Wesen des Rittertums. 97 Kantonen zu führen hatte. Erinnern Sie sich nun, daß in der Ilias das Reitpferd noch nicht als Kriegswaffe be- nutzt wird. Im 10. Buch kommt es einmal vor, daß es zum Reiten benutzt wird; sonst wird es nur vor den Wagen gespannt. Der Kampf zu Pferde verstärkt nun ganz un- gemein die Möglichkeit der Bildung eines Heroentums, einer Ritterschaft. Es ist uns zunächst etwas fremdartig, wenn wir Hektor und Achill als Ritter betrachten sollen. Der Ritter ist aber nicht bloß der Reiter, sondern der Krieger, der kraft seiner persönlichen Eigenschaften, Kraft, Schnellig- keit, Ehrgefühl als Einzelkrieger weit über die Massen heraus- ragt. Setzt er sich noch zu Pferde, wird der Wert aller dieser Eigenschaften vervielfältigt. Es sind also die Patrizier eine Ritterschaft und Kaufmannschaft zugleich. Das ist verwischt dadurch, daß später, als die Patrizier sich ganz als Stand abgeschlossen hatten, sich bloß als Herrscher fühlten, sich vom Handel und Gewerbe zurückzogen, sich unter ihnen wieder eine neue Kaufmannschaft bildete, die von den alten Geschlechtern nicht als gleichwertig und nicht als gleichberechtigt anerkannt wurde. Den Beweie für die ganze Hypothese zu führen, ist hier nicht unsere Aufgabe; man muß dazu meine „Geschichte der Kriegskunst“ studieren, nicht bloß den ersten Band, der vom Altertum handelt, sondern namentlich auch den dritten, der die Ursachen der Überlegenheit der mittelalterlichen Ritterschaft über das Volk aufzeigt. Welches aber auch immer der Werdegang gewesen sei, jedenfalls haben wir in der kleinen Kommune Rom eine Herrschaftskaste, die militärisch, religiös und wirt- schaftlich die Masse beherrscht. Der Kanton Rom, wie wir ihn in der ältesten Zeit kennen, ist ungefähr so groß, wie unsere Insel Rügen. Die Stadt mag etwa 12000, der ganze Kanton 60000 Seelen gezählt haben. Es waren