— 191 — 6. Heimath-Wesen. Im Juni 1876 brach zu Gr. Stobingen Eduard S., der 5jährige Sohn des Losmannes Martin S., in Folge eines Falles aus dem Bett ein Bein, wurde in das Viktoriastift zu Insterburg aufgenommen und in demselben vom 16. Juni bis zum 2. August 1876 ärztlich behandelt und verpflegt. Die Erstattung der von dem Ortsarmenverbande Gr. Stobingen, wie in 2. Instanz behauptet wurde, auf Veranlassung des Kreisausschusses, an das Stift gezahlten Kur- und Verpflegungskosten fordert dieser Armenverband von dem Ortsarmenverbande Trakinnen als dem Unterstützungswohnsitze des Martin S. und folglich seines Sohnes. Verklagter wandte ein, der Vater des Beschädigten habe denselben in dem Viktoriastift untergebracht, diesem Stift habe daher ein Erstattungsanspruch auch nur gegen den Vater zugestanden. Habe Kläger den gegen ihn erhobenen Anspruch nicht zurückgewiesen, obgleich er unbegründet war, sondern gezahlt, so müsse er selbst die Folgen tragen und könne sich nicht an den Verklagten regressiren. Das Bezirksverwaltungsgericht zu Gumbinnen nahm — man sieht nicht auf welcher Grundlage — an, daß der Kreisausschuß den Knaben in dem Viktoriastift untergebracht habe, und verurtheilte den Ver— klagten nach dem Klageantrage. Auf die Berufung des Verklagten forderte das Bundesamt für das Heimathwesen zunächst die Verhandlungen des Kreisausschusses ein und bestätigte alsdann durch Erkenntniß vom 2. März 1878 die erstrichterliche Entscheidung. Gründe. Der Verklagte und Appellant hat in dieser Instanz seine Oualität als derzeitiger Unter- stützungswohnsitz des Losmanns Martin S. und dessen 5 jährigen Sohnes Eduard nicht weiter bestritten. Dieselbe folgt auch rechtlich daraus, daß der Martin S. 4 Jahre lang bis zum 8. Oktober 1874 in Trakinnen gewohnt, erst an diesem Tage seinen Aufenthalt von Trakinnen nach Gr. Stobingen verlegt hat, und der Unglücksfall, in Folge dessen Eduard S. zur Kur in das Viktoriastift aufgenommen worden ist, bereits im Juni 1876, also zu einer Zeit sich ereignet hat, wo seit dem Abzuge seines Vaters von Trakinnen noch keine zwei Jahre verflossen waren, dieser also den früher in Trakinnen erworbenen Unterstützungswohnsitz noch nicht hatte verlieren können. Aus den vom Bundesamt eingeforderten Akten des Kreisausschusses ergiebt sich nun, daß es dieser, nicht der Martin S. gewesen ist, welcher den Beschädigten dem Viktoriastift zur Heilung übergeben hat. Inhalts derselben meldete sich der Martin S. am 26. Juni 1876 beim Kreisausschusse mit dem Antrage, seinen an einem Knochenbruche des rechten Oberschenkels leiden- den Sohn zur Kur in das Viktoriastift aufzunehmen. Der Kreisausschuß zog zunächst ein Gut- achten des Kreiswundarztes darüber ein, ob der Knabe nach Hause zurückkehren und zunächst die Ortsgemeinde gehört, resp ob das Uebel durch einen Verband beseitigt werden könne, oder ob die sofortige Aufnahme in ein Krankenhaus nothwendig sei? und als der Arzt die sofortige Auf- nahme für nothwendig erklärt hatte, wurde noch am nämlichen Tage die Aufnahme vom Kreis- ausschusse veranlaßt. Am 30. Juni dess. I. wurde sodann von letzterem dem Orts- armenverbande Gr. Stobingen davon Kenntniß gegeben, daß der Knabe in das Viktoriastift habe ausgenommen werden müssen, wobei zugleich bemerkt wurde, daß der Kreisausschuß die entstehen- den Kosten seiner Zeit auf Grund des §. 28 des Reichsgesetzes vom 6. Juni 1870, vom Ortsarmen- verbande Gr. Stobingen einfordern und ihm anheimstellen werde, deren Erstattung von dem zur definitiven Zahlung verpflichteten Armenverbande zu beanspruchen. Am 28. September dess. J. theilte der Kreisausschuß dem gedachten Ortsarmenverbande die Liquidation über die erwachsenen Kosten im Betrage von 30 ¼ 40 „38 mit der Aufforderung mit, dieselben an den Rendanten des Viktoria- stifts abzuführen, widrigenfalls sie durch Exekution eingezogen werden würden, und sind in Folge dieser Aufforderung die Kosten demnächst auch gezahlt worden. Hiernach ist es klar, daß der Kreisausschuß, welchem zugleich die Verwaltung des für den Kreis bestehenden Landarmen-