— 123 — Der Reichskanzler ist berechtigt, zu jeder Zeit unter den im Artikel 22 (letzter Absatz) näher fest- gesetzten Bedingungen eine Aenderung des bestehenden Fahrplans anzuordnen. Die angeordnete Aenderung ist dem Unternehmer mindestens drei Monate vor dem Zeitpunkt, zu welchem sie in Kraft treten soll, schriftlich mitzutheilen. · Artikel 5. Andere als die fahrplanmäßigen Häfen dürfen, vorbehaltlich besonderer Genehmigung des Reichs- kanzlers, von den Dampfern nicht angelaufen werden Sind letztere in Folge schlechten Wetters oder eines anderen Umstandes, welcher bei Anwendung der gehörigen Sorgfalt nicht zu vermeiden war, gezwungen, dem Fahrplan zuwider einen Nothhafen anzulaufen, so ist die gesetzlich vorgeschriebene Ver- klarung, falls sie im Auslande zu bewirken ist, wenn thunlich, vor dem deutschen Konsul oder der sonst zuständigen deutschen Behörde abzulegen. Artikel 6. Zur Ausführung der Fahrten auf der Hauptlinie sind mindestens vier neue Dampfer, mit einem Raumgehalt von nicht unter 2200 Registertons brutto ein jeder, und für die Fahrten auf den beiden Küstenlinien mindestens zwei neue Dampfer mit einem Raumgehalt von je wenigstens 500 Registertons brutto einzustellen. Dieselben dürfen in ihrer Konstruktion und Einrichtung, namentlich in Bezug auf Sicherheit und Bequemlichkeit für die Reisenden, sowie auch hinsichtlich der Verpflegung, den auf den konkurrirenden Linien verkehrenden Postdampfern nicht nachstehen. Die Dampfer sollen, abgesehen von den für die Schiffsbesatzung und den zur Aufnahme der Post und deren etwaige Begleiter bestimmten Räumlichkeiten, Einrichtungen zur Beförderung von Passa- gieren verschiedener Klassen haben. Die Räume für die Passagiere müssen in allen Klassen — abgesehen von Deckpassagieren — mit Schlafeinrichtungen und mit den sonst nothwendigen Gegenständen ausge- rüstet sein. An Bord der Dampfer der Hauptlinie soll sich ein in Deutschland approbirter Arzt befinden. Die Dampfer müssen durch Querschotte in so viel wasserdichte Abtheilungen getheilt sein, daß auch beim Volllaufen von zwei mittleren Abtheilungen ein Sinken des Schiffes nicht erfolgt. Die Quer- schotte sind dieser Bedingung entsprechend hoch genug zu führen; das vorderste Schott (Kollisionsschott) darf keine Oeffnung haben; die Oeffnungen in den übrigen Schotten müssen leicht und sicher vom Oberdeck aus geschlossen werden können. Ferner müssen Rettungsbote und Rettungsgürtel in gehöriger Anzahl und Schwimmgürtel in einer der Meistzahl an Passagieren und Mannschaften mindestens gleichen Stückzahl sich an Bord eines jeden Schiffes befinden. Artikel 7. Die in die Fahrt einzustellenden Dampfer müssen vor ihrer Einstellung durch vom Reichskanzler zu ernennende Sachverständige geprüft und als den Anforderungen entsprechend anerkannt sein. Der Reichskanzler ist ermächtigt, diese Prüfung während der Vertragsdauer jederzeit wieder- holen zu lassen und auf Grund des Ergebnisses ein Schiff für ungeeignet zu erklären. In solchem Falle ist der Unternehmer verpflichtet, binnen der ihm gestellten Frist das Schiff zurückzuziehen und durch ein anderes, geeignetes zu ersetzen. Die in die Fahrt eingestellten Dampfer dürfen ohne Genehmigung des Reichskanzlers zu Fahrten auf anderen, als den in diesem Vertrage bezeichneten Linien nicht verwendet werden. Artikel 8. Die behufs Inbetriebsetzung der Linien neu zu erbauenden, sowie alle nach Eröffnung der Linien einzustellenden Dampfer müssen auf deutschen Werften und thunlichst unter Verwendung deutschen Materials nach den vom Reichskanzler zu genehmigenden Plänen gebaut werden. Die Schiffe sind zur höchsten Klasse beim Germanischen Lloyd zu klassifiziren. Die an den Dampfern vorzunehmenden größeren Instandsetzungen müssen, soweit thunlich, eben- falls auf deutschen Werften zur Ausführung gelangen. Der Kohlenbedarf für die Dampfer ist, soweit die Einnahme desselben in deutschen Häfen oder in dem anzulaufenden niederländischen oder belgischen Hafen erfolgt, durch deutsches Produkt zu decken. Abweichungen hiervon sind nur mit Genehmigung des Reichskanzlers zulässig. 24