— 362 — Korrespondenz hal der Armenverband Sulzbach die vorläufige Fürsorge für die in Altheim untergebrachten Kinder G. übernommen, jedoch aus Wiedererstattung seiner Auslagen und Uebernahme der Fürsorge seitens des Landarmenverbandes der Rheinprovinz verlangt, weil der G., welcher in Bayern als Ausländer ein Hülfs- domizil nicht habe erwerben können, bei seinem Tode seinen Unterstützungswohnsitz in Sulzbach längst verloren gehabt habe, also mit seinen Kindern landarm gewesen sei. Die Rheinische Deputatlon für das Heimathwesen hat unter dem 11. April 1874 den Verklagten nach den Anträgen der Klage verurtheilt und das Bundesamt auf die Berufung des Verklagten das erste Erkenntniß am 5. September dess. Js. bestätigt, indem es in den Gründen Folgendes ausführt. Es sleht unter den Parteien fest, daß selt dem vor etwa 15 Jahren erfolgten Abzuge der Familie G. nach Altheim auch das Familienhaupt G. selbst, wenngleich zunächst nur an den Sonn- und Feiertagen sich in Altheim aufgehalten hat, und kommt es daßer auf die Entscheidung an, ob in dieser zeitweisen Anwesenheit des G. in Altheim, wie der Verklagte behauptet, nur Besuche bei seiner Familie zu erblicken sind, so daß trotz dieser Entfernungen sein Aufenthalt in Sulzbach im armenrechtlichen Sinne als fortgesetzt zu betrachten wäre, oder ob angenommen werden muß, daß er sich auch persönlich in Altheim niedergelassen habe und daß durch sein späteres Zurückkehren und Verweilen in Sulzbach seine Abwesenheit von diesem Orte in armenrechtlichem Sinne nicht unter- brochen worden ist, Sulzbach also fortan als dessen Aufenthalt im Sinne des Reichsgesetzes vom 6. Juni 1870 nicht mehr habe betrachtet werden können. Faßt man die näheren Umstände ins Auge, von welchen der Umzug der Familie nach Alhelm begleitet war, so kann man nur mit dem ersten Richter die letztere Annahme für begründet erachten. Daß der G. auch für seine Person seinen Wohnsitz fernerhin von Sulzbach nach Altheim verlegen wollte, als er sich mit seiner Familie dorthin begab, dafür spricht, abgesehen von dem Heimathsscheine, welcher von G. behufe dieses Um- zugs bei den preußischen Behörden erwirkt wurde, und welcher, wle nicht bestritten ist, auch ihn persönlich umfaßte, namentlich der Umstand, daß er sich daselbst Grundeigenthum erwarb und damit in unverkennbarer Welse seine Absicht kund gab, in Altheim dauernd seinen Aufenthalt nehmen zu wollen, daß er dort unbestritten, nachdem seine erste Frau, mit welcher er in Sulzbach gelebt hatte, verstorben war, sich noch zwei Mal mit Frauen aus Altheim verheirathete, welche stets in Altheim verblleben sind, daß er in Altheim sich zur dortigen Kirche hielt, hier unbestritten zu den Steuern und öffentlichen Anlagen herangezogen wurde, während er, als er im Jahre 1869 in Sulzbach zur Klassen- und Kommunalsteuer herangezogen wurde, hiergegen mit andern in gleicher Lage befind- lichen Arbeitern bei der Königlichen Regierung zu Trier unter dem Bemerken reklamirte, daß er nicht in Sulhzbach, sondern mit seiner Familie in Altheim angesessen sei, und, wenn auch mit Ungrund, behauptete, daß er bayerischer Unterthan sei, somit also jedenfalls seine früheren Beziehungen zur Gemeinde Sulzbach selbst für gelöst betrachtete und hiermit auch, wie ebenfalls unbestritten ist, bei den Behörden durch- drang. Dann ist aber namentlich der Charakter des Arbeitsverhältnisses näher in Betracht zu ziehen, in welchem der G. seit jenem Umzuge und bis zu seinem Tode in der de Wendel'schen Koaksfabrik zu Sulzbach verblieben ist. Wenn er in Folge desselben sich auch während des bei Weitem größten Theiles des Jahres persönlich im Bezirke des klagenden Armenverbandes befunden hat, so stellt sich sein Aufenthalt in der dortigen Fabrik doch nicht als ein auf die Dauer berechneter dar, erscheint vielmehr, wie lange er auch gedauert haben mag, seinem Charakter nach stets nur als ein vorüber- gehender, selne Dauer als eine zufällige im Vergleiche zu dem Verhältnisse, in welches der genannte Arbeiter durch seine Niederlassung in Altheim an letzterem Orte getreten war. Wenn in den indu- striellen Gegenden die in einer Grube, auf einem Hüttenwerke oder in einer Fabrik beschäftigten Arbeiter sich auch nur für die Sonn- und Feiertage an den Ort ihrer Herkunft oder den Wohnort ihrer Familien zurückbegeben, also selbst die Nächte zwischen den Arbeitstagen in der Weise, wie sie vom Kläger dargestellt wird, in den eigens hierzu eingerichteten Schlafhäusern zubringen und sich mit Lebensmitteln beköstigen, welche sie am Montage mitgebracht haben, so trägt ein solches Zu- bringen der Nächte in solchen für die auswärtigen Arbeiter bestimmten Räumen doch immer nur den Charakter einer Beherbergung, nicht denjenigen eines eigentlichen, auf Dauer berechneten Unter- kommens. Für den Arbeiter, welcher in solcher Weise aus einer anderen Gemeinde auf ein Werk oder in eine Fabrik zur Arbeit kommt, liegt in dieser Entfernung aus seiner Heimathsgemeinde nach §. 10 des alleg. Reichsgesetzes keine Unterbrechung des Aufenthalts in der letzteren. Denn nach den dargestellten Umständen würde angenommen werden müssen, daß seine Entfernung zum Zweck der Arbeit stets nur in der Absicht erfolgt sei, dorthin nicht nur in den regelmäßigen Arbeitspausen,