Benutzung des Telegraphen. Einteilung der Telegramme. — 230 — Auf Grund der Artikel 48 und 52 der Reichsverfassung wird nachstehende Telegraphenordnung erlokssen: 81. 1 Die Benutzung der für den öffentlichen Verkehr bestimmten Telegraphen steht jedermann zu. Die Verwaltung hat jedoch das Recht, ihre Linien und Anstalten zeitweise ganz oder zum Teil für alle oder für gewisse Gattungen von Telegrammen zu schließen. ' IIPrivattelegramme,dereanhaltgegendieGesetzeverstößtoderausRücksichtendesöffent- lichen Wohles oder der Sittlichkeit für unzulässig erachtet wird, werden zurückgewiesen. Die Entscheidung über die Zulässigkeit des Inhalts steht dem Vorsteher der Aufgabeanstalt, der Zwischen= oder Ankunfts- anstalt oder dessen Vertreter, in zweiter Instanz der dieser Anstalt vorgesetzten Telegraphenbehörde und in letzter Instanz der obersten Telegraphenbehörde zu; gegen die Entscheidung der obersten Tele- graphenbehörde findet eine Berufung nicht statt. Bei Staatstelegrammen steht den Telegraphenanstalten eine Prüfung der Zulässigkeit des Inhalts nicht zu. « §2. 1 Die Telegramme werden in folgende Gattungen eingeteilt: 1. Staatstelegramme, 2. Helegraphen Dienstielegramme, 3. ag) dringende . bemgenkere Privattelegramme. Bei der Beförderung genießen die Staatstelegramme, die als solche bezeichnet und durch Siegel oder Stempel beglaubigt sein müssen, vor den übrigen Telegrammen, die Telegraphen-Diensttelegramme vor den Privattelegrammen und die dringenden Privattelegramme vor den gewöhnlichen Privat- telegrammen den Vorrang. —- U. Nach der Abfassung des Textes sind zu unterscheiden: 1. Telegramme in offener Sprache, 2. Telegramme in geheimer Sprache. Die geheime Sprache scheidet sich in verabredete und chiffrierte Sprache. Ein Telegramm kann ausschließlich in offener, verabredeter oder chiffrierter Sprache abgefaßt sein, oder diese Sprachen können nebeneinander gebraucht werden; in dem zuletzt bezeichneten Falle heißt das Telegramm ein gemischtes. · 111Unter,,TelegrammeninoffenerSprache«werdensolcheTelegrammeverstanden, deren Text in einer oder mehreren der für den telegraphischen Verkehr zugelassenen Sprachen derart abgefaßt ist, daß er einen verständlichen Sinn gibt. Sie behalten die Eigenschaft als Telegramme in offener Sprache auch, wenn sie Handelszeichen, abgekürzte und in der gewöhnlichen oder Handels- korrespondenz gebräuchliche Ausdrücke oder — sofern es sich um Seetelegramme handelt — durch Buchstaben dargestellte Zeichen des allgemeinen Handelskodex enthalten. Für Telegramme in offener Sprache sind neben der deutschen folgende Sprachen gestattet: anamitisch, arabisch, armenisch, dänisch, englisch, flämisch, französisch, griechisch, hebräisch, holländisch, italienisch, japanisch, lateinisch, lurem- burgisch, malayisch, norwegisch, persisch, portugiesisch, rumänisch, schwedisch, siamesisch, slavisch (böhmisch, bulgarisch, kroatisch, illyrisch, polnisch, russisch, kleinrussisch, ruthenisch, serbisch, slavonisch, slovakisch, slovenisch), spanisch, ungarisch und türkisch. Bei der Niederschrift der in fremden Sprachen abgefaßten Telegramme sind lateinische oder deutsche Schriftzeichen anzuwenden. Für Telegramme, die strecken- weise oder ausschließlich durch Telegraphen der im Deutschen Reich gelegenen Eisenbahnen zu befördern sind, ist jedoch die Fassung in deutscher Sprache Bedingung, soweit nicht für einzelne Bahnen und Stationen der Gebrauch fremder Sprachen ausdrücklich nachgegeben wird. Werden Telegramme vom Bahntelegraphen bei der Weiterbeförderung zurückgewiesen, weil sie in einer fremden Sprache abgefaßt sind, so werden sie mit der Post weitergesandt. IV Als „Telegramme in verabredeter Sprache“ werden diejenigen Telegramme angesehen, deren Text aus Wörtern besteht, die weder in einer noch in mehreren der für den telegraphischen Verkehr in offener Sprache zugelassenen Sprachen verständliche Sätze bilden.