— 219 — Vei der Verwendung des Farbenapparats setzt man der Zuckerlösung als Klärmittel, je nach der Art des zu untersuchenden Zuckers und der Lichtintensität der zum Apparate gehörigen Lampe, 10 bis 20 Tropfen oder, wenn nöthig, noch mehr Bleiessig vermittelst einer Heberspritz- flasche oder einer kleinen Pipette zu. Gelingt die Klärung in dieser Weise nicht, so läßt man dem Bleiessigzusatz den Zusatz von ebensoviel Alaunlösung folgen oder setzt zuerst einen oder mehrere Kubikcentimeter Alaunlösung und darauf eine größere Menge Bleiessig als zuvor hinzu, bis ein Filtrat von weißlicher oder gelbweißer Farbe erzielt wird. Werden die Lösungen bei der Anwen— dung der bisher angegebenen Methoden nicht klar, so wird nur mit Bleiessig geklärt und das Filtrat mit möglichst wenig (1 bis höchstens 3 g) extrahirter Blutkohle?*) oder bei 120° getrockneter Knochenkohle versetzt. Eintretendenfalls ist das Polarisationsergebniß um den Betrag des Ab- sorptionskoeffizienten zu erhöhen, welchen man sich beim Bezuge der Kohle angeben lassen muß. Bei der Benutzung eines Halbschattenapparats wird in der Regel der Zusatz von 3 bis 5 cem eines dünnen Breis von Thonerdehydrat nebst wenig Bleiessig genügen. Nur wenn die Zuckerlösung sehr dunkel gefärbt ist, wendet man dieselben Klärungsmethoden an, wie bei dem Farbenapparat. Bis zur Verwendung von Blut= oder Knochenkohle wird man beim Halbschatten- apparat kaum zu gehen brauchen, da in diesem noch ziemlich dunkle Zuckerlösungen polarisirt werden können. Nach der Klärung wird der innere Theil des Halses des Kölbchens mit destillirtem Wasser, welches einer Heberspritzflasche oder einer gewöhnlichen Spritzflasche entnommen wird, abgespült und die Lösung in der oben angegebenen Weise bis zur 100ccm-Marke aufgefüllt. Hierauf wird die im Halse des Kölbchens etwa noch anhaftende Flüssigkeit mit Fließpapier abgetupft, die Oeffnung des Kölbchens durch Andrücken eines Fingers geschlossen und der Inhalt durch wiederholtes Um- kehren und Schütteln des Kolbens gut durchgemischt. Bezüglich der Klärung gelten folgende allgemeine Bemerkungen für beide Apparate: 1. Die Flüssigkeit braucht um so weniger entfärbt zu sein, je größer die Lichtintensität der Lampe ist, welche zur Beleuchtung des Polarisationsapparats dient. Besitzt man die patentirte Lampe mit Reflektor von Schmidt & Hänsch, welche sowohl für Gas als Petroleum eingerichtet ist, so wird man auch bei Farbenapparaten der Blut= oder Knochenkohle nicht bedürfen. 2. Bei Anwendung von Bleiessig zur Klärung darf derselbe nie in allzugroßem Ueberschusse zugesetzt werden. Bei einiger Uebung lernt man sehr bald erkennen, wann mit dem Bleiessigzusatz aufsgehört werden muß. Ist zu viel Bleiessig zugesetzt worden, so muß der Ueberschuß durch Zusatz von Alaun in der oben beschriebenen Weise wieder aus- gefällt werden. 3. Die Wirkung des Klärmittels ist um so besser, je kräftiger die Flüssigkeit nach dem Auf- füllen zur Marke durchgeschüttelt wird. Man schreitet alsdann zur Filtration der Flüssigkeit, welche mittelst eines in einen Glas= Filtration. trichter eingesetzten Papierfilters geschieht. Der Trichter wird auf einen sogenannten Filtrirchlinder, welcher die Flüssigkeit aufnimmt, gesetzt und während der Operation, um Verdunstung zu verhüten, mit einer Glasplatte oder einem Uhrglase bedeckt gehalten. Trichter und Cylinder müssen ganz trocken sein; ein Feuchtigkeitsgehalt derselben würde eine nachträgliche Verdünnung der 100 cem bewirken. Zweckmäßig wird das Filter so groß hergestellt, daß man die 100 cem Flüssigkeit auf einmal aufgeben kann; auch empfiehlt es sich, falls das Papier nicht sehr dick ist, ein doppeltes Filter anzuwenden. Die ersten durchlaufenden Tropfen werden weggegossen, weil sie trübe sind und durch den Feuchtigkeitsgehalt des Filtrirpapiers beeinflußt sein können. Ist das nachfolgende Filtrat trübe, so muß es auf das Filter zurückgegossen werden, bis die Flüssigkeit klar durchläuft. Es ist dringend nothwendig, diese Vorsichtsmaßregel nicht zu verabsäumen, da nur mit ganz klaren Flüssigkeiten sich sichere polarimetrische Beobachtungen anstellen lassen. Nachdem auf die beschriebene Weise eine klare Lösung erzielt worden ist, wird die Röhre, Füllung in das welche zur polarimetrischen Beobachtung dienen soll, mit dem dazu erforderlichen Theile der im 200 mm-Rohr. Filtrircylinder aufgefangenen Flüssigkeit voll befüllt. *) Von R. Flemming in Kalk bei Cöln a. Rhein zu beziehen. 86