IV. — 617 — des Beamten die Personen, welchen die Gnadenquartale gebühren, regelmäßig oder doch häufig noch gar nicht existirt haben können. Schon das römische Recht kennt Verträge zu Gunsten solcher dritter Personen, die zur Zeit des Abschlusses noch nicht am Leben waren (vergleiche Vangerow Pandekten §. 608 l. Ziffer 2, lit. e. und f.), außerdem erkennt Appellantin in der Duplik Seite 25 flg. an, daß der Anspruch auf Wittwenpension ein Recht des Beamten sei, selbst wenn er zur Zeit seiner Anstellung noch nicht verheirathet war. Auch die Lebensversicherung kann zu Gunsten solcher Dritter abgeschlossen werden, welche zur Zeit der Versicherung noch nicht existirt haben; der Anspruch auf die Versicherungssumme aber ist als Recht des Versicherten aufzufassen. Vergleiche Sirey récueil 1874 lI., 199, Raleei P. 1876 l. Seite 232 und Maltz, Zeitschrift für Versicherungsrecht II., 411, 419, 42 flg. — « Es ist für die Entscheidung der Frage unerheblich, ob das vermögensrechtliche Verhält— niß, welches durch die Anstellung im Staatsdienste begründet wird, als rein privatrechtliches oder zugleich als öffentlich-rechtliches aufgefaßt wird; denn auch im öffentlichen Rechte können wohl- erworbene Rechte wurzeln und daß nach den Grundsätzen des öffentlichen Rechts der Staat nicht blos zum Schutze des Beamten, sondern auch zur Gewährung der ihm versprochenen Vermögens- vortheile verpflichtet sei, kann nicht bezweifelt werden. Vergleiche Laband Staatsrecht Ss. 378, 7. — Steht sonach fest, daß den mecklenburgischen Beamten kraft der Konstitution vom 28. März 1770 und kraft und mit der Anstellung ein Recht auf die Gnadenquartale zugestanden worden ist, so folgt daraus, daß durch eine spätere Gesetzgebung im Heimathsstaate dieses wohlerworbene Recht den bereits Angestellten weder entzogen noch geschmälert werden durfte. — Wenn auch diese Ansprüche erst mit dem Tode des Beamten fällig werden, so sind sie deswegen doch nicht bloße Erwartungen, denn der Tod ist nicht etwa — wie im Erbrechte — dasjenige Ereigniß, mit dessen Eintritt erst die Existenz des Rechtes beginnt, sondern das kraft der gesetzlichen Ver- leihung mit der Anstellung verbundene und erworbene Recht wird mit dem Tode wirksam. Auch der Umstand, daß diese Wirksamkeit davon bedingt ist, daß der Beamte bis zu seinem Tode im aktiven Dienste verbleibe, gestattet nicht, daß es den Aenderungen durch spätere, bor Eintritt des Todes erlassene Gesetze unterworfen werde. Vergleiche von Savigny System . 387. — « Die in den beiden Bestallungen des Verstorbenen vom 19. August 1854 und 20. Juli 1859 hinsichtlich des zugesicherten Gehaltes gemachten Vorbehalte haben für die hier streitige Frage keinerlei Bedeutung; es könnte höchstens daraus, daß solche für nothwendig befunden worden sind, gegen die Appellantin gefolgert werden. Waren demnach die im mecklenburgischen Postdienste angestellten Beamten dagegen ge- sichert, daß ihr Recht auf die Sterbe= und Gnadenquartale, sowie solches durch die mehrerwähnte Konstitution von 1770 garantirt war, ihnen gegenüber durch kein späteres mecklenburgisches Gesetz gekränkt werden durfte, so mußten sie in ganz gleicher Weise und aus den gleichen Gründen auch gegen eine Aenderung durch die Gesetzgebung des Deutschen Reichs gesichert sein, nachdem dieses diejenigen Verpflichtungen übernommen hatte, welche dem mecklenburgischen Staate gegen seine ehemaligen, nunmehr in den Dienst des Reiches übergetretenen Beamten obgelegen hatten. — Diese Uebernahme der fraglichen Verbindlichkeiten durch das Reich verstand sich nicht von selbst, in der Verfassung des Norddeutschen Bundes war sie nicht vorgesehen. Gleichwohl hat die Post- verwaltung durch das Zirkular vom 21. Februar 1868 den Postbeamten, denen von jetzt ab das Gehalt monatlich ausbezahlt werden sollte, ausdrücklich zugesichert, daß dadurch am An- spruche auf Sterbe= und Gnadenquartale nichts geändert werde. — Durch den Artikel 18 Absatz 2 der Reichsverfassung ist nun aber allgemein den zu einem Reichsamte berufenen Beamten eines Bundesstaates zugesagt, daß ihnen, sofern nicht vor ihrem Eintritte in den Reichsdienst im Wege der Reichsgesetzgebung etwas Anderes bestimmt ist, dem Reiche gegenüber diejenigen Rechte zustehen, welche ihnen in ihrem Heimathslande aus ihrer dienstlichen Stellung zugestanden hatten. — Entgegen den früheren Ausführungen in der Vernehmlassung pag. 18, 41, 42 und in der Duplik Seite 59 flg. stellt sich, wie im Eingange angeführt, die Rechtfertigungsschrift