— 172 — 5. Heimath- Wesen. Zwei Erkenntnisse des Bundesamts für das Heimathwesen. A. Hat die höchste landesgesetzliche Instanz über einen die örtliche Abgrenzung zweier Armenverbände betreffenden Streitpunkt entschieden, so ist die desfallsige Entscheidung als elne endgültige auch für das Bundesamt bindend (§. 41 des Reichsges. v. 6. Juni 1870). B. Erhebt sich dagegen ein solcher Streltpunkt erst in der bei dem Bundesamte anhängigen Instanz, hat dieselbe also der höchsten landesgesetzlichen Instanz noch nicht zur Entscheidung vorgelegen, so ist das Bundesamt durch den §. 41 cit. nicht gehindert, selbst darüber Entscheidung zu treffen. Zu A. Der Armenverband der Stadt Berlin verlangte von dem Armenverbande Cloeden Erstattung der auf einen hülfsbedürftigen Knaben verwendeten Armenpflegekosten mit der Behauptung, daß der Vater des Knaben, der Schmled F., durch mehrjährigen Aufenthalt auf dem zur Domäne Cloeden gehörigen Vorwerke „der Rettig" in dem durch die Domäne und mehrere dem Forstfiskus gehörige Gebäude gebildeten Bezirke des verklagten Armenverbandes Unterstützungswohnsitz erworben habe. Der Verklagte bestritt dieses und behauptete namentlich, der F. habe sich nicht in seinem Bezirke, sondern in demjenigen der bäuerlichen Gemeinde Cloeden aufgehalten und zwar in dem, vormals einem gewissen Schuster gehörigen Hause, welches auf einem ebensalls "der Rettig“ genannten Areale belegen, von dem Pächter der Domäne vor längeren Jahren eigenthümlich er- worben und dazu eingerichtet worden sei, um den auf der Domäne beschäftigten Arbeitern in der Nachbarschaft dle auf der Domäne nicht vorhandenen Wohnungen gewähren zu können. Die Deputation für das Heimalh- wesen zu Merseburg erklärte es für nicht erwiesen, daß das Haus, in welchem der F. während der entscheidenden Zeit gewohnt habe, zum Bezirke des verklagten Armenverbandes gehörig gewesen sei und wies deshalb die Klage ab. Das Bundesamt hat diese Entscheidung am 30. März 1874 bestätigt und dabei Folgendes ausgeführt: Es kann auf die Erörterung aller sonstigen streitig gebliebenen Fragen nicht welter ankommen, wenn das Grundstück, auf welchem der Vater und nach dessen Tode die Mutter des in Berlin ver- pflegten Knaben während der zum Erwerbe des Unterstützungswohnsitzes erforderlichen Zeit gewohnt haben soll, nicht zum Bezirke des Armenverbandes gehört hat, welcher durch die Domäne Cloeden In Verbindung mit dem Königlichen Forstfiskus, in Ansehung der dem letzteren gehörigen Gebäude, gebildet wird. Denn damit fällt die unerläßliche Voraussetzung jedes Erstattungsanspruchs an diesen Armenverband fort. Ob dies aber dennoch der Fall oder ob das fragliche Grundstück zu elnem Areale gehörte, welches ebenfalls wie das Vorwerk der Domäne „der Rettig“ genannt wird, aber zum Bezirle des Armenverbandes der Gemeinde Cloeden gehört, erscheint lediglich als eine Frage über die örtliche Abgrenzung zweier Armenverbände unter einander, rücksichtlich welcher es nach §. 41 des Reichsgesetzes endgültig bei der Entscheidung der höchsten landesgesetzlichen Instanz — hier der Deputation für das Heimathwesen — bewendet, mit welcher mithin das Bundes-Amt im Wege der Berufung nicht weiter befaßt werden kann. Die Deputation hat nun in ihrem Erkenntnisse dahin entschieden, daß der Kläger den Beweis, das Grundstück, auf dem der etc. F. mit seiner Familie gewohnt hat, gehöre zum Domänenbezirk Cloeden, nicht beigebracht habe und es ist damit fur die gegenwärtige Sache endgültig festgestellt, daß nach der Begrenzung der beiden Armenbezirke das fragliche Grundstück nicht zu demjenigen der Domäne Cloeden gehört. Ob die Deputation hierbei über die Beweislast richtig geurtheilt, ob sie die vom Kläger in Bezug genommenen Beweismtttel sachgemäß gewürdigt hat, sind Fragen, welche, da die desfallsige Entscheidung der Kritik des Bundesamts nicht weiter unterliegt, hier nicht mehr erörtert werden können. —