— 273 — klärt hat, daß er das bisherige precarium wieder aufgerufen wissen wolle und eine Vergütung von der Gemeinde in Anspruch nehmen müsse und wenn eine solche ihm auch im Allgemeinen von dem anwesenden Gemeindevorsteher zugesichert worden ist, so kann dies ebensowenig dau aus-= reichen, der am 28. Februar 1874 erhobenen Klage die ihr fehlende thatsächliche Unterlage zu geben, als die fernere in dieser Instanz unter Beweis gestellte Thatsache, daß seit dem 20. No- vember 1874 die Wittwe K. und ihre Tochter anderweitig bei Kolon L. gegen 1 Thlr. wöchent- lich untergebracht worden und seit wenigen Tagen deren völlige Unterhaltung durch die Gemeinde Andorf erfolge. Es bleibt indessen noch zu prüfen, inwieweit etwa die Zuwendungen, welche die Wittwe K. aus den Mitteln des Armenverbands Dalvers noch während ihres Aufenthalts in Andorf empfangen hat, für geeignet zu erachten sind, den Antrag auf Uebernahme derselben und ihrer schwachsinnigen Tochter gesetzlich zu rechtfertigen. Aus den produzirten Rechnungen für die Jahre 1868 — 1872 ergiebt es sich nämlich, daß alljährlich der K. für ihre Tochter eine Unter- stützung von 5 Thlr. gewährt worden ist. Der Gemeindeorsteh. O. zu Dalvers hat in Be- ziehung hierauf eidlich ausgesagt, daß bei Vorlage der Gemeinde-Rechnung pro 1870, in welcher wiederum, wie in felheren Jahren, 5 Thlr. Unterstützung für die K.'sche Tochter vorkamen, ihm von der Gemeindeversammlung ganz entschieden bedeutet worden sei, daß er fernerhin Unterstützung für die Schwachsinnige nicht zu zahlen habe, weil man sie sonst wenigstens in Rechnung nicht werde passiren lassen. Er sei aber in den Jahren 1871 und 1872 von den Brüdern der Schwach- sinnigen wiederholt und stark um fernere Unterstützung geplagt worden und habe, um dessen ent- hoben zu sein, pro 1871 und 1872 5 Thlr. einmal an H. und einmal an Bernhard K. gezahlt. Sein Verfahren sei dann auch in einer Gemeindeversammlung zur Sprache gekommen. W habe man dasselbe entschieden getadelt, danach aber die Aufnahme in die betreffenden Rechnungen zugelassen, damit er, der Vorsteher, wie man hervorhob, nicht persönlich darunter leide. Diese Aussage des Zeugen O. läßt darüber keinen Zweifel, daß weder nach dessen eigener Auffassung, noch nach dem Willen der Gemeinde die in den Jahren 1871 und 1872 für die Wittwe K. ge- zahlten Beträge von jedesmal 5 Thlr. als Unterstützungen gelten sollten, welche derselben wegen anzuerkennender Hilfsbedürftigkeit nicht versagt werden könnten. Der Vorsteher O. hat sich zu diesen gegen das Verbot der Gemeindeversammlung geleisteten Zahlungen nur bestimmen lassen, um dessen enthoben zu sein, von den Brüdern K. ferner wie bisher geplagt zu werden; die Ge- meinde aber hat von Defektirung der Zahlungen nur aus Rücksicht gegen den Vorsteher abgesehen, keineswegs die gegen ihren Willen von diesem in den Jahren 1871 und 1872 weiter gewährte Unterstützung nachträglich als solche gutgeheißen. Wie dem aber auch sei, jedenfalls können die der Wittwe K. rücksichtlich ihrer Tochter bis zum Jahre 1872 gemachten Zuwendungen die erst im Februar 1874 erhobene Klage auf Uebernahme Beider nicht rechtfertigen. Es versteht sich vielmehr von selbst, daß der Zustand der Nothwendigkeit einer öffentlichen Armenunterstützung auch noch zur Zeit der Klage fortbestanden haben müsse. Denn da Umstände der verschiedensten Art in der Lage eines bisher Hilfsbedürftigen eine solche Aenderung herbeiführen können, daß eine solche Bedürftigkeit nicht mehr besteht, hiermit aber der rechtliche Grund jeder Ausweisung weg- fällt, so erscheint die Ausweisung auch nur so lange zulässig, als die früher eingetretene Hilfs- bedürftigkeit wirklich noch vorhanden ist, und nicht schen wegen der Besorgniß ihrer möglicherweise künftig eintretenden Wiederkehr. Daß die früher bestandene Hilfsbedürftigkeit in einer dem §. 31 des Reichsgesetzes vom 6. Juni 1870 entsprechenden Weise zur Zeit der Klage — im Februar 1874 — nicht noch fortbestand, ergiebt sich aus der Thatsache, daß der ect. K. resp. ihrer Tochter jedenfalls seit dem Jahre 1872 bis dahin eine Unterstützung aus öffentlichen Armenmitteln nicht weiter gewährt worden ist.