— 134 — Den Königlich preußischen Untersteueramte zu Mülheim a. d. Nuhr im Hauptamtsbezirke Duisburg ist die Befugniß zur Erledigung von Begleitscheinen II und von Uebergangsscheinen beigelegt worden. Den nachbezeichneten Königlich preußischen Steuerstellen, nämlich dem Untersteueramte zu Fulda im Haupt- amtsbezirke Hanau und den Untersteuerämtern zu Wiesbaden und Homburg v. d. H. im Hauptamtsbezirke Biebrich ist die Befugniß zur Ausfertigung von Freipässen über inländische Musterstücke beigelegt worden. 2. Justiz-Wesen. Zusammenstellung der wesentlichsten Bestimmungen der Gerichtsverfassung und des Civilprozeßverfahrens in Rußland. I. Die Reform des russischen Justizwesens auf Grund der Gesetze vom 20. November 1864 (a. St.) ist gegenwärtig in dem größten Theile des europäischen Rußlands und Kaukasiens durchgeführt. Eine Aus- nahme bilden nur noch die folgenden Gebietstheile: 1. In den Gouvernements Wilna, Kowno, Grodno, Witebsk, Minsk, Mohilew, Olonez, Ufa, Oren- burg und Astrachan sind die gedachten Gesetze bisher nur theilweise in Kraft getreten, nämlich insoweit sie die sogenannten friedensrichterlichen Institutionen betreffen. Die Gesetze sollen jedoch in den Gouvernements Wilna, Kowno, Grodno, Witebsk, Minsk und Mohilew im Laufe des letzten OQuartals des Jahres 1883 vollständig eingeführt werden. 2. Die Ostseeprovinzen (Kurland, Livland, Esthland) und das Großfürstenthum Finland haben bisher ihre alte Gerichtsverfassung behalten. Für die ersteren ist indessen die Einführung der friedens- richterlichen Institutionen in Aussicht genommen. 3. Im Gouvernement Archangel, in den kaukasischen Gebieten Daghestan, Sakatal und im Bezirk des Schwarzen Meeres, endlich in Sibirien und in den mittelasiatischen Besitzungen hat die Ein- führung der neuen Justizgesetze gleichfalls noch nicht stattgefunden. II. Die Gesetze vom 20. November 1864 beruhen auf dem Grundsatze der Trennung der Justiz von der Verwaltung. Ein Eingreifen der Verwaltungsbehörden in die Verhandlung und Entscheidung der bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten ist danach gänzlich ausgeschlossen. Die Gerichtsbarkeit erster und zweiter Instanz wird ausgeübt theils von den „friedensrichterlichen Be- hörden“, nämlich den Friedensrichtern und den Friedensrichter-Versammlungen, theils von den „allgemeinen Gerichtsbehörden“, nämlich den Bezirksgerichten und den Appellationsgerichten (Gerichtspalaten). Beide Arten von Behörden stehen völlig selbständig neben einander, insbesondere sind die friedensrichterlichen den allgemeinen Gerichtsbehörden in keiner Weise untergeordnet. Ueber beiden bildet der dirigirende Senat in St. Petersburg als Kassationshof die dritte und letzte Instanz. A. Die Zuständigkeit der Friedensrichter umfaßt: 1. Klagen aus persönlichen Verbindlichkeiten und Verträgen und über bewegliches Vermögen im Werthe von nicht mehr als 500 Rubeln; 2. Schadensersatzklagen, wenn der Betrag derselben 500 Rubel nicht übersteigt oder zur Zeit der Klage-Erhebung nicht genau bestimmt werden kann; 3. Besitzstörungsklagen innerhalb 6 Monaten nach der Störung; 4. A#cgen, betreffend Nutzungsrechte an fremdem Grundeigenthum, innerhalb eines Jahres nach der erletzung.