— 256 — klagten M., hinsichtlich der übrigen beiden Briefe von einem Korrespondenten der Firma. Davon ausgehend, daß nicht die Firma als solche, sondern nur deren Inhaber bestraft werden können, daß strafbar nur derjenige Inhaber sei, welcher die strafbare Handlung begangen, d. i. die Schriftstücke ausgestellt, unterzeich net und aus den Händen gegeben habe, daß der Unterzeichner als derjenige angesehen werden müsse, der das Schriftstück aus den Händen gegeben hat, und daß das letztere der Ak sei, durch welchen die Strafe verwirkt werde, ist die Vorinstanz dahin gelangt, jeden der beiden Angeklagten nur wegen derjenigen beiden Schriftstücke mit der in §. 8 des Gesetzes vom 1. Juli 1881 geordneten Strafe zu belegen, welche speziell von ihm unterschrieben worden sind. Dieser Entscheidung liegt rechtsirrthümliche Auffassung des Gesetzes zu Grunde. Nach §. 6 dieses Gesetzes liegt die Verpflichtung zur Entrichtung der unter Nr. 4 des Tarifs be- zeichneten Stempelabgaben zunächst — d. i. vorbehaltlich der Verpflichtung des Empfängers des unversteuer- ten Schriftstückes — dem Aussteller und jedem Unterzeichner des betreffenden Schriftstückes ob, und sie muß von ihm erfüllt werden, bevor er das letztere aus den Händen giebt. Nach §. 8 wird schlechthin jede Nichterfüllung dieser Verpflichtung mit der geordneten Strafe bedroht, welche besonders und zum vollen Betrage jeden trifft, welcher der ihm obliegenden Verpflichtung zu Entrichtung der Stempelabgabe nicht recht- zeitig genügt. Die Vorinstanz irrt darin, wenn sie als Aussteller nur diejenige Person gelten lassen will, welche physisch den Akt der Unterzeichnung des Schriftstücks vorgenommen hat. Das Gesetz erwähnt neben- einander Aussteller und Unterzeichner; die Bedeutung der Erwähnung des letzteren neben dem ersteren ist, auszudrücken, daß dann, wenn das Schriftstück neben der Unterschrift des Ausstellers noch eine oder mehrere andere Unterschriften trägt, was vor allem in dem Falle der von dem Mäkler ausgestellten, von den Kontra- henten mitunterzeichneten Schlußnoten vorkommen wird, die Stempelpflicht selbständig auch jeden der Mit- unterzeichner treffen soll. Ohne Belang ist aber hierbei, von wem physisch die Unterschrift, sei es des Aus- stellers, sei es des Mitunterzeichners, unter das Schriftstück geschrieben wird. Aussteller ist derjenige, auf dessen Namen die Unterzeichnung der Urkunde hinweist und durch dessen Zeichnung der letzteren die ihr be- stimmungsgemäß beiwohnende Beweiskraft verliehen wird; er bleibt Aussteller, gleichviel ob er die Unterschrift selbst bewirkt, oder ob sie mit seinem Namen und in seinem Auftrage von einem anderen bewirkt wird. Aus- steller ist daher namentlich der Firmen-Inhaber, für welchen der Prokurist oder Handlungsbevollmächtigte das unter der Firma ausgestellte Schriftstück mit der Firma unterzeichnet, und Gleiches gilt hinsichtlich der Sozietäts- firma, für welche die Zeichnung von einem der mehreren vertretungsberechtigten Gesellschafter bewirkt wird. Nicht der thatsächlich Unterzeichnende, sondern die Gesellschaft gilt als Aussteller der zivilrechtlich sämmtliche Gesellschafter ver- bindenden Urkunde. Von der zivilrechtlichen Verhaftung der Firmen-Inhaber ist allerdings deren strafrecht- liche Verantwortlichkeit wesentlich verschieden. Ebenso ist dem allgemeinen Grundsatze, daß strafrechtlich als Thäter nur eine physische Person, nicht eine fingirte Kollektiveinheit, wie die Gesellschaftsfirma, in Betracht kommen könne, auch im Gebiete des Steuerstrafrechts Geltung nicht zu versagen. Dagegen steht anderer- seits in Verhältnissen der hier fraglichen Art ein Zweifel und von ganz besonderer Gestaltung des einzelnen konkreten Falles abgesehen, ein Bedenken nicht entgegen, daß als die für eine Stempelsteuer-Kontravention strafrechtlich verantwortlichen Aussteller der mit der Firma unterzeichneten Urkunde die Firmen-Inhaber für ihre Person anzusehen und zu behandeln sind. Zweifellos liegt jedem Firmen-Inhaber, sofern er nicht von der Vertretung der Gesellschaft legal ausgeschlossen ist, die Verpflichtung ob, Fürsorge dafür zu treffen, daß nicht im Betriebe des Handelsgewerbes Schriftstücke, welche objektiv der Stempelabgabenpflicht unterliegen, unter der Firma ausgestellt und hinausgegeben werden, ohne daß der bezeichneten Verpflichtung genügt werde. Die Nichterfüllung dieser Verpflichtung aber ist es, welche das Gesetz schlechthin und ohne das Erforderniß eines individuellen Verschuldens, sei es strafbaren Vorsatzes oder schuldhafter Fahrlässigkeit in technischem Sinne, unter Strafe stellt. Die Personen der Firmen-Inhaber, nicht das fingirte Rechtssubjekt der Firma, sind es, welche für die Beobachtung der bezeichneten Verpflichtung zu sorgen haben, und welche, unterbleibt die Erfüllung, von den strafrechtlichen Folgen getroffen werden, welche das Gesetz dem Aussteller androht. — Ob und in welchem Umfange in Verhältnissen der hier vorliegenden Art die allgemeinen Strafausschließungsgründe der §§. 51 ff. des Strafgesetzbuchs von dem einzelnen Firmen-Inhaber für sich geltend gemacht werden können, ob im einzelnen Falle sonstige Umstände vorliegen können, welche denselben von der Verantwortlichkeit befreien, darauf näher einzugehen, liegt dermalen in Ermangelung jeder das Vorhandensein eines solchen Strafausschließungsgrundes oder etwaiger besonderer Umstände indizirenden thatsächlichen Feststellung ein Anlaß nicht vor. Jedenfalls ist der Grund, aus welchem die Vorinstanz zu der theilweisen Freisprechung gelangt ist, rechtsirrthümlich und nicht geeignet, die letztere zu tragen. Demnach war so, wie geschehen, zu erkennen.