— 142 — 4. Marine und Schiffahrt. Bekanntmachung, betreffend die Untersuchung der Seeleute auf Seh= und Farbenunterscheidungsvermögen. Vom 9. Mai 1904. Auf Grund des § 1 der Vorschriften über den Befähigungsnachweis und die Prüfung der Seeschiffer und Seesteuerleute auf deutschen Kauffahrteischiffen vom 16. Januar 1904 (Reichs-Gesetzbl. S. 3) werden die nachfolgenden Vorschriften über die Untersuchung der Seeleute auf Seh= und Farben- unterscheidungsvermögen erlassen. A. Allgemeine Bestimmungen. 1. Die erstmaligen Untersuchungen auf Sehvermögen und auf Farbenunterscheidungsvermögen können zusammen oder getrennt erfolgen. Sie sind durch einen von der zuständigen Landesbehörde für diese Zwecke bezeichneten Arzt, einen Vertrauensarzt der See-Berufsgenossenschaft oder bei einer der von den Landesregierungen errichteten Untersuchungsstellen vorzunehmen. 2. Soweit der Seemann bei der ersten Untersuchung den Anforderungen nicht genügt hat, kann er eine zweite Untersuchung verlangen. Die zweite Untersuchung erfolgt durch eine der von den Landesregierungen an bestimmten Orten eingesetzten ständigen Kommissionen. Jede dieser Kommissionen besteht aus mindestens drei Sach- verständigen, unter welchen sich ein mit der Untersuchung und Behandlung des Auges vertrauter Arzt befindet. · §3 Hat der Seemann bei der zweiten Untersuchung den Anforderungen nicht genügt, so kann er nach Ablauf von sechs Monaten eine Wiederholung der Untersuchung vor derselben oder einer anderen Kommission verlangen. Das Ergebnis der wiederholten Untersuchung ist als ein endgültiges anzusehen. 8 4. Uber den Ausfall jeder Untersuchung erhält der untersuchte Seemann eine Bescheinigung. Diese Bescheinigung muß den Namen des Seemanns, Ort, Tag und Ergebnis der Untersuchung enthalten. Hat die Untersuchung auf Farbenunterscheidungsvermögen unvollständige Farbenblindheit (§ 14 Abs. 2) ergeben, so ist der Teil der Untersuchung, dessen Ausfall nicht genügte, in der Bescheinigung anzugeben. Die Bescheinigung ist von dem Untersuchenden oder der Untersuchungs- Kommission zu vollziehen und in deren Gegenwart von dem Untersuchten mit seiner Unterschrift zu versehen. Bei jeder späteren Untersuchung ist die Bescheinigung über die zuletzt vorangegangene Unter- suchung von dem Seemanne vorzulegen und von der untersuchenden Stelle zurückzubehalten. B. Verfahren bei der Untersuchung auf Sehvermögen. 5. Die erste Untersuchung auf Sehvermögen geschieht nach dem Spellenschen Verfahren unter Benutzung von Sehprobentafeln. Die den einzelnen Reihen der Tafeln beigedruckten Zahlen geben die Entfernung (in Metern) an, in welcher sie von einem mit regelrechtem Sehvermögen ausgestatteten Auge gelesen werden. Die Sehleistung wird durch einen Bruch ausgedrückt, dessen Zähler den Abstand des Unter- suchten von den Tafeln in Metern angibt, und dessen Nenner die Zahl Serjenigen Reihe bildet, in welcher die in diesem Abstande noch bequem gelesenen kleinsten Buchstaben oder Ziffern stehen.