— 320 — mehr sind alsdann die Kosten dem Beerdigungsaufwande hinzuzurechnen, zu welchem sie in dem- selben Verhältnisse stehen, wie die Kosten ärztlicher Feststellung der Erwerbsunfähigkeit oder der Geisteskrankheit zu dem Aufwande der Unterstützung im engeren Sinne. Sie sind als noth- ais kelufwendungen zum Zwecke der Beerdigung ebenso erstattbar, wie die Kosten des Begräb- nisses selbst. n Daß in dem zu entscheidenden Falle die Zuziehung des Kreiswundarztes R. und die An- stellung von Wiederbelebungsversuchen geboten war, um den Tod des Joseph S. zu konstatiren, ist vom Verklagten nirgend bestritten. Die Liquidation ist aber insofern angefochten, als nach Behauptung des Verklagten der Kreiswundarzt R. fest remunerirter Armenarzt und zur Berech- nung von Gebühren für die versuchte Wiederbelebung Hülfsbedürftiger nicht berechtigt ist, und als Verklagter eventuell sich nur verpflichtet erachtet, den tarifmäßigen Pauschsatz für eintägige ärztliche Behandlung zu vergüten. Was den erstgedachten Einwand betrifft, so ist derselbe durch die in jetziger Instanz vom Landrathsamt Lüben eingeholte amtliche Auskunft vollständig wider- legt. Nicht minder unbegründet ist die zweite Ausstellung gegen die Liquidation, da der Betrag von 9 Mark nicht für ärztliche Behandlung eines Kranken, sondern für ärztliche Wiederbelebungs- versuche an einem Todten berechnet ist, mithin für eine Leistung der Armenpflege, auf welche der Tarif vom 21. August 1871 keine Anwendung findet. Die Angemessenheit des Ansatzes von 9 Mark an sich ist vom Verklagten nicht bemängelt. b ses diesen Gründen war das erste Erkenntniß auf Kosten des Verklagten und Appellanten zu bestätigen. So wenig Krankenpflege die Eigenschaft als Armenunterstützung nur deshalb einbüßt, weil die Kurkosten nachträglich aus Privatmitteln gedeckt worden sind (Erkenntniß des Bundesamtes vom 20. Januar 1877 in Sachen Berlin c/a. Rospitz — Central-Blatt p. 116), so wenig nimmt dieselbe den Karakter der Armenpflege ohne weiteres an, wenn sich hinterdrein herausstellt, daß die Kurkosten aus Privatmitteln nicht gedeckt werden können. Letzteres führt eine Entscheidung des Bundesamtes vom 5. Mai 1877 in Sachen Spandau #. Berlin aus, deren Motive den Thatbestand des Falles vollständig enthalten: Der Militär-Invalide Karl Reinhold K., unbestritten ortsangehörig in Berlin, ist, während er in Spandau als Polizeisergeant probeweise im Dienste stand, an einem rheumatischen Leiden erkrankt und vom 8. Mai bis 1. Juli 1875 in dem dortigen Krankenhause verpflegt und äzt- lich behandelt worden. Die Parteien streiten darüber, ob K. öffentlicher Unterstützung bedurfte und im Wege der Armenpflege Aufnahme in das Krankenhaus gefunden hat. Das erste Erkenntniß tritt der vom Verklagten vertretenen Ansicht bei, daß es sich bei der Aufnahme nicht sowohl um Unterstützung eines Hülfsbedürftigen, als um die schuldige dienstliche Fürsorge für einen erkrankten städtischen Beamten gehandelt habe. Daß den Kommunen die Verpflichtung obliege, in ihren Krankenhäusern kranke Kommunal- beamte lediglich im dienstlichen Interesse unentgeltlich zu verpflegen, stellt Kläger mit vollem Rechte in Abrede. Es fehlt dieser Annahme des Verklagten, welche das erste Erkenntniß nicht verwirft, an jedem gesetzlichen Grunde, insbesondere ist die gedachte Verpflichtung aus der vom Verklagten allegirten Bestimmung in §. 56 Ziffer 6 der preußischen Städte-Ordnung vom 30. Mai 1853, welche von der Anstellung und Beaufsichtigung der städtischen Beamten durch den Magistrat handelt, schlechterdings nicht abzuleiten. Wenn hiernach Kommunalbeamte durch ihre Stellung als solche keineswegs davor bewahrt sind, der Armenpflege am Dienstorte wegen Hülfsbedürftigkeit zur Last zu fallen, so bedarf es doch im einzelnen Falle der Prüfung, ob Armenpflege gewährt ist und nothwendig war. Als K. am 8. Mai 1876 in das Krankenhaus aufgenommen wurde, nahm er Armenpflege nicht in Anspruch. Wenigstens enthält die Rezeptionsverhandlung keine Andeutung darüber, wie