— 349 — 5. Heimath- Wesen. Die Kosten der Kur und Verpflegung einer in polizeilichen Gewahrsam genommenen, vor ihrer Wieder- entlassung krank und kurbedürftig gefundenen Person fallen der öifentlichen Armenpflege nicht zur Last. Die Dienstmagd Christine H., welche unbestritten in Lippstadt ihren Unterstützungswohnsitz hat, wurde im Juni 1873 in der Bürgermelsterei Ehrenfeld bei Cöln wegen Landstreicherei in Haft genommen und behufs ihrer strafgerichtlichen Verfolgung in das städtische (Polizei-) Depot zu Cöln eingeliefert. Hier wurde sie ärztlich untersucht und syphilitisch gefunden. Das Polizei-Präsidium zu Cöln ersuchte nunmehr am 17. Juni 1873 die Armenverwaltung zu Cöln um Aufnahme der H., welche kurbedürftig sei, in das dortige Hospital, indem sie das weitere Ersuchen hinzufügte, die H. nach erfolgter Heilung wieder zur Disposition des Polizei-Präsidiums zu stellen. Die H. ist längere Zeit in dem Hospital geblieben und darin verpflegt worden, bis sie schließlich, nachdem das Poltzei-Präsidium im Einverständniß mit dem Bürgermeister von Ehrenfeld erklärt hatte, daß das frühere Ver- langen der Dispositlonsstellung nicht aufrecht erhalten werde, auf Begehren ihrer Heimathsgemeinde der letzteren zugesandt wurde. Der Ortsarmenverband Cöln forderte hierauf von dem Ortsarmenverband Llppstadt die Wiedererstattung der von ihm verlegten Kur- und Verpflegungskosten. Die Rheinische Deputation für das Heimathwesen hat den Erstattungsanspruch auch für begründet erachtet und den Verklagten zur Zahlung ver- urtheilt, das Bundesamt hat dagegen auf die Berufung des Verklagten das erste Urtheil abgeändert und die Klage abgewiesen. In den Gründen heißt es: Der Verklagte hat mit Recht den erhobenen Anspruch unter der Behauptung bestritten, daß die Christine H. aus sanitätspolizellichen Gründen auf Veranlassung des Pollzei-Präsidiums zu Cöln in das dortige Hospital zur Pflege aufgenommen worden sel, und deshalb die Kosten ihrer dortigen Verpflegung nicht als eine derselben gewährte Armenunterstützung betrachtet werden können. Auf eine Prüfung der Gründe, welche für das Polizel-Präsidium bei seiner Verfügung vom 17. Juni 1873 maßgebend waren, — einer Verfügung, die nur den unter übrigens koordinirten Behörden üblichen Geschäftsformen genügte, wenn sie sich in die Gestalt eines Ersuchens kleidete. — kann es nach Lage der Sache nicht ankommen. Nach der nähern Mitthellung des Polizei - Präsidiums an die Armenverwaltung vom 19. Juli 1873 war die etc. H. in der Bürgermeisterei Ehrenfeld wegen Landstreicherei in Haft genommen und behufs deren strafgerichtlichen Verfolgung dem städtischen Depot (Polizei-Depot) zu Cöln eingeliefert worden. Dortselbst dem Königlichen Kreisphysikus behufs ihrer ärzt- lichen Untersuchung vorgeführt, wurde ihre Kurbedürftigkeit wegen Syphilis festgestellt und deren Aufnahme ins Hospital bei der Armenverwaltung mit dem Ersuchen herbeigeführt, die H. nach erfolgter Heilung wieder zur Disposition des Polizel-Präsidiums stellen zu lassen, um sie dem Gericht, eventuell der einliefernden Behörde zur Verfügung stellen zu können. Daß das Schreiben des Polizei-Präsidlums vom 17. Juni 1873 an die Armenverwaltung, also eine Armenbehörde, gerichtet wurde, erklärt sich aus dem Verhältnisse des Bürger-Hospitals zur Armenverwaltung, welches sich daraus ergiebt, daß nach der Liquidation des Hospitals es die Kasse der Armendeputation ist, welche die Kosten der Verpflegung ausgenommener unzahlfähiger Kranken für ihre eigene Rechnung einzuziehen hat. Die in dem Schreiben an die Armenverwaltung vom 17. Juni 1873 enthaltene Requisition: die H. nach ihrer Wlederherstellung dem Polizei-Präsidium wieder zur Disposition zu stellen, konnte jeden- falls bei der Armenverwaltung keinen Zweifel über die Lage bestehen lassen, in welcher sich die H. bei ihrer Aufnahme in das Hospital befand. Sie war Polizeigefangene, und sollte als solche der Polizel nach ihrer Wiederherstellung auch wieder abgeliefert werden, und verlor diese Eigenschaft auch in der Zwischenzeit umsoweniger, als das Polizei-Präsidium in Cöln, wenn ihm auch die Aussicht über das dortige Depot zustand, doch gar nicht berechtigt gewesen sein würde, eine zum Zweck der gerichtlichen Verfolgung von der gerichtlichen Polizel einer andern Bürgermeisterel In das Depot eingelieferte Person auf eigene Hand, wenn auch nur vorläufig, aus der