da der Lauf der Erwerbsfrist nach positiover Vorschrift während der Dauer einer gewährten Unterstützung ruht, nicht aber für den Erwerb des Unterstützungswohnsitzes durch Verehelichung. Die Vorschrift des §. 15, daß die Ehefrau vom Zeitpunkte der Eheschlie- ßung den Unterstützungswohnsitz des Mannes theilt, ist eine unbedingte und gestattet nicht die Sanktion einer Ausnahme für den Fall, daß die Ehefrau zur Zeit der Eheschließung oder der Ver- änderung des ehemännlichen Hülfsdomizils während der Ehe bereits aus öffentlichen Mitteln unter- stützt wird. Die entgegengesetzte Annahme würde dem Prinzip der Familieneinheit widersprechen. Die Nechtsregel des §. 15 begründet in gleicher Weise die Sukzession der Frau in einen während der Ehe vom Manne erworbenen neuen Unterstützungswohnsitz, wie den Eintritt in das bei Ein- ehung der Ehe vorhandene Hülfsdomizil des Mannes. Beide Fälle müssen daher der gleichen recht- ichen Beurtheilung unterliegen und es kann deshalb auch eine während der Ehe eingetretene Unter- stützung der Frau die Theilnahme derselben an einem hinterher vom Manne erworbenen neuen Unterstützungswohnsitz nicht ausschließen, vorausgesetzt, daß diese Unterstützung nicht zugleich als eine dem Manne gewährte zu betrachten ist, in welchem Falle eine Veränderung des Hülfsdomizils des Letzteren durch fortgesetzten Aufenthalt überhaupt nicht denkbar wäre. Eln solcher Fall liegt aber nach dem Ausgeführten hier nicht vor. Hat nach alledem die verehelichte X. mit ihrem unehelichen Kinde am 1. Juli 1873 den Un- terstützungswohnsitz in Frankfurt a. M. erlangt, so erscheint das angefochtene Erkenntniß vollkommen gerechtfertigt und muß daher dasselbe auf Kosten des Verklagten bestätigt werden. 5. Post-Wesen. Fahrposttarif vom 1. Januar 1874 ab. Der für den Fahrpostverkehr mit Oesterreich-Ungarn gegenwärtig gültige Tarif bleibt bis auf Weiteres noch über den 1. Januar 1874 hinaus bestehen. Der vom 1. Januar 1874 ab im inneren Verkehr des Reichs-Postgebiets, im Wechselverkehr des Reichs-Postgebiets mit Bayern und Württemberg und im Verkehr zwischen Bayern und Württemberg in Kraft tretende neue Tarif für Packet= und Werthsendungen wird mithin auf Fahrpostsendungen nach und aus Oester- reich-Ungarn, sowie auf die im Transit durch Oestlerreich-Ungarn zu befördernden Fahrpostsendungen zu- nächst keine Anwendung finden. Dagegen liegt es in der Absicht, den neuen Tarif auf den gesammten Fahr- postverkehr mit dem Auslande auszudehnen, soweit derselbe durch deutsche Auswechselungs-Postanflalten direkt vermittelt wird. Hiernach kommt der besondere Auslands-Tarif im Verkehr mit den meisten fremden Ländern in Fortfall und wird vorläufig nur für Sendungen bestehen bleiben, welche im Transit durch Oesterreich-Ungarn Beförderung erhalten, z. B. nach und aus Friechenland via Triest, Jtalien auf dem Wege über Oesterreich 2c.