— 270 — 2. Justiz-Wesen. Der Bundesrath hat durch Beschluß vom 11. Juni d. IJ. in Bezug auf die Vollstreckung von Gesammt- strafen bei Festsetzung der Einzelstrafen von Gerichten verschiedener Bundesstaaten den nachstehenden Grund- sätzen die Zustimmung ertheilt: Grundsätze, welche in Betreff der Vollstreckung einer, auf Grund von §. 79 des Strafgesetzbuchs oder §. 492 der Strafprozeßordnung erkannten Gesammtstrafe, falls die Einzelstrafen von Gerichten verschiedener Bundesstaaten festgesetzt sind, zur Anwendung zu kommen haben, unbeschadet anderweiter Vereinbarung der betheiligten Bundesstaaten im einzelnen Falle. 1. Die Vollstreckung der Gesammtstrafe ist von demjenigen Bundesstaate zu bewirken, dessen Gericht dieselbe, sei es in der regelmäßigen Form, sei es in der Form einer sogenannten Zusatzstrafe, festgesetzt hat. 2. Auf Ersuchen der zuständigen Behörde des in Nr. 1 bezeichneten Staates ist die Vollstreckung von demjenigen Bundesstaate zu übernehmen, welcher nach dem Gesammtbetrage der von seinen Gerichten erkannten oder für verwirkt erachteten Einzelstrafen an der Gesammtstrafe am höchsten betheiligt ist. Bei Berechnung des Gesammtbetrages der Einzelstrafen sind der Art nach verschiedene Strafen nach ihrem gesetzlichen Geltungsverhältniß (§. 21 des Strafgesetzbuchs) in Anschlag zu bringen. 3. Sind mehrere Bundesstaaten mit einem gleichen Höchstbetrage an der Gesammtstrafe betheiligt, so ist, falls einer derselben bereits eine in die Gesammtstrafe einbezogene, ihr gleich- artige Einzelstrafe vollstreckt, die Gesammtstrafe von diesem zu vollstrecken. Anderenfalls werden die bezeichneten Staaten sich darüber vereinigen, welcher von ihnen die Vollstreckung zu über- nehmen hat. 4. In den Fällen der Nr. 3 werden die Kosten der Strafvollstreckung, als welche in- deß nur baare Auslagen in Rechnung gestellt werden sollen, von den mehreren höchstbetheiligten Staaten zu gleichen Theilen getragen. Im Uebrigen findet eine Erstattung von Kosten nicht statt. . 5. Unberührt bleibt die Vorschrift im 8. 163 des Gerichtsverfassungsgesetzes. Der auf Grund dieser Vorschrift eine Gesammtstrafe vollstreckende Staat wird die nach §. 165 des Ge- richtsverfassungsgesetzes zu erstattenden Auslagen von demjenigen Staate ersetzt erhalten, der nach obigen Grundsätzen die Vollstreckung zu übernehmen hätte. 6. Vorstehende Grundsätze finden entsprechende Anwendung, wenn die Gesammtstrafe voer— eine in dieselbe einbezogene Einzelstrafe vom Reichsgericht in erster Instanz festgesetzt worden ist. Berlin, den 24. Juni 1885. Der Reichskanzler. In Vertretung: v. Schelling. 3Z. Konsulat-Wesen. Seine Majestät der Kaiser haben im Namen des Reichs den bisherigen vortragenden Rath im Auswärtigen Amte, Wirklichen Legationsrath Schöll, zum Konsul in Harvre, unter gleichzeitiger Beilegung des Charakters als General-Konsul, den Schiffs= und Versicherungsmakler John A. Robertson zum Vize-Konsul in Burntisland (Schottland) und den bisherigen Vize-Konsul in Jassy, Arthur von Bary, zum Konsul in Serajevo zu ernennen geruht.