— 241 — Instanz für die interterritorialen Streitsachen beschränkt sein soll. Daß ein solcher Rechtszustand eine Konsequenz darstellen würde, welche unvereinbar wäre mit der durch §. 61 des Reichsgesetzes begründeten Gegenseitigkeit der sich nicht auf das Verhältniß zwischen dem vorläufig Unterstützenden und definitiv Verpflichteten beschränkenden Rechte und Pflichten zwischen allen Armenverbänden im Geltungsgebiete des Reichsgesetzes, sowie mit der Gleichstellung in der Ver- folgung ihrer Rechte, welche durch den §. 7 den sämmtlichen Orts- und Landarmenverbänden ge- währleistet wird, bedarf keiner Ausführung. Auch bezüglich der territorialen Sachen, über welche der §. 37, Absatz 1, bestimmt, führt die bekämpfte Ansicht zu Resultaten, für welche es an jeder Rechtfertigung fehlen würde. Allerdings sind durch den §. 65, Absatz 5, welcher wieder auf den §. 37 zurückweist und slch zunächst nur auf den, durch das Reichsgesetz neu eingeführten Bundesprozeß bezieht, — conf. §. 37, Abs.2— die in den einzelnen Bundesstaaten bestehenden das Verfahren in territorialen Streitigkeiten bisher regelnden Vorschriften der Landesgesetze nicht ohne Weiteres aufgehoben worden. Andererseits hat aber wieder der §. 37, Abs. 1, indem er die Regelung des Verfahrens in territorialen Streitsachen der Landesgesetzgebung überließ, dies nur in demselben Umfange gethan, in welchem der Paragraph überhaupt von Streltigkeiten zwischen Armenverbänden über die öffentliche Armenpflege spricht und demnach über dieselbe bestimmt. Es würde also auch das der Landesgesetzgebung überlassene Gebiet auf die Klagen der vorläufig unterstützenden gegen den definitio verpflichteten Armenverband be- schränkt sein, wenn die Auslegung richtig wäre, welche dem §. 37 bisher gegeben worden ist. Auf welchem Wege alle anderen, die öffentliche Armenpflege zwischen Armenverbänden desselben Staates betreffenden Fragen zur Entscheidung gebracht werden sollen, würde das Gesetz dann unentschieden gelassen und es wenigstens nicht ausgesprochen haben, daß auch insoweit das Verfahren durch die Landesgesetzgebung zu regeln sei. Alle politischen Gründe, welche denkbarer Weise zur Beschränkung der Kompetenz des Bundesamtes, einer Reichsbehörde, auf eine gewisse Kategorie von interterritorlalen Streitsachen hätten führen können, fallen natürlich fort bei den teritorialen Streitsachen. Es ist also absolut kein Grund erfindlich, weshalb rücksichtlich dieser Sachen, welche, so lange nicht ein spontaner Akt der Landesgesetzgebung ein Anderes in Gemäßheit des §. 52 des Reichsgesetzes be- stimmt hat, der Kompetenz der eingesetzten Reichsbehörde entzogen bleiben, und nach wie vor in allen Fällen durch die Landesbehörde in letzter Instanz entschieden werden müssen, eine Unter- scheidung gemacht und das Recht der Landesgesetzgebung über das Verfahren zu bestimmen, im §. 37, Absatz 1, nur rücksichtlich einer einzelnen Kategorie dieser Streitsachen ausdrücklich hätte anerkannt werden sollen, während man die Frage nach dem Verfahren in allen übrigen offen ließ. Der Gesetzgeber muß daher, da eine derartige, so auffallend lückenhafte Bestimmung, so wenig als eine Einschränkung der Landesgesetzgebung auf diesem Gebiete von ihm beabsichtigt gewesen sein kann, auch hier ein Anderes gewollt haben. Das Bedenken gegen die Fassung des §. 37 Absatz 1 zerfällt und die Lücke schwindet, wenn man den §. 37 in seinem Wortsinne nimmt, und von der Beschränkung absieht, welche ihm durch den §. 34 resp. 38 gegeben sein soll. Alsdann ist der §. 37, Absatz 1, so zu verstehen, daß die fernere Regelung des Streitverfahrens zwischen Armenverbänden desselben Staates über die öffentliche Armenpflege ebenso allgemein der Landesgesetzgebung vorbehalten bleiben sollte, wie sie ihr bisher zugestanden hatte. Nach dieser Auslegung konnte die Landesgesetzgebung es allgemein bei dem bisherigen Ver- fahren belassen, wie dies z. B. im Königreich Sachsen durch den §. 7 der Ausführungsverordnung vom 6. Juni 1871 geschehen ist, so daß in Gemäßheit des §. 1 des Gesetzes vom 30. Januar 1835 über die Administrativ-Justizsachen die Entscheidung über „Streitfragen zweier sich gegenüber stehenden Armenverbände über die Lasten der öffentlichen Armenpflege“, also ganz allgemein zur Kompetenz der Administratlv-Justizbehörden gehört. Die Landesgesetzgebung konnte auch durchgreifend ander- weitige Bestimmungen treffen, wie es in Preußen geschehen ist, wo der §. 40 des Ausführungs- gesetzes vom 8. März 1871 die Deputationen für das Heimathwesen indistincte zur Entscheidung von Streitigkeiten, welche gegen einen preußischen Armenverband von elnem anderen deutschen Armenverbande erhoben worden, also auch für alle territorlalen Streitsachen ohne Unterschied — conf. auch Instruktion vom 10. April 1871 zu den §§. 40—63 alinen 3 — eingesetzt hat, und in den folgenden Paragraphen jenes Gesetzes für die Deputationen ein den Rechtsweg gänzlich aus- schlleßendes Administrativ-Verfahren eingeführt worden ist.