Gesetzsammlung
für die
Fürstlich Uenßischen Lande
Jüngerer Linic.
SElfter and.
1856—1857.
Nr. 184—209.
Repertorium
zu dem
elsten Bande der Gesetzsammlung
für die
Fürstlich Reußischen Lande J. L.
In chronologischer Orbnung.
Datum Nummer
Inhalt. des Seite.
der Ausgabe.bes Gesetzto. Stücht.
#1856 18556
19. März.7. Januar bandesberrliche Verordnung, die Auswanderung)
militairreservepslichtiger Personen betc. 184. 1.
„ „ 21. „ elmmmucht, die Abänderung des. zeebitote
zollamtlicher Behandlung der mit
Besevo aus u Audlaude abehenden anr 1
ren vom 18. « — 2.
„ „ 16. „ Jrr⅜ die euem der Notarintoinstrumeute n
. — 2.
,,« 23.» Dctql die Anmut-uns der Pabpolizei beer. ß 3.
„ „ 6. Februar D einen Nachtrag zu der Vrrordumg bez.
der elsr derung von Auswanderern vom 29.
— 4.
27. März15. Mirz Expropriationsgeseh für beechirinhinnriini »
bei Aulegung von Eisenbahne ih . ä-
2.Apti125-«Geiep,dao ollllltlchen und Abtauer von Sieinkoh-
lenlagern 186. 25.
16. „ 5. April Desgl., über . Nechteverbältnisse de Geraer !r
Bank bez. der ihr bestellten Pfäu 31.
„ „ 1. „ Frarnen d Goifwie Tata· t0 3
30., „ Hegulativ für pnfrbben1 . 68. 35.
24. „Werordnung, die Belannimachung des zun Deuict
Oesterreichischen Postvereinsvertrage vom 5. |
cebr. 1851 gehörigen Nachtragsvertrags beil.]9. 43.
„ „ 23. „ Iekmmmachun, die Wiederaufhebung der Verbor% «
gdteswdltlbcvost PIskdcn stsmustd -
· Ittegotmnuuonb / — 69.
28. Mai 16. Mai Gesetz über die Ahmanies und Mahl der
4 Lemeboor 1(00. 71.
4. Juni 24. „ Dezsgl. über Glurhing- einer kürzeren“ Wi
rungsfrist für gewisse Forderungen. 191. 81.
Datum Nummer
Inhalt. e Selte.
der Ausgabe. des Gesetzes.) Stacs.
55. 1856.
4. Juni. 23. Mai. sheemamacn, dieeimmeldung # slln,
vrodurch Umnmündige verwaist werden, beir 101. 85.
11. — 29. „ Deru- den * eit zcrcelen Väiwals=
und Schifffahris 6. 192. 87.
18. 5. Inni. I— m Weine
und wegen der dem Großbandelmie fremdem »
eine zu gewährenden Jollerleichterungen 193. 99.
2. Juli. 20. „ Geigt, die rnn einiger Theile des unter dem
Apr it 1852 erlassenen Verfassungogeie bes
14. 194. 107.
9. „ — Ertämterminnet Verordnungzus. 2. des- Cese sches
über die Rechtsverhälmisse der Geraer Vank 1
ggttt. der ihr bestellen Pfãuder vomõ
95. 115.
— 21. „ wrn: npe . dem Sgeh #vom 31.
835, ersahren bei Bollstreckung i
din eh betr. — 116.
— 26. velh Euteignung lur n*ö Zuece .-
117.
— 2. Juli eesan 100. 12s.
16. „ 5. „ Zusägliche kcnn zun Gesehe iber dei
ivilstag 1 . 129.
— —. Janmekhei den n I 130.
— 8. „ Verordnung, Einige. Mnsstaltonen. der Geuiein · I
onum » 134.
ö. August. 30. „ Bekanntmachung, b#n Verirag zwischen Archer
Haunover und Anrhessen für sich und in Ver-
treinng der übrigen Staaten des Jollver=
eins einerseits und der freien Haufestade
Bremen andererseits betr. 1 137.
27. „ I1. August. Verordnung, nachträgliche Behimmungen“ zu de 9 «
Verordnung über das Erxekmiousverfahren 1
rücksichtlich rücksiändiger Steuern und an-
derer osenticher Wgaben vom 13. No- 1
vember 185 199. 169.
— — Dergl., die ndnen der Perstnafsteuer der
Tienstboten, Fabrikarbeiter, Gewerbsgebül=
- füun Geselen durch ihre Dienstherr-
— 1.
3. Spibr. 113. „ Fusrer #ere, die obne Gemeinde=
alserlaubniß von Inländern mit
E— Frauenspersonen abgeschlosse-
nen Ehen, und das Heimathsrecht der durch
e nachsolgeude Ehe iiess, Eltern legiui-
Aten inländischen Kinder beir. 200. 173.
5. Novbr.29. Oltober. Geset wegen Abäuderung dro Verchnella 201. 177.
3. Dibr. 27. Dibr. (Landesherrliche Verordnung, die Unwanplung
Datum Nummer
Inhalt. ded Seite.
der Ausgabe.sdes Gesetzes. S#ce.
1956. 1856.
der kündtaren Staatsschuld des Fürsten-
thume Neuß i. L. in eine unkündbare beir. 202. 233.
al. Deöbr. 3. Dzbr. Dergl., einige #enberugen 401 JIihe der
Statuten der Geracr Baul . — 2u.
1857. 1857. D
4. ßebr. 20. . Jupiordnung“ . 203»«2««
10. Err. 12. März. Landesherrliche Verordnung, die Vefugnig der
*me
Handwerlsmeister zur Annabne v von kebr.
204. 257.
— 221. April. Dergl., W## die Schon- und“ He- cgeze — 23#
— 6. Mai. Dergl., d e Vollstreckung der ded Teninmnete
ili 8 zuerlaunten Strafen betr. — 259/.
— 27. helmmitnchnn, de ven- Mäszertrag vom 21. |
— 2650
24. „ 8. Juni. Belanmtmachung, ver ’ziscen den Bollrrreins-
dgaten und der Orientalischen Republik del
Lunn akgeschlossenen Vertrag detr. — 05 275
— 25. Mai. Höchstes Delret wegen Ronzessionirung der tbũ.
ringischen #ifenbahngefelschaft zum Baue
und Beiri fßte Gern= Weipßenseller Ei-
senbahn 281.
— II. Juni. Aekanmmachung, den zwischen dem Jönige von
Preußen und dem regierenden Fürsten Neuß C
L. wegen Horstellung einer GEilenbahn=
verbindung zwischen Weißensels und Gera ub-
geschlossenen Vertrag betr.
— 13. Dergl., dle mit d lengerg. des güremihms
Neuß . L. wegen der in Keiminal. und
Peuseinmntersnnsnen erwachsenden Nose
eabgeschlossene Genocntien betr. —
29.Jvli.28·» Laudcshkkkllchchth daowltxet liche Ve er.
sunernenerdng. andstreicher, Belt-
ler und Störer der össentlichen Rube, sowie
die desfallsige Competenz der Behörde beir 206. 311.
— 25. Juli. Werorduung, die polizeiliche Beaufũchtigung von
mivsnalhinen undanderen Dampfkessel-Au- 1
292.
30).
2
r□—
. Nvbr. 4. Sptbr. dergun rie alrteznn der Känigl. Sächsiichen
Landott. ben. 207.
— 19. „ Dergl., da rsris-- bonnigareswerfafino und
t. — 338.
— 13. Nobr. Dergl., das Coldiren sũr die Nönigl. Sichsische
Landessotlerie beir. — 339.
— 1!4. „ handesberrliche Ickerdmun, die Aushebungder bei .—
der Branmatzsteuererhebungin den einzelnen —
ussssheenhankenen Ungleichheiten betr. — 340.
— — Desgl., die Freigebung des Zinssußes für kanf n
mämmicche 7 Aankgeschäfte beir. — 341.
Inbalk. Nummer .
Succks.
kasse zu
4 ollgenichts als-
bern.
die.
der Gemeindecrdnung 4
vder ÿᷣolizei auf #15
eir. .. —.
Militalr und 6
über
S-irc.
343.
244.
346.
Gesetzsammlung
für die
Fürstlich Reußischen Lande jüngerer Linie.
Joo. 184.
1) Landesherrliche Verordnung, die Auswanderung militärreservepflichtiger Personen betr.
(Putl. Im Amis= und Vererdnungabl. am 29.,Januas 836.)
Wir Heinrich der Sieben und Sechzigste von Gottes Gna-
den Jungerer Linie regierender Furst Reuß, Stammes Aelte-
ster, Grafund Herr von Plauen, Herr zu Greiz, Kranichfeld,
Gera, Schleiz und Lobenstein 2c. 2c.
verordnen biermit:
Da durch die neuerlich getroffene bundesgesepliche Bestimmung, wonach die Friedens-
bereitschaft des Militairs die Mittel gewähren soll, mit dem Hauplkontingente gleichgeitig
auch die Reserve marsch= und schlagfertig aufzustellen, das Verhältniß der nicht mehr blos
zur successiven Ergänzung des Hauptkomingemte beslimmten reservepflichtigen Mannschaft
ein anderes geworden ist, so wird die in den bestehenden Gesehen enthaltene Vorschrift,
daß die in den Jahren der Reservepslicht stehenden Individuen nicht gehindert sein fol-
len, auszuwandern, aufgehoben. Den aus dem aktiven Bundeskontingente zur Reserve
übergegangenen Militairpflichtigen ist vielmehr die Erlaubniß zur Auswanderung — be-
sondere Fälle ausgenommen, wo die Höhe der Loosnummer und der überzäblige Stand
der Altersklasse ein solches Zugeständniß rechtfertigt — zu versagen und dieselben sind,
wie andere beurlaubte Soldaten, verpslichtet, jederzeit dem Bataillonskommando über ih-
ren Aufenthalksort Meldung zu machen.
Schloß Ostersteln, den 17. Januar 1856.
(L. S.) Heinrich LXVII.
v. Geldern.
Ausgegeben am 19. März 1856. 1
2
2) Ministerialbekanntmachung, die Abänderung des Regulativs wegen zollamtlicher Vehandlung
der mit der Fahrpost aus dem Auslande eingehenden Waaren vom 18. Dezbr. 1833 betr.
(Publ. im Amis und De#e#dnungsbl. am 2J. Januar 1836.)
Die in der Verordnung der vonnaligen Fürstlichen gemeinschaftlichen Landesregier-
ung über die zollamtliche Behandlung der mit der Fahrpost aus dem Auslande einge-
henden Waaren vom 18. Dezember 1833 (pag. 110 WB. II. der Gesehsammlung) ent.
haltene Bestimmung, wonach derjenige, welcher zollpflichtige, nach dem Vereinagebicte be-
stimmte Waaren über 1 Loth schwer, im Auslande verpackt zur Post giebt, dem Post-
stücke eine Deklaration beizufügen verpflichtet is, wird mit Höchster Genehmigung dahin
eabgeändert. daß diese Verpflichtung eintritt, sobald das Gewicht des aufgegebenen Pott-
stücks 3 Loth Zollgewicht oder mehr beträgt.
Gera. den 21. Januar 1836.
Fürstlich Reuß-Mauisches Ministerium.
v. Geldern.
Frank.
3) Verordnung die Form der Notariatsinstrumente betr.
(Pukl. im Ami# und Vererdungsbl. am 27. Januar 1856.)
Die höchste Verordnung vem 31. Januar 1812, die Kreirung und Immakrif#ir=
ung der öffentlichen Notarien betreffend, bestimmt in §. 4., daß die Notarien in den,
von ihnen ausgestellten Urkunden die Zeit der Handlung auch nach dem Jahre der Re-
glerung des jedesmaligen Landesherm onzugeben haben.
Hochster Enischließung Sr. Durchlaucht des Fürsten zu Folge soll diese Bestimmung
für die Zukunft außer Krast treten, es vielmehr genügen, daß in den Notariatsinsiru-
menten die Zeit nach dem entsprechenden Kalenderjahre angegeben wird.
Solches wird hierdurch auf höchsten Befehl zur ffentlichen Kenulniß gebracht und
dabei bemerkt, daß hiernach auch das, der obenangebenen höchsten Verordnung uner □
belgegebene Formular in den einschlagenden Sicllen die entsprechende Abänderung zu er-
fahren hat.
Gera, am 16. Jannar 1856.
Fürstl. Reuß-Plauisches Appellationsgericht.
von Bretschneider.
R. Müller.
3
4) Ministerialverordnung, die Ausübung der Paßpolizei betr.
(Pukl. im Amts: und Bererdnungskl. esm 13. etrust 1836.)
In Folge der neuen Organisation mehrerer Behörden haben sich auch hinsichtlich
der Paß= und Gesinde-Polizei andemnveite, den bestehenden Verwaltungseinrichtungen
angemessene Bestimmungen no#thwendig gemacht, weshalb mit Höchster Genehmigung
Serenissimi Clem. in dieser Beziehung Folgendes verordnet wird:
1) Die Paßpolizei, inobesondere die Ausstellung und Visirung von Reiseyässen,
1
—
4—
—
Wanderbüchern und sonstigen Reiselegitimationen, sewie die Ausstellung der Ge-
sintezeugnißbücher haben von jeht ab nicht mehr die Ortsgerichts= resp. die. Hand=
werköbehörden, sondern die Fürülichen Landrathgämter zu Gera, Schleiz und
Eberedorf — jedes für seinen Verwaltungsbezirk — zu besorgen. —
In den Städten Gera, Schleis und Lobenstein sind jedoch diese Geschäffs-
zweige den. betreffenden Gemeindebehörden vorbehalten und fernerhin zugewiesen,
während für die Stadt und den Amtsbezirk Hirschberg sowic für den Be-
reich der Pflege Reicheufels die Fürüll. Justizämter zu Hirschberg und Hohen-
leu ben ausnahmsweise hiermit kommissariich beanftragt werden —
Die unterm 14. Septeuber 1853 wegen Ausstellung der Gesindezeugnißtücher
ergangene provisorische Verordnung (Nr. 38 des Amts- und Verordnungsblattes
v. 1853) wird hiermit außer Kraft gesetzt, wogegen die ortepolizeiliche Beauf-
sichtigung der Dienstroten und die sonstige Handhabung der Geündepolizel nach
Verschrift der Verordnungen vem 17. Septbr. 1852 (Nr. 38 des Amts- und
Verordnungoblus. von 1852) und vom 12. Febr. 1853 (Nr. 8 dess. Bl. v.
1853) den Gemeindevorständen ohne Ausnahme nach wie vor obliegt. —
Die gegenwärtige Verordnung tritt sofort mit ihrer Publikation in Krast, und
haben deshalb die seiiher kompetent gewesenen Siellen die geführten betreffenden
Journalc und Akten sofort au die nuumehr zustäudigen Vehörden abzugeben. —
Gera, den 23. Januar 1656.
Fürstlich Reuß-Mauisches Ministerium.
v. Geldern.
Schlick.
4
5) Minisierialverorbnung, einen Nachtrag zu der — bago lich der Beförderung v
otn swanderern bein 29. Juli 1852 betr. * eför 6 von
(Pusl. im Amis= und Vererdnungsbl. om 13. Februar unz
Mit höchster Genehmigung Seiner Durchlaucht des Fürsten wird die Bestimmung
unter Nr. 6 der Verordnung bezüglich der Beförderung von Auswanderern nach über-
seeischen Häsen vom 29. Juli 1852 (Nr 31 des Amts= und Verordnungsblattes von
demselben Jahre, Gesetzsammlung Band IX.S. 181) dahin ausgedehnt, daß den Agenten
mrr gestattet ist, mit Personen des In- oder Auslandes, welche sich durch den Beüg zur
Zeit gültiger, von der kompetenten in= oder ausländischen Behörde ausgestellter Auswan-
derungs-Konsense, oder wenigstens solcher Pässe legitimiren, die für die beabsichtigte Reise
gültig sind, Ueberfahrts-Verträge abzuschließen, mit Minderjährigen aber nur unter Be-
willigung des Vaters odor Vormundes zu kontrahiren.
Indem wir diese Nachtrags-Verordnung hiermit zur öffentlichen Keuntniß bringen,
unterlassen wir nicht, namennich die bereits konzessionirten Agenten hierauf besonders
aufmerksam zu machen.
Gera, den 6. Februar 1856.
Fürstlich Reuß-Plauische Regierung.
v. Geldern.
Franke.
5
Gesetzsammlung
Fürstlich Reußischen Lande jüngerer Linie.
No. 185.
Wir Heinrich der Sieben und Sechzigste von Gottes Gnaden
Jüngerer Linie regierender Fürst Reuß, Stammes Aeltester,
Graf und Herr von Plauen, Herr zu Greiz, Kranichfeld,
Gera, Schleiz und Lobenstein 2c. 2c.
verordnen wegen der bei Anlegung von Eisenbahnen erforderlichen zwangsweisen Eigen-
thumsabirctungen mit Zustimmung des Landtags, was folgt:
Erster Theil.
Grundbestimmungen über die Gnteignung.
Art. I.
Zur Hersiellung und Unterhaltung von Eisenbahnen, zu deren Erbauung landes-
berrliche Konzession ertheilt worden ist. sowie zu henehmigten Aenderungen und Erweiter=
ungen derselben, ist das erforderliche öffentliche und Privat-Eigenthum im diesseitigen
Staatsgebiete mit Einschluß von Gebänden und Zubehörungen, sowie von Rechten und
Gercchtigkeiten nach den Vorschriften dieses Gesehes abzutreten.
Das Recht, diese Abtretung zu verlangen, sieht demjenigen zu, welchem die Befug-
niß zur Herstellung und zum Betriebe der gedachten Bahn von Uns zugestanden wor-
den, und tritt ein, sobald die Genehmigung der Vaupläne mit genauer Angabe der Nich-
tungolinien und der Zeiträume, innerhalb deren die Anlagen zur Ausführung kommen
sellen, durch Unser Ministerium zur öffenklichen Kenmniß gelracht worden ist.
2
Ansgegeben am 27. März 1856. 2
Art. 2.
Der Baunntemehmer ist berechtigt, die Abtretung von Grundstücken zu verlangen:
1) zu der Bahn selbst, ihrer Einfriedigung und Sicherstellung, den Ausweichestellen,
Auffahrten und Absahrten, Aufseher= und Wärter-Wohnungen;
zu den Bahnhöfen, Stations-Plähen und überhaupt zu allen zum zweckmäßigen
Trausport-Betriebe nöthigen Einrichtungen;
zu der Unterbringung oder Gewinnung von Erde, Sand, Schutt, Steinen 2c.,
insofern deshalb die vorübergehende Benutzung der Grundstücke (Art. 3) nicht
für binreichend oder nicht für zulässig erkannt wird;
zu denjenigen im öffentlichen Interesse in Folge der Eisenbahnanlage hergustellen-
den Straßen, Wegen, Fluß-Korrektionen, Brücken und anderen, auch durch sicher-
heitspolizeiliche Rücksichten gebotenen Einrichtungen, deren Anlage nach den Ge-
letzen, dem genehmigten Bauplane oder den ertheilten bahnpolizeilichen Vorschrif-
ten erforderlich wird.
#
.
*—
Art. 3.
Unter dem der zwangsweisen Abtretung unterliegenden Grundelgenthume (Art. 2)
sind alle Arten von unbeweglichen Sachen nebst ihren Zubchyrungen begriffen, einschließ-
lich der Real-Berechtigungen.
Ersordert eine der im Art. 2 bezeichneten Anlagen die Bestellung einer Dienstbar-
keit auf ein Grundstück oder macht sich eine solche in Jolge dieser Anlage nöbhig, so ist
auch diese Dienstbarkeit auf Verlangen des Unternehmers einzuräumen.
Ebenso muß die vorübergehende Benutzung des Grundeigenthums zur Herrichtung
von Nebenwegen, zur Niederlegung, Anfuhr oder Gewinnung von Baustoffen (Art. 2
Jisser 3), sowie zur einstweiligen Verlegung von Flüssen, Bächen und Gräben rc. im
Zwecke des Hauptumernehmens gestatlet werden. Dauers,die Benutung über drei Jahre fornt,
so kann sie nicht mehr als vorübergehend angeseben werden und der Eigentb#mer des
Grundstüückes, dessen Benutzung noch länger in Anspruch genommen wird, lü sodann be-
rechtigt, die rigenthümliche Uebernahme desselben von Sriten des Unternehmers zu ver-
langen.
Eine Verpflichtung, Gebäude nur vorübergehend zu Zwecken der Eisenbahn zu über-
lassen, fsindet überall nicht, bei anderen Grundstücken aber in dem Falle nicht Stian,
wenn deren Beschaffenheit wesentlich und bleibend durch diese Ueberlassung verändert wer-
den sollte.
Art. 4.
Wenn nur Theile eines Grundbesipes in Anspruch genommen werden, darf der
7
Eigenthümer in folgenden Fällen verlangen, daß ihm dieser Grundbesitz ganz abgenom-
men werde:
4) wenn ein Gebäude theilweise abgetreten werden soll;
2) wenn ein zu einem Gebäude gehöriger und unmittelbar neben demselben gelege-
ner Garten, Hofraum oder anderer den Bewohnern des Gebäudes vorzugsweise
nupbarer Plah, ganz oder auch nur thellweise Gegenstand des Anspruchs ist;
vorausgeseht, daß nicht nach dem Unhheile Sachverständiger der übrigbleibende
Grundbesitz ungeachtet der beanspruchten theilweisen Enteignung entweder seiner
bisberigen Bestimmung noch genügt oder dieser Zweck durch eine von dem Bau-
unternehmer dargebotene Areal. Erweiterung vollständlg erreicht wird;
wenn der Anspruch auf eines von mehren zu demselben Gewerbs= oder landwirth-
schaftlichen Betriebe gehörenden oder zu einer andern gemeinschaftlichen Benut=
ung bestimmten Gebäuden oder auf einen dazu gehörigen Play gerichtet ist und
nach dem Urtheile Sachverständiger durch Absonderung des angesprochenen Theils
die Fortsetzung des Betriebes oder der bisherigen Benutzung unmöglich gemacht
eder wesentlich erschwert werden würde, ohne daß der Bauunternehmer eine ge-
nügende Axycal-Eweiterung gewährt;
wenn bei der Ablretung eines Theilo von anderen, unter 2 und 3 nicht begrif-
senen Grundstücken der übrigbleibende Theil nicht über sechs und dreihig Rheinl.
Quadrat-Ruthen an einem Stück beträgt und nach dem Urtheile Sachverständi-
ger von dem bisherigen Eigenthümer zweckmähig nicht mehr benußt werden kann;
5) wenn durch Abtretung einer Berechtigung das Grundeigenthum, zu dessen Vor-
Weil sie besteht, nach dem Gutachten Sachverständiier für seine Bestimmung un-
brauchbar wird.
·
4
—
z. 5.
Kann ein Grundstück, auf welchem die Gewinnung von Bau-Materialien im Wege
der vorübergehenden zwangsweisen Benuhung (Art. 3) zugelassen worden ist, in Folge
dieser Gewinnung nach sachverständigem Gutachten fernerhin seiner Bestimmung gemäß
nicht mehr mit Vortheil von dem Eigenthümer benupt werden, so steht es diesem eben-
falls frei, dasselbe dem Bauunternehmer gänzlich abzutreten und die Entschädlgung für
den Substantial-Werth in Attspruch zu nehmen.
Art. 6.
Wenn der Unternehmer ein abgetretenes Grundstück ganz oder zum Theil binnen
Jahresfrist nach vollständiger Eröffnung der Bahn weder zu dieser selbst, noch zu den
Zubehörungen derlelben verwendet, auch dessen zum Ausbau und Betrieb der Bahn nicht
nech bedarf oder wenn er solches wohl gar an Dritte zu Privat-Zwecken wieder zu ver-
2°
8
äußern beabsichtigt, sollen der ursprüngliche Eigenthümer oder dessen Erben das Wieder-
kaufsrecht gegen verhältnißmähige Erstattung der Leistungen, welche bei der Enteignung,
eingetreten waren, innerhalb zweier Jahre ausüben können und soll zu diesem Zwecke
der Unternehmer dem ursprünglichen Eigenthümer die Zurücknahme des fraglichen Grund-
stücks bei Strafe der Nichtigkeit der anderweit abgeschlossenen Veräußerung anbleten.
Art. 7.
Der Abtretung, Belastung und Ueberlassung des Grundeigenthums, welche auf dem
Grunde des gegenwärtigen Gesetes erzwungen werden kann, stehen gesehliche, richterliche,
vertragsmäßige oder lehwillige Veräußerungsverbote oder Beschränkungen nicht entgegen.
Art. 8.
Wenn der Vauunternehmer den Eigenthümer oder Inhaber von Grundbesihungen
oder Gerechtsamen, welche er für den Eisenbahn-au zu rrwerben oder zu benutzen beab-
sichigt, von dieser seiner Abücht durch das Gericht der belegenen Sache benachrichtigt,
so darf innerhalb eines Jahres bel Vermeidung des im Art. 13 bestimmten Nachtheiles
obne Zustimmung des Bauunternehmers weder ein Neubau auf dem in Anspruch genom-
menen Grund und Beden begonnen oder forthesetzt, noch die gewöhnliche Feldbestellung.
vorgenommen, noch eine sonstige die Entschädigungsforderung erhöhende und durch die
Nothwendigkelt nicht gebotene Mahregel getroffen werden.
Die aufgelegte Beschränkung fällt jedech ohne Weiteres weg, wenn nicht vor Ablauf
des eben gedachten Jahres ein sörmlicher Enteignungsantrag gestellt worden ist.
Eine wiederholte Beschränkung ünder nicht Statr.
Zweiter Theil.
Bestimmungen über die Entschödigungsleistungen und sonstigen Verbindlich-
keiten des Bauunternehmers bezliglich der Enteignung-
Art. 9.
Für jede Abtretung, Belastung oder Ueberlassung, welche auf dem Grunde des
gegenwärtigen Gesehes gefordent wird, ist vollständige Entschädigung zu leisten. nach dem
wahren gemeinen Werthe, das heißt, nach demsenigen Preise, welchen der in Frage kom-
mende Gegenstand nach ortsgewölulicher Würderung zur Zeit der Abtretung, Belastung
oder Ucberlassung hat.
Bel der Werthsbestimmung siud aber zugleich alle Schäden und Nachtheile, welche
den Eigenthümer vorübergehend oder bleilend durch die Abtretung u. s. w. kreffen, mit
in Anschlag zu dringen, z. B.
9
a) in Beziehung auf Lage, Nahrung und Gewerbsbestimmung;
b) wegen unvorhergesehener Unterbrechung des Besigstandes;
) wegen Beschädigung oder Verlustes der Früchte;
4) wegen Werthominderung des etwa übrig bleibenden Beützthumes und wegen des
Mehrwerthes, welchen der abzutretende Gegenstand durch seinen Zusammenhang
mit anderen Elnrichtungen oder Besitungen oder durch seine bisherige Benuy-
ungsweise für den Eigenthümer behauptcte.
Die Nechtsgrundsätze über den Ersab solcher Schäden, welche zwar durch Anlagen
und Unternehmungen der im Art. 2 bezeichneten Art, aber nicht durch die dabei vorge-
kommene Enteignung verursacht werden, erleiden durch das gegenwärtige Gesetz keine
Aecnderung-
Art. 10.
Bet Feststellung der Enschädigung für die einstweilige Benupung eines Grundslückes
sind die ortsüblichen Pachwreise zu Grunde zu legen, jedoch mit Berücküchtigung des
Vortheils eigner Bewirthschaftung, wo diese Statt fand, und überhaupt mit Verücksichtig-
ung des besonderen Nachthells, welcher für den Eigenthümer, Pachter, Mtether oder
Ruynießer nach seinen Verhälmissen aus jener Benugung enssteht.
Art. 11.
Bei Gebäuden und Anlagen, welche ihrer Lage und Einrichtung nach zum Ver-
gnügen des Eigenthümers gereichen und besonders zu diesem Behufe besllmmt sind, ist
der Verlust des Gebrauchs zu diesem Zwecke mit als Gegenstand der Entschädigung an-
zusehen und es muß darauf, wenn der Eigenthümer es verlangt, bel Bestimmung der
Entschädigung nach billigem Ermessen mit Rücksicht genommen werden, sofern nicht aus
der Oertlichkeit hervorgeht, daß der Eigemhümer durch Verwendung der ihm für das
Gebäude oder das Grundstück der Würderung nach zu gewährenden Abtretungssumme
sich dieselbe Annehmlichkeit auf einem andern Platze zus verschasfen im Stande ist.
Arl. 12.
Der sogenante Liebhabenwerth (prelium alleclionis), sowie Vorkheilc, welche aus erst
in der Folge beabüichtigten Verbesserungen und Elinrichtungen hergeleitet werden, oder
erst durch die Anlage der Eisenbahu für das zu veräußernde oder zu benuhende Grund-
stück entstehen, sind bei der Entschädigung nicht mit in Auschlag zu bringen. Eben so
wenig kommt umgekehrt bei einer theilweisen Abtretung, die Werthserhöhung, welche
für den zurückbleibenden Theil durch die Anlage eiwa mintelbar oder unmittelbar enl-
steht, bei der Entschädigung für den atzulretenden Theil in Aufrechnung und Ab-
rechnung.
10
Art. 13.
Wenn der Grunkeigenthümer, welchem amtlich bekannt gemacht worden war, daß
sein Grundstück zum Zwecke der Eisenbahnanlage gefordert werde (Art. 6), auf demsel-
ben eine neue Anlage, Besiellung oder sonstige die Entschädigungsforderung erhöhende
und nicht nolhwendige Mahregel innerhalb eines Jahres nach der Bekanntmachung un-
ternahm, so ist eine Entschädigungsforderung dafür bei dem Eintritte der Enteignung
nur in soweit zu berücksichtigen, als jene Anlage den Werth des in Auspruch genommc=
nen Gegenstandes für das Eisenbahnunternehmen selbst erböht hat. Dagegen gebührt,
wenn die angezeigte Absicht nicht zur Ausführung kommt, dem Betheiligten vollkommene
Entschädigung wegen aller Vermögensnachtheile, welche die herbeigeführte Beschränkung
(Ark. 8) ihm verursacht hat.
Art. 14.
Die Entschädigung, welche für die Abtretung eines Grundstückes, die Aufgabe eines
Mechtes oder die Einräumung einer Befugniß verlangt werden darf, ist in der Regel
vor der Abtretung, Aufgabe oder Elnräumung zu leisten, jedoch mit folgenden Aus-
nahmen und näheren Bestimmungen:
1) ist ein unwiederbringlicher Nachiheil mit dem Verzuge verbunden — wohin
auch der Fall zu rechnen ist, daß der Eisenbahnbau nicht blos darum aufge-
schoben werden darf, weil die Rechnungsarbeiten zur Fesistellung der Emschädig-
ung und die Bekanntmachung derselben noch zuücksteben — so darf der Un-
ternehmer fordern, daß ihm der in Anspruch genommene Gegenstand schon vor
erfolgter Ausmittelung des Entschädigungebetrages übenviesen werde. Das Ver-
fahren zur Ermittelung der Entschädigung ist aber sofert einzuleiten und ohne allen
Verzug zu beendigen, auch dem Emtschädigungobetrage die jährliche Verzinsung
mit Vier vom Hundert, vom Tage der geschrhenen Ueberweisung an, hinzuzusügen.
Dieselbe Bestimmung findet Anwendung
wenn die Benupung oder Belastung sremden Eigenthumes für einen vorüber-
gebenden Zeitraum in Anspruch genommen wird und der Emischädigungsbetrag
sich vorher mit Gewihheit har nicht auemitteln läßt. Erstreckt sich dieser Zeit-
raum über die Dauer eines Jahres hinaus, so darf der Entschädigungoberech-
tigte verlangen, daß süögleich nach Ablauf des Jahres, in welchem das zur
Schadloshaltung verpflichtende Verhältniß Statt gefunden hat, die Festsiellung
und Zählbarmachung der Entschädigung erfolge.
In den unter 1 und 2 angeführten Källen kann der Entschädigungsberechtigte ver-
langen, daß vor der Ueberweisung des Enlichädigungsgegenstandes an den Bauunter-
nehmer von diesem und auf Kosien desselben eine zur Gewährung der Entschädlgung
*□
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muthmaßltch ausreichende Kaution bei dem Gerichte der belegenen Sache durch baare
Hinterlegung bestellt werde.
Die Höhe der Kantions-Summe wird, nach Befinden auf vorgängige Vernehmung
Sachverständiger, durch den Expropriations-Kommissar bestimmt.
Art. 15.
Das Enteignungsgeschäft wird erst mit der Vollendung des Bahnbaues und der
Aufmessung und Versteinung der Bahn und ihrer Zubehörungen als abgeschkossen ange-
sehen. Findet sich daher bei der definitiven Vermessung und Berechnung, daß ein Ent-
schädigungsberechtigter bei früher erfolgter Zahlung in Folge einer irrigen Annahme hin-
sichtlich des Flächengehaltes oder einer unrichtigen, Berechnung zu wenig oder zu viel als
Entschädigung erhalten hat, so muß die Differenz durch Nachzahlung oder Zurückzahlung
ausgeglichen werden.
Art. 16.
Die mit dem Enteignungsgegenstande verbundener Grundstenern, Gemeindelasten
und Grundlasten aller Art, namentlich aber darauf haftende Guts= und lehnherrliche
Rechte, Nutzungs= und Servitut-Befugnisse, sind bei theilweiser Grundbesitzabtretung, im
Verhältnisse des abzutretenden Theils zu dem zurückbleibenden Theile, sofenn sie theilbar,
in Wirklichkeit, sofeln sie aber nicht theilbar, nach dem antheiligen durch Sachverständige
zu ermittelnden Werthanschlage, auf den abgetretenen Grundbesitztheil zu überweisen.
Dieselben müssen auf Verlangen des Bauunternehmers oder des Berechtigken abge-
löst werden. Steuern, Gemeindeabgaben, Kuchen= und Schul-Lasten unterliegen jedoch
der Ablösung nicht, sondern haften — bei thoilweiser Abtretung in der ermittelten
verhältnißmäßigen Höhe — auf dem enteigneten Grundbesttze.
Für das Ablösungsverfahren treten die im dritten Abschnitte dieses Gesetzes enthal-
tenen Vorschriften ein.
Wenn eine auf dem zu enteignenden Grundbesitze lastende nicht ablösbare Grund=
dienstbarkeit (Servitut) auf Verlangen des Bauunternehmers oder, wenn sie ohne we-
sentliche Erschwerung nicht mehr ausgeübt werden könnte, auf Verlangen des Berechtig-
ten wegfallen soll, hat der Bauunternehmer dem Berechtigten, falls er denselben nicht
durch Bestellung einer andern solchen Dienstbarkeit vollständig entschädigt, den Werth der
Dienstbarkeit, wie er sich in besonderer Hinsicht auf das herrschende Grundstück nach dem
Gutachten der Schäger herausstellt, zu ersetzen; unabhängig hiervon ist dem Eigenthümer
des Grundbesitzes der Werth des letztern, wie sich derselbe unter Veranschlagung der auf
dem Grundbesitze ruhenden Dienstbarkeitslast ergiebt, vom Bauunternehmer zu erstatten.
Mitbelehnte, Fideikommiß-Berechtigte und sonstige Interessenten mit Ausnahme der
12
Pachter, Miether und zeitigen Nußnießer (Art. 17) können sich wegen ihrer Rechte an
dem abzutretenden Gegenstande nur an die Entschädigungsgelder halten.
Art. 17.
Wenn die für das Eisenbahnunternehmen in Auspiuch genommenen Grundbesiyun=
gen verpachtet sind, die Folgen der Abtretung, Beschwerung, Beschränkung oder einge-
räumten Benutzung den Pachter tressen und der Pachtvertrag für den Fall der Lösung
oder Aenderung des Pachtverhältnisses die Ansprüche zwischen den Vertragstheilen nicht
auf andere Weise festsetzt, kommen folgende Bestimmungen zur Anwendung:
1) wird durch die Enteignung der ganze Gegenstand der Pachtung in Auspruch ge-
nommen, so ist der diesfallsige Vertrag alo ausgelöst zu betrachten und dem Pach-
ter der aus der früheren Aushebung des Vertrages für ihn erwachsende Schaden
vom Bauunternehmer zu vergüten;
wenn durch die Enteignung eines blohen Theils des verpachteten Grundbesites
die Fortsehung des bisherigen Pachwertragen unmöglich gemacht oder wesentlich
verändert oder erschwert wird, so kann der Puchter die Aufhebung des Pachtver-
trages verlangen und es sind in diesem Falle sowohl der Verpachter als der
Pachter für den ihnen daraus erwachsenden Nachtheil vom Bauunternehmer zu
entschädigen;
3) giebt die Euteignung nach der vorüehenden Besiimmung keinen Grund zur Auf-
lösung des Vertrages, so hat der Pachter vom Baunnternehmer zu erhalten:
n) die für die vorübergehende Benugung eines verpachteten Grundbesiges er-
solgende Entschädigung, sofern und insoweit, als dieselbe für die während
der Pachtzeit entbehrte oder beschränkre Benußung bezahlk wird;
5) ven dem für die Ablretung oder lmmerwährende Benuhung eines Theils
des Vertragegegenstandes bestimmken Enrschädigungs-Kapital denjenigen Be-
trag, welcher den mit jährlich drei und ein halb vom Hundert auf die
Dauer der Pachtzest zu berechnenden Ziusen gleich kommt.
Mierber und zeitige Nupnieher jeder Art haben dieselben Ansprüche und Rechte,
welche vorstehend den Pachtern eingeräumt sind.
Die Ansprüche der Pachter, Miether und zeitigen Nuynieser sind von dem Kom-
missar nach Mahgabe der Bessimmungen dieses Gesehes festzustellen.
Art. 18.
Weun vom Bauunternehmer Fluß-Korrektlonen vorgenommen werden, tritt das neue
FKlußkett an die Stelle des verlassenen Flußbettes und es geht das leptere in das Eigen-
thum der Bahnverwaltung über. Das neue Flußben ist dagegen alsbald nach bewirkter
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Hersiellung von dem Staate, der Gemeinde oder den behheiligten Privat-Personen, so-
weit die frühere Verpflichtung reichte, bezüglich soweit die Uebernahme derselben durch
Gesetz begründet ist, zu übernehmen und zu unterhalten; sofern oder insowelt eine derar-
tige Verpflichtung nicht bestand oder bestehr, hat der Bauunternehmer das neue Flußbett
zu unterhalten.
Gleiche Bestimmungen gelten für Straßenverlegungen, welche vom Bauunternehmer
vorgenommen werden.
Der Bauunternehmer hat für Erhalmung einer ungestörten, sowic für Wiederherstel-
lung der von ihm unterbrechenen Kommunikation nach beiden Seiten der Bahn zu sor-
gen und die zu diesem Behufe erforderlichen Brücken, Durchgänge, Wasserzüge, Ueber-
gänge, Fahr= und Trift-Wege auf seine Kosten herrichten zu lassen und, sofern und in-
soweit den Betheiligten daraus eine neue oder erhöhle Belästigung erwächsi, dieselben zu
unterhalten.
Dieselbe Verbindlichkeit liegt ihm auch rücksichelich solcher Deranstaltungen ob, welche
zur Beseitigung der durch, den Bau und Betrieb der Eisenbahn für die öffentliche Sicher-
beit und die Sicherheit des Einzelnen unmittelbar drohenden Gefahren durch Vererdnung
vorgeschrieben oder ven den zustänkigen Verwallungsbebörden angeordnet werden.
Dritter Theil.
Von dem Verfahren und der Entscheidung über die Abtretung und
Entschädlgungslelstung.
Art. 19.
Die Cutscheidung über die Noihwendigkeit und den Umfang einer zwangsweisen Ab-
tretung, sowie über die zu gewährende Entschädigung erfolgt im Rechtswege, und zwar
nach den in den folgenden Arlikeln 20—36 getroffenen Bestimmungen durch einen zu
dieser Funktion auf den Richtereid verpflichteren Kommissar.
Demselben sind die nötbigen Protokoll Führer und sonstigen Hülfspersonen (Art. 46)
beizugeben.
Nach Bedürfniß werden mehre Kommissare mit abgegrenzten Bezirken ernannt.
Art. 20.
Der Baunnternehmer hat den Amrag auf Enteignüng oder Belafsiung fremden
Grundbesihes, bezüglich auf Abtretung fremder Rechte und Gerechtsame an den Kommise
sar zu richten und zu begründen:
1) durch genaue Bezeichnung der Grundstücke, auf welche sein Antrag sich bezieht,
nach Lage, Größe und, wenn möglich, Kataster= Nummer; n
14
2) durch Angabe der beanspruchten Grundfläche, nach Ruthen, wenn das betreffende
Grundstück nicht ganz verlangt wird, unter Beischluß von Auszügen der einschla-
genden Karten;
7) durch genaue Bezeichnung der verlangten Belastung oder Rechtsabtretung;
4) durch Namhaftmachung der Eigenthümer, bezüglich ihrer Vertreter, der etwaigen
Pächter, Mielher oder Nußnießer-
Mit diesem Antrage hat der Unternehmer die Bestellung eines gehörig zu legitimi-
renden Bevollmächtigten, sowie die Namhaftmachung des von ihm zu ernennenden Schä-
ders (Art. 22) zu verbinden.
Art. 21.
Der Kommissar hat sofort, soweit nöthig unter Vermittelung des zusiändigen Ge-
richtes, die erforderlichen Eigenthums= und Hypotheken-Bescheinigungen einzuziehen und
alle auf die Zwangsemteignung sich beziehenden Verhältnisse, namentlich die bei der Ab-
tretung betheiligten Eigenthümer, bezüglich ihre Vertreter oder die sonstigen Berechtigten
und die in den letzten Veräußerungssällen vorgekommenen Preise durch gerichtliche Aus-
zuge der Grund-Leben= und Hppotheken-Bücher oder einschlateuder Gerichts-Akten, Ver-
nehmung der Grund-Eigenthümer, des Gemeindevorstandes oder anderer Auokunftsperso-
nen bezüglich in sonst geeigueter Welse gehörig auszumitteln.
Ist der Aufenthalt eines Betheiligten unbekannt oder ist ein solcher abwesend und
so entsernt, daß seine Vorladung Schwierigkeiten oder bedeutenden Zeiwerlust verursachen
würde, ohne daß ein Bevollmächiigter oder Vormund für ihn bestellt ist, so hat auf An-
trag des Kommissars das Gericht der belegenen Sache von Amtswegen einen Siellver-
treter für denselben zu bestellen, welcher dessen Interessen bei dem Euteignungsgeschäfte
zu wahren berechtigt und veryflichtet ist.
Art. 22.
Nach erfolgter Ermittelung der Belbeiligten und Absteckung der Vahnlinie hat der
Kommissar dafür zu sorgen, daß sofort für jede betreffene Flur zur Ermittelung ker Ent-
schädigungsbeträge für die in dieser Flur vorkommenden Enteignungen als Schäher drei
der Oerllichkeit und der abzuschäpenden Gegenstäude möglichst kundige Sachverständige
bestellt werden, welche sich im Besine des Staatsbürgerrechtes beünden, auch bei der frag-
lichen Enteignung persöulich unbetbeiligt sein müssen.
Einer dieser Schäper ist von dem Kommissar, der zweite von dem Bauunternehmer
zu ernennen, der dritte aber von den betheiligten Entschädigungsberechtigten zu wählen.
Die beiden erstgedachten Schäpyer können gleichzeitig für eine Mehrzahl von Fluren
ernannt werden.
15
Art. 23.
Bebufs der Wahl des dritten Schäpers hat der Kommissar die aus den Verhand=
lungen sich ergebenden Betheiligten oder deren Stellvertreter (Art. 21) zu einem anzu-
beraumenden Termine unter Anrohung des gesthlichen Rechtsnachtheiles spezlell vorzu-
laden, auch diesen Termin, unter Benennung des ersten und zweiten Schähers, in den
betreffenden Gemeinden öffentlich bekannt zu machen.
Art. 21.
Die in Person oder durch genügend gerechtfertigte Bevoflmächtigte erschienenen Be-
theiligten wählen nach relativer Slimmenmehrheit; die Nichterschienenen oder die Wahl
Verweigernden sind des Wahlrechtes verlusiig.
In dem Falle, wenn auf mehre Personen die meisten Stimmen in gleicher Zahl
fallen, ist eine engere Wahl zwischen diesen sofort zu bewirken. Wenn auch diese keine
relative Stimmenmehrheit ergeben sollte, so entscheldet unter denen, welche die meisien
gleichen Stimmen für sich huben, das Loes.
Erscheint auf die erwähnte Vorladung Niemand im Termine oder verveigern
simmtlichr erschienene Betheiligte dic Wahl, so hat der Kommissar den dritten Schäper
zu ernennen.
Das Ergebniß wird den Erschienenen sofort bekannt gemacht und gleichzeitig in der
betreffenden Gemeinde auf ortsübliche Weise zur öffentlichen Kennmiß gebracht.
Eine Anfechtung des Wahlverfahrens oder Einwendungen gegen die solchergesialt.
(Art. 22, 23) bestimmten Schäher sind nur innerhalb der nächsten zehn Tage zulässig.
Der Kommissar hat alsbald dapüber zu erkennen.
Art. 25.
Gleichzeitig mit der Ernennung, bezüglich Wahl der drei Schäher, ist für jeden
verselben auf gleiche Weise ein Stellvenreter zu ernennen, bezüglich zu wählen, welcher
in Fällen, wo der betresfende Schäter verhindert ist oder als unzulässig verworfen wird,
für denselten eintritt.
Als Gründe der Unzulässigkeit eines Schähers sollen diejenigen gelten, aus welchen
Zeugen im Zivil. Prozesse unfähig oder verdächlig sind.
Art. 26.
Bekrifft die Abschähung Gegenstände, zu deren Tatation die erwählten Schäßper oder
deren Stellvertreier wegen mangelnder Kenntniß, worüber der Kommissar bei erhobenem
Zweifel zu erkennen hat, nicht im Stande sind, so siud für diesen einzelnen Full andere
Schäßer auf die ungegebene Weise zu ernennen, bezüßlich von den in diesem Falle Be-
theiligten zu wählen.
3
16
217.
Die Schaͤher sinß vom Kommissar, unter besonderer Hinweisung auf die in den be-
treffenden Artikeln dleses Gesetzes enthaltenen Vorschriften, eidlich zu verpflichten und kön-
nen, sosern sie nicht über vier Stunden von der betreffenden Gemarkung entfernt woh-
nen, ohne bsonders erhebliche Entschuldigungsgründe, über welche der Kommissar ent-
scheidet, die auf sie gefallene Wahl nicht ablehnen, haben aber den Bezug der durch Ge-
setz oder sonstige Normen ihnen zugebilligten Gebühren, Diäten und Transpont-Kosten zu
beanspruchen.
Art. 28.
Der Bevollmächtigte des Bauunternehmers hat auf Bestinnnung eines Termins zur
Verhandlung über die Enteignung beziehungsweise Abschätzung anzutragen.
Dieler Termin ist in der Regel in dem Orte, in defsen Gemarkung die betreffenden
Grundstücke gelegen sind, innerhalb vierzehn Tagen bis drei Wochen abzuhalten.
Es find hierzu nicht allein der Bauunternehmer oder dessen Bevollmächtigter und
die bereits ermitzelten Entschsdigungsberechtigten oder deren bestellte Vertreter mittelst be-
sonderer Zufertigung, sondern auch alle Personen, welche in Beziehung auf die abzutre-
tenden Gegenstände vder quf die Entschädigungsgelder aus irgend einem Grunde einen
in diesem Verfahren geltend zu machenden Anspruch zu haken glauben, durch eine öf-
fentliche Vekanntmachung in der betreffeuden Gemeinde und im offtziellen Nachrichtsblate
vorzuladen.
Die Vorladungen sind, so weit es augeht, mit der im Art. 23 vorgeschriebenen zu
verbinden und Müssen nicht allein den Zweck des anveraumten Termines angeben, son-
dern auch die im Art. 29 aufgeführten Rechtsnachtheile androhen.
Zu dem Termine sind auch die bestellten Schäyper, sowie der Gemeindevorstand und
vie Feldgeschworenen der betreffenden Gemelude als Auskunfispersonen und zur Vermit-
j#lung einer ganlichen Uebereinkunft vorzuladen.
Kann die Verhandlung voraussichtlich an einem Tage nicht erledigt werden, so ist
der Teumin auf mehrere, wo thunlich aufeinander folgende Tage anzuberaumen und auf
jeden Tag eine angemessene Anzahl der Betheiligten ln der erwähmen Weise vorzuladen.
Artl. 29.
Ju dem Termine können die Entschädigungsberechtigten nach ihrer Wahl persönlich
oder durch hinlänglich Bevollmächtigte erscheinen.
Ole Ausletbenden kreffen folgende Rechtsnachtheile:
den Baunnternehmer, daß er die sämmtlichen Kosten des vereltelten Termines sammt
den Reisekosten und Zehrungskosten der Betheiligten zu tragen und zu ersetzen,
auch deren gehabte Versäumniß zu vergüten hat;
i7
b) die bekannten Entschädigungsbetechtigten, daß die Einwilligung in dic angespro-
chene Abtretung angenommen, die Entschädigungösumme aber im Wege der gelrz-
lichen Schätzung einseitig festgestellt und nach Befinden gerichtlich daponirt wird.
c) die dem Kommissar nicht bekannten Entscädigungsberechtigten, daß sie der Berück-
sichugung ihrer nicht angemeldeten Rechte und Enrschädigungsaniprüche verlustig
gehen, bezüglich mit denselben lediglich an den Empfänger der Entschädigungs-
summe verwiesen werden.
Alle Rechtsnachtheile treten mit Ablauf des Termines ohne Ungehorsannsbeschutdig=
ung und ohne förmlichen Bescheid ein.
Art. 30.
In dem Termine hat der Kommissar die erschienenen Betheiligten uber den Umfang
der Abtreinng beziehungsweise Uebernahme eines Enteignüngsgegenstandes (Att. 3, 4, 5)
oder die Einränmung einco Rechtes (Ark. 3) und die geforderte Entschädigung zu ver-
nehmen und, wenn möglich, eine gütliche Uebereinkunft bieräber, erforderlichen Fälles un-
ter Zustimmung betheiligter dritter Personen, zu vermitteln, auch dieselbe prokokellarisch
festzusiellen.
Wenden Einwendungen gegen die Abtretung, gegen ven Umfang dersilben, bezüg-
lich der Uebernahme eines Entekgnungsgegenstandes oder gegen die Einräumung eines
Rechtes vurgebracht, welche auf gütlichem Wege nicht besektigt werden können, so und
dieselben nebst etwalgen Gegenerklärungen der Betheiligten zu Protokoll zu nehmen Nach
Festütcllung der Streitfrage hat der Kommissar die ctwa nöthige Vermessiing vornebmen
zu lassen, bezüglich die Gutachten Sachverständiger einzuholen und sodann, wo möglich
sofort, Entscheidung alzugeben.
Der Vauunternehmer und der Kommissar können solche Sachverständige für alle
Flle dieser Gattung ernennen; der dritte solcher Sachverständigen ist dagrgen für jeden
besonderen Fall von dem Eigenthümer oder Nechisiuhaber und den etwaigen betheingten
Dritten zu wählen.
Bezüglich der Erfordermise, der Wahl und der Verpflichtung solcher Sachverständi-
gen gelten die über die Schäger in diesem Gesege enthaltenen Grundsäne.
Kommt dagegen über den Betrag der Enmsschädigung eine gätliche Uebereinkunst
nicht zu Stande, so ünd sofort die vemftichteten Schäper anzuweisen die abzutrerenden
orer zeitweilig zu überlassenden Grundbesitzungen Rechte und Gerechtsawe bezügiich nach
vorgängiger Vermessung, genau und pflichtmäßhig abzuschätzen sofern nicht ekwa wegen
der besonderen Beschaffenheit des abzuschätzenden Gegenstandes (Art. 26) oder well gegen
die Zuläsjigkeit elnes der Schäper und dessen Stiellpertreters begründete Einwendungen
(Au. 25) gemacht werden, die Wahl anderer Schätzer nothwendig erscheint.
18
Kann das Gutachten bezüglich die Abschätzung nicht in demselben Termine zu Pro-
tokoll bewirkt werden, so ist zur Einbringung derselben ein anderer Termin, jedoch nicht
über vierzehn. Tage hinaus, anzuberaumen.
Art. 31.
Machen sich Vermessungen nöthig, so sind solche durch verpflichtete Feldmesser vor-
zunehmen.
Bei den Erörterungen der Sachverständigen, bezüglich Schätzer, haben die Bethei-
ligten das Recht, dieselben, insbesondere die Schätzer, auf alle Umstände aufmerksam zu
machen, welche auf das Gutachten, namentlich auf die Taxe, Einfluß haben können; auch
sind die Ortsvorstände und Feldgeschworenen (Art. 28) verpflichtet, den Sachverständigen
oder Schäßern auf Verlangen die bei der Sacherörterung oder Werthschägung erforder-
liche thatsächliche Auskunft zu ertheilen.
Art. 32.
N ein besonderer Termin zur Einreichung der Gutachten bezügsich Taxen anbe-
raumt worden (Art. 30), so sind die Betheiligten zu demselben mit der Bedeutung vor-
zuladen, daß im Falle ihres Nichterscheinens die Eröffnung der Gutachten oder Taxen
und die kommissarische Entscheidung dennoch erfolge. Die Sachverständigen und Schätzer
haben die von ihnen schriftlich auszustellenden Gutachten und Taxen persönlich zu über-
reichen, welche sodann vom Kommissar den erschienenen Betbeiligten zu eröffnen sind.
Wegen etwaiger Mängel sind die Sachverständigen oder Schäher sofort zu Protokoll
zu vernehmen.
Zeigt sich eine erhebliche Verschiedenheit in den Ansichten der Sachverständigen be-
züglich in den Werthangaben der Schätzer, so darf der Kommissar eine geneinschaftche
weitere Berathung derselben anordnen, wobei von ihm auch Gutachten anderer bewähr-
ter Landwirthe, Bauhandwerker u. s. w. zur Aufklärung der Sache und zur Erwägung
der Sachverständigen, bezüglich Schätzer, vorgelegt werden können. Als erheblich ist die-
jenige Verschiedenheit zu betrachten, wenn zwischen der höchsten und niedrigsten Taxe eine
größere Differenz als fünf und zwanzig Prozent Statt findet. 6
Art. 33.
Sind die Gytachten, bezüglich Taxen, im etsten oder zweiten Termine definitiv zu
erkennen gegeben, so hat der Kommissar nach Maßgabe derselben seine Cntscheidung in
der Sache zu ertheilen. Betrifft diese die Abtretung im Allgemeinen oder den Umfan
derselben, bezüglich die Uebernahme eines Enteignungsgegenstandes oder die Curumun
eines Rechtes, so hat, der Kommissar darüber mit geeigneter Rücksicht auf die Oimachtn
19
der Sachverständigen nach eigener Erwaͤgung zu entscheiden. Betrifft dagegen die Ent-
scheidung Entschädigungsleistungen, so hat der Kommissar den Beirag der jedem Bethei-
ligten gebuͤhrenden Entschädigung zu bestimmen und bierbei in dem Falle, wenn die Gut-
achten der Schäßer hinsichtlich des Betrages der Entschädigung nicht übereinstimmen, ei-
nen Durchschnitt zu ziehen. «
DieEntscheidangist,womöglich,du«-TonmaercrtheilcnunddmBetheiligten
zu verkündigen, sofern dieses aber nicht thunlich ist, binnen acht Tagen zu erlassen und
bekannt zu machen. In beiden Fällen muß den Betheiligten, wenn Entschädlgungen in
Frage stehen, das Festistellungs-Dekret schriftlich mitgetheilt werden.
Art. 3J4.
Gegen alle endlichen Enlscheidungen des Kommissars steht sowohl dem Bauunterneh=
mer, als jedem Enischädigungsberechtlgten dle Berufung an Unser Appellationsgericht zu.
Gegen Verfügungen und Entscheidungen, welche der Kommissar im Laufe des Verfahrens
erläßt, kann die Verufüng nur dann eingelegt werden, wenn dieselben auf den Rechts-
bestand des letzteren von Einfluß sind.
Die Berufung itt bei Vermeidung des Verlustes innerhalb zehn Tagen von der Er-
öffnung der Verfügung bezüglich der Eutscheidung an bel dem Kommssar einzulegen und
zugleich auszuführen. v
BctkifftdieBerufungcinmbloßcuRechnungsfkhlmsoskatmdckKonnnissatdek
Beschwerde,wennkksiefürbegründeter-achtet,iclbstabhklfm.
Nach eingewendeter Berufung darf der Kommissar seine angefochtene Entscheldung
nur dann vor Eingang der zweitinstanzlichen Entscheidung zur Ausführung bringen, wenn
mit dem Verzuge ein unwiederbringlicher Nachtheil verbunden sein würde (An. 14).
Art. 35.
Unser Appellattonsgericht entscheidet in lehzter Instanz; dessen Entscheidung eröffnet
der Kommissar den Betheiligten.
Art. 36.
Sowohl der Kommissir, als auch die obere Justizbehörde sind verpflichtet, ihre Amts-
bandlungen, soweit nicht für dieselben durch das Geseh bestimmte Fristen vorgeschrieben
find, stets mit thunlichster Beschleunigung vorzunchmen.
Die genaunten Behörden, sowie die zugezogeuen Sachverständigen und Schäher ha-
ben ihre Entscheidung, bezüglich Gutachten, mit den u#thigen Gründen zu unterstühen.
20
Vierter Theil.
Vollzugs· und Schlußbestimmungen.
Art. 37.
Die von dem Kommissar in Bezug auf Gegenstände der Enteignung oder des Ent-
eignungsverfahrens abgeschlossenen Vergleiche und die von ihm bezüglich von Unserem
Appellationsgerichte ertheilten endgiltigen Entscheidungen haben die Wirkungen gerichtli-
cher Vergleiche und rechtskräftiger richterlicher Erkenntnisse.
Art. 38.
Der Kommissar hat dem Gerichte der belegenen Sache von der zu Stande gekom-
menen Enteignung, von den Entschädigungsberechtigten Personen und von dem Entschä-
digungsbetrage alsbald Kenntniß zu geben, auch den Baunnternehmer, sowie die Ent-
schädigungsberechtigten zu benachrichtigen, daß und wann diese Mittheilung erfolgt ist.
Das gedachte Gericht hat die ihm in Bezug auf den enteigneten Grundbesitz wegen
Regelung des Grundlasten-Verhältnisses und Wahrung der Rechte Dritter obliegenden
Verpflichtungen gehörig zu erfüllen, namentlich liegt ihm auch die Ueberwachung der Ab-
zahlung der auf dem enteigneten Grundbesitze lastenden bekannten Hypotheken ob.
Art. 3.
Das Gericht der belegenen Sache hat bezüglich auf Antrag der Entschädigungsbe-
techtigten innerhalb vierzehn Tagen nach Empfang der Nachricht (Art. 38) dem Kommissar
zu eröffnen, an wen der Bauunternehmer die Enrschädigungssummen zahlen soll.
Auf durch den Kommissar erfolgte Mittheilung dieser Zahlungsanweisung hat der
Bauunternehmer binnen acht Tagen derselben entsprechend zu zahlen. Ist aber innerhalb
jener vierzehntägigen Frist eine gerichtliche Zahlungsanweisung nicht erfolgt, so darf der
Bauunternehmer die festgestellte Entschädigungssumme bei dem Gerichte der belegenen
Sache hinterlegen.
Art. 40.
Die gerichtliche Hinterlegung des Entschädigungsbetrages steht rechtlich der Zahlung
Ceich:
4) in dem in Art. 39 gedachten Falle;
2) wenn der zu Entschädigende die Annahme der gütlich vereinbarten oder nach
Maßgabe dieses Gesetzes festgestellten Entschädigung verweigert oder abwesend ist
und keinen Bevollmächtigten bestellt hat;
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3) wenn neben dem Eigenthuͤmer noch andere dinglich Berechtigte vorhanden und
deren Ansprüche auf verhällniömäßige Anthelle an der Entschädigung nicht sofort
ermittelt oder durch Vertrag ablefunden sind;
4) wenn das Eigenthum einer enteigneten Grundbesipung oder Verechtigung bestrit-
ten ist.
Art. 41.
Sofort nach Zahlung der Entschädigungssumme in Gemäßheit der Anweisung des
Gerichres der belegenen Sache oder an das lehtere kann der Bauunternebmer verlangen,
in den Besig des enteigneten Grund und Bodens, bezüglich des in Anspruch genomme-
nen Nechtes, geseyt zu werden.
Der Kommissar hat nöthigen Falled die Einweisung des Bauunternehmers in den
Besip des Grundstückes, bezüglich in das Recht, bel der zuständigen Justi Behörde zu
beankragen, welche dleser Rcanisition im gerichtlichen Jwangswege zu emsprechen hat.
Ebenso ist das Gericht der belegenen Sache verpflichtet, auf Requfition des Expropria-
tions-Kommissars die Einweisung des Exrropriaten in die festgestellte Entschädigungs-
summe entweder durch Ueberweisung der niederpelegten Kaution (Art. 14), oder sonst
mirnelst gerichtlicher Zwangsmittel zu versügen.
Art. 42.
Hat der Bauunternehmer die Entschädigungssumme für einen entrigneten Grund-
besip bezahlt oder hinterlegt (Art. 39 und 40), ko hat das Gericht der belegenen Sache
auf seinen Antrag nach Mahgabe der bestehenden gesetzlichen Vorschriften und mit Be-
nutzung der bei dem Kommissar ergangenen Verhaudlungen das Nöthtge wegen Ausider-
tigung der Erverbsurkunde, sowie wegen Benachrichtigung der betheiligten Einnahme=
und Kataster-Behörden zu verfügen.
Mit der Zustellung dieser Urkunde geht das Eigenthum an dem enkeigneten Grund-
besihe, vorbehältlich der Bestimmung in Art. 16, frei von allen in dem Enteignungsver-
führen angemeldeten und berücksichtigten, sowie von allen wegen Nichtanmeldung unle-
rücksichulgt gebliebenen dinglichen Lasten (Ar. 29) auf den Banunternehmer über,
Ist ein enteignetes Grundstück mit anderen verpfändet oder wird von einem ver-
pfändeten Grundstücke nur ein Theil enteignet, se erlischt das Pfandrecht an jenem Grund=
stüce oder dlesem Theile durch gehörige Zahlung bezüglich Hinterlegung (Art. 39, 40)
des auf den enteigneten Grundbesitz vach Maßgabe der Entschädigungssumme verhältniß-
mäßig fallenden Betrages von dem Pfandschuld-Kapital.
22
Die auf dem enteigneten Grundbesipe lastenden, beziehungsweise bei theilwelser Ent-
eignung auf denselben emfallenden Steuern bleiben auf ihm haften. Gleiches gilt von
den auf dem Gemeinde , Bezirks-, Kirchen= oder Schul-Verbande beruhenden Lasten und
Abgaben, welche auf dem enteigneten Grundbeüge haften.
Art. 43.
Von Bekanntmachung der Baulinie an kann kein von derselben getroffen werden-
des Grundstück durch Veräußerung mit rechtlicher Wirkung gegen den Bauunternehmer
in der Art gekheilt werden, daß dadurch die Uebernahmeverbindlichkeit für das ganze
Grundstück (Art. 4) herbeigeführt werden soll.
Art. 44.
Tritt im Laufe des Enteignungsverfahre ns an einem zu enteignenden Gegenstande
eine Veränderung im Eigenthume ein, so ist der nechwnachsge an die die Enteignung
betreffenden Handlungen seines Vorgängers gebunden.
Art. 45.
Bei den in diesem Gesehze vorgeschriebenen Verhandlungen soll, sofern nicht andere
Bevollmächtigte bestellt worden sind, als Vertreter Unseres Kammer-Fiskus der Kammerbe-
amte oder Revierförster, in dessen Bezirke das betreffende Grundstück gelegen ist, als Ver-
treter ciner Gemeinde der Gemeindevorstand und als Vertreter einer milden Anstalt de-
ren Verwalter betrachtct werden. Freiwillige Vereinbarungen dieser Vertreter mit
dem Bauunternehmer, bezüglich mit einem dritten Berechtigten, bedürfen zu ihrer Gül-
tigkeit der vorschriftsmäßigen Zustimmung und Genchmigung der betreffenden Behörden
oder Körperschaften.
Art. 46.
Dem Bauunternehmer sind in Bezug auf die zum Bahnbau zu erwerbenden Grund-
stücke und Rechte für behördliche Arbeiten Sporteln nicht anzusinnen, namentlich auch
die erforderlichen Steuerbuchs-Auszüge unentgeltlich zu verabsolgen. Dagegen liegt dem-
selben ob, alle durch Bestellung des Expropriations-Kommissars und dessen Hülss-Perso-
nals, sowie alle durch das Expropriatlons-Verfahren entstehenden Kosten, insbesondere
auch die für den Kommissar, dessen Protokoll-Führer, Schreiber und Diener, für die
Schäher, Sachverständigen, Auskunstspersonen (Feldgeschworenen), Gemeindevorstände,
Steuer-Revisoren, Geometer und Rechnungsverständigen erwachsenden Dläten, Trans-
23
port-Kosten und Gebühren mit Einschluß des entstehenden Bureau-Aufwandes und der
sonstigen Verläge zu tragen und zu erstatten.
Die durch Ungehorsam, Säumniß und unbegründet gesundene Beschwerden und Be-
rufungen erwachsenden Kosten hat mit Einschluß von Sporteln und anderen zur Staats-
kasse fließenden Gebühren der schuldige, bezüglich zurückgewiesene Theil zu tragen.
Urkundlich haben Wir das gegenwärtige Gesetz Höchsteigenhändig vollzogen und
mit Unserem Landesfürstlichen Insiegel bedrucken lassen.
So geschehen Schloß Osterstein, am 15. März 1856.
Heinrich LXVII.
v. Geldern.
L. S.)
25
Gesetz sammlung
Fürstlich Reußischen Lande jüngerer Linie.
No. 186.
Wir Heinrich der Sieben und Sechzigste von Gottes Gnaden
Jungerer Linie regierender Furst Reuß, Stammes Aeltester,
Graf und Herr von Plauen, Herr zu Greiz, Kranichfeld,
Gera, Schleiz und Lobenstein 2c. 2c.
Da nach dem auf die bisherigen Erfahrungen der Geologie gegründeten Gutachten
Sachverständiger das Vorhandensein von Steinkohlenlagern mindestens in einem Landes-
theile nicht unwahrscheinlich ist, diese Steinlohlenlager aber, wenn solche wirklich vorhan-
den sind, jeden Falls so tief liegen müssen, daß sie nur durch einen bergmännischen Be-
trieb abgebaut werden können, und daher nach den allgemein giltigen, das Bergwerks=
Regal betreffenden Grundsätzen als Regal zu behandeln sind; so verleihen Wir in Be-
meff des Aussuchens und des Abbaues von Sleinkohlenlagern nachstehenden Bestimmungen,
welche die Zustimmung des Landtags erhalten haben, Gesepeskraft:
8. 1.
Der Vergbau auf Steinkehlen macht einen Theil Unseres Landesherrlichen Berg-
werko. Regals aus.
F. 2.
Die Erlaubniß zum Bohren nach Steinkehlen und eventuell zum Abbau derselben
ist bei Unserer Regierung unter genauer Angabe der Grundstücke schriftlich nach-
zusuchen.
8. 3.
Wenn ein solches Gesuch eingereicht ist und nach sachverständigem Ermessen das
Auffinden von Steinkohlen unter den bezeichneten Grundsluͤcken nicht unwahrscheinlich ist,
Auegegeben am 2. Avril 1856. 5
26
auch sonst kein Bedenken gegen die Ertheilung der Konzession vorllegt, hat Unsere
Regierung das Bergamt des betreffenden Landesbezirks anzuweisen, die Grenzen des
Steinkohlenfeldes, sowie die Bedingungen festzustellen.
Die Grenzen können für die verschiedenen Tiesen, in welchen die Steinkohlen dereinst
aufgesunden werden sollten, im Voraus enger oder weiter bestimmt werden.
Die Bedingungen dagegen dürfen nur den bei dem Bohren und dem dereinstigen
Abbau zu befolgenden Pan betreffen und haben vorzugsweise den Zweck, daß die Grund=
besitzer nicht unnöthiger Weise belästigt werden.
8. 4.
Sobald die Grenzen des Kohlenfeldes und die Bedingungen festgestellt sind, ertheilt
Unsere Regierung förmliche Konzession.
8. 5.
Ist die Konzession von einem Aktienverein nachgesucht, so hat derselbe die Vereins-
bedingungen bei Unserer Negierung zur Prüfung und Bestätigung einzureichen.
8. 6.
Dem Unternehmer (bezüglich den Unternehmern) eines Baues, welcher auf die Ge-
winnung von Steinkohlen abzweckt, steht es überhaupt frei, so viel Gewerken anzuneh-
men, als er will, und die Bedingungen der Gewerkschaft feutzustellen.
Ueber diese Bedingungru ist jedoch ebenfalls eine Urkunde abzufassen und Unserer
Regierung zur Prüfung und Genehmigung vorzulegen.
8. 7.
Unsere Regierung hat in den Fällen der Paragrapben 5 und 6 die Prüfung nach
vorgängiger, ihrem Ermessen anheimgegebener Vernehmung des Justizamts und des Berg-
amts des betreffenden Landeskheils vorzunehmen und hauptsichlich nachzuseben, ob Be-
stimmungen aufzestellt sind, welche das Interesse der Theilhaber gefährden oder den dlcch-
ten Dritter Eintrag tbun könnten.
Wenn sich dergleichen Bestimmungen ünden, so ist, bis zu erfolgter Beseitigung der-
selben, der Urkunde die Bestätigung zu versagen.
Vor erfolgter Genehmigung von Seiten Unserer Regierung sind die Besiimmun=
gen der Urkunde für die elwaigen Kontrabenten unverbindlich, ohne daß deshalb einzelne
Kontrahenten berechtigt ünd, von ihren Verpflichtungen im Voraus zurückzutreten.
K. 8.
Jede derartige Konzession erlischt, wenn binnen Jahresfrist nach deren Erhheilen
27
das Bohren, bezuͤgl. der Abbau nicht in Angriff genommen, oder spaͤter das Bohren
oder Bauen ein Jahr lang unterblieben.
Die Konzession kann von Unserer Regierung nach vorgaͤngiger Erörkerung zu-
rückgezogen werden, wenn den festgestellten Bedingungen (F. 3) nicht Genüge geleistel
worden ist.
KS. 9.
Von den erbaut werdenden Steinkohlen ist der zehnte Theil kestensrei abzugeben.
Von dem aus dieser Abgabe sich ergebenden Gewinn ist zunächst der Aufwand der
berppolizellichen Aussicht zu decken.
8. 10.
Jeder Grundbesitzer muß auf und unter seinen Grundstücken diejenigen Veranstalt=
ungen und Servituten gestatten, welche zum Bohren nach Steinkohlen bezüglich zum
Beliebe des Steinkohlenbaues für nöchig erachtet werden.
Wird wegen einer solchen Veranstaltung oder Servitut vom Grundbesiper Wider=
spruch erhoben, so hat das betreffende Instizamt das Vergamt zur Eröffnung seines Gut-
achtens über die Nothwendigkeit derselben zu requiriren und sodann die Akten Unserer
Regierung berichtlich vorzulegen. Leptere hat, wenn sie den Widerspruch für erheblich
findet, die Differenz in Vorbeschied zu ziehen, außerdem aber, sowic, wenn ein Vergleich
nicht zu Stande kommt, die Akten an das Justizamt zur rechtlichen Erörterung und Gunt-
scheidung im Wege des summarischen Prozesses abzugeben.
Der Schade, welcher durch dergleichen Veranstaltungen oder Servituten dem Grund-
besitzer zugefügt wird, muß von dem Unternehmer nach landwirthschaftlichem Ermessen
vergütet werden.
Wenn ein Vobrlech oder sonst eine Vorrichtung zur Auffindung oder zum Abbau
von Steinkohlen verlassen wird, muß der Unternehmer das Grundstück wieder ebenen.
Vor Anstellung der Versuche bat der Unternehmer auf Verlangen des Grundeigen-
tbümers eine dem besorglichen, durch die Versuche lind Veranstaltungen entstehenden
Schaden augemessene, nach landwirhhschaftlichen Ermessen zu bestimmende Kamion durch
Pfand oder Bürgen zu bestellen.
Die in diesem Paragraphen enthaltenen Bestimmungen sinden zugleich Anwendung
auf denjenigen, welcher nur einzelne Berechtigungen auf dem Grundstücke auvübt und
in dieser Hinsicht durch solche Veranstallungen und Servituten benachtheiligt wird.
28
Die Behörden in den Sachen, welche den Steinkohlenbau betreffen, sind:
4) die Regierung,
2) das Axpellarionsgericht,
3) das Justizamt des Bezirks und
4) das Bergamt des Bezirks.
8. 12.
Das Instizamt konkurrirt als Hypotheken- und Justtzbehoͤrde erster Instanz. Es
bat daher alle eigeutlichen Rechtsstreitigkelten, insbesondere wenn es sich um den Verlust
des Theilnahmrechts bei Aktienvereinen und Gewenkschaften wegen unterlassener Erfüllung
der Verbindlichkeiten handelt, in erster Instanz zu entscheiden.
Rücksichnich derjenigen Persenen und Grundbesitungen, welche unmittelbar unter
Unserem Axpellatiensgericht stehen, bilret das Justisamt in allen, den Steinkohlenban
betreffenden Angelegenbeiten die erite Instanz, bat jedoch jeren deranigen Fall, sowie
srä#ter das Resultat Unserem Axpellationsgericht anzuzeigen.
Was den Landesbezul Gera bekrifft, so wird in den bezeichneten Angelegenbeiten
die Kompetenz des Instizamtes zu Gera in gleicher Weise auf den Gerichtsbezirk Kößtrit,
ausgedehnt.
F. 13.
Unser Appellationsgericht ist für die Rechtsstreitigkeiten die zweite Instanz und
findet gegen dessen Entscheidung ein weiteres Rechtsminel, ordentliches oder außerordent-
liches, nicht Stan.
K. 14.
Ueberhaupt sind alle derartige Rechtsütreitigkeiten nach den Vorschriften des Gesepe
über ne- summarischen Prozeß zu verhandeln.
btgamt führt über rie Bobrreisuche, sowie über den etwaigen dereinstigen
Betrieb ! Abbaues von Steinkoblenlagern die polizeiliche Aussicht.
Die Organisatlon eines Bergamts für den Landesbezirk Gera erfolgt durch Gesetz.
15.
Unsere Negierung ist in allen, die Vohrversuche nach Steinkehlen, sowie den der-
einsiigen Abbau der aufgefundenen Steinkohlenlager betreffenden Sachen, die Ober-
Verwaltungs= und Polizei-Behörde, und insbesondere berechtigt, desfallsige Vereine zu
ülerwachen oder überwachen zu lassen.
Gegen deren Entscheidungen findet ein weiterer Rekurs nicht Statt, nur steht es
den Betheiligten frei, namentlich #i untergelaufenen Irrthümern und beim Hervortreten
29
neuer Momente, auf Rerision einer ron Unserei Regterung ergangenen Entscheidune
bei dieser selbsi anzutragen.
Wenn sich Jemand durch eine Entscheirung Un erer Negierung in den gedachter
Angelegenheiten in seinem Rect verletzt glaubt: so steht ihm zwar die Beschreitung det
Rechtswegs offen, es ist jedoch, bis erwas Anderes nicht rechtskräftig erkannt worden
der dgesnngedeuirinm nachzugeben.
Zugleich verordnen Wir, daß, wenn Steinkohlen wirklich aufgefunden und zu Tag
gefördert werden, der nach obigem § 9 zu entrichtende Bergzehent zu einer alsdam
besonders zu errichtenden Kasse zu verrechnen ist, über deren Ueberschüsse nicht ohne ein
vorherige Einigung mit der Landesvertretung oder geistirilq4 im bundesverfas
sungsmäßigen Wege berbeizuführende Entscheidung verfügt werden
Urkundlich unker Unserer Unterschrift und Beifügung. soirr Fürfllichen In
fiegels.
Schloß Osterstein, den 25. März 1856.
(L. S.) Heinrich I-XVII. F. R.
v. Geldern.
31
Gesetzsammlung
für die
Fürstlich Reußischen Lande jungerer Linie.
No. 187.
1) Geseh über die Rechtsverhältnisse der Geraer Vank bezüglich der ihr besiellten Pfänder.
Wir Heinrich der Sieben und Sechzigste von Gottes Gna-
den Jungerer Linie regierender Fürst Reuß, Stammes Aelte-
ster, Grafund Herr von Plauen, Herr zu Greiz, Kranichfeld,
Gera, Schleiz und Lobenstein 2c. 2c.
verordnen, um der Geraer Bank bri dem von derselben statutenmäßig zu betreibenden
Lombardgeschäft die Möglichkeit ihrer Befriedigung aus den bestellten Pfändern zu er-
leichtern, unter Zustimmung der Landesvertretung Folgendes:
e
Die Geraer Bank ist in der Regel zur Auslieserung der zur Sicherheit für bewil-
ligte Darlebne bestellten Pfünder nur gegen vollständige Verichtigung ihrer Forderung#an
Kapital, Zinsen und Kosten verpslichtet, ohne Rücksicht auf die Rechte, welche dritten Per-
sonen an den Pfändern zustehen mögen.
Dagegen leidet verstehende Bestimmung keine Anwendung auf gerichtliche und außer-
gerichtliche Schuld= und Pfand-Verschreibungen.
8. 2.
Wenn das Abhandenkommen einer Sache durch Raub, Diebstahl, Unterschlagung
Auegegeben am 16. April 1856. 7
32
oder Verlieren — alle, auf weiteren rechtlichen Erörterungen beruhenden, Eigenthums-
differenzen können nicht berücksichtiget werden — vor deren Bersate bei der Bank mit
genauer Angabe solcher unterscheidender Keunzeichen, durch welche deren Erkennung mög-
lich gewesen, angezeigt und diese Sache dennoch binnen 3 Monaten, von bewirkter An-
zeige an gerechnet, von der Bank als Pfand angenommen worden ist: so ist diese Sache
dem Dritten, welcher an dieselbe ein näheres und besseres Recht hat, von der Bauk oder
deren Rechtsnachfolger unentgeltlich zurückzugeben.
K. 3.
Kommen bei Unseren, mit Ausübung der Kriminalgerichksbarkeit beaustragten Be-
börden Entwendungen von Pretiosen, Werthpapieren oder ähulichen Gegenständen zur
Anzeige, so haben dieselben das Baukdirektorium davon in Kennmiß zu sepen, damit
dasselbe darauf im vorkommenden Falle Rücksicht nehmen kann.
KS. 4.
Die Veamten der Bank haben bei Annahme von Pfändern die nötbige Vorüicht zu
beobachten und sich insbesondere von der Dispositionsfähigkeit und Unbescholtenheit des
Pfandgebers genügend zu überzeugen.
8. 5.
Wenn die Bank aus den bei ihr deponirten Vfäudern in Gemäßheit des §. 95 der
Statuten der Geraer Bank ihre Befriedigung gesucht hat, so können, mit Ausnahme der
im §. 2 erwähnten Fälle, ehvaige Ausprüche Dritter an das verkauste Pfand gegen den
Käufer und dessen Rechtsnachfolger nicht geltend gemacht werden.
KC. 6.
Die Bücher der Vank genießen denselben Glauben, wie ordnungsmäßig geführte
Handlungsbücher.
S. 7.
Bei eintretendem Konkurse über das Vermögen des Schuldners ist die Bank zur
Ablieferung des Pfandes an die Konkursmasse nicht verpflichtet. Ihr verbleibt vielmehr
33
auch in diesem Falle das Recht zur außergerichtlichen Veräußerung desselben, mit der
Verbindlichkeit, den nach ihrer Befriedigung verbleibenden Rest des Erlöses gegen zu-
rückgabe des von ihr ausgestellten Pfandscheins an die Konkurmasse abzuliefern.
Urkundlich unter Unserer höchsteigenhändigen Unterschrist und Beisügung Unseres
Fürstlichen Insiegels.
Schloß Osterstein, den 5. April 1856.
(L. S.) Heinrich IXVII. F. R. 4
v. Geldern.
(Publ. Im Amisr und Verordnungsl, am 2. April# 1830.)
Mit Zustimmung sämmtlicher Zollvereins-Regierungen soll die tarismäßige Tara-
Vergütung für rohen Kaffee in Ballen oder Säcken vom 1. Juni dieses Jahres ab von
drei auf zwei Pfund vom Zeutner Bruttogewicht heralgeset werden: was andurch zur
öffentlichen Kenntniß gebracht wird.
Gera, den 1. Arril 1856.
Fürstlich Reuß-Plauisches Ministerium.
v.
eldern.
Semmel.
35
Gesetzsammlung
für die
Fürstlich Reußischen Lande jungerer Linie.
No. 188.
Verordnung, die Dienstwohnungen bekr.
Se. Durchlaucht der gnädigst regierende Fürst haben zu befehlen geruht, daß in Zu-
kunft für alle Bewohner von Dienstwohnungen, mögen Leptere vom Staate, von Fürst-
licher Kammer, von einer Gemeinde, einer Kirche oder Schule gewährt werden, gleiche
Rechte und Obliegenheiten besichen und hierbei die im Herzogthume Sachsen-Altenburg
für die Bewohner herrschaftlicher Gebände geltenden Bestimmungen zu Grunde gelegt
werden sollen, und ist daher zu Ausführung dieses Höchsten Befehls nachstehendes Regu-
laliv aufgestellt worden, welches zur Nachachtung für die Betrofsenen hierdurch zur öf-
fentlichen Kenntniß gebracht wird.
Gerga, den 16. April 1856.
Fürstlich Reuß-Mauisches Ministerium.
v.
eldern.
Schlick.
Regulatin,
die Rechte und Obliegenhelten der Bewohner von Dienstwohnungen betr.
S. 1.
Instandse bung der Wohnung vor dem Einzug des Bewohners und Uebergabe
derselben.
Vor Beziehung einer Dienstwohnung soll dieselbe dem Einziehenden in guten Stand
Ausgegeben am 30. April 1856. 8
36
gesetzt, das heißt die Eingebäude an Oesen, Feuerheerden, Fenüern, Thuͤren, Schloͤssern,
Krippen und Raufen gehörig hergestellt, Thüren, Fenster und Läden, insofern solches nö-
thig, frisch angestrichen und die Wohnütuben einfach bunt angestrichen die übrigen Ge-
mächer aber geweißt werden. Zieht der Einziehende vor, statt dieses bunten Anstrichs
und resp. Weißens, den gewöhnlichen Geldbetrag dafür in Emvfang zu nehmen, um
dafür eine ihm zusagendere Dekorirung zu bewirken, so steht ihm das frei. Es bleibt
der Anstellungsbehörde vorbehalten, über die Beschaffenheit und den Zustand des zu
übergebenden Gebäudes, der Behältnisse und Zubehbrungen eine genaue Niederschrift un-
ter Belfügung eine5 vollständigen Verzeichnisses der dazu gebörenden Inventariensiücke
aufnehmen, hiernach dem Einziehenden die ihm bestimmten Räumlichkeiten übergeben und
von ihm die Richtigkeit des Inventariums anerkennen zu lassen.
—
Pflegliche Benutzung des Gebäudes durch den Bewohner.
Jeder Bewohner einer Dienstwohnung hat dieselbe pfleglich und nur dazu, wozu sie
ihm überlassen worden, zu benuhen und jeglicher dem Gebäude schädlichen und nachthei-
ligen Benutzung sich zu enthalten. Insbesondere wird ihm und den Seinigen, seinem
Gesinde und sonstigen Untergebenen das Holzspalten in den Etagen, sowie in gedielten
oder mit Stein belegten Behältnissen, das Waschen in gedielten Gemächern, die Benutz=
ung der Küche oder bewohnbarer Näume als Federviehstallungen, oder zum Aufbewahren
des Getraides und anderer Feldfrüchte, die Aufstellung von Wäschrollen in obeien Era-
gen, besonders über hohlen Räumen, übermäßige Belastung den Gebäudes mit Getratde
und Gegenständen aller Art, Verunreinigung der Dachrinnen und Dachkeblen durch Tau-
benmist, Stroh, Heu, Abraum von den Böden und dergl, das Aufbängen der nas-
sen Wäsche in Zimmern u f. w. auodrücklich untersagt und hat derselbr, sobald er, vder
die Seinigen und sein Gesinde gegen diese Vorschrist handeln, nicht nur allen dadurch
entstandenen Schaden sofort zu ersetzen, sondern auch für jeden geflissentlichen oder murb-
willigen Kontraventionsfall eine Strafe von 5 Thalern zu erlegen, auch nach Befinden
der Umstände den Verlus der ihm überlassenen Wohnung ohne Entschädigung zu ge-
warten.
Verpflichtundg des Bewobners zur Aufsicht auf die Wobnung.
Jeder Bewohner einer Diensiwohnung hat auf die ibm zur Benugung überlassenen
Gebäuderäume, Anlagen und Vermachungen 2c. eben die kreue und gewissenhafte Aufüicht
zu führen, als wenn solche sein Eigenthum wären, mithin nicht nur selbst jere Beschä-
37
digung zu vermeiden, sondern auch darauf sorgfältig zu seben, daß solche nicht von An-
deren, insbesondere seinen Angebörigen und Dienstboten beschädigt werden.
Ulber die Feuersicherheit haben die Bewohner streng zu wachen und jede Gefahr in
dieser Hinsicht abwenden zu belfen, deshalb auf Feuer und Licht die sorgsältigste Aussicht
zu führen, die Oefen vorschriftsmäßig und oft genug auf ihre Kosten reinigen zu lassen
(T 9.) und da, wo Braunkohlenfeuerung stattsindet, dafür zu sorgen, daß die Asche in
einem sichern und gefahrlosen Aschenbehälmiß gehörig aufbewahrt wird, ihre Aufmerksam=
keit auch darauf zu richten, daß die Feuerlöschgeräthschaften stets in gutem brauchbaren
Zustande erhalten werden, inmaßen sie, die Bewohner, alle durch ihre oder ihrer Fomilien=
glieder oder Gäsie oder in ihrem Dienst stehender Personen Unachtsamkeit oder Nach-
lässigkeit entstandenen Schaden zu ersetzen haben.
Jede an einer Dienstwohnung entstandenc Veschädigung, sowie jeder Mangel, ins-
lesondere Schadhaftigkeiten an Dachungen, Feuerungsanlagen, Schornsteinen r2c., sind von
dem Bewohner, sobald er dergleichen wahrnimmt und Gefahr beim Verzuge ist, unver-
weilt anzuzeigen.
. 4.
Altlgemeine Verbindlichleit des Brwohners zu Herstellungen und Reparaturen.
Alle durch die Schuld oder Nachläsügkeit des Bewohners, der Seinigen, seiner Gässe
und der in seinem Dienst stebenden Personen an den ihm zur Bewohnung und Benug=
ung ülergebenen Räumen nöthig werdenden neuen Herstellungen und Neparaturen wer-
den auf srine Kosten ausgeführt werden. Es werden daher durch Sturmwind verursachte
Schäden an Fenslern, Läden, Thüren und Thoren nur dann vom Eigeuthümer getragen,
wenn der Bewohner nachzuweisen vermag, daß diese Schäden wirklich durch Sturmwind
und ohne dah er, die Seinigen, seine Gäste oder seine Dienstboten sich dabei einer Nach-
lässigleit in Hinsicht der gebsrigen Verschliehung und Anhängung der Feuster, Läden,
Thüren und Thore zu Schulden haben kommen lassen, entstanden sind. Dagegen werden
die erweislich durch Schloßenschlag verursachten Schäden an Feustern vom Eigenthümer
getragen, sofern das Gebäude nicht mit Fensterläden versehen ist.
5.
Herstellungen, welche dem Eigenthümer obliegen.
Alle neuen Herlellungen und Reparakuren der Dienstwohnungen in Dach und Fach,
der Schornsteinkasten, der Dachriunen, AMlitzobleiter und Windfahnen= ferner die Herstel-
lung und Unterhaliung aller Anlagen, als der Brunnen, Biunnenwerke, ohrfahrten,
38
Wasserleitungen, sowie der Tränktröge, Schleußen, Abtrittsgruben, Pflasterung der Küchen
und Vorplätze, Höfe und Einfahrten besorgt der Eigenthümer, insofern nicht, wie F. 4.
bemerkt worden, die Bewohner selbst, oder deren Angehörige und Gesinde die Schadhaf-
tigkeit verursacht haben. Ebenso trägt der Eigenthümer die Kosten der Erneuerung und
Unterhaltung der Vermachungen und Befriedigungen nebst den dazu gehörigen Thoren
und Thüren.
Sind aber die Grundstücke und Räume, welche durch dergleichen Vermachungen und
Befriedigungen eingeschlossen werden, einer Person zum alleinigen und ausschließlichen
Gebrauch überlassen, so hat diese die unten in §. 8. näher bezeichneten kleinen Repara-
turen auf eigene Kosten zu übernehmen.
Die Herstellung und Unterhaltung besonderer, nicht zu Abtritten gehöriger Dünger-
stätten geschieht nur dann auf Kosten des Eigenthümers, wenn der Person, zu deren
Gelaß sie gehören, die Haltung von Dienstpferden obliegt, oder die Haltung ven Nug-
vieh ausdrücklich gestattet ist.
ie
Herstellungen an den Eingebäuden in den zum öffentlichen Gebrauch oder zu
gemeinschaftlicher Benutzung Mehrerer bestimmten Ränmlichkeiten.
Alle nöthig werdenden Herstellungen an denjenigen Eingebäuden, welche zu einem
für den öffentlichen Gebrauch bestimmten Gelaß, wie z. B. zu den Justigz= und
Rentamts--Expeditionen, Archiven, Emporkirchen, Kapellen oder Schulstuben, Spritzen-
bäusern, Amtsgefängnissen r. gehören, oder welche nicht zu dem dem Bewohner
übergebenen Gelasse gehörend anzusehen, mithin auch nicht in das ihm etwa einzuhän-
digende Inventarium aufzunehmen sind, als z. B. Hausthüren, Thore, Treppen, gemein-
schaftliche Gänge, Vorplätze 2c. besorgt der Eigenthümer. Die Wohnstuben der Amts-
frohne, sowie deren Küchen, sind aber unter Andern. nicht als zum öffentlichen Gebrauch
bestimmt anzusehen.
Die Einrichtung und Erhaltung von persönlichen Expeditions= und Arbeitszimmern
wird vom Eigenthümer nicht besorgt, dagegen liegt die Herstellung und Instankhaltung
von Jägerstuben Fürstlicher Kammer ob.
8. 7.
Herstellung der zum Gelaß des Bewohners gehörihßen Eingebiude.
Alle neuen Herstellungen der Eingebäude in den dem Bewohner zur Benutzung
überlassenen Räumen trägt der Cigenthümer unter der §. 4. bemerkten Einschränkung,
shwie auch die Reparaturen an Zimmerdecken, Fußböden, Wänden, Belegungen aller
39
Art, Abtritten, Abtrittsschläuchen und deren Gruben, Gossen, Schlöten, Schlotmänteln
und Vorkaminen und das Anstreichen der äußeren Fensterrahmen, Läden und Thüren.
8. 8.
Reparaturen an den Eingebäuden, welche dem Bewohnet obliegen.
Dagegen fallen dem Bewohner zur Last: alle Reparaturen, d. h. theilweise Her-
siellungen und Ausbesserungen der zu dem ihm übergebenen Gelasse gehörigen Einge-
bände an Oecfen und Ofenröhren, Osenaussihen, Kochöfen, Waschkesseln, Ofenblasen,
Feuerheerden, Backöfen und Waschhäusern (wo selbige als unvermeidliches Bedürfuiß
vorhanden sind); — an Fensterrahmen, sowie die Unterhallung der Feuster selbü in
Glas und Blei-
Die Reparatur der Schlösser, das Auspupen derselben; — die Reparatur der
Bänder, Kloben und Riegel an Thür= und Fensterbeschlägen, der Schellenzüge, sowie die
Nachschaffung der etwa verloren gegangenen Schlüssel, Aeparaturen an Thoren, Thüren,
Thürsuner und Verkleidung, Läden, Fensterläden, Thor= und Thürbeschlägen, nicht min-
der an Krippen und Raufen, Erneuerung von Oclanstrichen an den im Innern des Ge-
bäudes sich beüpdenden Zimmerthüren und Läden, ferner die kleinen Reparaturen an
den Vermachungen und Befriedigungen aller An der ihm zur alleinigen Benutzung über-
lassenen Grundsiücke und Hofräume, nämlich das Einbinden und Beschneiden lebendiger
Hecken, das Auflegen einzelner Ziegel oder Manen auf die Mauern, das Einziehen
einzelner Latten, Breter, Pfähle 2c. m die Stackete, Bret= und Pfahlzäune und Wämde,
sowie sämmtliche Reparaturen an den Beschlägen, Schlössern und Riegeln der zu den
Vermachungen gehörigen Thorcn, Thüren und kleine Auobesserungen des Holzwerks da-
ran. (F. 5.)
Umier der Verpflichtung zur Reparatur ist auch die Anschaffung des Materlals be-
griffen. Die Anschaffung neuer Ofenkasten, neuer Ofenaussihze und neuer Stücken Ofen-
rohre übernimmt dagegen, da nöthig, der Eigenthümer.
8. 9.
Die Kosten der Reinigung des Gelasses trägt der Bewehner.
Alle Kosten der Reinigung des Gelasses, als z. B. für das Weißen und Frischau-
streichen der Gemächer, das Reinigen der Schlösser, der Oesen, der Ofeuröhre, der Koch-
äfen, sowie der Gossen, Abjzugskanäle, Abtritögruben 2c. (nicht aber für das Schorn-
üiinfegen, welches auf Kosten des Eigenkhümers geschiebt) hat der Bewohner zu tragen
und ist verbunden, solches gehörig und so oft es nöthig (das Reinigen derjenigen Oefen,
in welchen öfters gefeuert wird, wenigstens aller 4 Wochen) durch einen Schornsteinfeger.
resp. Maurer vornehmen zu lassen.
40
Das Anstreichen der im Innern des Geläudes befindlichen Thküren und Läden ist
lediglich Sache des Bewohners. (§. 8.) Ebenso liegt ihm die Reinhaltung des Platzes
oder der Straße vor dem Gelände, der Höse 2c., insofern solches nicht besonderen Per-
sonen ausdemaen ist, sowie die Räumung der Düngergruben ob.
ird das Geläude von verschiedenen Personen und Familien bewohnt, so haben
sich neepchen wegen Reinigung dieser Räume, der Treppen, Gänge rc. zu vereinigen.
8. 10.
Anlagen zum Nußten und zur Aunebmlichkeit des Vewobners werden vom
Eigenthümer weder semacht noch unterbalten.
Anlagen und Einrichtungen, welche klos zum Nutzen und zur Annehmlichkeit des
Bewohners oder zur Vesschöncrung seiner BWohnung gereichen, als z. B. Kochmaschinen,
Sparbeerde, Windöfen und dergl., ferner Tapeten, Parquetböden, und andere luxuriöse
Verzierungen, Winterthüren und dann Minter= oder Dexxrelfeuster, mit alleiniger Aus-
nahme des Falls,= wo der Eigenthümer sie zum Besten des GebäudeS für erforderlich
bält, werden nicht von demselben hergestellt. Desgleichen nicht Fensicrläden mit alleiniger
Ausnahme des Falls, wo selbige zur Sicherstellung des Bewohners oder Kassen unum-
hänglich noihwendig ünd. Kochröhren, Bratröhren, Waschkessel, Ofenblasen werden in der
Regel nicht vom Eigenthümer angeschafft; wo sie es aber sind und noch werden, hat der
Inhaber der Wohnung sie zu erhalten. Ferner werden vom Eigenthümer weder berge-
stellt noch erhalten: Flügel= oder Doppelthüren, wenn sie früher nicht vorhanden waren;
Verläfelungen in den Zimmern, insofern sie nicht zum Nußen des Geläudes nothwendig
sind, Wandbehälter, Fensterantritte oder Stusen, Roulcauxstäbe, Vorhänge undo die dazu
gehörigen Breter oder Stangen, außer wo die Umstände die Rouleaux in den Geschäfts-
lokalitäten unvermeidlich nothwendig machen, Küchenkasten, Küchen-Schränke und Anrich-
ten, Schüsselbreter, Fleischklötze, Fleischhängen, Ofenbänke, Ofengeländer und dergl., Lager-
hölzer für Wein= und Bierfässer, Obstlagerstellen, Breter= und Lauen-Verschläge aller
Art in den Kellern, außer es würde eine Kellerabtheilung wegen des Mitgenusses eines
zweiten Bewobners wesentlich nothwendig, in welchem Falle der Eigenthümer die Kosten
der ersten Herstellung übernimmt; Hühner= und Gänseställ, Taubenhäuser oder Tauben=
schläge, Fischkästen oder Fischbehälter, Stoß= und Juttertröge, Treibkästen, Blumenbreter
und Stellagen aller Art, Gänge und Rabatten, Elnfassungen, Bienenhäuser, Lauben,
Glocken und Glockenzüge mit alleiniger Ausnahme der Hausglocke. Haus- und Gangla-
ternen in Geschäftslokalitäten, wenn sie wesentlich erforderlich sind, sowie Laternen an
der Smaßenseite, welche als Folge bestehender öffentlicher Beleuchtungsanstalten nicht ver-
mieden werden können, sind vom Eigenthümer herzustellen und zu unterhalten.
41
Dadselbe gilt in Rücksicht der Pferde- und Rindviehstäͤlle, welche solchen Personen,
denen nicht vermöge ibres Dienües und ihrer Dienstgrundstücke beziebungeweise auferlegt
oder gestattet ist, Pierde oder Rupvieh zu halten, ebenfallo auf Kosten des Eigenthümers
weder eingerichtet noch unterhalten werden.
Denjenigen Personen aber, welchen die Haltung von Dienslpferden obliegt, werden
die Pferdeställe, sowic, wo Dienstgrundsiücke mit der Sielle verbunden sind, die Rind-
viebställe nach Verhälmiß des auf solchen Grundüncken zu haltenden Nugviehso eingerich-
tei und unterhalten.
Die Schweineställe anlangend, so bat der Eigenihnmer die bercits vorhandenen in
einer dem Bedarfe des Bediensteten enisprechenden Zahl zu erhalten und nach Befinden
der Umstände zu erneuern.
Wo aber ausnahmsweise einer der in diesem §en genannten Gegenstände, welche
vom Eigentbmer weder angeschafft noch unterhalten werden, in oder bei einer Dienst-
wohnung beüeht, so ist er vom Bewohner zu erhalten, und zu erncuern, es sei denn, daß
er bel seiner Einweisung in die Wohnung mit Genehntgung des Eigenthümers die
Vorrichtung wieder aufgegeben und sie ohne Schaden des Gebäudes hat entsernt werden
können.
S. 11.
Aeränderungen an den Wohnungen durch die Bewohner.
Dem Bewohner einer Dienstwohnung ist durchaus nicht gestattet, ohne Vorwissen
und schrisftliche Genehmigung des Eigenthümers in und an den ihm zum Gebrauch über-
lassenen Näumen, besonders an den Feuerungsanlagen Veränderungen vorzunchmen,
Bäume anzupflanzen oder Spaliere anzulegen. Will derselbe Veränderungen oder Ein-
richtungen in den von ihm bewohnten Räumen auf seine Kosten machen, wie z. B.
Wände einziehen oder wegnehmen, Mauern durchbrechen, Kochmaschinen, Sparhrerde, Ver-
schläge, Federviehställe z2c. anlegen, so hat er dies anzuzeigen und nach erfolgter Geneb-
migung Seiten des Eigenhümers nach dessen Anweisung die Veränderungen auf seine
Nosten auszuführen. Hat er dergleichen Veränderungen mit Vorwissen und Genehmig-
ung des Cigenihnmers vorgenommen, oder sonstige Einrichtungen zur Verschönerung sei-
ner Dienstwohnung gemachk, so stelt ihm, oder seinen Angehörigen beim Verlassen der,
selben fret, selbige, jedoch sv, daß die Wohnung wieder in den frühern Stand gesetnt
werde, wegzunehmen, oder üch mit dem Nachfolger in der Wohnung darüber zu einigen.
Von Seiten des Eigenthümers aber wird durchaus nichts darauf vergütel.
Hat er aber ohne Vorwissen und schriftliche Genehmigung deo Eigenthümers Ver-
äinderungen an den Gebäuden und Feuerungsanlagen vorgenommen, oder solche im Ge,
nehmigungsfalle nicht genau nach Vorschrift ausgeführt, so muß er sich nach Beunden
42
der Umstaͤnde unweigerlich gefallen lassen, daß dieselben auf seine Kosten wieder wegge-
rissen und die Gebäude in den vorigen Stand gesetzt werden.
8. 12.
Aufnahme fremder Personen und Aftervermiethung.
Den Bewohnern von Dienstwohnungen ist es nicht gestattet, Personen, die nicht zu
ihrer Familie oder ihrem Gesinde gehören, oder die nicht bei ihnen in der Lehre stehen,
Theile des ihnen übergebenen Gelasses abzutreten, oder solche in Aftermiethe auszuthun.
Handelt der Bewohner einer Dienstwohnung gegen diese Vorschrift, so kann und wird
ihm der hiernach entbehrliche Theil seiner Wohnung abgenommen und darüber ander-
weit verfügt werden.
8. 13.
Rückgewähr.
Bei der Rückgewähr müssen die Bewohner oder deren Erben die Wohnung in dem
Zustand zurückgeben, in welchem sie dieselbe übernommen haben. Hinterlassen die Be-
wohner die Wohnung in einem schlechteren Zustande, so sind dieselben oder ihre Erben
verbunden, die Kosten zu tragen, welche erforderlich sind, um diejenigen Herstellungen,
die regulativmäßig dem Insassen obgelegen hätten, zu bewirken oder den Zustand, wie
er bei der Uebergabe war, wieder herzustellen.
8. 14.
Rechte und Obliegenheiten der Bewohner.
Wenn bei Dienstwohnungen, welche von einer Gemeinde, einer Kirche oder Schule
gewährt werden, den Bewohnern observanzmäßig größere oder geringere Rechte oder Ob-
liegenheiten zustehen, als in gegenwärtigem Regulativ normirt sind, so hat es zwar bei
der Observanz zu bewenden, es muß die Leptere jedoch im einzelnen Falle unzweifelhaft
nachgewtesen sein, indem bei vorhandenen Zweifeln den Bestimmungen des Regulativs
nachzugehen ist.
S. 15.
Dienstwohnungen, für die ein Miethzins ausgeworfen worden ist.
Dieses Regulativ findet gleichmäßig auf diejenigen Dienstwohnungen Anwendung,
für welche ein bestimmter Miethzins ausgeworfen ist.
43
Gesetz sammlung
für die
Fürstlich Reußischen Lande jungerer Linie.
No. 189.
1) Verordnung, die Bekanntmachung des zum Deutsch-Oesterreichlschen Postvereinsvertrage vom
5. Dezember 1851 gehoörigen Nachtragsvertrags betreffend.
Nachdem bel der im vorigen Jahre stattgefundenen Konferenz des Deutsch-Oesler=
reichischen Poslvereins verschiedene Abänderungen und Erläuterungen zu dem revidirten
Posivereinsvertrage vom 5. Dezember 1851 (Gesepsammlung Nr. 121. Bd. IX.) be-
schlossen worden sind, und der hierüber abgeschlossene Nachtragsvertrag die Landeoherrli-
che Genehmigung erhalten hat, so wird dieser Nachtragsvertrag, sammt der dazu gehöri-
gen, einen integrirenden Theil derselben bildenden Anlage zur Nachachtung hiermit be-
kannt gemacht und dabei bemerkt, daß
1) diese Nachtragsbestimmungen mit dem 1. Mai laufenden Jahres innerhalb des
Deutsch-Oesterreichischen Postvereinsbezirks in Wirksamkeit treten und auch bei
dem Verkehre der Hansestädte und der Hohenzolleru'schen Lande mit dem übri-
gen Fürsilich Thurn und Taxis'schen Prübe irke Geltung haben; sowie daß
2) die Anlage: „Bestimmungen über die äußere Beschaffenhekt und die Behandlung
der Postsendungen“ — mit Ausnahme der §§. 15 und 27 — auch auf den
Verkehr innerhalb der Fürstlich Reußischen J. L. Lande und mit den übrigen
Theilen des Fürstlich Thurn und Taxls'schen Postbezirks Anwendung findet.
Gera, den 24. April 1856.
Fürstlich Reuß-Plauisches Ministerium.
v.. Geldern.
Schlick.
Ausgegeben am 30. April 1856. #T
Nachtrag
zu dem
revidirten Postvereins-Vertrage
vom 5. December 1851.
Auf der zweiten deutschen Post-Konferenz sind die unterzeichneten Bevollmächtigten,
unter Vorbehalt der Ratifikation, über folgenden Nachtrag zu dem revidirten Postvereins=
Vertrage vom 5. Dezember 1851 übereingekommen:
Artikel 1.
Aeußere Beschaffenheit und Behandlung der Postsendungen.
In Bezug auf die äußere Beschaffenheit und Behandlung der Posisendungen bei
der Auf= und Abgabe und bei der Weiterspedition gelten für den iuternatlonalen Post-
verkehr die in der Anlage enthaltenen besonderen Bestimmungen.
Artikel 2.
Münzwährung, respektive Saldirung.
Die Saldirung der Abrechnungen im Wechselverkehr der Vereins-Postverwalkungen
(Artikel 9 des revidirten Vereinsvertrages) geschieht, soferne nicht anderweitige Verstän-
digung besteht, in der Landesmünze derjenigen Posivenvaltung, welche Saldo zu em-
Ffangen hat.
Der hierbei in Folge von Kourödifferenzen etwa eintretende Verlust wird von der
zahlenden und der empfangenden Postverwalkung zu gleichen Theilen getragen.
Artikel 3,
Transitgebühren.
Zu den Gegenständen, für welche Transitgebühren ulcht anzuseten sind (Arkikel 15,
b. des Pereinsvertrages) gehören auch die vom Dorto befreiten Brlefpost-Sendungen,
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ferner die Retourbriefe, die unrichtig insiradirten Briefe, die Kreuz- und Streifband-
Sendungen, und die Waarenproben, welche im internen Verkehre zwischen zwei Ge-
bietstbeilen eines und desselben Vereinsstaates vorkommen und durch dazwischen liegendes
Gebiet anderer Vereins-Postverwaltungen transitiren.
Artikel 1,
Beförderung mit der Briefpost.
Portopflichtige Briesschaften ohne Werthsangabe unterliegen bis zum Geulchte von
4 Loth und ohne Unterschied des Formates durchweg der Behandlung als Briefpost-
Sendungen; schwerere aber und bis zum Gewichte von 16 Loth nur dann, wenn es
von dem Aufgeber durch einen Beisaß auf der Adresse oder durch Frankirung mittelst
Marken verlangt wird.
Was die portofreien Gegenstände betrifft, so werden die im Arkikel 27 des uvi-
dirten Vereinsvertrages bezeichneten Korrespondenzen ohne Beschränkung auf ein bestimm-
tes Gewicht, die in den Artikeln 28 und 29 jenes Vertrages aufgeführten Dienstkorre-
spondenzen aber bis zum Gewichte von 1 Pfund einschlsehlich auch ohne ausdrücklichen
Beisatz auf der Adresse mit der Briespost befördert.
Außerdem sind die aus dem Vereins-Auslande mit der Briespost eingehenden Seid.
ungen ohne Unterschied des Gewichtes, in soferne die Vorschriften über zollamtliche Be-
handlung nicht entgegen stehen, mit der Briespost weiter zu befördern, und sowohl hin-
sichtlich der Taxirung, als auch in Betreff des Portobezuges als Briefpost-Sendungen zu
behandeln.
Artikel 5.
Unfrankirte und ungenügend fraukirte Brlefe.
Unfrankirte Briefe sollen zwar abgesendet werden, jedoch einen Zuschlag von 1 Sil-
bergroschen oder 3 Kreuzern pr. Loth zur Portotaxe erhalten
Wenn Briese unvollsändig mit Marken oder heienpelten Couverts frankirt find,
so wird dafür das Ergänzungs-Porto und der Zuschlag eingehoben.
Bei Ermittlung des Werthes der verwendeten Marken rc. werden die Silbergroschen
stets zu 3 Kreuzern beiderlei Währung und umgekehrt sowie die Kreuzer der einen
Währung für Kreuzer der andern Währung Cerechuet, und es ist hiernach das Ergänz-
ungs-Porto ohne weitere Acduktion anzusetzen.
Der Zuschlag mit einem Silbergroschen oder 3 Kienzern pr. Loth aber ist bl sol-
9.
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chen ungenügend frankirten Briesen daun, wenn der Werth der verwendeten Marken r#c.
nicht einmal dem Betrage der einfachen Portotaxe für den Brief gleichkommt, für das
Gesammtgewicht des lehteren, in anderen Fällen jedoch nur für die unberichtigten Lothe
(Taxsäpe) oder Theile von Lothen anzurechnen.
Die Verweigerung der Nachzahlung des Porto gilt für eine Verweigerung der An-
nahme des Briefes. «
Artikel 6.
Kreuz= oder Streifband-Sendungen.
Für Kreuz= oder Streifband-Sendungen wird im Falle der Vorausbezahlung und
der vorschrifmäßigen Veschaffenheit ohne Unterschted der Entfernung der gleichmäßige
Sab von 1 Kreuzer (4 Silberpfennige) pr. Loth, sonst aber das gewöhnliche Briesporto
erhoben.
Bei den mit Marken ungenügend frankirten Kreuz= oder Streifband-Sendungen
wird das gewöhnliche Briefporko nebst Zuschlag ebenfalls nur für die unberichtigten Lothe
oder Loththeile angesept. Kreuz= und Streifband= Sendungen werden jederzeit als zur
Briefpost gehörig behandelt und taxirt, und dürfen nur bis zum Gewichte ven 16 Loth
angenommen werden.
Artikel 7.
Waarenproben und Muster.
Für Waarenproben und Muster, welche vorschriftgemäß verpackt sind, wird für je
2 Loth das einfache Briesporto nach der Entfernung erhoben.
Derlei Sendungen sind bis zum Gewichte von 16 Loth als Briefpost= Sendungen
zu behandeln.
Artikel 8.
Garantic.
Zur Ergänzung der Bestimmungen des Artikels 62 des revidirten Postvereins-Ver-
trages wird festgesetzt, dah für Beschädigung am Inhalte einer Sendung vie Postver-
waltungen nur dann zu hasten haben, wenn eine vorhandene äußerlich erkennbare Be;
schädigung in unzweifelhafter unmitkelbarer Beziehung zu der vorhandenen inneren Be-
schädigung stehr.
Auher diesem Falle ktritt die Hafwflicht einer Postverwaltung wegen des Juhaltes
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nur dann ein, wenn ihr ein besonderes Verschulden und die geschehene Auflieferung eines
unbeschärigten Inhaltes, sowie dessen gehörige Verpackung, vollständig nachgewieien wird.
Für Verluste und Veschädigungen, welche auf dem Transporte durch äus L Ver-
einc nicht angebörige Beforderungsansialt eintreten, sindet ein Ersabansprüch, den. Ver-
eins-Postrerwallungen gegenüker nicht Stau. Dagegen haben tei dießfallsigent: Nekla-
mationen zunächst diejenigen Postansialten, von welchen die Sendungen unmittellar dem
Auslande zugeführt worden ünd, den Aufgeber zu vertreten, und demselben, falls ihre
Bemühungen erfolglos bleiben sollten, alle vorliegenden Mittel (Urkunden über die Ab-
lieferung der Sendung rc.) an die Hand zu geben, welche ihn in den Stam setzen kn-
nen, seine Ansprüche der ausländischen Befarderungsanstalt gegenüler selbst weiter zu
verfolgen.
Artikel 9.
Nachnobmen.
Die Bestimmung in dem Absatze 2 des Artikels 63 des revidirten. Vereinsvertrages
wird dahin modisizirt, dah die Auskezablung des Nachnahmebetrages am Onte der Auf-
Fübe im Allgemeinen und selbst bei einer vorschriftwidrig verzögerten Einsendung der
Rückscheine nicht eher verlangt werden kann, als bis der Rückschein mit der Bemerk-
ung, daß die Einlösung erfolgt sei, zurückgekommen ist. #
Artikel 10.
Zurücksorderung von Postsendungen durch den Aufgeber.
Der Absender ist befugt, über die der Postanstalt zur Beförderung übergebenen
Sachen so lange auf seine Rosten zu versügen, als solche nicht an den von ihm bezeich-
neten Empfänger übergeben worden sind.
# Artikel 11.
Ausfhebung einzelner Artikel des revidirten Postvereins. Vertrages.
Die Aniikel 10, 21, 22, 23, 33 und 71 des reridirten Pestvereins-Vertrageo he-
ten außer Geltung.
Artikel 12.
Natisikation und Dauer des Nachtrages.
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TieRüktllksUwumchgegcnnsatttgmVereinbarung,welcheamLqumlsob
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ins Leben treten, und von gleicher Dauer sein
trag, werden bis I. Dezember 1855 erfolgen.
Wien, den 3. September 1855.
Für Oesterreich:
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*
Preußen:
Bayern:
Sachsen:
Hannover:
Würtemberg:
Baden:
Luxemburg:
Braunschweig:
Mecklenburg= Schwerin:
Mecklenburs-Strelit:
Oldenburg:
Lübeck:
Bremen:
Hamburg:
das Thurn und Taxis'sche Pestgebiet:
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u S.) Hermann Lingnau,
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kSS.) Hermann Liugnan.
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soll, wie der revidirte Postvereins-Ver-
S.) Max Lowenthal.
S.) August Vierthaler.
S.) Karl Adolph Metzuer.
S.) Joseph Baumann.
S.) Anton von Zahn.
S.) August Fricsland.
S.) Theodor Kuapp.
S.) Hermann Zimmer.
u S.) Karl Adolph Metzuer,
vi subsslilulionis.
u S.) Friedrich Karl August Rib-
bentrop.
S.) Friedrich von Pritzbuer.
vi subslilulionis.
S.) Johann Theodor Gieske.
S.) August Friesland,
in Vertretung.
S.) Karl Gustav Heucke.
S.) Dr. Ludbwig Bang.
19
Bestimmungen
über die
dußere Beschaffenheit und die Behandlung
der Postsendungen.
. l.
Allyemeine Beschaffenheit der Postsendungen.
Die im Vereinsverkehre mit der Pest zu versendenden Briefe, Gelder und Güter
müssen nach Mahßgabe der nachfolgenden Bestimmungen gehörig adressirt und gezeichnet
Eignir)), und haltbar verpackt und verschlossen sein.
8. 2.
Adresse.
Die Adresse muß den Bestimmungsort, sowie die Person Desjenigen, an welchen die
Zustellung erfolgen soll, so bestimmt bezeichnen, daß jeder Ungewißheit darüber vorge-
beugt wird.
Dieß gilt auch bei solchen mit posle reslanle bezeichneten Gegenständen, für welche
die Post Garantie zu leisten hat. Bei gewöhnlichen Briesen mit dem Vermerk „poste
resianie“ darf statt des Namens des Empfängers eine Angabe in Buchstaben, Zisfern
u. s. w. angewendet sein.
8. 3.
Außenseite der Briefe.
Außer den, auf die Beförderung oder Bestellung einer Sendung bezüglichen Angalen
daif noch der Name oder die Firma des Absenders, sonst aber soll keine, einer brieflichen
Mittheilung gleich zu achtende Notiz auf der Außenseite euthalten sein.
Im Zuwiderhandlungsfalle kann ausnahmsweise die Beförderung eintreten, insoferne
nach dem Ermessen des Pestbeamten der Annahmestelle aus der Neliz unzweifelhaft er-
bellet, daß damit weder eine Entziehung des Porte, noch eine Injurie oder sonst straf-
bare Handlung beabsichtiget wird.
.l.
Vegleitbrief bei Fahrpost Sendungen.
Jeder Fahrpost-Sendung, mit Ausnahme derjenigen in Brief= oder ähnlicher Forri
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bis zum Gewichte von 16 Leth, muß ein Begleitbrief beigegeben sein, welcher mit Geld
oder sonstigen Gegenständen von angegebenem Werthe nicht beschwert sein darf, übrigens
entweder aus einem förmlich verschlessenen Briefe oder einer bloßen Adresse bestehen kann,
mindestens jedoch aus einem Viertel-Bogen Papier gefertiget sein muß.
,5.
Erfordernisse eines Begleitbriefes.
Auf dem Begleitbriefe oder der Begleit-Adresse muß die äußere Beschaffenheit der
Sendung (eine Kiste bloß, eine Kiste in Leinen, ein Faß u. s. w.), ferner die Bezeich-
nung (Signatur), und wenn der Werth deklari#t wird, die Werthsangabe, enthalten sein.
Der Begleitbrief oder die Begleit-Adresse muß mit einem Abdrucke desselben Petschaftes,
mit welchem die Sendung vorschlossen ist, versehen sein.
8. 6.
Mehrere Fahrpoststücke zu einem Begleitbriefe.
Zu einem Begleitbriefe können zwar mehrere Stücke gehören, jedoch nicht zugleich
solche ohne Werthsdeklaration.
mit Werthsdeklaratien zu einem Begleitbriefe, so muß
angegeben sein.
Stücke mit und
Gehören mehrere Stücke
auf demselben der Werth von jedem Stücke besonders
8. 7.
Signatur.
Die Bezeichnung (Signatur) einer Sendung muß entweder aus der vollständigen
Adresse oder aus mehreren großen lesbaren Buchstaben oder Zeichen, darf aber niemals
aus Nummern allein bestehen, dieselbe muß den Bestimmungsort übereinstimmend mit
der Bezeichnung auf dem Begleitbriefe enthalten.
Bei nach= oder zurückzusendenden Postsendungen muß die Be seichnung d des Bestim-
mungsortes von der Postanstalt lostenfrei entsprechend abgeändert werden.
Die Signatur muß dauerhaft und haltbar sein.
8. 8.
Verpackung.
Die Verpackung der Sendungen muß nach Maßgabe der Länge der Transportstrecke,
des Umfanges der Sendung und der Beschaffenheit des Inhaltes halubar und sichernd
eingerichtet sein.
Bei Gegenständen von geringerem Werthe, welche nicht unter Druck leiden, und
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nicht Fett oder Frucktigkeit absehen, daher auch bei Schristen= oder Alten-Sendungen,
genügt im Allgemeinen bei einem Gewichte bis zu ungefähr sechs Pfund, wenn die Dauer
des Transports verhältnißmäßig kurz ist, eine Emballage von haltbarem Packpapler mit
angemessener Verschnürung.
Auf größere Entfernungen zu versendende Gegenstände, sowie alle schwerere Fahrpost-
Gegenstände, müssen, insoferne nicht der Inhalt und Umfang eine andere festere Ver-
packung erfordert, mindestens in mehrfache Umschläge von starkem Packpapier verpackt sein.
Sendungen von bedeutenderem Werthe, insbesondere solche, welche durch Nässe, Reib-
ung oder Druck leicht Schaden nehmen, z. B. Spißen, Seidenwaaren u. s. w., müssen
nach Maßgabe ihres Werthes, Umfanges und Gewichtes in genügend sicherer Weise in
Wachsleinwand, Paxpe (Paxpdeckeh, in gut beschaffenen und nach Umständen emballirten
Kisten u. s. w. verpackt sein. «
Sendungen mit einem Inhalte, welcher anderen Posisendungen schädlich werden
könnte, müssen so verpackt sein, daß eine solche Beschädigung fern gehalten wird. Mit
Slüssigkeiten angefüllte kleinere Gefäße (Slaschen, Krüge u. s. w.) sind noch besonders in
starken Kisten, Kükelu eder Körben zu verwabren. Jässer, in denen Flüssigkelten zur
Versenkung kemmen, müssen stark bereift und die Reisen gebörig befestiget sein.
Sendungen von Blutegeln müssen so beschaffen sein, daß von dem Inhalte des Ge-
fähes nichts berausdringen kann.
Wird eine Verschnürung angebracht, so muß dieselbe so beschaffen und festgesiegelt
lein, daß sie ohne Verlexung der Sendungen und der Siegel nicht abgestreift oder ge-
öofinet werden kann.
8. 9.
Verschluß.
Der Verschluß einer jeden Posendung muß haltbar und so eingerichtet sein, daß
ebne Beschädigung uder Eröffnung desselben dem Inhalte nicht beizukommen ist. (We-
gen der Rreuz= und Streifband= Sendungen, sewie der Muster, Sendungen, vergleiche 88.
13 und 11.)
Der Verschluß einer jeden Fahrpost-Sendung, mit Ausnahme der undeklarirten in
Brief= oder äbnlicher Ferm bis zum Gewichte von 16 Loth, sowie der Vorschuß= und
Einzahlungsbriese, muß in Befestigung der Schlüsse durch Siegellack mir Abdruck eines
erdentlichen Petschaftes testehen. «
Briese mit deklarirtem Werthe (wegen der Geldsendungen, siche §. 10) müssen mit
einem Kienze Courert und mit 5 Siegeln verschlossen sein.
10
52
8. 10.
Berpackung und Verschluß der Geldsendungen.
Briefe mit Geld oder Geldeöwerth (Gold, Silber, Papiergeld, Werthpapiere 2c.)
muͤssen mit elnem haltbaren Kreuz-Couvert versehen und mit fünf Siegeln gut verschlos-
sen sein.
Geldsiücke, welche in Briefen versandt werden, müssen in Papier oder dergleichen
eingeschlagen, und innerhalb des Brieses so befestiget sein, daß eine Veränderung ihrer
Lage während des Transportes nicht Statt finden kann.
Briese mit baarem Gelde dürfen das Gewicht von 8 Loth, Briefe mit Pariergeld
das Gewicht ven 16 Loth nicht übersteigen.
Schwerere Geldsendungen sind in Packeten, Beuteln, Kisten oder Fässern fest zu
verpacken.
Sendungen bis zum Gewichte von 3 Pfund, soferne der Werth bei Papiergeld nicht
3000 Thlr. oder 5000 fl. und bei baarem Gelde nicht 300 Thlr. oder 500 fl. über-
sieigl, dürfen in Packeten von starkem, mehrfach umschlagenen und gut verschnürten Pa-
pier versendet werden.
Bei schwererem Gewichte und bei größeren Summen muh die äußere Veryackung in
balibarem Leinen, Wachsleinwand oder Leder besiehen, gut umschnürk und vemähr und
die auswendige Naht verstegelt sein.
Geldkeutel (Säcke), welche keine weitere Verpackung erhalten, müssen von wenigstens
doxpelter Leinwand, die Naht darf nicht auswendig, der Kropf nicht zu kurz, und da,
wo der Knoten geschürzt ist, und außerdem über beiden Schnur-Enden muß das Siegel
deullich aufgedrückt sein. Die Schnur, welche den Krepf umgiebt, muß durch den Krepf
sellst hindurch gezogen werden. Dergleichen Sendungen sollen nicht über 50 Pfund
schwer sein.
Die Geldkisten müssen von starkem Holz angesertiget, gut gefügt und fest vernagel#.
sein, oder gute Schlösser haben; sie dürsen nicht mit überstehenden Deckeln versehen, und
Eisenbeschläge müssen fest und dergestalt eingelassen sein, dah sie andere Gegenstände nickt
zerscheuern können. Ueber 50 Pfund schwere Nisten müssen gut bereist und mit Hand.
haben (Handschlingen) verschen sein.
Die Geldfässer muͤssen gut bertift, die Schlußreifen angenagelt, und an beiden Boͤden
dergestalt verschnürt und versiegelt sein, daß ein Oessnen des Fasses ohne Verlehung der
Umschnürung oder des Siegels nicht möglich ist.
Bei Packeken mit baarem Gelre in größeren Beträgen muß der Inhalt gerollt sein.
Gelder in Fässern oder Kisten müssen in Beuteln oder Packeten verpackt sein.
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S. 11.
Von der Postbeförderung ausgeschlossene Gegenstände.
Zur Versendung mit der Poss dürfen nicht aufgegeben werden Gegenstände, deren
Beförderung mit Gefahr verbunden ist, namentlich alle durch Relbung, Luftzudrang oder
Druck und sonst leicht entzündliche Sachen, sowic äbende Elüsügkeiten. Dahin gehören
3z. B. Schießrulver, Feuerwerks-Gegenstände, Reib= oder Streichzünder, Schiehbaumwolle,
Phosphor, Kuallgeld, Knallsilber, Knallguecksilber, Acther oder Naphta, Mineralsäuren 2c.
Diejenigen, welche derartige Sachen unter unrichtiger Deklaration oder mit Ver-
schweigung des Inhaltes der Sendung zur Post aufgeben, haben — vorbehaltlich der
Bestrafung nach den Landesgesehen — für jeden daraus entstehenden Schaden zu haften.
S. 12.
Zur Postbeförderung bedingt zugelassene Gegenstände.
Flüslgkeiten, desgleichen Sachen, die dem schnellen Verderben und der Fäulniß aus.
gesett sind, unförmlich greße Gegenstände, sowie Bäume, Sträucher und dergleichen, fer-
ner lebende Tbicrc, können ven den Postanstalten zurückgewiesen werden.
Für dergleichen Gegenstände, wenn dieselben dennoch zur Beförderung angenommen
werden, sowie für leicht zerbrechliche Gegenstände und für in Schachteln verpackte Sa-
chen, leistet die Postverwaltung keinen Ersatz, wenn durch die Natur des Inhaltes der
Sendung eder durch die Beschaffenheit der Verpackung auf dem Transporte eine Be-
schärigung oder ein Verlust entstanden ist.
Wenn Flüssigkeiten als solche nicht deklarirt sind, so hat der Absender den Schaden
zu erseten, welcher in Folge der Beförderung derartiger Sendungen anderen Posigütern
verursacht wird.
Das Gewicht einer Fahrposi-Sendung sell im Allgemeinen 100 Pfund nicht erbeb-
lich ibersteigen. Den einzelnen Pestrerwaltungen bleibt unbenommen, sich wegen An-
nabme eines löheren Maximalgewichtes für den gegenseitigen Verkehr zu verüändigen.
8. 13.
Kreusband-Sendungen.
Zeitungen, Journale, periodische Werke. Druckschriften, durch den Druck, durch Li-
tlegrarhie oder Metallonraphie vewielfältigte Musikalien, Karaloge, Prospekte, Preiskon=
rante, Lotterie-Gewinnlisien, Ankündigungen und sonüide Anzeigen, deßgleichen Korrektur=
bogen ehne beigefügtes Manuskript, müssen, wenn die Krenzband-Taxe Auwendung finden
soll. unein ge-unden orer broschirt unter schmalem Streif= eder Kreuzband eingeliefert
werden.
10
54
Uebrigens muß das Seif= oder Kreuzband dergestalt angelegt sein, daß dasselle
abgestreist, und die Beschränkung des Inbaltes der Sendung auf Gegenstände, deren
Versendung unter Band gestattet ist, erkannt werden kam.
Die Versendung der bezeichneten Gegenstände unter Streif- oder Kreuzband ist un-
zuläsig, wenn dieselben nach ihrer Ferligung durch Druck u. s. w. außer der Adresse ge-
schriebene oder auf andere Weise, z. B. durch Stemrel oder Druck, beigefügte Zissern
oder Zusätze erhalten haben. Es kann jedoch den Preiskouranten, Zirkularen und Em-
pfehlungsschreiben Adresse, Datum und Namensunterschrift, der äuhern Adresse eines
Streif= oder Kreuzbandes der Name eder die Firma des Absenders und den Rorrektur=
bogen können Aenderungen und Zusize, welche zur Korrektur gehören und auf diese sich
beschränken, hinzugefügt werden.
Mehrere Exemplare unter einem Streif= oder Kreuzbande müssen im Falle der Un.
terschrift von einem und demselben Alsender (Firma) unterzeichuct und dürfen nicht mit
verschiedenen Mressen rder besenderen Adrebumschlägen versehen sein.
JZirkulare von Handlungshänsern dürfen mit der handschriftlichen Unterzeichnung der
Flrma von mehreren Theiluehmern der Handlung versehen sein.
crenzband-Sendungen, bei denen die Mresse nicht nur den eigentlichen Mressaten
bezeichuct, sondern zugleich die Bestimmung enlhaͤlt, daß die Sendungen auch anderen
Personen mitgetheilt werden sollen, sind, wenn sie am Schalter aufgegeben werden, zurück-
zuweisen, wenn im Briefkasten vorgesunden, mit dem vollen Briesperto zu belegen.
8. 14.
Waarenpreben= und Mustersendungen.
Waarenproben und Mustersendungen mässen, wenn auf die dafür zugestandene Porto-
Ermäßigung Arspruch gemacht wird, dergestalt rerpackt stin, kaß die Beschränkung des
Inhaltes auf diese Gegenstände leicht ersichtlich ist.
Diesen Sendungen darf, wenn die ermäßigte Taxe eintreten soll, nur ein einfacher
Brief beigefügt oder angehängt sein, welcher bei der Austaxirung mit der Waarenprobe
oder dem Muster zusammen zu wiegen ilt.
Ist der Brief schwerer, oder sind die Waarenproben oder Muster in den Brief ge-
legt, so wird die Sendung, d. h. Brief und Prote zusammen, als gewöhnlicher Brief
taxirt.
C. 15. .
Ncloünnauvikse Briefe.
Wistt der Absender einer EEEIEIIIIIIIIEILIE
ien ausziisiellende Enipfangebesche inigung (Ablicserungeschein, Reteiur-Recepisse) zu erhal-
55
ten, so muß ein solches Verlangen durch die Bemerlung: „gegen Ablieferungsschein“
(„Retour-Recepisse.) auf der Adresse ausgedrückt sein.
Wird ein Brief, welcher unzweiselbaft als rekommandirter Brief zu eskennen ist,
wie ein gewöhnlicher Vrief zuspedirt, so ist derselbe von der empfangenden Postanstalt
als rekommandirter Brief zu behandeln, und ist dies der zuspedirenden Pestanstalt zurück-
zumelden.
8. 16.
Deklaration.
Die Deklaration des Werkhes einer Sendung muß, wenn sie im Falle des Verlu-
sies oder der Beschädigung der Sendung bei der Ersahleisung maßgebend sein soll, bei
Vriesen mit Geld oder sonsiigem Inhalte ven Werth auf der Adresse des Briesco, und
bei anderen Sendungen sowohl auf der Adresse des Begleitbriefes, als auf der Sendung
bei der Signatur, angegeben werden.
Die Deklaralion des Wertbes einer Sendung hat in jedem einzelnen Vereinebe=
zuke nach der, in demselben besiehenden Silberwährung zu erfolgen.
Besiebt eine Geldsendung aus fremden Goldsorten oder aus Goldmünzen, so hat
der Aufgeber (und ausbilseweise der annebmende Posibeamte) die Redustion vorzunehmen
und den Werth der Sendung auf der Adresse in Silber-Kourant auszudrücken. Bei
Wertbsendungen aus Ländern aufferhalb des Posivereines erfolgt die Reduktion in die
landesübliche Silbenwährung durch die Eingangs-Grenz-Postanstalt.
8. 17.
Durch Expressen zu besiellende Briesfe.
Briefe, welche sogleich nach der Ankunft den Adressaten besonders zugesiellt werden sol-
len, müssen auf der Adresse wörtlich den Vermerk: „durch Elpressen zu bestellen“ ent-
halten.
8. 18.
Nachsendung der Posssendungen.
Dat der Adressat seinen Aufenthalts= oder Wohnort verändert, und ist sein neuer
Aufenthalts= oder Wohnort bekannt, so werden ihm Briespost-Gegenstände, wenn er nicht
eine andere Bestimmung ausdrücklich getressen hat.
Bei Fahrpost-Sendungen, mit Einschluß der Vorschußbriefe, und der Briese, worauf
Vaarzahlungen Statt gefunden baben, erfolgt die Nachsendung nur auf auedrücklichen
Verlangen des Absenders uder, bel vorhandener Sicherheit für Porto und Auslagen,
56
auch des Adressaten. Letzterer ist in solchem Falle von dem Vorliegen einer Sendung
umtlich und portofrei in Kenntniß zu seten.
8. 19.
Unbestellbare Postsendungen.
Briefe und andere Sendungen sind für unbestellbar zu erachten:
1) wenn der Adressat am Beslimmungsorte nicht zu ermisteln und die Nachsendung
nach vorstehendem K. 18 nicht mäglich oder nicht zulässig ist;
2) wenn die Sendung mit dem Vermerke „Posle reslante“ versehen ist, und nicht
binnen 3 Monaten, vom Tage des Einlangens an gerechnet, von der Post abgeholt wird;
3) wenn eine Sendung mit Postvorschuß, auch wenn sic mit Doste reslanle bezeich-
net isi, innerhalb 14 Tagen nicht eingelöst worden ist;
) wenn die Annahme verweigert wird.
Bevor in dem Falle ad 1 eine Sendung mit oder ohne Werthodeklaration deshalb
als unbestellbar angesehen wird, weil mehrere dem Adressaten gleichbenannte Personen im
Orte sich befinden und der winkliche Empfänger nicht sicher zu unterscheiden ist, muß der
Begleitbrief nach dem Aufgabeorte zurückgesandt werden, um den Absender, wenn derselbe
an der äußeren Beschaffenheit des Begleitbriefes erkannt oder sonst auf geeignete Weise
erminelt werden kann, zur näheren Bezeichnung des Adressaten zu veranlassen. Die
Uebersendung des Begleinbriefes geschieht zwischen den Postansialten unter Convert und
als Posisache.
Alle anderen Posisendungen sind, wenn sie als offenbar unbestellbar erkannt sind,
ohne Verzug nach dem Autfgabcorte zurückzusenden. Nur bei Sendungen, die einem
schnellen Verderben unterliegen, muß, soferne nuch dem Ermessen der Abgabe-Postanstalt
Grund zu der Besorgniß vorhanden ist, daß das Verderben auf dem Rückwege eintreten
werde, von der Rücksendung abgesehrn werden, und die Veräußerung des Inhaltes für
Rechuung des Aufgebers erfolgen.
In allen vorgedachten Fällen isi der Grund der Zurücksendung, oder eintretenden
Falles, daß und weshalb die Veräußerung erfolgt sei, auf dem Begleitbriefe zu vermerken.
Die zurückzusendenden Gegenstände dürfen nicht eröffnet, müssen vielmehr noch mit
dem, vom Ausgeber ausgedrückten Siegel verschlossen sein. Eine Ausnahme hieroon krin
nur ein, bezüglich der Briese, welche von einer Person gleichlautenden Namens irrihm=
lich geöffnet wurden, und bezüglich der Briefe, welche Loose oder Offerten zu rer-
botenen Glücksspielen enthalen, die von den Adressaten nach den für sie geltenden
Landesgesehen nicht benütt werden dürfen. Bei iruhümlicher Etöfnung von Briefen
dunch Personen Jleichlautenden Namens ist übrigens, seferne dies möglich ist, eine von
57
letzteren selbst unter Namensschrift auf die Ruͤchseite des Brlefes niederzuschrelbende le-
zügliche Bemerkung beizubringen.
8. 20.
Einziehung des Porto für Retourbriefe.
Die Ausgabe-Postanstalt erhebt bet Ausfolgung eines Netourbrlefes an den Auf-
geber ihr Porko in dem Betrage, wie es in ihrer eigenen Währung tarifmäßig bestimmt
ist, nicht aber in einer Reduktion aus der fremden Währung.
. 21.
Porto-Erbebung für nachzusendende Retonrbriefe.
Netourbriefe, die vom Abgabeorte an einen anderen Wohnort des Ausgebers zu
senden sind, müssen ahne Ansatz von Porko für die neue Beförderungsstrecke nachgesendet
werden.
8. 22.
Baare Einzahlungen.
Den Beträgen, welche zur Wlederauszahlung an einen bestlmmten, innerhalb des
Vereinsgebietes wohnenden Empfänger eingezahlt werden (baare Einzahlungen), muß ein
einfacher gewöhnlicher Brief oder ein lediges Couvert beigegeben werden.
Baare Einzahlungen auf Sendungen unter Band, Sendungen mit Waarenp#oben,
auf rekommandirte Briefe, auf Briefe mit deklarirtem Werthe und auf Begleitbriese zu
Packeten mit und ohne Werthsdeklaration zu leisten, ist unzulässig.
Auf der Adresse des Briefes oder Couverts muß der Empfänger genau bezeichnet,
und der Betrag der baaren Einzahlung wit den Worten:
„Hierauf eingezahlt
vermerkt, die Thaler= oder Gildensimne uich in Jahlen und in Buchstaben ausge-
drückt sein.
Die Gebühr wird erhoben nach der Währung der Postanstalt des Ortes der (Ein-
zahlung.
Die Vergütung der Baarzahlung von einer Vereins-Postanstalt an die andere er-
folgt in den Karlen wie die Vergütung von Welterfranko.
8. 23.
Vorschußsendungen.
Briese und sonlge Sendungen, auf welchen eine Nachnahme haftet (Vorschußsend-
ungen, Postvorschüsse), müssen auf der Adresse den Vorschußbetrag mit den Worten:
58.
„Vorschuß oder Nachnahme “
und die Thaler= oder Guldensumme in Zohlen und in Buchstaben ausgedruͤckt enthalten.
8. 24.
Frankirungs-Vermerk.
Briefe u. s. w., auf deren Adresse der Frankirungs-Vermerk (frei, franko, fr. 2c.)
durchstrichen, radirt oder abgeindert ist, sind bei der Annahme zurückzuweisen; werden
Briefe mit einem solchen oder mit einem nicht durchstrichenen u. s. w. Frankirungs-Ver-
merke im Briefkasten vorgefunden, ohne daß das Porto dafür durch Freimarken oder ge-
stempelte Briefcouverts entrichtet worden ist, so wird die Ungiltigkeit des Frankirungs-
Vermerkes amtlich attestirt.
8. 25.
Mit fremden Freimarken versehene Briefe.
Wenn in einem Vereinsgebiete Briefe mit Frankomarken oder gestempelten Couverts
eines anderen Gebietes zur Post kommen, so sind solche Briefe wie unfrankirte Briefe zu
behandeln, und die fremden Marken als ungiltig zu bezeichnen.
Sind aber dergleichen Briefe nach demjenigen Vereinsgebiete bestimmt, welchem die
Marken oder die gestempelten Courerts angehören, so zieht die empfangende Postanstalt
von dem Adressaten nur das, nach Abzug des Werthes der Marken oder des Couverts
verbleibende Porto ein, oder vergütet auf sonstige Weise dem Adressaten den Werth der
unnütz verwendeten Marken.
g. 26.
Briefe, welche an Postanstalten kouvertirt sind.
Wenn Briefe unter Kouvert an Postanstalten zur Distribution oder Weiterbeförder-
ung geschickt werden, so sind solche Briefe nicht zurückzusenden, sondern, und zwar ohne
Rücksicht darauf, ob die ganze Sendung frankirt gewesen oder nicht, einzeln mit dem
vollen Briefporto zu belegen. Für die von den Adressaten nicht angenommenen Briefe
bat der Aufgeber das angesetzte Porto zu enrrichten.
S. 27.
Einziehung der Bestellgeb ühr vom Absender.
Von den Adressaten nicht berichtigte Bestellgebühr darf an den Aufgeber der Post-
sendung nicht zurückgerechnet werden.
Nach erfolgter Verständigung zwischen den betheiligten Postverwaltungen soll jedoch
gestattet sein, für Briefe von Privaten an Behörden die Bestellgebühr vom Aufgeber ein-
einzuheben, und als Weiterfranko an die bezugsberechtigte Postanstalt zu vergüten.
59
8. 26.
Gebührenfreie Aurechnung von Postgefällen.
Für die Anrechnung von Postgefällen irgend welcher Art, welche von dem Absender
nicht voraus entrichtet worden sind, dark der Ausatz und die Einzlehung einer Prokura=
gebühr auch in dem Falle ulcht erfolgen, wenn vorschriftmäßig die betreffenden Gesälle
bei der Auflieferung der Sendung zur Post hätten vorausbezahlt werden müssen.
8. 29.
Lagergeld.
Die Postverwaltungen derjenigen Vereinsbezirke, in denen gesehlich die Erhebung
von Lagergeld für solche Fahrpost-Gegenstände vorgeschrleben tst, welche längere Zeit bei
der Postanstalt aufbewahrt werden müssen, dürfen kür unbestellbare, nach dem Abgangs-
orte zurückzusendende Jahrpost-Sendungen dleses Lagergeld ulcht ln Anrechnung bringen.
8. 30.
Wlegen der Postsendungen.
Es werden gewogen und mit dem Gewichte bezeichnet:
4) die portopflichtigen Briefe, Bricse mit Waarenproben oder Mustern und Sen-
dungen unter Band, soferne das Gewicht dieser Gegenstände das einfache Bries-
gewicht übersteigt;
2) Briefe mit Geld oder deklarirten Werthe,
und
8) Sonstige Fahrposisiücke jeder Art.
Das erminelte Gewicht wird auf den Brief oder Begleitbrlef oben Unks in der Ecke
mit Tinte no#lrt; das Gewicht mehrerer Siccke zu einem Begleitbriefe wird neben oder
unter einander in der vom Absender bei Aufzählung der einzelnen Stücke beobachteten
Reihenfolge nolirt. Pfundtheile werden in Vothen, Loththeile in förmlichen Brüchen aus-
gedrückt. In denjenigen Vereinsstaaten, ln welchen das Zollgewicht nicht in Anwendung
ist, wird das ermilmelte Landesgewicht auf den Adressen (bei Geld= und Werthsendungen
so genau wie möglich) in Jollgewicht reduzirt.
&
Stempelu der Briefe u.
Gestempelt werden:
4) die Briefe, Briefe mit Waarenproben, Sendungen unter Band, kleinere Fahr-
post. Sendungen ohne Begleitbrief, und die Begleitbriefe »
11
60
mit dem r—k des Ortes und Datums der Einlieferung
auf der Mdresse oben rechts;
2) die ermmenwinnn Briefe, Briefe mit Waarenproben und Kreuzband-Sendungen,
mit dem Stempel „Rekommandirt (Chargé, rekomm.“
in rother Farbe (deßgleichen auch beim Eingange dieser Sendungen vom Auslande);
dieselben Gegenstände, wie nd 1 und 2 so weit als thunlich bei der Uebernahme
vom Auslande oder von der Postanstalt eines anderen Vereinsstaates
mit dem Stempel des Ortes und Datums der übernehmenden Postanstalt
auf der Rückseite;
) die Freimarken
mit dem landesuͤblichen Eutwerthungsstempel.
Es bleibt den einzelnen Vereinsstaaten unbenommen, außerdem bei frankirten Brie-
sen einen Frankirungsstempel, und bei unfrankirten Briefen einen die Höhe des Porto
anzeigenden Stempel (in blauer Farbe) anzuwenden.
32.
Franko— rnnn
Wenn Postsendungen nicht mit Marken oder gestempelten Couverts frankirt sind, so“
ist das baar erhobene Franko auf der Adresse der Briefe, Begleitbriefe oder Adreßpackete
unten links in der Ecke in kleinen Zahlen roth zu vermerken, und nöthigenfalls an die-
ser Stelle das Frankozeichen hinzuzufügen-
Das außer dem Franko erhobene Weiterfranko wird in so vielen Beträgen, als Pest-
verwaltungen an demselben Theil nehmen, in Bruchform unter das Franko gesetz.
ei Briefen nach dem Auslande, welche mit Marken franlirt sind, ist das fremde
Franto unten links mit dem Beisatze: „Weiterfranko“ („W. F.") anzusetzen.
32.
Meteur. Rezevise-
Den rekommandirten Briefen wird nur in dem Falle, wenn der Absender den voll-
zegenen Ablieferungsschein (Retour-Rezepisse) verlangt hat, das Formular dazu nach fol-
gendem Muster gleich am Aufgabeotte beigefügt.
Formular.
— —
(Vorderseite.)
Des Empfängers
Stand Name Wohnung
5
Dah ich Endecunterschriebener von de Post-
GEe
hierselbst einen rekommandirten Brief aus
»
von
richtig erhalten, bescheinige biermit.
den
Vollzogen nach dem Aufgabeorte bes Vriefes zurückzusenden.
(Rugseite.)
Retour-Rezepisse
nach
S. 34.
Beb dlung der N. ch h endungen
Denjenigen Sendungen, auf welchen eine Nachnahme (ein Postvorschuß) haftet, sind
am Aufgabeorte Rückscheine nach untenstehendem Formulare beizufügen, welche von de
Abgale-Postanstalt nach der Einlösung des Vorschusses ohne Beiug, oder im Falle der
Nichteinlösung, spätestens nach vierzehn Tagen zugleich mie der nicht eingelösten Sendung
nach dem Aufgabeorte mit dem Vermerke über die erfolgte oder nicht erfolgte Einlösung
urückzusenden sind. *„ " *
“ Vei längerem Ausbleiben des Rückscheines hat die Postanstalt am Ausgabeorte ihrer
vorgesetzten Postbehörde behufs der Atsiellung der Unregelmäßigkeit Anzeige # erstatten.
Formular.
(Verderseite.)
Nückschein über Posivorschuß-Gegenstände.
Pes# 4u welle bicrunter
bemerken, eb d mil der butigen Pest dahln abgebende an in
worauf Peũroischuß hasten, eingelosel wordtn lũ, eder uilcht?
„den 16
Post-
Die elben erwihnte Vorschub, Sendung lü anrt hitr eingegangen und
leset Fenn.
18
Posi ·
(Räckseite.)
Vorschuß-Rückschein
nach
C. 35.
Bezeichnung der Fahrpost-Sendungen.
Alle mit einem Begleitbriefe versehenen Fabrpost-Sendungen sind bei der Ausgabe=
Posianstalt mit dem Oitsnamen und mit einer Aufgabenummer demtlich zu bezeichnen.
Der Name des Aufgabeortes und die Ausgabenummer sind als Merkmalse der Send-
ung, während ibres ganzen Transporkes durch das Vereinsgebict unverändert beizubehal-
ten, und häben in allen Karten zu erscheinen, in welche die Sendungen #mn Laufe ihrer
Beförderung einzulragen sind.
Der Name des Aufgabeorkes muß auf den Frachtsiücken mittelb Aufklebung eines
Zettels, worauf dieser Name gednicckt ist, augebracht werden.
Die Nummer ist auf den betreffenden Fali#est-Sendungen und auch auf den dazu
gehörigen Begleitbriesen miltelst gedrudrer Zeilel anzubringen.
63
8. 36.
Briefpost= und Fahrpost. Sendungen.
Die Expedition der Briefpost= und Fahrpost-Gegenstände erfolgt durchweg getrennt.
Zur Briefpost gebören:
1I. Briefe von Allerhöchsten und Höchsten Mitgliedern der Regenten-Familien der
Postvereins-Staaten und von des Herrn Fürsten von Thurn und Taxis Durchlaucht, so-
wie an dieselben;
2. Briefe ohne Werthangabe bis zum Gewichte von 4 Loth;
3. sehwerere Briefe bis zum Gewichte von 16 Loth, deren Beförderung mit der
Briefpost Seitens des Aufgebers durch einen Beisatz auf der Adresse oder durch Frankir-
ung nit Marken verlangt ist;
rekommandirte Briefe;
Briefe mit Waarenproben, Kreuz= oder Streifband- Sendungen, Zeitungen, Re-
frrish, - postamtliche Anfragen, Laufzettel u. dgl.
ie portofreien (amtlichen) Dienst-Korrespondenzen bis zum Gewichte von 1 Pfund.
!5½# Fahrpost sind zu rechnen:
1. gewöhnliche Briefe über 4 Loth, deren Beförderung mit der Briefpost Seitens
des Aufgebers nicht vorgeschrieben ist;
5. Briefe mit deklarirtem Werthe;
3. Briefe, auf welche baare Einzahlungen stattgefunden haben;
1. Briefe mit Postvorschüssen Gnchnal bmebriefe);
5. Gelder und Päckereien aller Art.
37.
Eintragung in die Karten.
Rekommandirte Briefe werden namentlich in die Karten eingetragen.
Gleich den rekommandirten Briefen werden in die Ka.ten speziell eingeiragen:
1. Die im §. 36 unter 1# erwähnten Briefe;
2. vollzogen zurückgehende Ablieferungsscheine (Retour-Rezepisse) über rek irte
Briefe;
3. Nükscheine über eingelöste Pestrant huß— Ssmungen
4. Rückmeldungen über Berichtigung der Ansätze in den Karten;
5. Laufzettel über fehlende oder beschädigte Gegenstände, und
6. Briespackete, welche in andere aufgenommen werden.
64
8. 38.
Aufertigung und Abnahme der Briefkarten-Schlüsse.
Bei Anfertigung eines Briefkarten-Schlusses werden die den jenseitigen Postverwalt=
ungen zuzurechnenden Porto= und Auslagen-Beträge mit blauer Tinte in großen Zahlen
auf den Adressen der Briefe notirt, wozu auch Stempel in Anwendung kommen können.
Die Postanstalt, welche von einer anderen Vereins-Postanstalt einen Briefkarten-
Schluß empfängt, hat die in der Karte vermerkten Portobcträge und sonstigen Eintrag-
ungen zu prüfen, und etwa bemerkte Unrichtigkeiten dergestalt in den Karten m
daß das Akgeänderte ersichtlich bleibt. Der Grund der geschehenen Abänderung ist in
der Karte kurz zu erörtern, auch ist von der vorgenommenen Berichtigung der Anne
den Postanstalt, ungesäumt Kenntniß zu geben. Diese Rückmeldungen sind, mit dem An-
erkenntnisse der Postanstalt, an welche sie gerichtet sind, versehen, an die Postanstalt,
welche dieselben erlassen hat, unter Rekommandation zum Belege für die betreffende Karte
zurückzusenden.
8. 39.
Behandlung und Uebernahme der Fahrpost-Sendungen.
1. Bei Expedition der Fahrpost-Sendungen wird jedes Stück nach der Nummerfolge
in die Frachtkarte einzeln eingetragen.
Begleitpapiere werden in der Regel unter der Nummer desselben Stücks vorgemerkt,
zu welchem sie gehören.
Wo der Umfang des Verkehres solches erfordert, werden die Briefe mit deklarirtem
Werthe, Briefe, worauf baare Einzahlungen Statt gefunden haben, und Begleitbriefe,
zu welchen Peststücke mit deklarirtem Werthe gehören, in eine besondere Abtheilung der
Karte Gotut eingetragen.
2. Die Ueberlieferung der Fahrpost-Stücke erfolgt zwischen den Vereins-Postanstalten,
je nach den Verkehrsverhältnissen, entweder
a) in bloßgebenden Kartenschlüssen, oder
1) in geschlossenen Beuteln, oder
0 in beschlessenen Körben, Kisten oder Felleisen.
Bei der Spedition in geschlossenen Beuteln werden in letztere aufgenommen:
1) alle Briefe und Packete mit baarem Gelde oder Pepieren von Geldeswerth, so weit
sie sich nach ihrer Beschaffenheit und ihrem Umfange dazu eignen;
5b) alle Sendungen von Gingem Umfange mit oder ohne deklarirtem Werthe bis zu
dem Gewichte von 16 Lotb, soferne dieselben nicht nach den Zollvorschriften einzeln
überliefert werden müssen;
65
e) alle Begleitbriefe, Deklarationen, Briefe mit Baareinzahlungen oder Nachnah-
men u.
Die übrigen zur Spedition in Beuteln nicht geeigneten Sendungen eines Karten—
schlusses werden in der Karte, soferne diese nicht eine besondere Rubrik für Wagenstücke
schon enthält, mit W („Wagenstück“) bezeichnet.
4. Befindet sich in einem Kartenschlusse nur Ein Geldbrief,
zub Nr. 3, lit. c. angeführten Briefen beigefügt.
Sind dagegen zwei oder mehrere Briefe mit deklarirtem Werthe vorhanden, so wird
aus denselben ein besonderes Geldbrief-Packet formirt, und dieses dergestalt verschnürt
und versiegelt, daß der Inhalt des Packetes dadurch nicht leidet, gleichwohl aber so ge-
sichert ist, daß demselben ohne Verletzung der Verpackung oder Versiegelung nicht beige-
kommen werden kann.
Ist eine besondere Geldkarte angefertiget, so werden außer den Geldbriefen auch
alle in der Geldkarte eingetragenen Begleitbriefe u. s. w., in das Geldbrief—
Packet, der Reihenfolge nach, mit aufgenommen.
Das Geldbrief-Packet wird mit der Bezeichnung: „Geldbrief-Packet“ versehen, bis
auf die einzelnen Loththeile genau gewogen, und das ermittelte Gewicht mit der S
zahl der, im Packete enthaltenen Briefe sowohl auf dem Packete selbst oben links,
auch am Schlusse der Karte vorgemerkt.
ei der Abfertigung wird das Geldbrief-Packet mit den übrigen, im Beutel zu ver-
sendenden Jahrpost-Stücken, sowie mit den, in ein eigenes Bund, ohne weitere Gewichts
abelung vereinigten übrigen Vriefen und den Deklarationen, soferne nicht die offene
Versendung der letzteren durch die Zellbehondlung bedingt ist, in den Fahrpost-Beutel
verpackt, dieser am Kropfe fest verschnürt, mindestens auf den beiden Enden der Schnur
mit einem deutlichen Abdrucke des Dienstsiegels verschlossen und sodann gewogen.
Das ermittelte Gewicht wird gleich jenem des Gelkbrief-Packetes mit der Stückzahl
der im Bentel enthaltenen Sendungen am Schlusse der Karte vermerkt, und diese den
Courspapieren offen beigelegt. Cs bleibt übrigens die Auwendung besonderer Frachtzet-
tel, da, wo sie eingeführt sind, unbenommen.
so wird derselbe den
als
Die in Verwendung kommenden Beutel müssen von starkem Leinen oder Zwil
lich, ohne Naht, oder von Leder sein, und die Bezeichnung: „Fahrpost“ mit dem Namen
des Absendungs= oder Bestimmungsortes auf sich tragen.
b. Bei Uebernahme der Beutel am Bestimmiungsbrie wird vor Allem die Beschaf-
fenheit des Beutels und d vest en Verschluß untersuc t, das Gcꝛoicht durch sorgfäliiges Nach-
wiegen kontrolirt und der Beutel selest in der Art geöffürt, daß lediglich 2 die Schnur in
der Nähe des Knotens durchschnitten, Kubten und
Siegel selbst aber unverletzt erhal-
ten wird.
66
Dasselbe wird bei Behandlung der Geldbrief-Packete beobachtet.
Alle leim Auspacken eines Bentels oder Geldbrief-Packetes abgenommenen Vind=
fäden, Papierumschläge und Siegel-Abdrücke werden bis auf den kleinsten Theil sforg-
fällig zusammengehalten, und erst dann, wenn die Revision des Inhaltes ohne Anstand
vollzogen ist, bei Seite geschafft.
7. Ist bei der Uebernahme der Beutel oder das Geldbrief-Packek an seinem Ver-
schlusse oder sonst beschädiget, oder ergibt sich bei Kontrole des Gewichtes eine Differenz
mit den bezüglichen Vormerkungen in der Karte, so darf die Oesstung und Nevision des
Beutels oder des Geldbrief-Packeles, soweit dieß ausführbar ist, nur unter Beizlehung
des Kondukteurs oder sonstigen Postbegleiters, welcher den Beutel überlieferte, sonst aber
nur in Gegenwart von wo mögzlich mehreren, die Stelle desselben vertretenden unbethei-
ligten Zeugen und zwar erü dann vorgenommen werden, wenn sich diese von der Statt
nefundenen Beschädigung oder der bestehenden Gewichtsdifserenz überzeugt haben.
Wird ein Abgang an dem Jnhalte erst bei der Revision eurdeckt, so wird die letz-
tere sofort sistirt, unter Beiziehung des Kondukteurs oder der Zeugen der gesammte In-
bhalt des Beutelo sammt allen damit angekommenen Umschlagebögen, Bindsäden 2c. 2c#
wieder in den Beutel verpackt, durch nochmaliges Nachwiegen die Uebereinstimmung des
wirklichen und des angegebenen Gewichtes, sowie die gute Beschaffenheit des Beuels
und des Verschlusses, konstatirt und erst dann in der NRevision weiter vorgeschritten.
In diesem, wie in jedem anderen Falle, wo der Inhalt des Beutels nicht richtig
befunden wind, wird von dem übernehmenden Beamten unter Beiziehung des Konduk-
teurs oder der Zeugen
) nicht bloß die Gewichtsangabe jedes einzelnen Bentelstückes durch Nachwiegen ge-
nau geprüßt sondern auch das Gewicht des leeren Brulels und sämmtlicher darin
eingemessenen Emballage sorgfältig ermittelt;
das Ergelmh mit Angabe der einzelnen, allenfalls erminelten Differenzen, der
Signatur des Beurels und der einzelnen Bestanktheile der Emballage genau
verzeichnet;
über den ganzen Thatkestand sesort ein Pretokoll aufgenommen und dieses mit
obiger Verzeichnung und allen im Beutel vorgefundenen Einschlagbogen, Bind-—
sfaden und der zum Verschlusse des Beutels verwendeien Schnur mit Siegel nebst
dem Beutel an die rorgesete Behörde eingesendet;
der absendenden Postanstalt aber umgehend ren dem ermittelten Abgange zu wel-
terer Nachforschung Renmniß gegeben.
Gleiches Verfahren ist, seweit thunlich, bezüglich der bel einer Postanstalt lediglich
zur Weiterspediton eingehenden Fahrpost-Beutel zu berbachten, welche bei ihrer Ueker-
nahme eine Beschärigung erkennen lassen.
S
G
—
u
67
Gestatten die Umstände eine derartige Behandlung durchgehender Fahrpost-Beutel
nicht, so ist der Thatbestand der Verletzung oder der Gewichts-Differenz festzustellen, der
Beutel uneröffnet in einen anderen Beutel verpackt und sorgfältig versiegelt, mit dem
Protokolle weiter zu senden und die nöthige Rückmeldung zu machen.
ei der Spedition in geschlossenen Körben, Kisten oder Felleisen finden auf diese
die gleichen Bestimmungen, wie für Fahrpost-Beutel, Anwendung.
8. Gehen bloßgehende Wagenstücke beschädiget ein, oder wird an solchen eine Ge-
wichtsdifferenz bemerkt, so ist der Thatbestand in Gegenwart des Begleiters oder von
Zeugen festzustellen, darüber ein Protokoll aufzunehmen und die nöthige Nückmeldung
zu erlassen.
8. 10.
Haftung bei Uebernahme der Postladungen.
Wird bei der Uebernahme der Postladung von der übernehmenden Postanstalt keine
Ausstellung gemacht, so gilt dieses bis zur Führung des rollständigen Gegenbeweises als
Quittung über den richtigen Empfang der Ladung.
In Fällen, wo bei der Uebernahme das Gewicht nicht hat festgestellt werden kön-
nen, z. B. bei Eisenbahn-Transporten, bleibt die übergebende Postanstalt, bei unverletz-
ter äußerer Beschaffenheit der Sendungen, für die Richtigkeit des Gewichtes so lange
verantwortlich, bis die Nachwiegung hat erfolgen können.
Gewichtsdifferenzen, welche sich bei solcher späteren Nachwiegung ergeben, müssen
unter Beobachtung der im §. 39 enthaltenen bezüglichen Vorschriften festgestellt werden,
wodurch jedoch die Führung des (Gegenbeweises, daß die Sendung mit richtigem Ge-
wichte ausgeliefert worden, nicht ausgeschlossen ist.
S. 41.
Verfahren bei Ueberlieferung mangelhaft verpackter Sendungen.
Mangelhaft verpackte Sendungen sollen bei der Ueberlieferung nicht zurückgewiesen
werden.
Glaubt die übernehmende Postanstalt, daß die fehlerhafte Verpackung bei der Wei-
terbeförderung die Beschädigung oder das theilweise oder gänzliche Verderben der Send-
ung berbeiführen oder eine nachtheilige Einwirkung auf andere Sendungen zur Folge
haben möchte, so muß unter Fesistellung des Thatbestandes eine neue Verpackung der
Sendung Statt sinden, wobei, soweit als thunlich, die ursprüngliche Verackung unter
der neuen beizubehalten ist. *
Der festgestellte Mangel, sowie die Beseitigung desselben, ist der zuspedirenden Post-
anstalt mit nächster Post zurück zu melden.
12
68.
Die Kosten für die neue Verpackung werden durch (kostenfreie) Anrechnung von dem
Adressaten, und soferne dieser die Zahlung verweigert, von dem durch ihn namhaft zu
machenden Absender eingezogen.
8. 42.
Speditionswege für Fahrpost-Sendungen.
Dem Aufgeber einer Fahrpost-Sendung soll in besonderen Fällen, wenn durch die
Versendung auf einem anderen als dem gewöhnlichen Wege ein Vortheil erreicht werden
kann, freistehen, den Speditionsweg selbst zu bestimmen.
8. 43.
Einziehung des fehlenden Weiterfranko.
Wenn das Weiterfranko bei Fahrpost-Sendungen zu niedrig erhoben und berechnet
ist, so wird der fehlende Betrag als Porto zugeschlagen und vom Adressaten erhoben.
Verweigert der Letztere die Zahlung, so ist ihm die Sendung ohne Portozahlung
auszufolgen, soferne er den Absender namhaft macht und das Kouvert oder die Begleit-
Adresse, oder eine Kopie davon, zurückzunehmen gestattet.
Auf Grund des Kouverts u. s. w. wird alsdann der fehlende Portobetrag der Auf-
gabe-Postanstalt zurückgerechnet. Für denselben hat niemals eine den Transit leistende
Vereins-Postanstalt zu haften.
S. 44.
Zurücknahme aufgegebener Postsendungen.
Die zur Post eingelieferten Sendungen können von dem Absender vor deren Zustel-
lung an den Adressaten zurückgenommen werden.
Die Zurücknahme kann erfolgen am Orte der Aufgabe oder am Bestimmungsorte,
ausnahmsweise auch, in soferne dadurch keine Störung des Expeditionsdienstes herbeige-
führt wird, an einem unterwegs gelegenen Umspeditionsorte.
In welcher Weise sich Derjenige, welcher eine Sendung zurückfordert, bei der ab-
sendenden Postanstalt über seine Berechtigung dazu und über seine Persönlichkeit auszu-
weisen hat, bestimmen die für jeden Postbezirk dieserhalb bestehenden Vorschriften.
Ist die Sendung bereits abgegangen, so hat Derjenige, welcher dieselbe zurückfordert,
den Gegenstand bei der Postanstalt des Abgangsortes schriftlich so genan zu bezeichnen,
daß derselbe unzweifelhaft als der reklamirte zu erkennen ist. Die gedachte Postanstalt,
fertiget das Reklamationsschreiben aus, welchem die Postanstalten des betreffenden Cour-
ses Folge zu leisten haben.
Soll die Zuruͤckforderung auf telegraphischem Wege geschehen, so darf eine dießfall-
fige Depesche nicht abgesandt, oder derselben Folge gegeben werden, wenn nicht die Post-
anstalt des Aufgabeortes amtlich bescheiniget hat, daß der Absender sich als zur Zurück-
forderung berechtiget bei derselben legitimirt habe; daß dieß geschehen, muß in der De-
pesche bemerkt sein.
Ist die Sendung noch nicht abgegangen, so wird das baar erlegte Franko, nicht
aber das durch Marken entrichtete Franko zurückgegeben.
Ist die Sendung bereits abgesandt, so hat der Absender das Porto, wie für eine
gewöhnliche Retour-Sendung zu entrichten, und zwar bei Fahrpost-Sendungen bis zu
und von dem Orte, von dem der Gegenstand zurückgesandt wird.
Wien, am 3. September 1855.
2) Bekanntmachung, die Wiederaufhebung der Verbote gegen die Ausfuhr von Pferden, Waffen
und Kriegsmunition betr.
Die durch unsere Bekanntmachungen vom 30. Dezember 1854 bezüglich 30. Au-
gust 1855 (Nr. 1. bez. Nr. 36 des Amts= und Verordnungsblattes vom Jahre 1855)
ergangenen Verbote wegen der Ausfuhr von Pferden sowie wegen der Ausfuhr von Waf-
sen und Kriegsmunition werden hierdurch, in Uebereinstimmung mit den in anderen
Zollvereinsstaaten getroffenen Anordnungen, wieder aufgehoben.
Gera, den 23. April 1856.
Fürstlich Reuß-Plauisches Ministerium.
v. Geldern.
Semmel.
71
Gesetzsammlung
für die
Fürstlich Reußischen Lande jungerer Linie.
No. 190.
Gesetz über die Zusammensehuung und Wahl der Landesvertretung.
Wir Heinrich der Sieben und Sechzigste von Gottes Gnaden
Jungerer Linie regierender Furst Reuß, Stammes eltester,
Graf und Herr von Plauen, Herr zu Greiz, Kranichfeld,
Gera, Schleiz und Lobenstein 2c. 2c.
haben über die künftige Zusammensetzung der Landtage und die Wahlen der Abgeordne-
ten, ohne daß übrigens die längere Dauer des gegenwärtigen, verfassungemäßig zusam-
menberufenen Landtags und die Vollgülugkeit der ferneren Verhandlungen desselben da-
rurch ausgeschlossen sein soll, mit Zustimmung des Landtags Folgendes geseplich zu ver-
ordnen beschlossen:
F. 1.
Der Landtag besleht aus:
I. dem durllihen Beüger des Neuß-Köstritzer Paragiums, oder dessen Ver-
trei.
II. un bgeordueten der uͤbrigen Rittergutsbesiher;
I11. sechs durch allgemeine Wahlen der Stadtgemeinden ernannten Abgeordne-
ten und zwar:
dreien der Stadtgemeinde Gera mit Pöppeln und der Gemeinde des
Marktfleckens Hohenleuben,
einem der Stadtgemeinde Schleiz,
einem der Stadtgemeinde Lobenstein
und
einem der Stadt Umehde Tanna, Saalburg und biisberg
Ausgegeben am 25. Mai 1856.
72
IV. drei aus allgemeinen Wahlen der übrigen Gemeinden des Landes hervor-
gegangenen Abgeordneten und zwar:
einem der übrigen Gemeinden des Landrathsamtsbezirks Gera,
einem der übrigen Gemeinden des Landrathsamtsbezirks Schleiz
und
einem der übrigen Gemeinden des Landrathsamtsbezirks Ebersdorf.
8. 2.
Rittergutsbesitzer im Sinne des gegenwärtigen Gesepes sind diejenigen Staawange=
börigen, welche sich im eigenkhümlichen Besitze eines, nach der früheren landständischen
Einrichtung landtagsfähigen, aber auch nicht aus bloßen Realberechtlgungen ohne Grund
und Boden bestehenden Ritterguts befinden.
Hierher gehören folgende Rittergüter:
1) Blankenstein,
2) Blintendorf,
3) Caasen,
4) Caaschwih,
5) Culm,
6) Dorna,
7) Dürrenebersdorf,
8) Frankendorf,
9) Göriy,
10) Hoheupreiß uud Frößen,
110 Kaimberg,
12) Kirschkau,
13) Klein= und Wüstfalke,
14) Kregschwitz,
15) Leumniz,
16) Lichtenberg und Okticha,
17) Nauendorf,
20) Saalbach,
21) Sachsbühl,
22) Scheubengrobsdorf,
23) Schilbach,
24) Söülmniy,
73
25) Steinbrücken,
26) Töppeln,
27) Weißendorf,
28) Zeulodorf,
29) Zollgrün,
30) Zschippac,
31) Zwöhen,
8. 3.
Die Befugniß, an der Wahl der Abgcordneten Theil zu nehmen, sowohl als die
Nähigkeit, zum Abgrordneten gewählt zu werden, sehzt voraus:
u) den Beüß des inländischen Staatsbürgerrechts;
1) den Besig des Ortsbürgerrechts in einer Gemeinde des Inlandes;
) die Volljährigkeit, beziehungsweise um als Abgeordneter gewählt werden zu kön-
nen, die erfolgte Jurücklegung des 25. Lebensjahres;
4) das Bekenniniß der chrisllichen Religion, ohne Unterschied der Konfession;
6) Unbescholtenheit des Nufes nach Maßgabe der im §. 5 folgenden näheren Be-
stimmungen;
daß man in die Steuerrolle des Staates eingezeichnet sei und an Tragung der
Gemeindelasten Theil nehme.
8. 4.
Außer den, im §. 3 erwähnten, allgemeinen Erfordernissen kommen noch folgende
besondere in Betracht:
A. Im Stande der Ritterguksbesiver muß man, sowohl um an der Wahl Theil
nehmen zu dürfen, als um wählbar zu sein, ein Rittergut, an welchem die im
8. 2 erwähnten Eigenschaften haften, besigen;
Um als Abgeordneter bei den allgemeinen Wahlen der Stadt= oder Landge-
meinden wählbar zu sein, muß man zu denjenigen Steuerpflichtigen gehören,
welche entweder bei der Grundsteuer innerhalb des Bezirks der Steuer-Ein-
nahme, in welchem sie wohnen, mit mindestens funfzehn Silbergroschen, oder
bei der Personal= und Gewerbsteuer mit zehn Silbergroschen wenigstens ter-
minlich angesetzt sind;
Der Verncter des Fürstlich Reuß- Köstritzer Paragiaks muß die Eigenschaften
kesiten, welche seine Wäßlkarkeit im Stande der Rittergutsbesiper, oder bei
den allgemelnen Watlen begründen würden.
13
74
8. 5.
Als bescholten find von der Wahl ausgeschlossen:
") Personen, welche den Vollbesiy der bürgerlichen Rechte in Folge richterlichen
Erkenumisses verloren haben;
b) Personen, welche eine richterlich zuerkaunte, entehrende Strafe erlitten haben, oder
eines solchen Verbrechens, welches elnen entehrenden Charakter an sich nägt,
vom zuständigen Richter mittelst rechtskräftig gewordenen Erkenntnisses für schuldig
crachtet worden sind.
8. 6.
Die Rittergutsbesißer bilden einen elnzigen Wahlbezirk fuͤr das ganze Land, wählen
ihre Abgeordneten unmittelbar und machen sonach einen abgesonderten Wahlkörper aus;
sie vereinigen sich, nach vorgängiger Aufsorderung von Seiten des betreffenden Wahl-
kommissars, aus allen drei Landestheilen und wählen ihre drei Abgeordneten durch Ur-
wahlen, ohne Dazwischenkunft von Wahlmännern. Die übrigen Abgcordneten werden
durch Vermittelung von Wahlmännern gewöhlt.
8. 7.
Zur Beßellung von Wahlmännern sind Diejenigen befugt, welche neben den in § 3.
unter n — 1 genannten allgemeinen Erfordernissen das Bürgerrecht in derjenigen Stadt-
oder Landgemeinde besiten, in welcher sie ihr Wahlrecht auszuüben haben.
8. B.
Das Wahlrecht ruht:
a) bei Versonen, die unter Zustandsvormundschait stehen;
b) bei Personen, uͤber deren Vermoͤgen Konkurs gerichtlich eröffnet worden ist, auf
die Dauer des anhängigen Konkurses;
e) bei Personen, welche fortlaufende Armenunterstütungen aus offeurlichen oder Ge-
meindemltteln beziehen,
d) bei Personen, welche mit Abgaben aun Landes= oder Gemeindekassen länger alo
zwei Jahre im Rückstand d.
8. 9.
Des Rechts, zu wählen sowohl als gewählt zu werden, soll, unbeschadet der sonst
verwirkten Strafen, für eine Zeit von 4—12 Jahren durch strafgerichtliches Erkennmiß
verlustig erklärt werden: wer bei den Wahlen Stimmen erkauft oder seine Siimme bri
der, für einen und denselben Zweck bestimmten, Wahl mehr als einmal abgegeben, oder
zur Einwirkung auf die Wahl gesätzlich unzulässige Mitkel angewendet hat.
75
8. 10.
Vater und Sohn, ingleichen Brüder können nicht zugleich als Abgcordnete eintreten.
Wenn unter ihnen keine Einigung über einen freiwilligen Rücktritt erfolgt, se geht der
Vater dem Sohne, der ältere Bruder dem jüngern vor. Die Wahl eines Abgeordneten
oder Stellvertreters, dessen Vater, Sohn oder Bruder bereits Abgeordncter oder Siell-
versreter ist und es für die laufende Landtagsperlode bleibt, ist unwirksam.
. 11.
Die Mitglieder der oberen Landesbehörden können überhaupt nicht als Abgeordnete
oder Stellvertreter gewählt werden.
8. 12.
Das Wahlrecht kann nicht vertretungsweise, sondern muß in Person ausgeübt wer-
den; auch darf Niemand seine Stimme sich selbst geben.
8. 13.
Für die Bestimmung der Zahl der Wahlmönner gilt als Regel, daß auf je 500
Köpfe der Bevölkerung ein Wahlmann gerechnet wird; doch soll jede Gemeinde des Lan-
des die Befugniß haben, wenigstens Einen Wahlmann zu bestellen, und bel Feststellung
der Wahlmännerzahl für Gemeinden mit einer Bevölkerung von mehr als 500 Ein-
wohnern, in woelcher diese Zahl nicht aufgeht, ein überschiefender Betrag von mehr als
250 Einwohnern dieser Zahl gleichgeachtet werden.
Was die Wahl der Wahlmänner für die sechs Abgeordneten der Stadtgemeinden
anlangt, so wird Behufs derselben die Stadt Gera mit Pöppeln in drei Wahlbezirke
getbeilt, von denen jerer neun Wahlmänner wählt; die Gemeinde des Marktfleckens
Hohenleuben dageges wählt fünf Wahlmänner, welche zugleich mit den siebenundpran-
zig Wahlmännern der Stadlgemeinde Gera Einen Wahlkärper Behufé der Wahl dreier
Abgcordneten bilden. Die Starmemeinde Schleiz bot zur Wahl ihres Abgeordneten
zebn Wahlmänner, die zu Lobenstein hat zur Wahl ihres Abgeordneten sieben Wabl-
männer zu ernennen; die Stadtgemeinden zu Tanna, Saalburg und Hirschberg wählen
je Prei Wahlmänner, und es machen sonach die aus den Wahlen dieser drei Stadtge-
meinden hervorgehenden neun Wahlmänner den Wahlkörper für Ernennung des sechsten
Abgeordneten der Stadtgemeinden aus.
8. 14.
Die Wahlmänner müssen aus derjenigen Stadt= oder Landgemeinde, wo ihre Wahl
erfolgt, gewählt werden.
Die Wahl der Wahlmänner erfolgt auf drei Jahre.
76
Im Falle der Auflösung des Landtags findet auch eine Neuwahl der Wahlmänner
Stan.
8. 15
Die Wahlmänner haben in der Wahl der Abgeordneten vollständige Freiheit und
sind dabei weder an eine Standesklasse, noch an einen Landestheil, sondern nur an die
Bedingungen der Wählbarkeit, wie solche namentlich aus §. 3 lit. a—f. und aus 8. 4
unter B. zu ersehen, gebunden.
8. 16.
Die Urwähler wählen die Wahlmänner durch Stimmzettel, welche zusammengeschla-
gen und in ein dazu bestimmtes, verdecktes Gefäß gelegt werden. Wer nicht schreiben
kann, hat seine Sümme offen zu Protokoll zu geben. Es ist Niemandem gestatter, ei-
nen Simuzete für einen Andern auszufüllen. Wer dieh gleichwohl thut, ist seines
Wahlrechts für die nächste, gleiche Wahl verlustig und wird auch in der vorseienden aus-
geschlossen, wenn rechtzeitig entdeckt wird, daß er eine solche Kontravention sich zu Schul-
den gebracht hat.
Wahlabstimmungen, welche auf anderc, als auf die, von der Behörde ausgegebenen,
sestempelten Stimmzettel geschrieben sind, haben keine Gültigkeit.
8. 17.
Als gewählte Wahlmänner werden diejenigen betrachtet, welche die meisten Stimmen
der erschienenen Wähler erhalten haben. Auf absolute Stimmenmehrheit kommt es
nicht an.
8g. 18.
Die gewählten Wahlmänner müssen sich unverzüglich über die Annahme der Wahl
erklären.
Eine Annahmeerklärung unter Protest oder Vorbehalt gilt als Ablehnung.
8. 19.
Fällt ein Wahlmann aus, so tritt derjenige an seine Stelle, welcher nach ihm die
meisien Stimmen erhalten hat. Fällt mehr als die Hälfte der Wahlmänner eines städii-
schen Wahlbezirks, oder einer Stadt= oder Land-Gemeinde aus, so muß der ganze
Wablakt für den betreffenden Bezirk bezüglich die betreffende Gemoinde wiederholt und
die Wahl der Abgeorducten bis dahin ausgesehzt werden.
20.
Die Rittergutöbesitzer und die Wahlmänner für die allgemeinen Wahlen wählen die
77
Abgeordneten ganz in derselben Weise, wie dies in Ansehung der Wahlen der gedachten
Wahlmänner durch die Urwähler im §. 16 vorgeschrieben ist.
Die Wahlorte bestimmt die Staatsregierung bei Ausschreibung der Wahlen.
6. 21.
Durch jeden der sonach bestehenden achl Wahlkörper ist für jeden der von ihm zu
erwählenden Abgeordneten zugleich ein Skellvertreter desselben unter Beobachtung der für
die Wahl der Abgeordneten selbst ertheilten Vorschriften, besonders zu wählen.
Diese Wahl der Abgeordneten und der Stellvertreter derselben erfolgt auf drei Jahre.
8. 22.
Als gewählt gelten Diejenigen, welche die, nach der Zahl der erschienenen und an
der Wahlabstimmung Theil nehmenden Wähler zu berechnende, absolute Stlmmenmehrheit
erhalten haben. "
Ergiebt sich bei der ersten Abstimmung keine absolute Stimmenmehrhelt, so wird
die Wahl wiederholt und dieß so lange fortgeseßt, bis eine solche Stimmenmehrhelt oder
eine Stimmengleichheit zwischen zwei Personen erzielt ist. Im lehteren Falle eulscheidet
das Loos.
Werden Wahlstimmen unter Protest oder Vorbehalt abgegeben, so sind diese un-
giltig und hindern den Fortgang der Wahl ebensowenig, als wenn die Stimmenabgabe
theilweise verweigert wird.
g. 23.
Die gewählten Abgeordneten und Stellvertreter haben sich binnen acht Tagen vom
Tage der Behändigung der diehfallsigen Aufforderung des Wahlkommissars an gegen
lepteren über Annahme oder Ablehnung der Wahl zu erklären.
Ist Jemand Fleichzeitig von verschiedenen Wablkörpern, gewählt, so hat er sich zu
erklären, von welchem dieser Wahlkörper er die Wahl annehmen will.
Eine Annahmcerklärung unter Protest oder unter Vorbehalt oder Stillschweigen in-
zna d der vorgezeichneten Erklärungsfrist gilt als Ablehnung und hat eine neue Wahl
zur Folg
Tritt, aus welchem Grunde es auch sei, die Wahl des einen, oder des andern Ab-
geordneten nachmals gar nicht in Krast, oder wiederum außer Krast, so Oilt auch die
Wahl des für jenen Abgeordneten erwählten Stellvertreters für erloschen.
KF. 24.
Die Wahlen sämmtlicher Wahlkörper werden von der Staatsreglerung angeordnet
und durch Beauftragte des Ministeriums geleitet.
78
Für jeden der acht Wahlkörper ist nach erfolgter erster Anordnung wegen der vor-
zunehmenden Wahlen von den Ortsbehörden unter Leitung der ernannten Wahlbeamte-
ten ein Verzeichniß der stimmberechtigten Wähler mit Angabe der Vornahmen und Zu-
nahmen, des Lebensalters, des Standes und Gewerbes, sowie des Steuerbeitrages und der
eiwaigen Gemeindeabgaben, anzufertigen und sind sodann hieraus die Listen der Wahl-
berechtigten zu entwerken. Diese Listen müssen mindestens vierzehn Tage zur Einsicht der
Vetheiligten ausgelegt und es muß dies öffentlich bekannt gemacht werden. Einsprachen
gegen die Richtigkeit der Listen sind binnen acht Tagen nach erfolgter Auslegung bei der
Behörde, welche dieselbe bewirkt hat, anzubringen und innerhalb der nichsten acht Tage
zu erledigen, worauf die Listen geschlossen und an die Wahlkommissare eingesendet werden.
Die Wahltage und Wahllokale müssen mindestens vierzehn Tage vor der Wahlhand-
lung in dem Amts= und Verordnungsblatte, sowic, was die Wahlen zu den Wahlmän-
nerstellen betrifft, durch öffentlichen Auschlag in jeder Gemeinde bekanm gemacht werden.
8. 25.
Nur Diejenigen sind zur Theilnahme an der Wahl berechtigt, welche in die Listen
aufgenommen sind. Die Wahlbeamteten mussen jedoch denjenigen Wählern, deren Ein-
sprachen noch nicht haben erledigt werden können, oder die sich im Wahlkermine sonst
noch als wahlberechtigt melden sollten, eine vorläusige Wahl zu Protokoll gestanen.
Ueber jede Wahlhandlung und deren Ergebniß, sowie über die dabei ekwa erhobenen
Beschwerden sind abgesonderte Protokolle aufzunehmen, und diese sind von dem Wahl-
kommissar, sowie von drei von dem lehteren dazu abzurufenden Mitgliedern der Wahl-
versammlung, vorzugsweise von den mitanwesenden Gemeindevorständen, mit zu vollziehen.
g. 26.
Die Aufforderung zur Wahl der Abgeordneten muß sowohl an die Rittergutsbesiper,
als an die Wahlmänner der übrigen sicben Wahlkörper, schristlich ergehen, und es muß
hrischen dem Tage der Behändigung der Einladung und dem Wahltermine mindesiens
eine vierzehntägige Frist mitten inne liegen.
Die Leitung der Wahlen der Abgeordneten durch die Wahlmänner kann kurch den-
selben Beamteten vollzogen werden, dem die Leitung der Wahlen der Wahlmänner über-
tragen gewesen ist.
Die Leitung der Wahlen der Abgeordneten durch die Rittergutsbesiger ist durch ei-
nen besondern Wahlkommissar zu bewirken.
8. 27.
Sämmtliche Wahlverhandlungen nebst den Wähler= und Wahlmänner-Listen sind
von den Wablbeamtcten mittelst Berichts an das Ministerium einzusenden.
79
§. 28.
Jede Wahl, welche den geseblichen Bedingungen nicht entspricht, ist ungillig.
Jede Wahl, welche durch Bestechung mit Geld oder Geldeswerth, durch Versprech-
ungen von Gunst oder Vorthell oder durch Bedrohung mit Nachtheil erzielt worden, ist
nichtig.
8. 29.
Das Ministerium hat die sormelle Giltigkeit der Wahlen vorläusig zu prüfen, Be-
richtigungen von Formfehlern zu bewirken und etwalge Bedenken dem Landlage mitzu-
theilen.
Die endliche Entscheidung über die formelle oder materielle Giltigkeit oder Ungil-
tigkeit einer Wahl sieht jedoch dem Landtage zu.
Urkundlich unter Unserer eigenhändigen Unterschrift und Veisügung Unseres Fürft=
lichen Insiegels.
Schloß Osierstein, den 16. Mai 1856.
(L. S.) Heinrich I.XVII. F. R.
v. Geldern.
Drucsehler --Berichtihung
zu Nr. 189 bax. 55.
Im §. 18 der in Nr. 180 enthaltenen Bestiniiungen über die äußere Beschaffenbeit und die
Behandlung der Postsendungen pag. 55 ist im ersten Alinea zwisthttl „Briespost-Gegenstände“
und „wenn“ das Wert=
„nachgesendet“
einzuschallen. —
81
Gesetzsammlung
für die
Fürstlich Reußischen Lande jungerer Linie.
No. 191.
1), Geseh über Einführung einer kürzeren Verjährungsfrist für gewisse Forderungen.
Wir Heinrich der Sieben und Sechzigste von Gottes Gnaden
Jüngerer Linie regierender Fürst Reuß, Stammes Aeltester,
Graf und Herr von Plauen, Herr zu Greiz, Kranichfeld,
Gera, Schleiz und Lobenstein 2c. 2c.
vererdnen wegen der Einführung einer kürzern Verjährungsfrist für gewisse Forderungen
mit Zustimmung des Lamtags das Folgende:
8.1.
Mit dem Ablauf von drei Jahren verjähren, mit den im Allgemeinen für die auf-
bekende Verjährung rechtlich gültigen Folgen, nachbenannte Forderungen:
41) die Forderungen der Kaufleute und Händler, Fabrikanten, Mäkler, Spediteure,
Künsiler und Handwerker für Waaren und Arbeiten ihres Geschäfts, jedoch mit
Ausnahme der Forderungen für Gegenstände, mit denen der Schuldner ein innungs-
mäßiges oder konzessionirtes Handelsgeschäft treibt; ingleichen die Forderungen der
Apotheker für von ihnen entnommene Arzneiwaaren;
die Gewerbsforderungen der Agenten; ingleichen der Hebammen, Barbiere, Wa-
scherinnen, Lohnbedienten und aller derjeuigen Personen, welche aus der Leisiung
gewisser Dienste und Handreichungen ein Gewerbe machen;
die dorderungen der Post= und anderer Transportanstalten, der Frachtfuhrleute,
Lohnkurscher, Boten und Pferdeverleiher an Postporto, Briesträgerlohn, Fracht-
geld, Fuhrlohn, Votenlohn und Pferdemiethe, sowie hinsichtlich der beim Waaren-
und Personaltransporte gehabten Auslagen;
!2
—J
Ausgegeben den 4. Juni 1856. 15
82
4) die Forderungen der Gast-Schenk= und Speisewirthe für Wohnung, Bekoͤstlgung
und fonstige für ihre Gäste bestrittene Bedürfnisse und Auslagen, ingleichen
5) die Forderungen derer, welche bewegliche Sachen verleihen, wegen des Leihgeldes
für den Gebrauch derselben;
6) die Forderungen der öffentlichen und Privat. Lehr- und Erziehungs= sowie Pen-
sions- und Verpflegungs-Anstalten aller Art für Unterhalt, Unterricht, Exzieh-
ung, Mlege und allen sonstigen mit dem Zwecke der Anstalt in Verbindung ste-
henden Aufwand;
7) die Forderungen der öffentlichen und Privat-Lehrer hinsichtlich ihrer Honorare;
8) Forderungen der Lehrherren und Lehrmeister hinsichtlich des Lehrgelds und ande-
rer im Lehrverkrage bedungener Vortheile;
9 rückständiger Unterhalt und rückständige Auszugsleistungen;
10) Ansprüche der Fabrikarbeiter, Handwerksgesellen, Tagelöhner und anderer Hand-
arbeiter wegen rückständigen Arbeitslohnes;
11) die Ansprüche der Haus= und Wirthhschaftsoffizianten, der Hauslehrer, Handlungs-=
gehülfen, Privatkopisten und des Gesindes an Gehalt, Lohn und anderen Dienst-
bezügen;
12) die Forderungen öffentlicher Behörden aller Art an rückständigen Gebühren und
Verlägen, ingleichen die Geschäftsforderungen der Advokaten und Notare, sowie
der Aerzte und Chirurgen;
13) die Forderungen der Kirchen= und Schuldiener an Stol= und sonstigen Accidenz=
Gebühren.
8. 2.
Rückstände von direkten und indirekten, dem Staate, den Kirchen und anderen ju-
ristischen und Privat-Personen, zuständigen Abgaben, Zehnten, Zinsen, Leibrenten und
anderen Renten, ingleichen an Kapitalzinsen, Mieth= und Pachtgeldern, Pensionen, Be-
soldungen und anderen terminlichen Leistungen, welche nicht als Theilzahlungen eines
Kapitals anzusehen sind, unterliegen zwar, insofern nicht für einzelne derselben durch be-
sondere Gesetze oder Statuten eine andere Verjährungszeit eingesührt ist, der ordentlichen
Verjährung von 31 Jahren 6 Wochen und 3 Tagen, es wird aber bei allen diesen Ab-
gaben und Prästationen durch Produktion der Quittungen über drei auf einander fol-
gende Jahre zu Gunsten des Schuldners die Rechtsvermuthung begründet, daß dieselben
auch auf die früheren Jahre entrichet, bezüglich geleistet seien.
C. 3.
Die Verjährung beginnt bei den unter Nr. 11 genannten Ausprüchen mit der Be-
endigung des Dienstverhälmmisses, aus welchem sie entstanden sind.
83
Bel allen anderen oben genannten Ansprüchen ist der Ankang von dem Schlusse
des Jahres an zu rechnen, in welchem dieselben gesordert werden konnten.
Bezieht sich die Forderung eines Arztes oder Wundarztes auf elne bestimmte Kur,
so wird der Schluß desjenigen Jahres angenommen, in welchem ihre ärztliche oder wund-
irztliche Beihülfe sich endigte. Bel Gebühren und Verlagsansprüchen der Advokaten für
Vertretung oder Beistand in Prozessen wird die Verjährung von dem Schlusse des Jah-
res an gerechnet, wo die Streilsachen, auf welche sich die Forderung beziehr, durch Rechts-
kraft der richterlichen Entscheidung oder durch Vergleich erledigt oder die Vollmachten er-
loschen sind.
8. 4.
Die durch dieses Geseß eingefuͤhrie Verjährung wird unterbrochen:;
äk) durch förmliche Klaganstellung oder sonstige Geltendmachung der Forderung im
Prozeß. Ueber die Zeit der Unterbrechung entscheidet das Präsentat der Klage
oder der betreffenden Prozeßabschrift bezüglich der Tag der Abfassung des be-
meffenden Gerichtoprotokolls;
h) durch eine, bei dem zuständigen Gerichte mündlich oder schriftlich angebrachte
Anzeige, mit dem Gesuche um einc, darauf von dem Nichter an den Schuldner
zu erlassende schriftliche Notisifation, in welcher, daß die Verjährung des An-
spruchs unterbrochen sei, zu bemerken ist.
Diese Anzeige muß enthalten:
Namen, Stand und Wohnort des Schuldners, die deutliche Bezeichnung des
Grundes und Gegenstandes des Anspruchs, die genaue Angabe des Geldbetrages
oder Werthes der Forderung und das bereits erwähnte Gesuch.
) Bei Ansprüchen, welche sich zur sofortigen exekutivischen Beitreibung cignen,
durch den, bei dem zuständigen Gerichte eingebrachten Antrag auf eine, an den
Schuldner zu erlassende Zahlungsauflage;
4) durch mündliches Anerkenntniß, Zahlungsversprechen, oder Vergleich, wenn diese
aie * Gericht geschehen sind und ein Protokoll darüber aufgenommen wor-
e) goh d. Ausstellung eines i Schuldbekenntnisses.
8. 5
Die im 8. 4. unter a, b, e gedagten Arten der Unterbrechung der Verjährung
bewirken das Fortbestehen des Klagrechto auf anderweite drei Jahre, vom Tage der Un-
terbrechung oder, wenn ein gerichtliches Verfahren stantgesunden hat, von der lehten darin
vorgenommenen Handlung des Gerichts oder einer Partei an gerechnet.
6
Ist jedoch wegen eines, der dreijährigen Verjährung unterworfenen Anspruchs rechis-
84
kraäͤftige Verurtheilung elngetrelen, oder ist dle Verjaͤhrnng auf die in 8. 4. unter d und e
angegebene Weise unterbrochen worden, so unterliegt der Anspruch nur der ordentlichen
Verjährung von 31 Jahren 6 Wochen und 3 Tagen.
8. 7.
Eine dem Hauptschuldner gegenüber eingetretene Unterbrechung der Verjährung eines
solchen Anspruchs kann gegen den Bürgen nur dann geltend gemacht werden, wenn sie
bei oder schon vor der Verbürgung statngesunden hat und solches dem Bürgen bei der-
selben bekannt gewesen ist, oder wenn bei Unterbrechung der Verjährung auf die in
E. 4. unter a, b# c angegebene Weise der Gläubiger zugleich den Antrag auf Benach-
richtigung des Bürgen von der geschehenen Unterbrechung der Verjährung gestellt hat.
8. 8.
Wenn der Schuldner nach Ablauf der Verjährungsfrist die Forderung, oder einen
Theil derselben, noch bezahlt, so kann er nicht das Gezahlte unter dem Anführen, daß
er von dem Ablaufe der Verjährung keine Kenntniß gehabt habe, zurückfordern.
8. 9.
Auch zur Kompensation können die in §. 1. gedachten Anspruͤche nicht mehr benußt
werden, wenn zu der Zeit, wo die Kompensalion eingetreten sein würde, die Forderung
bereits verjährt war.
8. 10.
War bei Publikation dieses Geseßes ein nach demselben der Verjährung binnen
drei Jahren unterliegender Anspruch bereits fällig und, was die Aufprüche §. 1. unter 11
anlangt, das betreffende Dienstverhältniß bereits beendigt, so ist die dreijaͤhrige Frist
vom Schlusse des Jahres 1856 an zu rechnen.
Reicht jedoch zur Vollendung der bereits angefangenen Verjährung nach den zeit-
berigen gesezlichen Bestimmungen eine kürzere Frist aus, als in diesem Gesehe bestinmt
worden, so hat es bei jener kürzeren Frisi sein Bewenden.
Urkundlich haben Wir das gegemwärtige Geseyx Höchsteigenhändig vollzogen und
Unser Landesfärstliches Insiegel vordrucken lassen.
Schloß Osterstein, den 24. Mai 1856.
v. Geldern.
2) Ministerial-Bekanntmachung, die Anmeldung von Todesfällen, wodurch Unmündige verwaist
en, betr.
Mit Höchsier Landesherrlicher Genehmigung wird auf Veranlassung eines bei dem
jebt versammelten Landtage gestellten Antrags unter Auedehnung einer bereits in cinem
Tbeile des Landes bestehenden Einrichtung auf das gesammte Fürstenthum, Nachstchendes
verorduct:
1.
Von jedem Todesfalle eines Familienvaters, der ein oder mehrere Kinder von dem
Alter unter 21 Jahren hinterläßt, ingleichen wenn eine Wittve oder eine Mutter un-
ehelicher Kinder unter Hinterlassung eines oder mehrerer unmündiger Waisen verstirbt,
ist der Ortsgeistliche, in dessen Parochic der Verstorbene gewohnt hat, der Gerichtsbehörde
davon ungesäumt Anzeige zu machen, verpflichtet.
Im Unterlassungsfalle tritt eine Ordnungsstrafe von füuf Thalern ein.
2.
In die Anzeige ist aufzunehmen
1) der Taufname der Unmündigen;
2) deren Geburtstag;
3) Vor= und Zuname, sowie Wohnort der Eltern;
4) Todestag derselben.
3.
Für den Geistlichen ist wegen jeder solchen erstattetjen Anzeige von der Gerichts-
und Vormundschaftsbehörde, nokorische Armuthsfälle ausgenommen, eine Gebühr von
fünf Silbergroschen zu liquidiren, einzuheben und an denselben zu verabfolgen.
Die im Fürstenthum Lobenstein-Ebersdorf wegen desselben Gegenstandes unter dem
4. November 1846 ergangene Verfügung tritt hiermit auher Krast.
Gera, am 23. Mai 1856.
Fürstlich Reuß- Wlaulcchs Ministerium.
v. Ge 1d ern.
Echlid.
87
Gesetzsammlung
für die
Fürstlich Reußischen Lande jungerer Linie.
No. 192.
Ministerial--Bekanntmachung, den mit Mexiko abgeschlossenen Handels= und Schifffahrts-
Vertrag betr.
Nachdem zwischen Preußen und den übrigen Staaten des deutschen Zoll= und Han-
dels-Vereins einerseits und der Republik Mexiko andererseits ein Handels= und Schif-
sahrts-Verkrag abgeschlossen und gegenseitig ratifizirt worden ist; so wird dieser Vertrag
in deutschem Texte nachsichend zur öffentlichen Kenntniß gebracht, zugleich mit dem Be-
merken, daß in Gemäßbeit der zwischen den kontrahirenden Theilen bei Unterzeichnung
desselben getroffenen Abreden
1) die Worte im Artikel 42
„vorausgesetzt, daß eben dieselbe Gleichstellung von Schiffen und Waaren ir-
gend einer anderen begünstigtesten Nation gewährt werde“
sich nur auf den diesen Worten vorhergehenden Absatz von den Worten: „und die
Produkte“ ab bis zum Ende des Sages beziehen sollen; und
2) die Worte im Artikel 14:
„und zum lokalen Schuße des Handels an den Orten ihres Aufenthaltes“
den Sinn haben sollen, daß den im Gebiete der kontrahirenden Theile refidirenden Kon-
sular-Agenten jedes Ranges und besonders denen, welche zugleich Handel treiben, keine
andere Vertretung oder Einmischung, als die unumgängliche bei den Lokalbehörden ihres
bezüglichen Ausenthaltes gestattet, die Vertretung aber bei der Regierung des betreffenden
Landes den diplomatischen Agenten vorbehalten wird.
Gera, den 29. Mai 1856.
Fürstlich Reuß-Plauisches Ministerium.
v. Geldern.
. Franke.
Ausgegeben den 11. Juni 1856.
88
Im Namen der hochheiligen Dreieinigkeit.
Nachdem die Erfahrung und die gegenseitigen Handelsbedürfnisse zwischen den Kö-
nigreichen Preußen und Sachsen einerseits und der Republik Mexiko andererseits die
Nothwendigkeit einer Erneuerung der im Jahre 1831 von ihnen abgeschlossenen Ver-
träge und ihrer Ausdehnung auf diejenigen souweränen Staaten des Deutschen Zollver-
eines, welche noch in keinen Vertragsverhältnissen mit Mexiko stehen, dargethan haben,
hat es nüglich erschienen, die gegenseitigen Interessen vermittelst eines neuen, jene sou-
veränen Deutschen Staaten mitumfassenden Freundschafts-, Handels= und Schifffahrts-
Vertrages zu erweitern und zu befestigen.
Zu dem Ende haben zu Ihren Bevollmächtigten ernannt:
Seine Majestät, der König von Preußen sowohl für Sich, als in Vertretung
der nachbenannten sonveränen Länder= und Landestheile: des Großberzogthumes
Luxemburg, der Großherzoglich Mecklenburgschen Enklaven Rossow, Nepeband und
Schönberg, des Großherzoglich Oldenburgschen Fürstenthumes Birkenfeld, der Her-
zogthümer Anhalt-Dessau-Köthen und Anhalt-Bernburg, der Fürstenthümer Waldeck
und Pyrmont, des Fürstenthumes Lippe, des Landgräflich Hesüschen Oberamtes Mei-
senheim, sowie der folgenden Mitglieder des Deutschen Jollvereines: der Krone
Bayern, der Krone Sachsen, der Krone Württemberg, des Greßherzogthumes Ba-
den, des Kurfürstenthumes Hessen, des Großherzogthumes Hessen, zugleich das Land-
gräflich Hessische Amt Homburg vertretend; und der folgenden, dem Thüringschen
Joll- und Handelo-Vereine angehörigen Staaten: des Großherzogthumes Sachsen,
der Herzogthümer Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg und Sachsen-Koburg und
Gotha, der Fürstenthümer Schwarzburg-Rudolstadt und Schwarzburg-Sondershau-
sen, Reuß-Greiz und Reuß-Schleiz, des Herzogthumes Braunschweig, des Herzog-
thumes Oldenburg, des Herzogthumes Nassau undder freien Stadt Frankfurt:
den Herrn Emil Karl Heinrich Freiherrn von Nichthofen, Allerhöchst-
ihren geheimen Kriegerath und Minister-Residenten bei Seiner Durchlauchtigen
Hoheit, dem Präsidenten der Republik Mexiko, Ritter des rothen Adlerordens
drilter Klasse mit der Schleise, Kommandeur erster Klasse des Königlich Sächsi-
schen Ordens Alberts des Beherzten und des Herzoglich Braunschweigschen Or-
dens Heinrichs des 25wen und Komthur des Mexikanischen ausgezeichneten Gua-
dalupe-Ordens,
und
89
Seine Durchlauchtige Hobeit, der General--Präsident der Republik
Mexiko:
Seine Excellenz den Herrn Dr. Don Manuel Diez de Vonilla, Höchstih-
ren Staats-Minister und Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Großkrenz
des National= und ausgezeichneten Guadalupe-Ordens, Vize-Präsident des Staats=
rathes, Inhaber der erslen Klasse der Finanz-Medaille, Ehrenmitglied des ober-
sten Justiz-Tribunals und frühern bevollmächtigten Minister bei mehren Natio-
nen u. s. w. u. s. w.
welche, nachdem sie sich gegenseitig ihre Vollmachten mitgetheilt uud selbige in guter und
gehöriger Form besunden haben, über folgende Artikel übereingekommen sind:
Artikel 1.
Es wird zwischen Ihren Majestäten, Königlichen Hoheiten, Hoheiten und Durch-
lauchten, den Souveränen der kontrahirenden Deutschen Staaten, und dem hohen Senate
von Frankfurt, sowie den Unterthauen und Bürgern derselben einerseits, und zwischen
Seiner Durchlauchtigen Hoheit, dem Präsidenten der Republik Mexiko und ihren Bür-
gern andererseits beständige Freundschaft bestehen.
Artikel 2.
Zwischen den Bewohnern der kontrahirenden Länder wird eine gegenseitige Ver-
kehrs= und Handels-Freiheit Statt finden; dieselben werden vollkommen Freiheit und
Sicherheit genießen, um zu relsen und sich mit ihren Gütern, Schiffen und Ladungen
nach allen Orten, Häsen und Flüssen oder nach jedem anderen Punkte zu begeben, wo
Fremden gegenwärtig der Zugang gestattet ist, oder in Zukunst gestattet werden wird.
Desgleichen sollen die Kriegsschiffe beider Theile gegenseitig die Besugniß haben,
ohne Hinderniß und sicher in allen Häfen, Flüssen und Orten zu landen, wo den Kriegs-
schiffen anderer Nationen das Einlaufen gegenwärtig gestattet ist, oder künftig wird ge-
stattet werden, jedoch mit Unterwerfung unter die daselbst bestehenden Gesetze und Ver-
ordnungen.
Unter der Befugniß zum Einlaufen in die im gegenwärtigen Artikel erwähnten
Orle, Häsen und Flüsse ist das Recht, die mitgebrachte Ladung theilweise in verschiedenen
Hifen für den Hamdel zu löschen (comercio de escala) und das Recht, an einem Kü-
stenpunkte Güter einzunehmen und sie nach einem anderen Küstenpunkte desselben Gebietes
zu verführen (cabotoge) nicht #nbegriffen.
Artikel 3.
Die sedem der kontrahirenden Theile zugehörigen Schiffe sollen in bem Geiete des
1 ½
90
anderen Theiles hinsichtlich der Lasten- oder Tonnen-Gelder, der Leucht--, Hafen-, Loot-
sen-, Quarantaine-Gelder, ferner des Bergelohnes im Falle von Havarie oder Schiff-
bruch, seowie hinsichtlich anderer ähnlichen, seien es allgemeine oder örtliche Lasten, keinen
anderen oder höheren Abgaben unterworfen werden, als denen, welche die nationalen
Schiffe dort gegenwärtig entrichten oder künftig entrichten werden.
Artlkel 4.
Es sollen in den Mexikanischen Häfen für die Einfuhr und Ausfuhr von was im-
mer für Waaren auf Schiffen der kontrahirenden Deutschen Sraaten und ebenso in den
letzteren für die Einfuhr und Ausfuhr von was immer für Waaren auf Mexikanischen
Schiffen keine anderen oder höheren Abgaben erhoben werden, als diesenigen, welche von
denselben Waaren erhoben werden, wenn solche auf National-Schiffen eingeführt werden;
und die Produkte und Waaren Mexikanischen Ursprunges, eingeführt auf nicht Mexika-
nischen Schiffen, sofern nach den bestehenden Gesetzen deren Einfuhr erlaubt ist, sollen
angesehen und behandelt werden, als wären sie eingeführt auf Mexikanischen Schiffen,
ebenso wie die Produkte und Waaren mit Ursprung aus den kontrahirenden Deutschen
Staaten, sofern nach den bestehenden Gesetzen deren Einfuhr erlaubt ist, eingeführt in
den Häfen von Mexiko auf nicht diesen Staaten zugehörigen Schiffen so angesehen und
behandelt werden sollen, als wären sie auf Schifsen dieser Staaten eingeführt, voraus-
gesett, daß eben dieselbe Gleichstellung von Schiffen und Waaren irgend einer anderen
begünstigtesten Nation gewährt werde.
Jede Waarc, welche für ihren Konsum oder Durchgang gesehlich auf den Schiffen
der begünstigtesten Nation in die Häfen der kontrahirenden Theile eingeführt, oder von
dort ausgeführt werden darf, soll in gleicher Weise gegenseitig auf Schissen der beiden
kontrahirenden Theile eingeführt und ausgeführt werden dürfen, was auch immer ihr Ur-
sprung, ihre Bestimmung oder der On sei, von dem fie ausgeführt wird.
Artikel 5.
Die beiden kontrahirenden Theile sind übereingekommen, gegenseitig als Schiffe der-
selben diesenigen anzusehen und zu behandeln, welche als solche in den Ländern und
Staaten, denen sie angehören, zufolge der dort bestehenden oder künftig noch ergehenden
Gesehe und Besiimmungen — von welchen Gesetzen und Bestimmungen ein jeder Theil
dem anderen zur gehörigen Jeit Mittheilung machen wird — anerkannt sind; voraus-
gesept, daß die Führer jener Schiffe deren Nationalität durch Seebriese, welche in der
gebräuchlichen Form abgesaßt und mit der Unterschrift der betreffenden heimathlichen Be-
hörde versehen sind, nachzuweisen im Stande sind.
91
Artikel 6.
Es sollen in den kontrahirenden Deutschen Staaten auf die Merlkanischen Erzeug-
nisse des Bodens und des Zunüfleißes und ebenso in Meriko auf die Erzeug-
nisse des Boden= und des Kunüifleißes der kontrahirenden Deutschen Staaten keine an-
deren oder höheren Eingangs= oder Durchgangsabgaben, als diejenigen, welche von an-
deren Nationen für dieselben Gegenstände gegenwärtig zu entrichten sind, oder künftig
zu entrichten sein werden, gelegt, auch soll derselbe Grundsay hinsichtlich der Ausfuhr
beobachtet werden.
Ingleichen soll bei Gegenständen des gegenseitigen Handels der beiden kontrahiren-
den Theile kein Einfuhr= und Ausfuhrverbot Statt finden, welches nicht gleichmäßig auf
alle andere Nationen erstreckt wird.
Artikel 7.
Die beiden bohen kontrahirenden Theile erkennen als ein unveränderliches Prinzip
an, daß die Flagge die Waare deckt, das beißt, daß die Essekten und Waaren, welche
Bürgern und Unterthanen einer Macht gehören. welche sich im Kriege besindet, frei von
der Wegnahme und Konfiskation ind, wenn sie sich am Bord neutraler Schiffe befinden,
ausgenommen die Kriegs-Kontrebande, und daß das Eigenthum der Neutralen, welches
sich am Vord eines feindlichen Schisses befindet, Kriego-Konmebande ausgenommen, der
Konsiskation nicht unterliegen soll.
Artikel 8.
Alle Handeltreibende, Schiffs-Patronc und andere Unterthanen der kontrahirenden
Deutschen Staaten sollen in der Republik Mexiko vollkommene Freiheit haben, sich dort
aufzuhalten, Häuser und Magazine zu miethen oder zu kaufen, zu reisen, Handel zu
treiben, Produkte, Metalle und Münzen zu verführen und ihre eigenen Geschäfte entwe-
weder selbst zu betreiben, oder deren Führung nach Gutbesinden einem Anderen, er sei
Kommissionär, Kourtier, Agent oder Dollmetscher, anzuvertrauen, ohne hezwungen zu
sein, zu diesem Behufe andere Personen, als diejenigen, deren die Inländer sich bedie-
nen, zu gebrauchen, oder dasür mehr Lohn oder Vergütung zu entrichten, als die In
länder enrrichten, jedoch Alleo dieses unter Unterwerfung unter die bezüglichen Landes-
hesetze und Verordnungen der kontrahirenden Theile.
Desgleichen soll es jedem Verkäufer oder Käufer vollkommen sreistehen, in allen Fil-
len, unter Beobachtung der Gesetze und Gebräuche des Landes, den Preis der einge-
führten oder auszuführenden Waaren jeder Art nach Belicben zu bestimmen und feützu-
sehen
Die Mexikanischen Vuͤrger sollen derselben Vortheile und unter gleichen Bedingung-
en in den kontrahirenden Deutschen Staaten theilhaftig sein.
92
In der Befugniß, Waaren im Großen einzufuͤhren und zu verkaufen, isi diejenige,
Gegenstände der Kriegs-Kontrebande, oder andere durch die beiderseitigen Tarise verbo-
tene Waaren einzuführen oder zu verkaufen, nicht inbegriffen.
Obgleich durch gegenwärtigen Artikel die Bürger und Unterthanen jedes der kon-
trahirenden Theile nur den Grohhandel betreiben dürsen, so sind dieselben doch dahin
übereingekommen, sie auch gegenseitig zum Kleinhandel unter denjenigen Bedingungen
zu verstatten, nach welchen die bezüglichen Gesetze und örtlichen Verordnungen dieses für
die Angehörigen der begünstigtesten Nation zulassen.
Artikel 9.
In Allem was die Hafen-Polizei, auf Ladung und Löschung der Schiffe und auf
Sicherung der Waaren Bezug hat, sollen die Unterthanen und Bürger der kontrahiren.
den Theile gegenseitig den Gesehen und Lokal-Verordnungen des Landes, wo sie sich
aufhalten, unterworfen sein.
Besagte Unterthanen und Bürger sollen von jedem unfreiwilligen militärischen Dien-
ste zu Wasser und Lande srei sein, aber nicht vom Polizei-Dienste in den Fällen, in
welchen für die Sicherheit des Eigenthumes und der Personen ihre Hülfe und lediglich
für die Zeit dieses dringenden Bedürfnisses nöthig sein möchte; kein gezwungenes Aule-
hen soll auf sie besonders gelegt, und ihr Eigenthum soll keinen anderen Lasten, Requi-
sitionen und Auflagen unterworsen werden, als denen, welche von den Inländern selbst
gefordert werden.
Artikel 10.
Die Unterthanen und Bürger der kontrahirenden Theile sollen gegenseitig für ihre
Personen, ihre Häuser und Güter des vollständigsten und unveränderlichsten Schutzes ge-
nießen. Sie sollen zur Verfolgung und Vertheidigung ihrer Gerechtsame freien und
leichten Zugang vor den Gerichtshöfen haben, sich der Advokaten, Prokurakoren oder
Agenten, welche zu erwählen sie angemessen finden, frei bedienen dürfen und überhaupt
in Angelegenheiten der Rechtspflege, sowie in Allem, was die testamentarische oder an-
dere Erbsolge in persönliches Vermögen, ingleichen was die Befugnih, über persönliches
Vermögen durch Verkauf, Schenkung, Tausch, letzwillige Besiimmung oder auf irgend
eine andere Weise zu verfügen, anbelangt, mit den Eingebornen des Landes, wo sie sich
aufhalten, gleiche Prärogative und Freiheiken haben und in keinem dieser Fälle oder
Verhältnisse stärkeren Auflagen und Abgaben unterworsen werden, als es die Eingebor-
nen sind.
Dieser Schuß der Personen schließt das Recht nicht aus, welches die Regierungen
der beiden kontrahirenden Theile besizen, um in dem Territerium derselben diejenigen
93
Personen nicht zuzulassen, oder aus demselben audzuweisen, welche nach ihrer nolorischen
Vergangenheit und üblem Verhalten gefährlich für den Frieden, die oͤffentliche Ordnung
und die guten Sitten, nach dem Urtheile der obersten Behörden in dem Gebiete der
kontrahirenden Theile erscheinen.
Wenn durch den Ted einer Person, die in dem Gebiete eincs der kontrahirenden
Theile Grundstüücke besipt, diese Grundstücke nach den Landesgesehen einem Bürger oder
Umerthau des anderen Theiles etwa zufallen, dieser aber, wegen seiner Eigenschaft als
Fremder, sie zu besiypen nicht fähig sein sollte, so soll ihm eine angemessene Frist bewilligt
werden, um dieselben zu verkaufen und den Ertrag davon ohne Hinderniß und frei von
allem Abzuge von Seiten der Regierung des betreffenden Staates zu beziehen.
Artikel 11.
Die in der Republik Mexiko befindlichen Unterthanen der kontrahirenden Deutschen
Staaten sollen auf keine Weise wegen ihrer Religion belästigt oder beunruhigt werden,
vorausgeseg, daß sie die Religion, sowie auch die Verfassung, die Gesetze und Gebräuche
des Landes achten; dieselben sollen des schon durch die früheren Verträge mit den Ks-
nigreichen Preußen und Sachsen bewilligten Vorrechtes genießen, die in der genannten
Nepublik mit Tode abgehenden an den hierzu bestimmten Orten beerdigen zu dürfen und
weder die Beerdigungefeierlichkeiten noch die Gräber sollen Iin keinerlet Art und unter
keinem Vorwande gestört oder beschädigt werden.
Falls diese Konzession in Zukunft bis zu einer gänzlichen oder theilweisen Toleranz
für Nicht-Katboliken ausgedehnt werden sollte, so sind in dieser Ausdehnung ohne Wei-
teres auch die Deutschen Unterthanen einbegriffen.
Die kontrahirenden Deutschen Staaten gestatten in ihrem Territorium den sich da-
selbst aufhaltenden Mexikanischen Bürgern die öffentliche Ausübung ibrer Religion, so-
wohl in den hierzu bestimmten Kirchen, als in ihren Wohnungen.
Artikel 12.
Im Kriegsfalle sollen die Angehörigen der beiden kontrahirenden Theilc, welche im
Gebiete des anderen angesessen sind, ihre Beschäftigungen und ihren Handel ohne irgend
ein Hinderniß forlseten dürfen, so lange sie sich friedlich benehmen und sie sich dieser
Gunst durch keine, den Interessen des Landes, in dem sie sich aukhalten, nach dem Ur-
theile der höchsten Behörden desselben, zuwiderlaufende Handlung unwürdig machen.
Ihr Eigenthum, sei es welcher Art es wolle, darf weder mit Beschlag belegt, noch
sequestrirt werden, noch dürsen ihnen andere Auflagen und Steuern aufgelegt werden,
als den Inländern.
Ingleichen dürfen Privat-Schuldforderungen, öffentliche Fonds oder Gesellschafts-
Aktien nicht mit Beschlag belegt, seguestrirt oder konsiszirt werden.
94
Artikel 13.
Sollte der Fall eintreten, daß einer der kontrahlrenden Thelle mit irgend einer
Macht, Nation rder irgend einem Staate im Kriege wäre, so dürsen die Unterthanen
oder Bürger des anderen Theiles ihren Handel und ihre Schifffahrt mit eben diesem
Staate fortsetzen, ausgenommen mit den Städten oder Häfen, welche zur See oder zu
Lande blockirt oder belagert wären.
Aus Rücksicht jedoch auf die Entfernung der bezüglichen Länder der beiden kontra-
birenden Theile und auf die daraus hervorgehende Ungewißheit über die möglicherweise
sattindenden Begebenheiten ist verabredet worden, daß ein, dem einen von ihnen zuge-
börendes Handelsschiff, welches nach einem zur Zeit seiner Abfahrt voraussehlich blockir-
ten Hafen bestimmt ist, dennoch nicht wegen eines ersten Versuches, in den fraglichen
Hasen einzulaufen, genommen oder verurtheilt werden soll; es sei denn, daß bewiesen
werden könnte, dah gedachtes Schiff während der Fahrt die Fortdauer der Blockade habe
in Erfahrung bringen können und müssen; dagegen sollen diejenigen Schiffe, welche, nach-
dem sic bereits einmal zurückgewiesen worden, es während derselben Reise zum zweiten
Male versuchen sollten, in denselben blockirten Hafen während der Forkdauer dieser Blockade
einzulaufen, der Anhaltung und Kondemnation untenvorfen sein. Es verseeht sich, daß
in keinem Falle der Handel mit Gegenständen, welche für Kriegs-Kontrebande gelten,
erlaubt sein soll; zum Beispiel mit Kanonen, Mörsern, Gewehren, Pistolen, Granaten,
Zündwürsten, Laffetten, Wehrgebängen, Pulver, Salpeter, Helmen und anderen zum Ge-
brauche im Kriege verfertigten Werkzeugen irgend einer Art.
Artikel 14.
Jeder der kontrahirenden Theile soll bei dem anderen diplomatische Agenten jedes
beliebigen Ranges und zum lokalen Schutze des Handels au den Orten ihres Aufent=
halres, Konsulen, Vize-Konsulen und Konsular-Agenten ernennen dürfen, welche in dem
Gebiete des anderen residiren.
Bevor aber irgend ein Konsular-Beamter seine konsularischen Funktionen ausüben
darf, muß derselbe von demjenigen Gouvernement, in dessen Gebiete er residiren soll, in
bergebrachter Form anerkanut und zugelassen worden sein. Jedoch behalten die kon-
nabirenden Theile sich das Recht vor, von der Niederlassung der Konsulen diesenigen
einzeluen Punkte auszunehmen, woselbst sie es nicht für angemessen erachten, selbige zu-
zulassen oder zu behalten, vorausgesett, daß sich dieses allgemein auf alle dortige Kosular=
Meeuten bezieht.
Die diplomatischen Agenten und Konsulen Mexiko's in den kontrahirenden Deutschen
Staaten werden aller derjenigen Prärogative, Freiheiten und Vorrechte theilhaftig sein,
welche den im gleichen Range stehenden Agenten der begünstigtesten Nation zustehen oder
95
in Zukunft eingeräumt werden möchten; und umgekehrt werden im Geblete von Mexiko
die diplomatischen Agenten und Kousulen der kontrahirenden Deutschen Staaten dieselben
Prärogative, Freiheiten und Vorrechte geniehen, welche den Mexikanischen diplomatischen
Acenten und Konsulen in den kontrahirenden Deutschen Staaten zustehen, oder noch zu-
gestanden werden möchten.
Doch sollen die Konsulen, welche zugleich Handel treiben, in dieser Esgenschaft ledig-
lich den Gesetzen des Landes, in welchem sie rediren, unterworfen sein.
Die beiderseitigen Konsulen, Vize-Konsulen und Konsular-Agenten sollen bei dem
Absterben eines ihrer Nakionalen berechtigt sein, auf Ansuchen der betheiligten Parteien
oder auch von Amtswegen, den von der kompetenten Behörde auf die Effekten, Meu-
beln und Papiere des Verstorbenen gelegten Siegeln die ihrigen hinzuzusügen, in wel-
chein Falle diese doppelten Siegel nicht anders als im gemeinschaftlichen Einverständnisse
gelöset werden können. Dieselben werden der bei Abnahme der Siegel erfolgenden In-
ventarisation des Nachlasses beiwohnen und es soll ihnen durch die bekreffende Behörde
elne Abschrift, sowohl des Inventars, als der ctwa hinterlassenen letztwilligen Disposition
des Verstorbenen ertheilt werden. Wenn die Konsulen, Vize-Konsulen und Konsular=
Agenten von Seiten der gehörig legitimirten Erben mit Vollmacht in geseplicher Form
versehen sind, so soll ihnen der Nachlaß sofort ausgeliefert werden, den Fall der Einsprache
eines einheimischen oder fremden Gläubigers ausgenommen.
Die Konsulen, Vize-Konsulen und Konsular-Agenten sollen als solche das Recht
haben, bei Streiligkeiten zwischen den Kapitänen und der Mannschaft von Schiffen der-
jenigen Nation, deren Interessen sie wahrnehmen, als Schiedsrichter zu dienen, ohne daß
die Lokal-Behörden einschreiten dürfen, sofern nicht das Betragen des Kapitäns oder der
Mannschaft etwa die Ordnung oder Ruhe des Landes stört, oder wenn nicht die Kon-
sulen, Vize-Konsulen oder Konsular-Agenten zur Ausführung oder Aufrechthaltung ihrer
Entscheidungen das Einschreiten jener Behörden nachsuchen; jedoch versteht es sich bier-
bei, daß diese Art von Entscheidungen oder schiedörichterlichen Aussprüchen die streitenden
Partelen nicht des ihnen zustehenden Rechtes beraubt, nach ihrer Heimkehr den Rekurs
an die Gerichtsbehörden ihres Landes zu ergreifen.
Die gedachten Konsulen, Vize-Konsulen und Konsular-Agenten sollen ermächtigt sein,
zum Zwecke der Ausmittelung, Ergreifung, Festnahme und Verhaftung der Deserkeure
von Kregs= und Handels-Schifsen ihres Landes den Beistand der Ortsbehörden anzu-
rufen; sie werden zu dem Ende an die konwetenten Gerichtsbehörden, Richter und Beamte
sich wenden und die erwähnten Deserteure schristlich reklamiren, wobei sie durch Mitthei-
lung der Schifferegister oder Musterrollen, oder durch andere amtliche Dokumente den
Beweis zu führen haben, daß diese Individuen zu der betressenden Schiffmannschaft ge-
hört haben, nach welcher Bewelsführung die Auslieferung nicht werwigen werden soll.
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Solche Deserteure sollen nach ihrer Erhreisung zur Disposition der Konsulen, Vize-
Konsulen und Konsular-Agenten gestellt, können auch auf Ansuchen und Kosien des re-
klamirenden Theiles in den öffentlichen Gefängnissen festgehalten werden, um sodann den
Schiffen, denen sie angehörten, oder anderen Schiffen derselben Nation zugesendet zu
werden; würde aber diese Uebersendung nicht binnen dreier Monate, vom Tage ihrer
Verhasftung an gerechnet, erfolgen, so sollen sie in reiheit gesetzt und wegen derselben
Ursache nicht wieder verhaftet werden dürfen.
Sollte der Deserteur irgend ein Verbrechen oder Vergehen in dem Lande, in wel-
chem er festgenommen wird, begangen haben, so kann seine Auslieferung ausgesetzt wer-
den, bis der betreffende Gerichtshof sein Urtheil ausgesprochen und dieses vollstreckt sein wird.
Wenn innerhalb des Seegebietes eines der kontrahirenden Theile, welches auf eine
Entfernung von vier Englischen Meilen vom Ufer festgesetzt wird, auf den Handesschiffen
irgend ein schweres Verbrechen oder Kontrebande begangen wird, so soll dieses durch die
Gerichte desjenigen Landes untersucht und bestrast werden, dem das betreffende Seegebiet
augehört.
Artikel 15.
Sollte einer der kontrahirenden Theile in der Folge anderen Nationen irgend eine
besondere Begünstigung in Beziehung auf Handel oder Schifffahrt zugesiehen, so soll diese
Begünstigung sofort auch dem anderen Theile mit zu Gute kommen, welcher derselben
ohne Gegenleisiung, wenn das Zugeständniß ohne eine solche erfolgt ist, oder aber unter
Gewährung derselben Vergeltung, an welche das Zugeständniß geknüpft ist, genießen soll.
Die Vereinbarung in diesem Artikel soll jedoch die Regierung der Republik Mexiko nicht
Pindern, besondere Vortheile und Freiheiten in Bezug auf Handel und Schifffahrt an
die neuen Staaten des amerikanischen Kontinents zu bewilligen, welche früher spanische
Kolonieen waren, mit Rücksicht auf die Gesühle gegenseitigen Wohlwollens, besonderer
Sympathie und politischer Konvenienz, welche natürlicherweise zwischen den gedachten
Nationen besiehen müssen; doch sollen solche Bewilligungen nicht gemacht werden dürfen,
ohne daß dieselben mit den übrigen Staaten, mit denen Meriko Verträge hat, die diesem
Vorbehalte entgegenstehen, vorher fest geregelt werden.
Artikel 16.
Beide Theile behalten allen Deutschen Staaten, welche in der Folge in den Deut-
schen Zollverein eintreten, das Recht vor, dem gegenwärtigen Vertrage beizutreten.
Artikel 17.
Gegenwärtiger Vertrag soll acht Jahre hindurch, angerechnet vom Tage der Nati-
97
sikationo-Auswechselung, gültig sein, und wenn zwölf Monate vor dem Ablause dieses
Zeilraumes keiner von den kontrahirenden Theilen dem anderen mittelst einer offiziellen
Erklärung seine Absicht, die Wirkung des Vertrages aufhören zu lassen, kund thun sollte,
so soll letzterer noch ein Jahr über diesen Zeitraum hinaus und so fortdauernd bis zum
Ablaufe von zwölf Monaten nach einer solchen Erklärung, zu welcher Zeit auch diese
erfolgen mag, verbindlich bleiben.
Artikel 18.
Der gegenwärtige Vertrag soll ratisizirt und die Ratisikationen in der Hanptsiadt
Meriko srätestens im nächsten Monat Dezember ausgetauscht werden.
Bis dahin bleiben die Verträge Mexiko's mit der Krone Preußen vom 18. Februar
1831 und mit der Krone Sachsen vom 4. Oktober desselben Jahres in Gültigkeit.
Zu Urkund dessen haben die oben genannten Bevollmächtigten den gegenwärtigen
Vertrag unterschrieben und mit ihren Wappen untersiegelt in der Hauptstadt Mexiko, am
zehnten Tage des Monats Juli des Jahres Eintausend achthundert fünf und fünfzig.
Gig.) Emil Carl Heinrich Freiherr von Nichthofen.
(L. 8.)
(ig.) Dr. Manuel Diez de Bonilla.
(L. S.)
Drucksehlerberichtigung.
In No. 19011 der Gesetzsammlung bog. 93 S. 4 sub a. des Gesetze) über Einführung einer kär-
zeren Verjährungöfrist für gewisse Jorderungen muh es austatt
„Prozehabschrif“
heißen:
„Prozebschrift“
99
Gesetzsammlung
für die
Fürstlich Reußischen Lande jüngerer Linie.
No. 193.
Nachdem es für zweckmäßig crachtet worden ist, das Regulativ wegen der La
her von ausländischem Weine und wegen der dem Grohßhandel mit frem-
dem Weine zu gewährenden Zollerleichterungen, welches im Amts- und Nach-
richtsklatte für das Fürstenthum Gera unterm 1.Oklbr. 1843 publizirt und später durch
die Nachtragsverordnung vom 22. August 1844 (Amts= und Nachrichtsblatt für das Für-
seenubum Gera Nr. 35 Jahrgang 1811) ergänzt worden isi, mit Rücksicht auf die neuer-
dings eingetretene Gleichstellung der vereinsländischen Nordseehäfen mit den Königlich
Preußischen Ostseehäsen beim unmittelbaren Weinbezug aus französischen Hafenplähen ei-
ner anderweiten Redaktion zu unterwerfen; so wird mit Höchster Genehmigung Serenis-
eimi das nach dem Muster der für das Königreich Preußen besiehenden Bestimmungen
neu redigirte Regulativ unter gleichzeitiger Aufhebung des älteren vom 1. Oktbr. 1843
und des zu diesem gehörigen Nachtrags vom 22. August 1814 in dem Nachstehenden zur
öffentlichen Kenntniß gebracht.
Gera, am 5. Juni 1856.
Fürstlich Reuß-Plauische Regierung.
v. Geldern.
Schlick.
Ausgegeben den 18. Juni 1656. 19
100
Regulativ
in Betreff
der dem Großhandel mit fremdem Wein zu
gewöhrenden Zollerleichterungen.
8. 1.
Als Wein-Großhändler wird von der Steuer-Verwaltung nur Derjenige anerkannt,
welcher den Weinhandel mit kaufmännischen Rechten betreibt, kaufmännische Bücher dar-
über führt, den Wein in größerer Menge für eigene Rechnung einbringt und forldauernd
eln Lager von fremdem Wein hält, dessen Umfang durch die in Anspruch genommenen
Zugeständnisse bedingt wird.
Diejenigen, welche mit Wein blos Speditions= und Kommissions-Geschäfte treiben,
können daher an den Bewilligungen dieses Regulativs eben so wenig, wie Weinschänker
und Gastwirthe Theil nehmen. Ist aber mit einer Weinhandlung, welche in einem, dem
Begriffe des Grohhandels entsprechenden Umsange betrieben wird, ein Weinschank oder
eine Gastwirthschaft verbunden, so wird dieselbe um deswillen von dem Genusse der für
den Großhandel bestimmten Erleichterungen nicht ausgeschlossen.
8. 2.
Die dem Großhandel mit fremdem Wein unter den weiter unten angegebenen Vor-
aussetzungen und Bedingungen zu gewährenden Erleichterungen bestehen:
1. für den zum Absatze innerhalb des Zollvereinsgebiets bestimmten Wein
u. in einem Erlasse am Eingangs-ZJolle, so wie
b. in einem fortlaufenden (eisernen) Zollkredit von einer besiimmten Menge
Wein durch Bewilligung eines Privat-Krediklagers, und
2. jür den zum Absahde in das Ausland bestimmten Wein in der Bewilligung ei-
nes Privat-Transitlagers.
8. 3.
Der Zoll-Erlaß beträgt entweder:
a) sechs und zwei Driktheil Prozent für Abgang und Auslaufen, oder
b) zwanzig Prozent für Abgang, Auslaufen, Einzehrung und Sap.
101
8. 4.
Der Zoll-Erlaß von 6 3/. Prozent (§. 3. a.) wird solchen Großhändlern, welche re-
gelmäßig ein Weinlager von mindestens 60 Oxhoft Wein überhaupt — sei es vereins-
ländischer (mit Einschluß des inländischen) oder fremder Wein, — oder von 25 Oxhoft
fremden Weins halten, dann gewährt, wenn sie gewöhnlichen Wein in einer Menge von
zehn Opxhoft, oder feinen Wein, alo: Kap-Malaga-Madeira= Muskat= Aeres-Wein
und alle andere Sorten Wein, welche belm Einkaufe einen höhern Werth, als Einhun-
dert und Funfzig Thaler für das Orhoft haben, in einer Menge von vier Ohoft ent-
weder aus dem Auslande einführen oder aus einer Packhofs-Niederlage beziehen.
S. 5.
Der Zoll. Erlaß von 20 Prozent (F. J. b.) wird denjenigen Großhändlern, welche
regelmäßig ein Weinlager von mindestens 120 Oxhosft Wein überhaupt — sei es ver-
einoländischer (mit Einschluß des inländischen) oder fremder Wein — oder von 50 Ox-.
hoft fremden Weins halten, daun bewilig, wenn sie auf einmal wenigstens zwanzig
Otbest Wein unmittelbar aus dem Laude des Ursprungs, und zwar:
u) unmiktelbar aus Spanischen, Französischen, Portugiesschen, Italienischen oder ent-
sermeren Häfen: entweder über die vereinsländischen Hafenplätze an der Ostsee
oder auf dem Rheine über Emmerich, auf der Elbe über Wittenberge, auf der
Weser über Minden, Rinteln oder Karlshafen und zu Lande über Aachen, Hei-
ligenstadt, Teistungen, Wigenhausen oder Braunschweig;
zu Lande aus Frankreich: über Luxemburg. Saarbrücken, Neuburg a. Rh., Kehl,
Alt-Breisach oder über das Haupt--Zollamt bei Schusterinsel;
aus der Schweiz: über das Haupt-Zollam bei Rheinfelden oder über Kadelburg,
Stuhlingen, Randegg, Konstanz, Ludwigshafen, Friedrichshafen oder Lindau, und
aud den Oesterreichischen Staaten: über Passau, Schärding am Thurm, Simbach,
Rosenheim, Mittenwald, Pfronken, Neu-Berun, Neustadt in Ober-Schlesien, Zit-
tau, Pirna oder Marienberg
einführen.
Auf Wein, welcher aus Packhofs-Niederlagen entnommen wird, findet die Bewillig-
ung nur dann Statt, wenn beim Eingange des Weins der Nachweis des unmittelbaren
Bezugs auo dem Lande des Ursprungs nach den Bestimmungen deo §F. 6 geführt wor-
den ist.
— S
S
—
8. 6.
Eines besondern Nachweises über den unmittelbaren Bezug des Weins aus dem
Lande des Ursprungs (§. 5) bedarf es dann nicht, wenn Französische Weine unmittelbar
19%
102
über die Grenze des Zollvereins gegen Frankreich, Schweizer Weine über die Grenze
hegen die Schweiz oder Ungarische und andere Oesterreichische Weine über die Grenze
hegen den Oesterreichischen Staat eingeführt werden.
Dagegen muß in allen anderen Fällen der unmittelbare Bezug des Weins durch
Vorlegung der Fakturen, Frachtbriefe oder Konnoissemente und nöthigen Falls der Kor-
respondenz und der Handlungsbücher nachgewiesen werden.
Was insbesondere den Weinbezug aus solchen Französischen Hafenplähen anlangt,
in welchen sich ein Preuhischer oder anderer zollvereinsländische Konsul besindet, so ist
das folgende Verfahren zu beobachten:
1. Bei dem unminelbaren Transporte des Weins aus dergleichen Französischen Hä-
sen nach Preußischen Oftsechäfen oder nach vereinsländischen Nordseehäfen muß in dem
Ladungs-Verzeichnisse oder Manifeste durch einen vereideten Mäkler die Verladung br-
scheinigt und die Unterschrift des Mäklers durch den Konsul beglaubigt sein. Bei ct-
waniger Weitersendung des Weins aus den Preupischen oder sonstigen vereinsländischen
Hafenplätzen, wird der unmitktelbare Eingang des Weins aus einem Französischen Hafen
auf Grund der Manifeste u. s. w. in den zu ertheilenden Begleitscheinen amrlich be-
scheinigt.
2. Wird Wein aus französischen Häfen der in Rede siehenden Art über nichwer-
einsländische Nordsee-Häfen in das Jollvereinsgebiet eingeführt, so muß
a) der Empfänger des Weins das ihm durch die Post zugehende Exemplar des in
dem Versendungsbafen ausgestellten, von einem vereidcten Mäkler bescheinigten
und von dem Konsul beglaubigten Konnoissements innerhalb der nachsten drel
Tage nach Empfang desselben der Steuerbehörde seines Wehnorto zum Visiren
und Abstempeln vorlegen;
das Konnoissement ausdrücklich auf den Namen desjenigen inländischen Wein-
händlers, welcher ein Exenplar desselben, Behuss der Bewilligung des JollEr=
lasses, vorzulegen hat, (3.), lauten und zugleich darin für jedes Gebinde sowohl
dessen im Handel übliche Benennung (lounenn, leuilletle, Darrickne, liercony),
als auch der in Litres audgedrückte Maaß-Inhalt angegeben sein, und
c) der von Bordeaux und Cette zu beziehende Wein, bei welchem die Gebinde
vor der Verladung in Bordeaux und Cene am Spunde und Zapsen von Seiten
des Konsuls versiegelt werden, mit unverletzten und unverdächtigen Siegeln im
Bestimmungsorte eingehen. Ausnahmsweise kann die Versiegelung der Gebinde
bei dem über Hamburg oder Rotterdam zu beziehenden Wein, nach der
Wahl und Einigung der Empfänger und Absender, auch erst resp. in Hamburg
oder Rotterdam durch den dortigen Konsul eines der Zollvereinsstaaken bewirkt
werden.
S
103
8. 7.
Der Zoll-Erlaß (F. 30. und b.) wird nur daun gewährt, wenn
n) die im 8. 4 namentlich genannten feinen Weine, desgleichen Burgunder- und
Ungar-Wein in nicht kleineren, als ½ Oxbost- (1½ Eimer) Gebinden, (18 Pipe,
½/ Both, 1 Feuillette, 1 Anthah);
b) alle anderen Weine aber mindesiens in ganzen Ohm= (2 Eimer) Gebinden ein-
gehen.
Auf Wein in Flaschen sindet Zell- Erlaß nicht Statr.
Die in Es. 4 und 5 bestimmen Weinmengen von 4, 10 und 20 Opxhost müssen,
wenn der Zoll-Erlaß bewilligt werden soll, in ungetheilten Transporten über die Grenze
eingehen. Es wird aber die Bewilligung des Zoll. Erlasses für den zum Absatze im
Zollvereinsgebicte bestimmten Wein dadurch nicht ausyeschlossen, daß von dem in
einer, den Zoll-Crlaß begründenden Menge eingeführten Wein ein Theil unmittelbar
wieder in das Ausland gesandt oder für das Transitlager eineo Weinhändlers bestimmt
wird.
Kann der Zell-Crlaß von 20 Prozent nicht zugestanden werden, so wird um des-
willen die Vewilligung des Erlasses ven 62/5 Prozent nicht versagt, wenn sonst die Be-
dingungen erfüllt werden, an welche die lezlere geknüpft is.
8. 8.
Der Zoll Eilaß wird nach dem Bruttogewichte und zwar von demjenigen Haupt-
Amte feügestellt, bei welchem der Eingangs-Zoll zur Anschreibung kommt. An dem ein-
mal gebörig festgestellten Zellbetrage wird späterbin ein Erlaß nicht zugrstanden.
Wird der Erlaß bei einem Amte nachgesucht, in dessen Bezirke der betheiligte Wein-
großhändler nicht wohnt, oder welchem derselbe alo solcher nicht bekannt ist, so muß der Wein-
bändler durch eine Bescheinigung des Haupt-Amtes, in dessen Bezirke sein Wohnort liegt,
nachweisen, daß er zum Genusse des Zoll. Erlasses besugt sei.
Geht Wein auf den Namen eines Spediteurs oder einer Kommissions-Handlung,
jedoch für Rechnung eines, zum Genusse des Joll-Erlasses befähigten Weingroßhändlers
ein, so wird der Erlaß diesem lehtern dann zugestanden, wenn derselbe dem Grenz-
Jollamte oder dem Amte, bei welchem die schließliche Abfertigung erfolgt, als Eigen-
tbümer des Weins angemeldet und diese Eigenschaft durch seine eigene Erklärung be-
stäligt wird.
8. 9.
Der forklaufende (eiserne) Zolltredit besteht darin, daß, in Folge der Bewilligung
destllen und so lange diese dauer, für eine, dem Umfange des Lagers angemessene
104
Weinmenge nicht nur die Verzollung, sondern auch die Feststellung des Jollbetrages aus-
geseht bleibt und erstere, wenn sie späterhin erfolgt, nach dem alsdann gültigen Zolltarife
zu leisten ist.
Von allem Wein, welchen eine Handlung über den ihr bewilligten eisernen Kredit-
betrag hinaus einführt, muß, in sofern nicht zeitweise eine Erhöhung dieses Kreditbetra-
ges zugestanden wird (F. 11), der Eingangs-Zoll sofort entrichtet werden, wobei jedoch
die Bewilligung des gewöhnlichen Gelrkredits (nach den dafür bestebenden Vorschriften)
nicht auögeschlossen ist.
8. 10.
Nur solchen Weingrohhändlern, welche regelmäßig ein Lager von mindesiens Ein-
hundert und Fünszig Oxhoft fremden Weins zum Absage im Vereinsgebiete halten, kann
ein sorllaufender (eiserner) Kredit bewilligt werden.
C. 11.
In Jahren, welche zum Einkaufe von Wein besonders günstig sind, kann der ei-
serne Kreditbetrag erhöhet werden, wenn von dem Inhaber eines RKredirlagers Wein in
solcher Menge außergewöhnlich bezogen und das Lager über den fornlaufend kreditirten
Bestand dergestalt vergrößert wird, daß der Eingangs-Joll von dem überschießenden Be-
trage sich auf mehr, als 4000 Huhlr. beläuft. Im ZJallc einer solchen vorübergehenden
Erhöhung des eisernen Kredits muß der Eingangs-ZJoll für diesenige Weinmenge, um
welche der Kredikbetrag zeiltweise erhöhet wird, nuch Maahgabe des Absagco durch monat-
liche Zahlungen abgetragen werden, zu welchem Ende die Weinhandlung mit Ablauf
eines jeden Monats ihren Verkauf der Steuerbehörde so lange anzugeben hat, bis der
zusähliche Kredit gelöscht ist.
8. 12.
Ist bei keiner der im Laufe eines Jahres vorgenommenen Lager- Reviñonen (8. 31
und 32) ein, den eisernen Kreditbetrag erreichender Bestand an fremdem Wein vorgefun-
den worden, so findet eine entsprechende Herabsexung des Kreditbetrages — jedoch nicht
unter 150 Oxbofte (vergl. S. 10) — Statt. In diesem Falle ist der Weinhändler ver-
pfichtet, von dem Quantum Wein, um welches der eiserne Kredit vermindert wird, den
Eingangs-Zoll sofort zu erlegen, ohne daß eine weitere Stundung des lehtern, nach den
für den Geldkredit bestehenden Vorschristen, bewilligt wird.
8. 13.
Fuͤr den bewilligten Kredit (58. 9 und 11) muß Sicherheit nach den Vorschriften
für den Geldkredit geleistet, auch von dem Inhaber des Weinlagers mittelst gerichtlicher
105
Erklärung die Verpflichtung übernommen werden, das Lager während der Dauer der
Kreditbewilligung keinem Drinen zu verpfänden.
8. 14.
Jede Weinbandlung, welche sorklaufenden Kredit genießt, ist verflichtet, die Keller
oder anderen Aufbewahrungsorte, welche sie für den Wein in Gebrauch hat, der Steuer-
behörde schriftlich anzumelden, auch Veränderungen in Vétreff der Lagerräume jedesmal
anzuzeigen.
. 15
Auch duͤrfen Inhaber von Kreditlägern weder Weinversteigerungen, noch solche Ver-
onderungen, durch welche der Lagerbestand unter 150 Oxbost vermindert wird, vorneh-
men, ohne solches der Steuerbehörde vorher angezeigt zu haben.
S. 16.
Weinhändlern, welche auch mit inländischem oder vereinsländischem Weine haudeln,
kann ein sorklaufender Kredi## für fremden Wein nur dann gewährt werden, wenn sie
den in= und vereinsländischen Wein von den Beständen an fremden Wein getreunt — iwo
möglich in besonderen Kellern — halten, und sich über den Bezug des Erstern auf Er-
sordem jederzeit ausweisen.
8. 17.
Hat der Bestand eines Kreditlagers bei allen, im Laufe eines Jahres Statt ge-
fundenen Aufnahmen (F§. 31 und 32) nicht volle 150 Oxhoft (5. 10) betragen: so hört
die Bewilligung eines sortlaufenden Kredits auf und es lritt die Verpslichtung zur
Verzollung des Kreditlagers ein. Nach Besinden der Umstände kann zwar die Erfüllung
dieser Verpflichtung durch Gestattung von Abschlagszahlungen erleichtert werden: eine
spätere Wiederbewilligung von fortlaufendem Kredit aber findet in solchen Fällen in der
Regel nicht Siatt.
g. 18.
Die Prüfung der Befähigung der einzelnen Weinhandlungen zur Erlangung eines
sorklaufenden Kredits und die Festsehung der diesfälligen Bedingungen, so wie die Be-
willigung einer vorübergehenden Erhöhungdes Kredits (§. 11), gebührendem Generalinspektor
des Thüringischen Zoll, und Handelsvereins vorbehältlich der Verufung an das Fürsil.
Ministerium.
8. 19.
Die Steuerbehoͤrde ist besugt, die Erfuͤllung der Bedingungen, an welche die Be-
106
willigung des Zoll. Erlasses oder eines Privat-Lagers geknüpst wird, zu konkroliren und
darüber von den Weinhandlungen Nachweis zu fordern. So oft dieselbe Veraulassung
findet, durch Besichtigung, Proben, Vermessen 2c. der Lagervorräthelleberzeugung zu neh-
men, daß diejenige Weinmengc, welche eine Weinhandlung vorräthig halten soll, in de-
ren Gewahrsam wirklich vorhanden sei, muß dem Vorstande des Haupt= Amts, so wie den-
jenigen Beamten, welche dazu einen schriftlichen Auftrag von ihm vorzelgen, der Zutritt
zu den Lagerräumen gestattet werden.
8. 20.
Einmal im Jahre, zu einer, von der Stenerbehörde näher zu bestimmenden Zeit,
müssen die Weingroßhändler, welche auf Zoll-Erlaß Anspruch machen oder denen ein
Privat= (Kredit.) Weinlager bewilligt ist, ihre Lagerbücherabschließen und die Bestände
nachweisen, auch alle diesenigen Vorkehrungen treffen, welche die Steuerbehörde nöchig
sindet, um die Revision der Vestände 2c., dem Zwecke entsprechend, bewirken zu können.
8. 21.
Neu entsiehenden Wein-Großhandlungen kann sowohl der Zoll-Erlaß bewilligt, als
auch ein fortlaufender Kredit zugestanden werden, wenn auch ihr Weinlager den dazu
erforderlichen Umfang (§8. 1, 5, 10) noch nicht hat, in sofern ihrerseits die Verpflich-
tung übernommen wird, die Vervollständigung des Lagers innerhalb Jahresfrist zu be-
wirken. Geschieht dieser Verbindlichkeit kein Genüge, so wird die Bewilligung zurückge-
nommen und es müssen die erlassenrn oder kreditirten Zollbeträge nachträglich eingezablt
werden.
8. 22.
Weinhändler, welche das in sie gesehte Verkrauen mißbrauchen und Zoll-Defrauda=
tionen oder sonstige Handlungen zum Nachtheil des Steuer-Interesse enhweder selbst be-
gehen oder dabei Anderen behülflich sind, trifft, außer der zur Anwendung kommenden
gesehlichen Strafe, der Verlust der Befugnisse und Vortheile, welche das gegenwärtige
Regulativ gewährt.
Die leytere Folge haben auch Dlejenigen zu gewärtigen, welche den Vorschriften
dieses Regulativs zuwiderhandeln oder die darin aufgestellten Bedingungen nicht erfüllen,
107
Gesetzsammlung
für die
Fürstlich Reußischen Lande jungerer Linie.
No. 191.
Geseh, die Aenderung einiger Theile des unter dem 14. April 1852 erlassenen Verfassungs.
bUesetzes beir
Wir Heinrich der Sieben und Sechzigste von Gottes Gnaden
Jüngerer Linie regierender Fürst Reuß, Stammes Aeltester,
Graf und Herr von Plauen, Herr zu Greiz, Kranichfeld,
Gera, Schleiz und Lobenstein 2c. 2c.
haben in Folge der bei dem gegenwärtigen Landtage Statt gefundenen Verhandlungen
und mit Zustimmung dessellen nachstehende veränderte Fassung der Abschninte II. und III.,
des §. 53 in Abschuin IV. und des §. 107 in Abschnitt XI. des Verfassungsgesepes
vom 11. April 1652 genehmigt=
Zweiter Abschuitt.
Von dem Landeööherrn.
8. 5.
Der Landesherr vereinigt in sich alle Rechte der Staatsgewalt und übt solche nach
der Verfassung.
Seine Person ist heilig und unverlehlich.
S 6.
In wie fern der Landesherr bei Ansübung der Regierungsrechte an die Mitwirkung
der Landesvertretung gebunden ist, wird durch das Verfassungs-Gesetz bestimmt.
Ausgegeben den 2. Juli 1856. 20
108
8. 7.
Der Landesherr kann Strasen erlassen und mildern, auch die gerichtliche Untersuch-
ung niederschlagen.
8. 8.
Die Regierung des Landes mit dessen sämmtlichen, gegenwärtigen und künftigen Be-
standtheilen ist gleich dem der Primogenilur gehörigen Fürülichen Stammeseigenthume
den Hausgesetzen gemäß erblich im Mannessiamme des Fürstlichen Hauses nach dem Nechte
der Erstgeburt und der agnatischen Lincalfolge.
8. 9.
Waͤhrend der Minderjährigkeit des Landesherrn, oder seiner Behinderung an der Re-
Hierung wird diese durch dessen Fürsiliche Mutter, als Vormünderin, oder den sonst nach
den Hausgesepen zur Vormundschaft berufenen Agnaten in Gemäßheit der in den Za-
milien-Verträgen enthaltenen Bestimmungen geführt.
8g. 10
Wegen des Eintritts der Volljährigkeit, der Ebenbürtigkeit, der Sonderung des
Fürstlichen Haus= und Privat-Eigenthums, der Verhältnisse der Fürstlichen Wittwen,
der Nachgeborenen und anderen Angehörigen des Fürstlichen Hauses gelten die ausführ.
lichen Bestimmungen der Hausverträge und das Familienherkommen.
8. 11.
Die im Hausverfassungsmäßigen Wege zu Stande kommenden Veränderungen in
den Hausgesetzen sollen, wenn sie die Ordnung in der Regierungsnachfolge, die Vormund-
schaft über den hiernach zur Regierung berusenen Prinzen, die während derselben beste-
bende Regentschaft und die Vollsährigkeit des Letteren betreffen, nur bio auf Zustimmung
der Landesvertretung festgesetzt werden.
Dritter Abschnikt.
Von den Rechten und Pflchten der Unterthanen.
8 12.
Die Rechte und Pflichten der Unterthauen bestimmen sich im Allgemeinen nach den
bestehenden Gesehen. «
§.13.
DieStaathngchötlgkcil(RcchtdesJaläitdkks,Jiidigmaystchkzuvermögcdcch-
109
burt, oder wird besonders erworben durch ausdrückliche Aufnahme, und geht verloren
durch Auswanderung oder elne derglelchen Handlung.
. 8. 14.
Der Genuß der Ortobürgerrechte, sei es in Städten oder Landgemeinden, kann nur
Staatsangehörigen zukommen.
5 15.
Das Staatsbürgerrecht wird erworben durch die Aufnahme in den Bürger= und
Gemeinde-Verband einer Ortsgemeinde des Landes und durch Ablelstung des Behufs
dieser Aufnahme in §. 105 der revikiirten Verfassung normirten Eides.
8. 16.
Dasselbe hört auf:
1) mit dem Verlusie der Staatsangehörigkelt, sowic, unbeschadet elner etwa erfol-
genden Rehabilitatlen,
2) mit der rechtskräftigen Verurtheilung zu einer entehrenden Strafe,
3) durch rechtskräftiges, auskrücklich hierauf gerichtetes Unheil des zuständigen
Nichters.
8. I7.
Der Mangel oder Verlust des Staatsbürgerrechts an sich ist ohne Einfluß auf die
S##atsangehörigkeit, sowie auf die blos bürgerlichen Rechte und Pflichten, wenn nicht
besondere Geseye eine Auenahme begründen.
g. 18.
Jedem Landesangebörigen steht das Recht der freien Auswanderung unter Beobacht-
ung der gesetzlichen Bestimmungen zu.
Die Auswanderungserlaubniß darf an die Bedingung der Erlegung von Abzugs-
geldern nicht geknüpit werden.
8. 19.
Der Genuß der bürgerlichen und siaatsbürgerlichen Rechte ist von dem chrisilichen
Glaubensbekennmisse abhängig, vorbehältlich derjenigen Auonahmen, welche durch beson-
dere Gesehze bestimmt sind.
8. 20.
Jedem Landesinwohner sieht vollkommene Freiheit des Gewissens und der Religi-
en#übung zu. Jedoch darf die Religion nie alo Vorwand gebraucht werden, um sich
irgend einer geseplichen Verbindlichkeit zu entziehen.
20
110
8. 21.
Das Eigenthum oder sonstige Rechte und Gerechtsame können für Zwecke des Staats
oder einer Gemeinde oder solcher Personen, welche Rechte derselben ausüben, nur in den
durch die Gesetze bestimmten Fällen und Vormen gegen vorgängige volle Entschärigung
in Anspruch genommen werden.
8. 22.
Jedermann bleibt es frei, uͤber das, sein Interesse benachthtiligende verfassungs-,
gesetz- oder ordnungswidrige Benebmen oder Verfahren einer oͤssentlichen Behoͤrde bei
der unmittelbar vorgesehten Stelle Beschwerde zu erheben und solche nölbigen Falls bis
zur höchsien Behörde zu verfolgen. Wird die angebrachte Beschwerde von der vorgeseh-
ten Behörde ungegründet befunden, so ist dieselbe verpflichtet, dem Beschwerdefübrer die
Gründe ihrer Entscheidung zu eröffnen.
8. 23.
Ebenso bleibt in jedem Falle, wo Jemand sich in seinen Rechten verletzt glaubt,
ihm die gerichtliche Klage offen, auch in geeigneten Fällen unbenommen, die Verwendung
des Landtages anzusprechen.
Die gerichtliche Klage ist im Allgemeinen und abgesehen von den Fällen, in welchen
nach ausdrücklicher geseplicher Vorschrist die Betretung des Rechtswegeo soll erfolgen
können, überall nicht eröffnet, wo die angeblich erlittene Rechtsverletzung auf einer, durch
die Versügungen der Slaatsbehörden geschehenen Anwendung der Staats= und Hoheits=
gerechtsame beruht, und nicht eiwa ein auf einen besonderen Titel sich gründendes Recht
als durch dieselben verlezt nachgewiesen werden kann, durch welches außer dem Gebict des
Privatrechtes in dem einzelnen Fall die Anwendung der vorgedachten Staatsgerechtsame
beschränkt wird.
8. 24.
Ueberhaupt ist den einzelnen Unterthanen, sowie ganzen Gemeinden und Körper-
schaften freigelassen, ihre Wuͤnsche und Bitten auf gesetzlichem Wege zu berathen und
vorzubringen.
8. 26.
Ausschließliche Haudeld. und Gewerbs-Privilegien sollen ohne Zustimmung des Land-
tags nicht mehr ertheilt werden. Patente für Erfindungen können von der Regierung
auf bestimmte Zeit, jedoch nicht länger, als auf zehn Jahre ertheilt werden.
8. 26.
Ueber die Verhältnisse der Presse und des Buchhandels, sowie in Ansehung des
111
Vereins= und Versammlungsrechts entscheiden die desfalls bestehenden Landesgesetze und
die bundesgeselichen Bestimmungen und zwar, was die Verhältnisse der Presse und des
Buchhandels betrifft, bis dahin, wann ein allgemein verbindliches Bundespreßgesetz für die
deurschen BVundessiaaten auch in hiesigen Landen promulgirt sein wird.
8. 27.
Das Briesgeheimniß ist unverletzt zu halten.
Die absichtliche, unmittelbare oder mittelbare Verletzung desselben soll peinlich bestraft
werden.
Ausnahmen sinden nur Statt in strafrechtlichen Untersuchungen und in Kriegsfillen.
8. 28.
Jeder Waffenfähige ist im Falle der Noth zur Vertheidigung des Vaterlandes ver-
Pflichtet, und bestimmen über die Verbindlichkeit zum Kriegsdienste die betreffenden Ge-
sete das Nähere.
§S. 29.
Den Gemeinden wird und bleibt die selbstüändige Verwaltung ihrer Gemeinde-An-
gelegenheiten unter Oberausücht des Staates in geseplicher Weise gesichert.
8. 30.
Das Vermsgen und Einkommen der Gemeinden und ihrer Anstalten darf nie mit
dem Staatsvermögen oder den Staatseinnahmen vereinigt werden.
§. 31.
Die besonderen Verbältnisse der Staatsdiener richten sich nach den, die Rechte und
Rflichten derselben zum Gegenstande habenden Gesehen und Diensivorschristen.
8. 32.
Eine Vorschrift, welche die nachgesuchte Dienstenklassung unbedingt ausschließt, ist
unstanhaft.
S. 33.
Ein seder Staatsdiener blelbt hinsichtlich seiner Amtsverrichtung insofern verant-
worklich, als er nicht zu deren Vornahme durch seine vorgesete Behörde angewiesen
worden ist.
F. 34.
Die Rechtepftege ist von der Landesverwalting gekrennt.
112
. 35.
Die Betretung und Verfolgung der gesehlich gegebenen Rechtswege vor den Landes-
gerichten darf nicht gehindert werden.
8. 36.
Die Beurtheilung, ob eine Sache zum Gerichtsverfahren sich eigene, soll bei ver-
haudenem Streite einem Kompetenz-Gerichtshofe übertragen werden, der aus Mitgliedern
des gemeinschaftlichen Oberappellationsgerichtes und höheren Verwaltungsbeamten zu bil-
den ist.
8. 37.
Niemand darf seinem ordentlichen Richter, sei es in bürgerlichen oder peinlichen
Fällen entzogen werden, es sei denn auf dem regelmäßigen Wege nach den Grundsäßen
des bestehenden Rechts durch das zuständige obere Gericht.
Es dürfen demnach außerordentliche Kommissionen und Gerichtshöfe nicht eingeführt
werden, es sei denn, daß der Kriegszusand erklärt worden, in welchem Falle auch ge-
den Zivilpersonen die Militärgerichtebarkeit innerhalb der vorgeschriebenen Grenzen Start
finden kann.
8. 38.
Niemand darf anders, als in den durch die Gesetze bestimmten Fällen und Formen
zur gerichilichen Untersuchung gezogen, zu gefaͤnglicher Haft gebracht, darin zuruͤckgehal-
len, oder gestrast werden.
8. 39.
Jeder Verhaftete muß von dem verhaftenden Gerichte, beziehungsweise von dem-
jenigen Gerichte, an welches derselbe abzuliefern ist, wo möglich sofort, oder längstens
binnen acht und vierzig Siunden nach seiner Verhaftung oder Ablieserung von der Ur-
sache der Verhaftung in Kenntniß geseht und durch einen Eerichtolcamten verhört
werden.
Jeder für eine gerichtliche Untersuchung Verhaftete muh an das zuständige Gericht
ohne Verzug abgeliefert werden.
8. 40.
Die Haussuchung findet nur auf Verfügung einer zuständigen Gerichts. oder Po-
lizeibehorde Stalt.
8. 41.
Keinem Angeschuldigten darf das Recht der Veschwerdeführung während der Unter-
suchung, dar Vecht der Vertheidigung oder der verlangte Urtheilospruch versagt werden.
113
8. 42.
Der Vehaftete ist berechtigt, unter der geelgneten gerichtlichen Aussicht mündlich oder
schristlich über seine Familien-Angelegenheiten mit seinen Angebrigen sich zu benehmen,
auch während der Untersuchung aus seinen eihenen Mitteln bessere, als die dewöhnliche
Kost sich zu verschaffen. «
Wegen Mißbrauchs, oder aus sonstigen gerechtfertigten Gründen kann diese Berech-
tigung vom Gerichte untersagt werden.
8. 43.
Die Geiichte für die bürgerliche und Strasrechtspslege sind innerhalb der Grenzen ihres
richterlichen Berufo in allen Instanzen unabbängig. Dieselben entscheiden, ohne irgend eine
fremde Einwirkung, nach den bestehenden Rechten und Gesetzen. Sie sollen in ihrem
Verfahren, namenklich auch in der Vellziehung ihrer Verfügungen und Urtheile — je-
doch ohne Eintrag für die Verfügungen der höberen Gerichtsbehörden, und unbeschadet
des Landesherrlichen Begnadigungorechtes — geschüpt und foll ihnen hierzu von allen
Zivil- und Militärbehörden der gebührende Beistand geleistet werden.
C. 41.
Die Kensiskatien kann künstig nur bei einzelnen Sachen, welche als Gegenstand
rder Werkzeug einer Vergehung gedient haben, Stakt sinden. Eine allgemeine Verms-
gens-Konsiskation tritt in keinem Falle ein.
8. 45.
Moratorien duͤrfen nur unter den dessalls gemeinrechtlich fesigeseßten Vorausseßzungen
und Bedingungen ertheilt werden.
. 16.
Ueber die Ausübung der Jagd und die dabei zu erfüllenden Bedingungen können
im Verordnungswege Bestimmungen erlassen werdem welche jedoch die Berechligung der
Grundeigenthümer als solcher binsichtlich der Jagd nicht betrefsen dürfen.
Die unmittelbare und mittelbare Ausübung der Kirchengewalt über die evangelisch-
lutherische Landeskirche verbleibt, wie bioher, dem Landeeberrn.
In lilurgischen Sachen ergehen die Versügungen durch das Konsistorium und wer-
den überhaupt keine wesentlichen Neuerungen gerflogen werden, ohne daß eine besonders
zu veranstaltende Synodalversammlung darüber befrast wird.
8. 48.
Jür den öfeentlichen Unterricht, sonach die Erhaltung und Vewollkemmnung der nie-
deren und höheren Bildungsanstalten ist zu allen Zeiten nach Kräften zu sorgen.
— . 49.
Alle Stiftungen ohne Ausnahme, sie mögen fuͤr den Kultus, den Unterricht oder
die Wohlthätigkeit bestimmt sein, stehen unter dem besonderen Schupze des Staals, und
das Vermögen oder Elnkommen derselben darf unter keinem Vorwande zum Skaaksver-
Mögen eingezogen werden.
114
Vierter Abschnitt.
Von der Landesvertretung.
8. 53.
Beim Eintritt in die Landtags- Versammlung gelobt jedes Mitglied der lehteren
mittelst Handschlags Folgendes an
Ich gelobe, daß Tieue gegen den Fürsten, das Fürstliche Haus, das Land
und die Verfassung bei meinen Anträgen und Abstimmungen als Mitglied des
Landtages mich leiten soll, und daß ich das Wohl des Landesherrn und das Wohl
des Vaterlandes, als unzertreunlich mit einander verbunden, durch Abwendung
jeren Schadrus und durch Förderung jeden Nutzens, ohne persönliche Nücsichten,
auch ohne alle senstigen Nebenrücksichten nach bestem Wissen und Gewissen in der
Landtags--Versammlung unterstüten will
Elfter Abschnitt.
Gewähr der Verfaffung. Verpflichtung der Staatsdiener auf dieselbe.
Verantwortlichkeit deo Ministeriums.
Die von dem Landesherrn in Bezug auf die Regierung und Verwaltung des Staa-
tes ausgebenden Anerdnungen und Verfügungen hat zum Jeichen, daß die betreffende
Angelegenheit auf verfassungsmäßige Weise bebandelt wonden sei, ein Mitglied des Mi-
niücriums zu kontrafigniren, und es ist der Konmasignirende für die Verfassungs- und
Gesepzmäßigkeit des Inhalls persönlich veranlwortlich.
Durch die gedachte Kontrasignalur *’- solche Anordnungen und Verfügungen
angnein Glaubwürdigkeit und Togziehbarkei
Diese rechtliche Folge ist ohne Ausnahme sonohl für die Gerichte, als für alle an-
dere Staatsbehörden mahgebend, so daß nur der Landesveriretung vorbehalten bleibt, im
Betreff der Frage über die Rechtsbeständigkeit erlassener Verordnungen mit der Regier-
ung in Verhandlung zu kreten.
Die obenerwähnte Verankworllichkeit kann durch Besehle des Fürsten nicht aufgeho-
ben oder vermindert werden.
Es ist unser Wille, daß diese vorstehenden Bestimmungen an die Stelle der gleich
bezeichucten Paragraphen des Verfassungsgesepes ktreten, und, indem Wir denselben hiere
durch Gesetzeskraft ertheilen, befehlen Wi- ann solche von Unseren Behörden, einer jeden
in ihrem Wirkungekreise, genau befolgt w
Urkundlich unter Beifügung Unberea' W Siegels und unter Unserer eigen-
händigen Unterschrift.
Schloß Ostersiein, den 20. Juni 1856.
L S.) Heinrich LXVII. F. R.
v. Geldern.
115
Gesetzsammlung
für die
Fürstlich Reußischen Lande jüngerer Linie.
No. 195.
1) Erläuterungs-Verordnung zu F. 2. des Gesetzes über die Nehts Ve haltnisse der Geraer
Bant bezũgi. der ihr bestellten Pfänder vom 5. April 1
Wir Heinrich der Sieben und Sechzigste von Gottes Gna
den Juͤngerer Linie regierender Fürst Reuß, Stammes Ael-
tester, Graf und Herr von Plauen, Herr zu Greiz, Kranich-
feld, Gera, Schleiz und Lobenstein 2c. 2.
verordnen zu Beseitigung des Zweifels, ob die Worte in dem §. 2. des Gesetzes über
die Rechtsverhältnisse der Geraer Bank bezüglich der ihr bestellten Pfänder vom 5. April
des l. J. „bei der Bank“ mit den vorhergehenden Worten „vor deren Versahe“
oder mit den nachfolgenden „angezeigt worden“ im nächsten Zusammenhange siehen,
mit Zustimmung der Landesvertretung, da, da das Leptere bei Erlassung des gedachten
Gesetzes beabsichtigt worden, zu Vermeidung dieses Zweifels die Präposttion „bei“ in der
zweifelhaften Stelle in Wegfall zu bringen ist.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und Beifügung Unseres
Fürstlichen Instegels.
Schloß Osterstein, den 20. Juni 1855.
(L. S.) Heinrich LXVII. F. EN—/“-
— — —
Ausgegeben den 9. Juli 1856. 21
116
2) Nachtrags-Verordnung zu dem Gesetz vom 31. Dezember 1835, das Verfahren bei
Vollstreckung gerichtlicher Erkenntnisse betreffend.
Wir Heinrich der Sieben und Sechzigste von Gottes Gnaden
Jüngerer Linie regierender Fürst Reuß, Stammes Aeltester,
Graf und Herr von Plauen, Herr zu Greiz, Kranichfeld,
Gera, Schleiz und Lobenstein 2c. 2c.
verordnen unter Zustimmung der Landesvertretung zu dem Gesetz wegen des Verfahrens.
bei Vollstreckung gerichtlicher Erkenntnisse vom 31. Dezember 1835 Folgendes:
1.
Zu g. 6. dieses Gesehes.
Die Bestimmung unter 7. in dem 8. 6. dieses Gesetzes wird aufgehoben und dafür
Folgendes verorduct:
7) „Die Exekution kann sich nicht erstrecken in Bezug auf Besoldungen von unmit-
telbaren oder mittelbaren Staatobeamten, öffentlichen Dienern, Geistlichen und
Lehrern, sowie in Bezug auf Wartegelder und Pensionen, die ihnen aus öffent-
lichen Kassen gereicht werden,
a) wenn dieselben den Betrag von jährlich 300 Thlr. nicht übersteigen, auf
mehr als ein Fünftheil,
5) bei einem Betrage derselben von mehr als 300 Thlr. aber nicht über 500
Thlr., auf mehr als ein Viertheil, und
4) bei allen Besoldungen, Wartegeldern und Pensionen über 500 Thlr. auf
mehr als ein Dritheil.“
2.
Zu §. 12.
Dem ersten Alinea des §. 12. des gedachten Gesehes, also nach den Worten: „ent-
halten sein muß" werden die nachstehenden Bestimmungen beigefügt:
„Die Subhasiation von Immobilien ist
4) an demjenigen Orte, in dessen Ilur die zu subhaflirender Immobilien gelegen
sind, oder, wenn zu dieser Flur ein Ort nicht gehört, in einem der nächstbelegenen
Orte vorzunehmen, wenn
117
*) der Gléubiger oder der Schulduer ausdrücklich darauf anträgt oder wenn
außerdem
1 der Prozehrichter solches für zweckmäßlg erachtetl.
Ein derartiger Antrag muß von Seiten des Gläubiger#s spätestens in dem Ge-
suche um Subhastationsankündigung, von Seiten des Schuldners spätestens in-
nerhalb der ihm in der Subhastationsankündigung gesehten vierzehntägigen
Frist gestellt werden.
Rücksichtlich des dadurch entstehenden Mehraufvands an Kosten und Verlägen
Silt dasselbe, was in Bezug auf die Kosten und Verläge der Subhasiation über-
haupt Rechtens ist.“
l-
—“
—
Schloß Osterstein, den 21. Juni 1856.
Heinrich IXVII. F. R.
v. Geldern.
(I. S.)
3) Geseh, die Enteisnung für baupolizeiliche Zwecke betreffend.
Wir Heinrich der Sieben und Sechzigste von Gottes Gna-
den VJungerer Linie regierender Fürst Reuß, Stammes Aelte-
ster, Grafund Herr von Plauen, Herr zu Greiz, Kranichfeld,
Gera, Schleiz und Lobenstein 2c. 2.
verordnen unter Zustimmung des Landtags über Euleigaung für baupolizeiliche Jwecke
wie solgt:
8. 1.
Wenn nach einem Statt gefundenen Brande oder Verfall von Gebäuden die Wie-
dererbauung derselben in dem bieherigen Umsange und Naumwethältnisse mit der Hersiel-
lung gröherer Feuersicherheit, mit der Beseitigung von Verkehrshemmnissen oder der Aus-
führung eines allgemeinen Bauplaus unvereinbar ist, oder wenn sonst das Bedürsniß ber-
vortritt, wegen Anlegung, Erweiterung oder Geradelegung von Straßen und öffentlichen
Plätzen, wegen Regulirung von fließenden Gewissern innerhalb des Gemeindebezirks,
118
wegen der Herstellung der Zugänglichkeit einzelner Orkstheile, der Wasserversorgung und
Anbringung von Abzügen oder Kanilen, sichende Gebäude selbst hinwegzuräumen oder
Privatgrundstücke der öffentlichen Benußung zu übergeben, so sind die Gebäude= und
Grundeigenthümer verbunden, nach obrigkeitlicher Anordnung der Schmälerung bisher
bebaut gewesener Grundstücke und ihrer Zubehörungen sich zu unterwerfen, auch ganze
Gebäude und Bamlätze und überhaupt den für obengenannte Zwecke erforderlichen Grund
und Boden abzutreten.
8. 2.
In welchen Fällen und in welcher Ausdehnung eine solche Enteignung Statt fin-
den soll, hat Unsere Regierung auf den, lediglich der betreffenden Gemeindebehörde zu-
siehenden, Amntrag zu bestimmen.
Gegen den Ausspruch der Regierung findet nur der Recurs an Unser Ministerium
Statt.
(
Die Abtretung ist nur gegen Entschädigung zu bewirken. Diese Entschädigung wird
von der Outsgemeinde, von einzelnen Grunrüccksbesipzern aber nur dann geleistet, wenn
für diese die Enverbung des abzurretenden Arcals in Folge der Bauordnung nothwen-
dig ist.
Die Ermittelung der zu leistenden Entschädigung geschieht durch die Gerichtsbehörde
des Orts, auch bei Domanial= und schriftsässigen Grundbesipungen.
8. 4.
Bei dieser Würderung sind, mit Ausnahme etwaiger Rekusation Sachverständiger,
deren Statthastigkeit nach den bestehenden Gesetzen zu beurtheilen ist, prozessualische For-
malitäten unzulässig. Gegen den Ausspruch der Gerichtsbehörde über das Ergebniß der
Abschätzung findet Berufung an Unser Appellationsgericht nach den Ilegeln des Gesetzes
über den summarischen Prozeß Statt.
Als Taxatoren sind drei ortskundige Sachverständige zuzuzichen, wovon den einen
die zuständige Gerichtsbehörde und je einen der abtretende und der erwerbende Theil zu
ernennen hat.
8. 5.
Nach Anstellung eines Landbaumeisters wird demselben auch die technische Leitung
der Taxations-Verhandlungen übertragen werden.
8. 6.
Unter Festhaltung der Resultate der vorausgegangenen Taxation kann die Entschä-
digung für Raumverlusie, außer in Geld, auch in Zuweisung eines anderen, für die Zwecke
des Betroffenen nach dem Ermessen der Sachverständigen brauchbaren, durch diese unter
Verücksichtigung der größeren oder geringeren Brauchbarkeit abzuschätzenden Areals ge-
leiset werden.
8. 7.
Wenn ganze Gebände, Baupläße oder selbsitändig mit Abgaben belegte Grund=
stücke zur Anlegung und Erweiterung von Straßen und öffentlichen Plätzen oder Gera-
delegung derselben abgetreten werden, se sind die darauf ruhenden Landes-, Patrimonial:,
Gemeinde= und Parochial-Abgaben abzuschreiben.
Bei theilweisen Abtrennungen sind die Patrimonial-, Gemeinde= und Parochial-Ab-
gaben von dem als Vawwlag für neu aufzuführende Gebäude verbleibenden Grund und
Voden ungekürzt fortzuerheben, während die Grundsteuer zufolge geseglicher Vorschrist nach
dem neuen Grundstücks= oder Gebäudewerth bestimmt wird.
8. 8.
Bei Austausch oder Zuweisung von Grundeigenthum wächst dasselbe dem Haupt-
grundstücke, mit welchem es vereinigt wird, auch hinsichtlich der für dieses gültigen Un-
lerpfandsverhältnisse zu; Entschädigungsgelder aber sind bei dem Vorhandensein von Pfand=
gläubigern an die Hypothekenbehörde des Grundsiücks, welches ganz oder theilweise ab-
getreten wird, abzuliefern, um rechtlicher Ordnung gemäß zu deren Befriedigung zu dienen.
Schloß Osterstein, den 26. Juni 1856.
(L. S.) Heinrich I.XVII. F. R.
v. Geldern.
121
Gesetzsammlung
Fuͤrstlich Reußischen Lande juͤngerer Linie.
No. 196.
Landtagsabschied.
Wir Heinrich der Sieben und Sechzigste von Gottes Gna
den Jungerer Linie regierender Furst Reuß, Stammes Ael-
tester, Graf und Herr von Plauen, Herr zu Greiz, Kranich-
feld, Gera, Schleiz und Lobenstein 2c. 2c.
Nachdem der auf Unseren Besehl auf den 20. Februar d. Is. zusammenberufene
bLandtag, dessen Sitzungen mit mehreren Unterbrechungen bis zum 20. vor. Mts. fort-
gesetzt worden sind, nach Beendigung der ihm obliegenden Geschäfte in Unserem Auf-
trage geschlossen worden ist, fnden Wir Uns zu nachslehenden Eröffnungen und Erklär-
ungen veranlaßt:
I.
Folgende von dem Landtage angenommenen Gesetze sind publizirt oder werden un-
mittelbar zur Oeffentlichkeit gebracht werden:
1) das Geseh wegen der bel Anlegung von Eisenbahnen erforderlichen zwangsweisen
Eigenihumsabtretungen.
Wenn gleich dieses Geletz für die Erbauung der prejektirten Weißensels-Hofer Eisen-
bahn noch nicht sobald zur Anwendung gekommen ist, als Wir bei dessen Promulgation
gehofft, so werden Wir doch sorldauernd die Herstellung einer Eisenbahnverbindung für
sämmtliche Landesthelle als einen Gegenstand Unserer eigenen angelegentlichsten Be-
strebungen betrachten, übrigens wenn zu diesem Zwecke Landesmittel in erheblicher Weise
in Anspruch genommen werden sollten, der alsdann besonders zusammenzuberufenden Lan-
desvertretung die erforderlichen Vorlagen machen lassen.
Ausgegeben den 9. Juli 1855. 23
122
2) Geseh über das Aussuchen und Abbauen von Steinkohlen.
Die von dem Landtage beantragte Bestimmung über die Verrechnung des zu erhe-
benden Bergzehntens von Steinkohlen hat zwar von Uns in pflichtmählger Wahrung
des Stammeseigenthums Unseres Fürstlichen Hauses nicht genehmigt werden können
und ist deswegen ausgelassen worden, aber durch gleichzeitige anderweite Verfügung ist
jedes ctwaige Recht Anderer, auch das der Landeskasse, gesichert und für jetzt eine weit-
läuftige, aufhältliche Verhandlung zur Erledigung der sich entgegenstehenden Ansprüche
um so mehr unterblieben, als bei der Ungewißheit darüber, ob jemals die Frage eine
praktische Bedeutung haben werde, die dadurch mögliche Verzögerung gemeinnüpiger Un-
ternehmungen für unnüb und unangemessen hätte gelten müssen.
3) Gesetz über die Rechtsverhälmisse der Geraischen Bank, nebst der zu deren Er-
läuterung beschlossenen Nachtragsverordnung.
4) Gesep über die künftige Zusammenseung und Wahl der Landesvertretung.
5) Gesetz über die Einführung kürzerer Verjährunyöfrisien.
6) Gesetz über die Aenderung einiger Theile des Verfassungsgesetzes vom 14. April
1852.
Unter Bezugnahme auf Unsere, dem Landtage mitgetheilte Erklärung bemerken
Wir, daß — sowie es überhaupt nicht in Unserer Abüicht gelegen, durch Aujhebung
der jetzt abgeänderten, allgemeinen Säße bestehende Einrichtungen und wohl begründete
Rechte in Zweifel zu siellen — namentlich keine der Bestimmungen und Normen über.
die Aufhebung des privilegirten Gerichtsstandes, die Unabseybarkeit der Richter, die Nicht-
belegung der Grundstücke mit unablösbaren Abgaben oder Leistungen und über das Be-
steurungssysiem, die sich in anderen gültigen Gesecen vorfinden, im Verordnungswege
beseitigt werden soll.
Durch die Aufnahme einer neuen Eidesformel in das Verfassungsgeseh ist nunmebr
die Möglichkeit ausgeschlossen, daß in solcher Weise, wie es zum leidigen Zeiwerluste für
die Landtagsversammlung Seitens Einiger letzthin geschehen, die Stellung der einzelnen
Abgeordneten zum Landesherrn und zum Landtage wieder verkannt werden kann.
Hinsichtlich der Verpflichtung Unseres Miniücriums wird der Vorschrist des Ver-
fassungsgesetes §. 104. auch in der vom Landtag gewünschten Weise genügt werden.
Von dem gegenwärtigen Stande und dem Inhalt Unserer Verfassungsgesepgebung
wird der Vundesversammlung Anzeige gemacht und die Gewährleistung des Bundes be-
antragt werden.
Ebenso werden Wir an die Mitglieder der Seitenlinie Unseres Fürsilichen Hauses
wegen deren Zustimmung Minheilung ergehen lassen.
7) Geseh über Enteignungen für baupolizeiliche Zwecke.
123
Die Erweiterung desselben nach dem Antrage des Landtags auf den Fall der Ver-
größerung von Gottesäckern haben Wir Uns vorbehalten, so fern wiederholt übertrlebene
Anfprüche von Grundeigenthümern sich als Hindernisse zeigen sollten.
9) Geset zur Ergänzung und Abänderung des Gesehes vom 31. Dezember 1835
wegen des Verfahrens bei Vollstreckung gerichtlicher Erkenntnisse:
an) wegen der Hülfsvollstreckung in Beamtengehalte;
b) wegen Versteigerung von Grundstücken an Ort und Stelle.
II.
Die bei den Landtagsberathungen vorgekommenen, nicht durch obige Gesetze erle-
digten Anträge wegen verschiedener Gegenstände der Gesetzgebung aulangend, bemerken
Vir
1.
Es liegt in Unserer Ablicht, dem nächsten Landlage einen Gesetz-Entwurf wegen
Auedehnung der für hiesiges Fürstenthum erlassenen Bestimmungen über das Ablösungs-
wesen auf die obern Landestheile, insoweit solche zur Vewvollständigung der dortigen Ab-
lösungsgesebe ersorderlich sind, vorlegen zu lassen, sowie wegen Errichtung einer Land-
rentenbank und der damit nothwendig verbundenen Modifkation des Kapitalablssungs-
maßstabs, nicht blos für die bei künftigen Ablösungen zu ermitteluden, sondern auch für
die aus früheren Verträgen herrührenden, noch bestehenden Ablösungsrenten. Im Uebri-
gen müssen Wir wiederholt auf Unsere Deklaration vom 20. Oktober 1855 wegen
des Fortbestehens der gegenwärtigen Ahlösungs Gesepe Bezug nehmen. Da die den all-
gemeinen Dlcchtsbegriffen entsprechenden Grundsätze dieser Geseye hinsichtlich der Werths-
ermittelung und der Fesistellung der Ablösungerenten kaum geändert werden können,
so erscheint ein neues Ablösungsgesetz überflüssig und die siete Hinweisung auf ein solches,
wodurch die wünschenswerthe Erledigung des Ablösungswesens bis in neuere Zeil be-
dauerlicherweise ausgehalten worden, ist für die Veryflichteten ungleich nachtheiliger ge-
aesen als jemals eine Erleichterung einzelner Ablösungsnormen für sie vortheilhaft sein
oͤnnte.
2.
Die Frage wegen künstiger Erlassung eines Gesepes über zwangsweise Zusammen=
legung der Grundsiücke werden Wir der sorgfältigsten Erwägung unterziehen.
Die Erleichterung freiwilliger Grundstückszusammenlegung betreffend, hat Uns die
vollständige Annabme der beantragten Bestimmungen zwar bedenklich geschienen, Wir
werden aber dahin Verfügung treffen, daß in einzelnen vorkommenden Fälten ven Grund-
124
stücksaustauschungen, die zu diesem Zuecke geschehen, die sonst zu entrichtenden Gebühren
theilweise in Wegfall kommen.
3.
Der Erlaß einer allgemeinen Vormundschaftdordnung im gegenwartigen Augenblicke
würde insofern Bedenken haben, als in einem möglicherweise in Aussicht stehenden neuen
Civilgesetzbuche, worüber Negierungskommissarien der verschicdenen Länder Sächsischen
Mechts Berathungen pflegen, dieser Gegenstand seine genügendere Erledigung finden würde.
Eine bei dieser Veranlassung erwähnte, als. empfehlenswerth erkannte administrative An-
ordnung ist aber durch Unser Ministerium ergangen.
4.
Die eben angedeukete Erwägung wegen der vielleicht durch eine Vereinigung mit
den Nachbarregierungen möglich werdenden gemeinsamen Kodifkationen des Privatrechts
und des Civilprozesses hat sich auch hinsichtlich anderer Anträge geltend gemacht, welche
von dem Landtage in Betreff derarliger Gesetzgebungsgegenstände gestellt worden sind,
namentlich wegen Verminderung der Einholung von Erkenntnissen auswärtiger
Spruchbehörden,
der authentischen Interpretation der §§. 4 und 9 des Intestaterbfolgegesetzes,
einer Hypothekenordnung,
einer Ebeordnung und Regulirung des Prozeßverfahrens in Ehesachen,
der Verminderung der Eidesleistungen, der bei deuselben zu beobachtenden
Förmlichkeiten und der Volgen der Eidesaccepkation,
der desinitiven Aufhebung des befreiten Gerichtssands
und
des Verfahrens in Injuriensachen.
Unser Apvellationsgericht ist jedoch mit der gutachtlichen Aeußerung über alle diese Ge-
genstände beauftragt, und wo nach den demselben vorliegenden Erfahrungen ein Bedürf-
niß zu baldigem Erlaß der beantragten gesezlichen Bestimmungen sich herausstellen wird,
werden diese von Uns unter Bezugnahme auf das Einverständniß des Landtags in
Kraft geseht werden.
5.
Das Gesetz wegen Organisation der Verwaltungsbehörden wird, tusoweit es nicht
zur Auoführung gekommen, dem Antrage gemäß ausdrücklich aufgehoben werden.
6.
Die mit Aufang dieses Jahres ins Leben getretene Sporteltaxe soll nach Verlauf
125
noch einiger Zeit, nach weiter gesammelten Erfahrungen über dle Zweckmäßigkeit ihrer
ienzelnen Säp, ciner Hlevision unterworfen werden.
7.
Wegen der Unterwerfung der konzessionirken auswärtigen Privatfeuerversicherungs-
anstalten unter die inländischen Gerichtsbehörden ist bereits Verfügung ergangen, und
diese wird auch auf die Hagelversicherungen und Lebensversicherungen ausgedehnt wer-
den, soweit nicht etwaige besondere Verhälinisse für die derartigen, noch bei weitem nicht
genug in Wirksamkeit vorhandenen Anstalten Ausnahmen rathsam machen.
B8.
Eine neue Muühlenordnung liegt bereits ausgear beitet vor, deren schließliche Abfas-
sung sieht aber der Ratur der Sache nach im Zusammenhange mit der in Aussicht sie-
beuden Einführung einco neuen Gewichtssystems in den Nachbarstaaten, welchem man
sich diesseits anzuschließen haben würde.
9.
Die Verordnung über die Ausübung des Mitaussichtsrechts der Patronaksinhaber
in Kirchen= und Schulverwaltungosachen wird nach vernommenem Gutachten Unseres
Konsistoriums dem Antrage gemäß erlassen werden.
III.
In Betreff der Verhandlungen, welche im Anschluß an dle dem Finanzausschusse
obgelegene Prüfung des Lamesbaushali und den darüber erstatteten Bericht Sit ge-
junden haben, ist zu bemerken, daß — wie auch von dem Landtage anerkannt — nach
Lage der Sache unabhängig ven den neurn Zusammenstellungen der Etat für die zu
Ende gebende Finanz-Periede mit den Summen der ctalmäßigen Kapitel auch für dieses
Jahr die Norm bleibt, an welcher möglichst und insoweit nicht unabweisbare Verhält=
nisse, wie z. B. die Erhöhung der bundromäßigen Leisiungen bei dem Militär, und in
verschiedenen Verwaltungszweigen dice höheren Lebenominelpreise ein Anderes bedingen,
festgehalten werden soll.
Deu bei dieser Veranlassung gestellten Anträgen des Landtags auf Ersparungen
oder nügliche Aufwenkungen werden Wir gern Unserc volle Berücksichtigung schenken.
Was zunächst die von dem Landtage beamtragte büreaukratische Behandlung der
Finanzangelegeuheiten bei Unserem Ministerium aulangk, so wird auf deren Einführ-
ung Bedacht genommen werden, sobald nur erst die dringlicheren und praktisch wich-
ütigeren Einrichtungen wetzen der Buchhaltung bei der Hauptstaatskasse und hinsichtlich
126
des Rechnungs-, Revisions= und Kalkulaturwesens, welches dem Rechnungs= und Kata-
sterbüreau übertragen worden, ins Leben getreten sind.
Zur Vermehrung der Arbeitskräfte bei dem Justizamte Gera und Verbesserung der
Gehalte elniger der geringst besoldeten Beamten der andern Justizämter mit Benugung
deir durch die zustimmende Erklärung des Landtags lich ergebenden Mittel ist bereits
Verfügung getreffen. «
DenUnterhaltungsaufwandfükdasgegcndcnEtataufdknWunschdckStadtgk-·
meinde Saalburg bestehen gebliebene Justizamt dortselbst wollen Wir zwar für die nächste
Zeit noch aus Unserer Kammerkasse besireiten lassen, Wir müssen Uns aber die Herstel-
lung der etalmäßigen Einrichtung vorbehalten.
Wegen der elatmäßigen, auch formellen Gleichstellung der Gensd'armeriegehalte ist
Anordnung ergangen; bei den außerordentlicher Weise oder am Jahresschlusse zu bewil-
ligenden Gratisikationen wird die Grenze des dafür ausgeworfenen Gesammtbetrags be-
achtet werden. Die Vermehrung der Zahl der Gensd'armes im Geraischen Landeötheile
unter den bei den Landtagsverhandlungen für angemessen anerkannten Modalitäten bleibt
vorbehalten. Zur Verbesserung der Gehaltsbezüge einiger Beamten der Landrathsämter
wird in dem von dem Landtage nicht beanstandeten Maße über die vorhandene geringe
Erübrigung verfügzt werden.
Die Konsolidation der Landeoschuld mittelst unkündbarer zinstragenden Schuld-
scheinen mit einer bestimmten Tilgungsrente wird veranstaltet werden, wenn und sobald
diese Maßregel ohne den augenscheinlichen Verlust, der in der Erhöhung des bisher von
der Landeskasse gezahlten Zinsfußes liegen würde, ausgeführt werden kann.
Unser Ministerium wird zu seiner Zeit dem Landtags-Ausschusse weitere Mittheil-
ung darüber machen und dessen Mitwirkung beanspruchen.
Durch die von dem Landtage genebmigten, in dem Berichte des Finanz-Ausschusses
enthaltenen Vorschläge und Berechnungen über die Fesisetzung und den Betrag der gan-
zen Landesschuld haben sich die Auträge Unseres Ministeriums wegen Anerkennung
aufgenommener und ferner zur Deckung von älteren Passiven aufzunehmender Darlehen
erlediget. Die speziellen Nachweise über die Begründung der lepterwähnten Rechnungs-
rückstände werden nach Maßgabe der erfolgenden Auszahlungen dem Landtagsausschusse
zukommen.
Um in den Ausgaben für das Bundeskontingent nur möglichst wenig Steigerungen
eintreten lassen zu müssen, haben Wir jederzeit Unseren Bundestagsgesandten ange-
wiesen, im Vereine mit anderen in gleicher Lage befindlichen Regierungen die Gründe
geltend zu machen, welche für die Erleichterung der Militärlast der mindermächtigen Bun-
desslaaten angeführt werden können, und es baben diese Anträge auch vlelfach Berück-
127
sichtigung bei den Beschlüssen der Bundesversammlung gefunden. Wir werden serner
in vorkommenden Fällen dieses Verfahren beobachten, übrigens Unseren Behörden eine
strenge Einhaltung der Ordnung im Rechnungswesen der Militärverwaltung, wie die-
selbe neuerlich hergestellt worden ist, zur Pflicht machen und bei Aufstellung des Etats
für das nächste Jahr die Anträge des Landtags, namemtlich hinsichtlich der Quartier-
gelder und des Kasernementafonds, thunlichst berücksichtigen, wobei Wir freilich immer-
bin eine wesentliche Vermindeeung der Ausgaben auf Unser Militär — dessen Erhal-
tung und Ausbildung auf gleichem Fuße mit den Kontingenten anderer Länder, mit
denen es zum Schuge des Vaterlandes vereinigt zu wirken bestimmt ist, ebenfalls Ge-
tenstand Unserer Plichtmäßigen Landesherrlichen Fürsorge sein muß — nicht in Aus-
sicht stellen können.
Die im Einvernehmen mit Unserem Ministerium gefaßten Beschlüsse, aus der allge-
meinen Kirchen= und Schulkasse, unter Fortzahlung der dahin gewiesenen periodischen
Bewilligungen, 800 Thlr. jährlich zur Haupistaatskasse abgeben zu lassen, aus der Les--
teren aber außer den fortbestehenden anderen Verwilligungen für das Schulwesen zur
Deckung des rechnungsmäßig noch genauer feüzustellenden Deizits der Landes-Kirchen-
und Schulstiftungs-Kasse zu Eberedorf und der Lebensteiner Stadtschulenkasse, ferner des
noch 600 Thlr. betragenden Defzito der Lankesschulenkasse die erforderlichen neuen Zu-
schüsse zu leisien, auch anstatt der in den letzten Jahren gewährten Gralifkationen die
ctalmäßig ausnesehte Summe von 1000 Thlr. vielmehr zu bleibenden Gehaltszulagen
für die Landschullehrer, mit dem besonderen Zwecke der Abschaffung des hin und wieder
noch bestehenden Reihetisches, zu verwenden, werden genehmigt.
Der ablebnenden Ertlärung de Landtags wegen der schon verausgabten 500 Thlr.
zu Elsteruferbauten kann keine Kraft beigelegt werden, da diese Ausgabe in bester Ab-
sicht zu Landeszwecken und innerhalb dr# Elats erfolgt ist; weitere Aufwendungen aber
werden zu dieser An von Versuchen nicht mehr und überhaupt nur mit Ilücksicht auf die
jetzt vorliegenden Landtagsverbandlungen erfolgen.
Die Anstellung eines höheren Bauvramten, der in allen das Bauwesen betreffenden
Angelegenheiten der Landesverwaltung zur Seite siehen könnte, ist schon längst als ein
dringendes Bedürfniß von Uns erkannt. Das mit Zustimmung des Landtags käuflich
übernommene ebemalige Lobensteiner Marstallgebände wird mit dem gewünschten weiteren
Raume der Behörde ald Landeseigenihum überwiesen werden; eine Revision und Zusam-
menstellung der geseplichen Bes immungen über die Kommunalwegehauten wird von Uns
angeordnet werden, wobei Wir bemerken, dah auch Uns die Erleichterung der Wege-
baulast der Gemeinden und die Uebernahme noch vieler Wege auf die Landsiraßenbau=
kassen sehr erwünscht sein würde, wenn nicht unerschwingliche Opfer Seitens des Landes
die noihwendige Folge davon wären.
128
Bei der Verfügung über die Ueberschüsse bei den Sparkassen können Wir im In-
teresse der einzelnen Landestheile keine so unbedingte Befugniß des Landtags, wie bei
Landeskassenangelegenheiten, anerkennen, werden solche Verfügungen aber nicht ohne vor-
herige Vernehmung des Landtags-Ausschusses gutheißen.
Die Erklärungen, die Unser Ministerium in dieser Beziehung, sowie auch im Verlaufe
der übrigen Verhandlungen über das Finanzwesen laut der gedruckten Landtagsprokokolle
abgegeben, werden hierdurch genehm gehalten.
Dem versammelt gewesenen Landtage wiederholen Wir hiebei gern öffentlich den
Ausdruck Unseres Dankes für die von ihm bewiesene pflichtgetreue Gesinnung und dem
Besten des Landes gewidmete Thätigkeit.
Urkundlich haben Wir diesen
Landtagsabschied,
wovon ein Druckexemplar jedem Abgeordneten zugehen wird, eigenhändig vollzogen und
mit Unserem Fürsilichen Siegel versehen lassen.
Schloß Schleiz, den 2. Juli 1856.
(L. S.) Heinrich L.XVII. F. R.
v. Geldern.
129
Gesetzsammlung
Fürstlich Reußischen Lande jungerer Linie.
No. 197.
1) Zusähliche Verordnung zum Gesehe über den Zivilstaatsdienst.
Wir Heinrich der Sieben und Sechzigste von Gottes Gnaden
Jüngerer Linie regierender Fürst Reuß, Stammes Aeltester,
Graf und Herr von Plauen, Herr zu Greiz, Kranichfeld,
Gera, Schleiz und Lobenstein 2c. 2c.
verordnen hiermit zur Erginzunz des Gesepes über den Jivilstaatsdienst vom 16. Juni
1853 und in Anwendung der bei der gegenwärtigen Jassung des Verfassungögesehes in
Gültigkeit getretenen Grundsäßze:
1.
Die rechtlichen Verhältnisse der höheren Beamten Unserer Domanialverwaltung
d. i. des Vorstands und der Mitglieder Unserer Kammer, der Forstdirektoren und der
Verwalter der Generalkasse und Unserer Rentämter sollen ebenfalls nach dem obenan-
geführten Gesetze über den Zivilstaakodienst beurtheilt werden und den genannten Be-
amten hinsichtlich der Wartegeld= und Pensionsbezüge aus Unseren Kammerkassen gleiche
Ansprüche zustehen, wie Unseren Staatsdienern.
2.
Der §. 32 des Gesepes über den Zivilstaatsdienst, welcher mil der Ueberschrift „be-
sonderes Verhältniß abtretender Minister“ versehen ist, wird hiermit für aufgehoben er-
klär, da die darin enthaltenen unnöthigen Bestimmungen geeignet sind, der Stellung
solcher Beamten zum Landesherrn eine unrichtige Bedeutung zu geben und die allge-
meine Verantwortlichkeit aller Staatsdicner in Iweisel zu stellen.
Ausgegeben den 16. Juli 1856. 24
130
2
Der am Schlusse des Gesetzes normirte Diensteid wird künftig nach folgender Ver-
Pslichtungsformel geleistet:
„Ich schwöre hiermit, daß ich dem regierenden Fürsten, meinem gnädigsten
Hern, unterthänig, kreu und gehorsam sein, das mir übertragene, sowie jedes
mir noch zu übertragende Amt, auch alle mit jenem oder diesem verbundenen
und daneben mir ausgetragenen Geschäfte nach meinem besten Wissen und Ge-
wissen gesehmäßig venvalten, die Verfassung gewissenhaft beobachten, und mich
in allen Beziehungen so verhalten will, wie es einem redlichen, ehrliebenden
und treuen Staatsdiener zukommt, so wahr mir Gott helfe und sein heilig
Wort, Jesus Christus, Amen,“
welcher Formel bei dem Richtereide nach dem Worte: „venwalten“ noch der entsprechende
Zusaz:
* „In sbesondere bei Ausübung des Richteramts Jedem ohne Ansehen der Per-
son gleiches Recht angedeihen und mich davon durch keinerlei Rücksicht abhal-
ten lassen“
einzuschalten ist.
Wir wollen, daß Un sere Behörden sich allenthalben hiernach achten, und baben
dessen zur Urkund gegenwärtige Verordnung eigenhändig vollzogen und mit Unserem
Fürstlichen Siegel versehen lassen.
Schloß Schlelz, den 5. Juli 1856.
L. S.) Heinrich LXVII. F. R.
v. Geldern.
2) Jagdpolizei Verordnung.
Wir Heinrich der Sieb en und Sechzigste von Gottes Gna-
den Jüngerer Linie regierender Furst Reuß, Stammes Ael-
tester, Graf und Herr von Plauen, Herr zu Greiz, Kranich-
feld, Gera, Schleiz und Lobenstein 2c. 2c.
verordnen, auf Grund des jetzt gültigen §. 46 des Versassungsgesetzes, zur Verbesserung
der Jagdpolizei und Vewollständigung der darüber bisher erlassenen Vorschriften:
131
1.
Die Verpachtung der Jagden von Bezirken, die nicht aus dem Grundeigenthume
eines einzigen Gutsbesigers bestehen, geschieht von jeyt an und mit Ablauf der gegeu-
wärtig bestehenden Pachtwerträge durch die Landrathsämter für Rechnung der betheiligten
Bezirksgenossen.
Wenn eine Stadt= oder Landgemeinde oder sonstige Bezirksgenossenschaft die ihr
zustehende Jagd zu verpachten gesonnen ist, hat dieselbe dem Landrathsamte Anzeige da-
von zu machen. Dieses hat einen öffentlichen Steigerungstermin anzuberaumen, zu wel-
chem die Vertreter der einbezirkten Grundbesitzer, oder, wenn solche nicht besonders ge-
wählt sind, der Gemeindevorstand und der Vorsihende des Gemeinderaths vorzuladen sind.
Mit Berücksichtigung der von diesen zu erkennen gegebenen Wünsche sind die Pachtbe-
dingungen festzusiellen in der Weise, daß der Vertrag nie auf weniger als sechs und nicht
länger als zwölf Jahre abgeschlossen wird, und im Termine ist die Jagdpacht dem Meist-
biekenden zuzuschlagen, insofern derselbe gesetzlich zu einem Vertragsabschlusse überhaupt
berechtigt und nach den untenstehenden Bestimmungen zur Ausübung der Jagd befähigt
ist. Bei gleichen Geboten ist demjenigen vor Anderen der Vorzug zu geben, der im
Jagrbezirke selbst ansässig ist oder angrenzende Grundstücke besipt.
Bei den Verpachtungen ist auch ferner die Vorschrist des §. 5 der Verordnung vom
23. September 1850 zu beachten.
Afterverpachtungen ünd künftig unzulässig.
2.
Die Flurschützen und die ihnen beizugebenden Stellvertreter, durch welche Gemein-
den oder sonstige Bezirksgenossenschaften die Jagd ausüben lassen wollen, ü#nd den Land-
ratbsämtern vorstellig zu machen und können von diesen zurückgewiesen werden, wenn cs
Leute sind, die sich keincs guten Aufes erfreuen.
3.
Wer die Jagd ausüben will, auch als Pachter oder Flurschütz, hat sich mit einer
Jagkkame zu versehen und dieselbe zu seiner Legitimation stets bei sich zu führen.
4.
Die Jagdkarten werden von den Landrathsämtern ausgestellt und zwar das erste
Mal auf die Zeit vom Tage der Ausstellung bis zum 31. August 1857, künstig aber
allemal auf ein Jahr vom l. September bis 31. August. Sie gelten für den ganzen
Umfang des Landes, lauten auf den Namen des Inhabers und dürfen von demselben
nicht Anderen überlassen werden.
245
132
Die von den Jagdberechtigten zum Treiben des Wildes und zum Tragen des Erleg-
ten mitgenommenen Personen bedürfen keiner Jagdkarten.
5.
Die Ausstellung von Jagdkarten ist zu versagen:
1) Unmündigen, insofern nicht von ihrem Vater oder Vormunde darauf angetragen
wird;
allen unter Kuratel gestellten oder wegen körperlicher oder geistiger Mängel zur
sicheren Führung eines Feuergewehrs unfähigen Personen;
3) solchen Personen, welche wegen Mißbrauchs des Feuergewehrs, wegen Jagdfrevels
oder Holzdiebstahls oder wegen Fälschung oder Mißbrauchs von Jagdkarten be-
straft worden sind, innerhalb der nächsten fünf Jahre nach erfolgter Bestrafung;
allen den Personen, von welchen man nach ihrem zeitherigen Verhalten einen
ungebührlichen Gebrauch des Feuergewehrs oder eine der öffentlichen Sicherheit
und Ordnung gefährliche Ausübung der Jagd befürchten muß.
6.
Die Ausstellung der Jagdkarten erfolgt ohne Berechnung amtlicher Gebühren fir
die dabei Statt findende Verhandlung. Es hat jedoch derjenige, welcher die Jagdkate
löst, dafür jedesmal einen Betrag von Vier Thalern zu zahlen.
Die aus diesen Zahlungen fließende Einnahme ist mit besonderen Lieferschenen
gleichzeitig mit den Sporteleinnahmen zur Hauptstaatskasse abzugeben und zu verreynen.
7.
Befreit von der Verbindlichkeit zu Lösung einer Jagdkarte sind:
1) die Theilnehmer an den landesherrlichen Jagden;
2) die Besitzer der nach der älteren Verfassung jagdberechtigten Güter, issofern sse
blos auf diesen die Jagd ausüben;
3) die landesherrlichen Jagd= und Forstbeamten, deren Forstgehülfen und Lehrlinge
eingeschlossen, innerhalb der landesherrlichen Forst= und Jagdreviere und
4) die in festem Lohn und Brode stehenden Forst= und Jagdaufseher der unter 2.
gedachten Gutsbesitzer, jedoch nur innerhalb der Jagdreviere ihrer Dienstherren.
8.
Tritt bei einer mit einer Jagdkarte versehenen Person später ein Grund ein, aus
welchem die Ausstellung derselben zu versagen gewesen sein würde, over wird das Vor-
handensein eines solchen Grunds erst später entdeckt, so ist die Jagkarte sofort zurück-
zuziehen.
2
—
4
133
Ein Anſpruch auf Ruͤckerſtattung des Geldbetrags fuͤr die Jagdkarte ſteht der be⸗
treffenden Perſon nicht zu.
9.
Zuwiderhandlungen gegen obige Vorſchriften ſind, inſoweit ſie nicht in ſchwerere,
durch andere Geſetze mit hoͤherer Strafe bedrohte Vergehen oder Verbrechen ausarten,
mit einer Geldstrafe von 1 bis 50 Thlrn. oder mit 1 Tag bis 6 Wochen Gefängniß
zu ahnden.
Die geringste Strafe für denjenigen, der — ohne von der Verpflichtung zur Lösung
einer Jagdkarte gesetzlich entbunden zu sein — dessen ungeachtet die Jagd ohne vorherige
Erfüllung dieser Verpflichtung ausübt, ist zehn Thaler oder zweiwöchentliches Gefängniß.
Wer eine Jagdkarte gelösst hat, aber in Ausübung der Jagd betroffen wird, ohne
sich auf die Aufforderung eines landesherrlichen Forstbeamten oder Polizeibeamten durch
Vorzeigung derselben ausweisen zu können, ist mit einer Ordnungsstrafe von mindestens
Einem Thaler zu belegen.
10.
Mit Vollziehung dieser und der älteren Jagdpolizeiverordnungen sind die Landraths¬
ämter beauftragt, welche außer der Gensd'armerie und dem sonstgen Polizeipersonal auch
die landesherrlichen Nevierförster zur Aussichtsführung mit verwenden können, ohne daß
übrigens in der allgemeinen Verpflichtung der Ortspolizeibehörden, Gesetzesübertretungen
jeder Art nachzuforschen und zur Bestrafung zu bringen, hierdurch etwas geändert wird.
Die vorkommenden Kontraventionsfälle sind zunächst von den Landrathsämtern zu
untersuchen und nach Lage der Sache durch polizeiliche Straffestsetzung — wenn sich der
Angeschuldigte derselben unterwirft — zu erledigen oder bel vorliegender Berufung auf
rechtliches Gehör, sowie bei Statt findender besonderer Swafwürdigkeit dem zuständigen
Kriminalgerichte zu überweisen.
Die auf der früheren Organisation berubenden, entgegenstehenden „Vorschriften in
6 1 und 2 der Verordnung vom 12. Januar 1850 werden hiemit ausdrücklich aufge¬
hoben.
Gegenwärtige Verordnung tritt mit dem 1. September dss. Is. in Kraft.
Urkundlich unter Unserer eigenhändigen Unterschriftund Beifügung Unseres Fürst=
lichen Siegels.
Schloß Schleiz, den 5. Juli 1856.
(d. S.) Heinrich LXVII. F. R.
v. Geldern,
131
3) Verordnung, einige Modiffkationen der Gemeindeordnung betreffend.
Wir Heinrich der Sieben und Sechzigste von Gottes Gna-
den Jungerer Linie regierender Fürst Reuß, Stammes Aelte-
ster, Grafund Herr von Plauen, Herr zu Greiz, Kranichfeld,
Gera, Schlleiz und Lobenstein 2c. 2.
baben — in Betracht, daß mehrere neugeschaffene, mit den Verfassungs= und Verwalt=
ungsgrundsitzen fast aller deurschen Länder im Widerspruch stehenden Bestimmungen der
Gemeindeordnung üch in der Ausführung als unpassend erweisen, namentlich die An-
wendung des allgemeinen Stimmrechts auf die Wahlen der Ortsobrig keiten unstatthaft
in, den angesessenen und begüterten Mitgliedern der Stadt= und Landgemeinden wieder
ein angemessenerer Einfluß anf die Gemeindeangelegenheiten eingeräumt werden muß und
die finanziellen Verlegenheiten, in welche mehrere Gemeinden gerathen sind, ein erleich-
tertes Verfahren für die Aufbringung der Gemeindeabgaben erheischen — da der Eintritt
der darauf bezüglichen Aenderungen aber vor Ablauf der Wallperioke, der in Folge
der Einführungsverordnung vom 13.Februar 1850 gewählten Gemeindebebörden dringend
erforderlich ist — mit Bezugnalme auf §. 66 und 67 des Verfassungsgesetes unter dem
Vorbehalt weiterer Vorlagen bei dem nächsten Landtage — Folgendes verorduct:
1.
Die Wahl neuer Geweindevorsiände (Vürgermeister, Stellvertreter der Bürgermei-
ster und Stadträthe) geschieht in den von jetzt an vorkommenden Erledigungsfällen in
allen Gemeinden, in denen Gemeinderäthe besiehen, nich: mehr durch die Gemeindever=
sammlung, sondern durch den Gemeinderath.
Wegen des bei diesen Wahlen zu beobachtenden Verfahrens kommen auch ferner
die §§. 71—89 und 94 und 95 der Gemeindeordnung mit der Maßgabe zur Anwend-
ung, daß die Wahlhandlung von dem Vorsipenden des Gemeinderaths ohne Zuziehung.
eines besonderen Wahlvorstands geleitet wird.
2.
Bei den Gemeinderäthen soll wenigstens die Hälfte der Mitglieder
in den Slädten und in Hohenleuben, Eberederf und Langenberg aus Hausbesihern,
in den Dorsgemeinden aus den Besitzern geschlossener Bauergüter
bestehen. Zu diesem Zwecke sind bei den nächsten vorkommenden Wahlen in Orten, wo
ein solches Verhältniß noch nicht vorhanden ist, ausschliehlich oder so viel dergleichen
Grundbesitzer zu wählen, als zur Herstellung dieses Verhältmisses erforderlich it. Im
Allgemeinen aber bleibt die Vorschrist, daß bei den regelmäßig wiederkehrenden Ergänz-
135
ungswablen mindestens die Hälfte der neu zu wählenden Gemeinderathsmitglieder die
oben bezeichnete Eigenschaft haben muß. Auf den Wahlzekteln sind daher mit Beacht-
mng des §. 81 der Gemeindeordnung die Namen von Unangesessenen oder Nichtbegü-
teiten, welche über die möglicherweise für diese Klasse zulässige Zahl hinausgehen, als
nichl geschrieben anzuseben. Bei ungeraden Zahlen ist zum ersten Male die größere
Hälste wenigstens aus den Haus= bezichungsweise Bauergutsbesitern zu wählen. Ueber
das bei jeder Neuwahl eintretende Jahlenverhälimniß hat der Vorh#ende der Wahlver=
sammlung ausreichende Eröffnung zu machen und dabei zu erläutern, daß ein bestimm-
tes Verhälmiß der Theilnahme am Gemeinderakhe für andere als die ebengenanmen RKlas.
sen der Ortsbürger nicht besteht und als solche die Angesessenen und Begüterten in un-
bedingter Zahl wählbar sind.
3.
In allen Gemeinden, in deren Bezirke sich landesherrliche Domanialgüter oder sonsi
mit Gerichtsbarkeit versehene Ritterguͤter befinden, können von Unserer Kameralverwalt=
ung zu ernennende Bevollmächtigte oder die Besiper der Rittergüter, von denen Wohn-
und Wirthschaftsgebäude sich innerhalb des Gemeindebezirks besinden, lebtere mit der Be-
fugniß, Vertreier für sich zu ernennen, auch ohne Wahl in den Gemeinderath eintreten
und unter Uebernahme der allgemeinen Obliegenheiten der Gemeinderathsmitglieder auch
ein gleiches Stimmrecht als solche in Anspruch nehmen. Die Zahl der anderen Gemein-
deralhsmitglieder und deren Besiimmung bei künftigen Wahlen erleidet aber durch den
Hinzutritt eines solchen, zusolge besonderer Berechtigung eintretenden Gemeinderathsmit-
Alieds keine Aeuderung.
1.
Durch landesberrliche Verordnung kann auf Antrag des Ministeriums ein Gemein-=
derath aufgelön werden. Ca ist sodann in der betreffenden Gemeinde eine Neuwahl dro
gesammten Gemeinderaths unter Beobachtung der allgemeinen geseblichen Vorschriften zu
veranstalten und muß diese binnen drei Monaten vom Tage der Auflösung an erfolgen.
Bis zur Einführung des neuen Gemeinderaths ist der Gemeindevorstand verpflichtet, bei
allen vorkommenden wichtigeren Geschäften die Genehmigung der Regierung, beziehungs-
weise des ihm vorgesetzten Landrathsamtes einzuholen.
5.
Wenn in einer Gemeinde die zur Ordnung des Haushalts derselben erforderliche
Ausschreibung von Gemeindeanlagen und die Ausfstellung des Heberegisters für die Bei-
träge zu den Gemeindelasten Anstand findet, so kann bis zur vollständig ordnungsmäßi-
hen Erledigung dieses Gegenstandes und genügenden Einrichung des Kommunalabgn=
136
benwesens Unsere Reglerung auf Antrag des dritten Theils der Gemeinderathemitglie=
der dahin Versügung treffen, daß — insoweit es zur Deckung des Bedarfs der Gemein=
dekasse nöthig — für dieselbe Zuschläge zu den Staatösteuern in der Weise erhoben wer-
den, daß nach gleichem Maßstabe, wie bei den Landesabgaben, neben dem Bekrage eineo
Personal= und Gewerbesteuertermins jedesmal drei Vierktheile eines Grundsteuerterminsbe-
trags zu entrichten sind.
Mit dem Erlaß der näheren, etwa erforderlichen erläuternden Anordnungen zur Voll-
ziehung gegenwärtiger Verordnung ist Unsere Regiernng beauftragt.
Urkundlich unter Unserer eigenhändigen Unterschrift und beigefügtem Fürsilichen
Siegel.
Schloß Schleiz, den B. Juli 1856.
L 8S.) Heinrich LXVII. F. R.
v. Geldern.
137
Gesetzsammlung
für die
Fürstlich Reußischen Lande jüngerer Linie.
No. 198.
Ministerial.Bekanntmachung.
Nachdem zwischen Preußen und den übrigen Staaten des Zollvereins einerseitd und
der freien Hansestadt Bremen andrerseits der nachstebend abgedruckte Vertrag vom 26.
Januar d. J. wegen Beförderung der gegenseitigen Verkehroverhälmmisse abgeschlessen und
ramüzirt worden ist: so wird solches hiermit zur Nachricht öffentlich bekannt gemacht.
Gera, am 30. Juli 1856.
Fürstlich Veuß. Dlausschs Ministerium.
r. eßner.
Schlick.
Vertrag
zwischen
Preußen, Fannover und Kurhessen für Sich und in Vertretung der
übrigen Staaten des Zollvereins einerseits und der freien Hansestadt
Bremen andererseits
wegen
Deförderung der gegenseitigen Verkehroverhältnisse.
Seine Majestät der König von Preußen, Seine Majestät der König von Hannover
und Seine Rönigliche Hobeit der Kurfürst von Hessen für Sich und in Vertretung der
übrigen Milglieder des, Kraft der Verträge vom 22. und 30. März und 11. Mai 1833,
12. Mai und 10. Dezember 1835, 2. Januar 1836, 8. Mai, 19. Oktober und 13. No-
Ansgegeben den 6. August 1856. 25
138
vember 1841, endlich vom 4. April 1853 bestehenden Joll- und Handels-Vereines, näm-
lich: der Kronen Bayern, Sachsen und Württemberg, des Großherzogihumes Baden, des
Großherzogthumes Hessen, der den Thüringischen Zoll- und Handels-Verein bildenden
Staaten — namentlich des Großherzogthumes Sachsen, der Herzogthümer Sachsen-Mei-
ningen, Sachsen-Altenburg und Sachsen-Coburg-Gotha und der Fürstenthümer Schwarz-
burg-Rudolstadt und Schwarzburg-Sondershausen, sowie der Fürstlich Reußischen Länder
öälterer und jüngerer Linie — des Herzogthums Braunschweig, des Großherzogihumes
Oldenburg, des Herzogthumes Nassau und der freien Stadt Frankfurt, ferner in Vertrei-
ung des Großherzogthumes Luxemburg, der Großberzoglich Meckleuburgischen Enclaven
Rossow, Neheband und Schönberg, des Großherzoglich Oldeuburgischen Fürstenehumes
Virkenfeld, der Herzogthümer Anhalt-Dessau-Köthen und Anhalt-Beruburg, der Fürsten-
thümer Waldeck und Pprmont, der Fürstenthümer Lippe und Schaumburg-Lippe, der
Landgräflich Hessischen Gebiet#theile, des Oberamtes Meisenheim und des Amics Hom-
burg, cinerseits,
# un
der Senat der freien Hanststadt Bremen andererstils,
von dem Wunsche geleitet, die gegenseitigen Handelsbeziehungen zwischen Ihren.
Stoaten im gemeinsamen Interesse möglichst zu fördern, haben zu diesem Zwecke Ver-
handlungen ersffnen lassen und zu Bevollmächtigten bestellt:
Seine Mojestät der König von Preußen:
Allerböchst-Ihren geheimen Ober-Finanz-Rath Frledrich Leopald Henningz
Seine Majestäk der König von Hannover:
Allerhöchst-Ihren Schaprath Dr. Carl Friedrich Langz
Seine Königliche Hoheit der Kurfürst von Hessen:
Höchst-Ihren Ober-Finanz-Rath Wilhel m Cramer;
der Senat der freien Kausestadt Bremen:
den Senater Arnold Duckwipy,
den Senator Dr. Heinvich Wilhelm Smidt, und
den Senator Carl Friedrich Ludwig Hartlaub;
von welchen Bevollmächtigten folgender Vermag, unter dem Vorbehalte allseitiger Nati-
fikation, abgeschlossen murden istr.
Artikel 1.
Die Schifft Vreußens und jedes der übrigen Staaten des Zollvereines, welche in
die Häfen der freien Hansestadt Bremen eingehen oder von dort ausgehen werden, und
umgekehrt, die Bremischen. Schisse, welche in die Häsen des Königreiches Preuhen eder
eines anderen Staates des gedachten Vereines eingeben oder von dort ausgeben werden,
139
sollen ohne Rücksicht auf ihren Abgangs= oder Bestimmungdort hinsichtlich aller das Schiff
treffenden Abgaben, welcher Art oder Benennung dieselben seien, mögen sie im Namen
oder zum Vortheile der Regierung oder zum Vortheile öffentlicher Beamten, Ortsver-
waltungen oder Anstalten irgend einer Art erhoben werden, auf demselben Fuße behan-
delt werden, wie die National-Schiste.
Artikel 2.
Alle Erzeugnisse und andere Gegenstände des Handels, deren Einfuhr oder Aus-
fubr nach oder aus den Staaten der hohen vertragenden Theile gesetzlich auf National-
Schiffen wird Statt finden können, sollen ohne Unterschied ihrer Herkunft und Bestim-
mung auch auf Schiffen des anderen Theiles dorkhin eingeführt oder von dort auoge-
fübrt werden können.
Artikel 3.
Waaren jeder Art, ohne Unterschied ihres Ursprunges vder Elgenthümers, die, von
welchem Lande es sei, durch Schiffe des Zollvereines in die Häfen Bremens, oder durch
Bremische Schisfe in diejenigen des Zollvereines eingeführt werden, desgleichen Waaren,
die, für welche Bestimmung es sei, aus den Häfen des Jollvereines durch Bremische
Schiffe, oder aus den Häfen Bremens durch Schiffe der Jollvereins-Staaten ausgeführt
werden, sollen in den beiderseitigen Häfen keine anderen oder höheren Abgaben ent-
richten, als wenn die Einfuhr oder Ausfuhr derselben Gegenstände durch National-Schiffe
Sian fände.
Die Prämien, Abgabenersiattungen oder andere Begünstigungen dieser Art, welche
in dem Gebiete des einen der hohen kontrahirenden Theile der Einfuhr oder Ausfuhr
auf National-Schiffen bewilligt werden, sollen in gleicher Weise bewilligt werden, wenn
die Einfuhr oder Ausfuhr auf Schiffen des anderen Theiles erfolgt.
Artikel
Hinsichtlich des Betrages, der Sicherung und der Erhebung der Ein-, Ans- und
Durchgangs-Abgaben dürfen in keinem der kontrahirenden Staaten
Erzeugnisse des Gebieles des anderen kontrahirenden Theiler ungünstiger als
gleichartige Erzeugnisse irgend eines außerdeutschen Staates,
Waaren, welche aus dem Gebiete des anderen kontrahirenden Theiles ein= oder
durchgeführt werden, ungünstiger als bei dem unmittelbaren Eingange vom Aus-
ande.
) Ausfuhrgegensiände, bei dem Ausgange nach dem Gebiete des anderen kontrabi.
renden Theiles ungünstiger als bei dem unmittelbaren Ausgange nach dem Auslande
behandelt werden..
Ausnabmen hiervon sind nur bei Zolleinigungen mit rritten Staaten und binsicht-
lich solcher Begünstigungen zulässig, welche dritten Staaten durch schon besicheude Ver-
2
.
□—..
1
140
traͤge zugestanden sind, oder welche den, unmittelbar über die Landgrenze eingebenden
Erzeugnissen eines Nachbarlandes oder seiner Eurepäischen Zubehörungen mit Aucksicht
auf ähnliche Gegenleistungen etwa zugestanden werden; ferner von der Verabredung zu
2., in Bezug auf Wein, bei dessen Verzollung eine Eingangsabgaben= Ermähigung auf
den direkt aus den Erzeugungslanden berkommenden Wein beschränkt werden kann.
Artikel 5.
Da die boben kontrahirenden Tbeile die Un#erdrückung des Schleichhandels an den
beiderseitigen Grenzen, sowie von der Weser und deren Nebenslüssen aus, nicht minder
wie eine freundnachbarliche Mitwirkung bierbei als vorzügliches. Mittel zur Beiörderung
des redlichen Verkehres zwischen Ibren Gebieten anerkennen, so verpflichten dieselben Sich
dem Schleichhandel zwischen Ihren Landen, und insbesondere da, wo die beiderseitigen
Grenzen sich berühren, nach Möglichkeit entgegenzuwirken, jeden durch die Zoll= und
Steuer-Gesetze des Nachbarlandes verbotenen Verkehr nach letzterem zu verbicten, zu be-
strasen und überbaupt möglichst zu verhindern, auch sich gegenseitig zur Ausrolnung eines
solchen unerlaubren Verkebres, wo derselbe sich zeigen sollte, behülflich zu sein. Zur Er-
I. reichung dieses Jweckes ist die in der Anlage l. beigefügte Uebereinkunft wegen Unter-
drückung des Schleichbandels zwischen Ihnen errichtet worden.
Artikel 6.
Um dem Verkebre zwischen Bremen uud dem Gebiete des ZJollvereines diesenigen
Erleichterungen zu gewähren, welche ohne Gesährdung des Zoll-Juteresses zuläsün er-
scheinen, ist man übereingekemmen, daß in der Stadt Bremen für den Verkehr vermit-
lelü der Eisenbahn und der Weser ein zollvereinsländisches Hauptzollamt mit besonders
fe#zusegenden Befugnissen zur Zollabsertigung und Erbebung errichlet werde. Die dazu.
erforderlichen Lokalitäten und Anstalten werden von Seiten Bremens auf dessen Kosten
gestellt. Die in der Anlage II. beigesügte Uebereinkunft enlbält die näheren Bestim-
mungcen hierübcr.
Artikel 7.
Zur Beförderung des Waarenaksatzes aus dem Jollvereine nach anderen, besonders
übersceischen Ländern, soll in beiderseitigem Interesse in der Stadt Biemen eine Zoll-
vereinöniederlage unter Aussicht und Kontrole des im vorstehenden Artikel erwähnten
Haupt-Zollamtes errichtet werden, in welcher Erzeugnisse des Zollvereines, sowie in dem-
selben verzollte fremde Waaren gelagert, behandelt, umgepackt, getheilt und solchernestallt
in den Zollverein zollfrei zurücküebracht werden können. Die Verwaltung dieser Nirder
lage steht der freien Hansestadt Bremen zu. welche die erforderlichen Baulichkeiten und
Einrichtungen auf ihre Kosten ülernimm. Das Nähere ist hierüber in der Anlage
II. bestimun.
141
Artikel 8.
Um die Unterdrückung des Schleichhandels vollständiger zu erreichen, welcher durch
die vorspringende Lage Bremischer Gebietstheile begünstigt wird, sind die hohen Kon-
trahenren übereingekommen:
1) Die hollerländischen Außendeichsländereien an der rechten Seite des längs des
Deicho fließenden Zuggrabens (Deichschlot) von Tenöver an, sowie an der rech-
ten Srite der Mumme, wo diese an den Hollerdeich kritt,
die am rechten Ufer der Wumme belegenen Theile des Gerichtes Borgseld, na-
mentlich Mutendieck, Timmrereluhe, Borgfelder-Moor, Borgfelder-Weide, sowie
sämmtliche Vorgfelder Wiesen,
die Wumme und Lesum oberhalb Burg, so weit Bremen die Landeshoheit dar-
über zusteht,
die am linken Ufer der Ochum belegenen Bremischen Dorsschaften und Feldmarken
Kirchbuchting, Mintelobuchting, Brookhuchting, Varrelgraben und Grolland, ein-
schließlich den Ochumflusses,
unbeschadet der dem Bremischen Staate zuüebenden Landeshoheit, dem Zollvereine an-
zuschliechen. Das Nähere über diesen Anschluß ist in der als Anlage 11I. beigefügten
Uebereinkunft festgestellt.
Ucber die Besteuerung der inneren Erzengnisse in den vorgenannten Gebietotheilen
tsi die in der Anlage IV. enthaltene besendere Uebereinkunft zwischen Hannover und
Bremen abgeichlossen worden.
S
2
—
S
Artikel 9.
Zur Beförderung des Verkehres i weiter verabredet worden, daß die den kentra-
birenden Staaten angehörigen Fabrikanten und Gewerbetreibenden, welche blos für das
von ihnen betriebene Geschäft Ankäufe machen, oder Reisende, welche nicht Waaren selast,
sondern nur Muster derselben bei sich führen, um Bestellungen zu suchen, wenn sie die
Berechugung zu diesem Gewerbobetrirbe in demjenigen State, in welchem sie ihren
Wobusip haben, durch Entrichtung der geseplichen Abgaben erworben haben, oder im
Dienste solcher inländischen Gewerbetreibenden oder Kaufleute stehen, in dem Gebiete des
anderen kontrahirenden Theiles keine weitere Abgabe hierfür zu entrichten verpflichtet
sein sollen.
Artikel 10.
Da die Stadt Bremen für manche Gegenstände, welche allein oder doch haupksäch-
lich aus dem Zollvereine dahin gelangen, den Haupt-Marktort für die zum Jollvereine
Jehörige Gegend der untern Weser bildet, eine Zoll-Kontkole dabei aber unnsthige Be-
IT
142
läigung herbeifuͤhren wuͤrde, so ist man übereingekommen, daß folgende Gegenstände
vom Bremischen Gchiete, mit Ausschluß von Vegesack und Bremerhaven, zollfrei in den
Zollverein eingehen sollen, als:
) Eichen-, Ulmen-, Eschen,, Buchen-, auch Fichten-, Tannen-, Lerchen-, Pappeln-
und Erlen-Holz in Stämmen, Stöcken und Scheiten; ferner Bandstöcke, Stangen,
Faschinen, Pfahlholz, Flechtweiden, auch bei dem Trauspoit auf der Weser und
deren Nebenflüssen;
grobe, rohe, ungefärbte Böncher-, Drechsler-, Tischler und blos gehobelte Holz-
waaren und Wagnerarbeiten, auch grobe Maschinen von Holz, weder gefärbt,
gebeizt, lackirt oder polirt, noch in Verbindung mit anderen Stoffen. Jedoch
sollen Beschläge, Nägel, Schrauben, Scharniere, Reife, Schlösser, serner Seile,
Swicke, Bindfäden, Bänder, Schnüre und Riemen zur Befestigung oder Ver-
bindung der einzelnen Bestandheile die zollfreie Zulassung der bezeichneten Waaren
nicht ausschlicßen;
grobe Korbflechterwaaren aus ungeschälten Ruthen, ingleichen aus geschälten
Ruthen, weder gesärbt, gebeizt, lackirt noch gesiruißt, zum Wirkbschaftsgebrauche;
ordinäre, ungefärbte Manen und Jußdecken von Bast, Binsen, Stroh und
Schilf
gemeine Töpferwaaren, d. h. gewöhnliches, aus gemeiner Thonerde verfertigtes
Töpfergeschirr mit oder ohne Glasur, Fliesen und Schmelztiegel, und
) Hohlglas in seinen natürlichen Farben (grünes, schwarzes, gelbes), weder gepreßt
noch geschliffen noch abgerieben.
Inwieweit und in welcher Art zur Begründung des Anspruches auf die vorgedachte
Befreiung von dem Eingangozolle ein Nachweis über die Versendung der betreffenden
Gegensiände aus dem Bremischen Gebiete geführt werden muß, darüber werden durch
die Vollzugs-Kommission (Art. 16) die näheren Anordnungen getroffen werden.
Artikel 11.
Zur gegenseitigen Erleichterung des Verkehres auf Messen und Jahrmärkten soll
künftig nur von dem verkauften Theile der auf die Messen und Jahrmärkte in dem Ge-
bieie des anderen kontrabirenden Theiles gebrachten Waaren die gesetzliche Eingangsab-
gabe, für den unverkauft zurückzuführenden Theil aber auf vorschriftsmäßigen Nachweis-
über die Identität der ein- und zurückgefübrten Waaren in beiden Gebicten weder eine
Eingangsabgabe noch Durchgangsabgabe erhoben werden.
Gegenstände der Verzehrung sind von dieser Erleichterung ausgeschlossen; für gro-
bes. und feines Backwerk ist dieselle jedoch gleichfalls zugestanden.
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l -* :
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S
143
Artikel 12.
Die in dem vorstebenden Artikel für den Jahrmarktverkehr bestimmten Erleichterun-
gen sollen auch bei dem Verkehre auf den Viehmärkten in den gegenseitigen Gebieten
Anwendung erhalten, so daß für das unverkauft zurückgehende Vieh weder eine Eingangs-
noch Durchgangsabgabe erhoben werden wird.
Artikel 13.
Die Angehörigen des einen der hohen Kentrahenten, welche die Märkte und Messen
in dem Gebiete des anderen bezichen, sollen daselbst hinsichtlich der Verbindlichkeit zur
Ennichtung einer Abgabe dafür den eigenen Angehörigen gleich behandelt werden.
Artikel 14.
Sowelt durch den im Artikel 8 verabredeten Anschluß Bremischer Gebietstheile an
den Zollverein ländliche Besipungen in der Art getreunt werden, daß einzelne Grund-
stücke durch die Zolllinie von dem Gute oder Hose abgeschnitten sind, von welchem aus
üie bewirihschaftet werden, soll neben der gegenstitigen Gewährung solcher Erleichterungen,
wie sie nach den im Zollvereine geltenden Bestimmungen für den kleinen Grenzverkehr
zugelassen werden können, das erforderliche Saalkorn zu deren Bestellung zollfrei einge-
bracht werden dürfen, nicht minder die Erhebung eincs Zolles für das auf solche Grund-
stücke zur Weide gehende Vieh wegfallen.
Artikel 15.
Das persänliche Verhältniß der bet dem in Bremen zu errichtenden Haupt-Jollamte
oder sonst im Bremischen Gebicte zu stationirenden Zollbeamten wird dahin bestimmt,
daß dieselben während der Dauer ihres dienstlichen Aufenthaltes daselbst neben ihren im
Familienbande stehenden Angebörigen in dem Unterthanenverbande deojenigen Skaates,
welchem sie angehören, verbleiben und ihr Wohnrecht daselbst ihnen erhalten wird. Sie
find den Gesepen, der Gerichtsbarkeit und Polizei der freien Hansestadr Bremen, sobald
nicht die Ausübung ihrer eigentlichen Dienstrerrichtungen als Jollbeamte, mithin die
Disziplin, Dienstvergehungen oder Dienstverbrechen, ferner Vergehen gegen den Heimath-
staat oder dessen Oberhaupt, endlich das eheliche Güterrecht, die Erbsolge in die Verlas.
senschaft solcher Beamten und die Bevormundung der Hinterbliebenen in Frage stehen,
unterworfen, genießen aber, so lange sic in ihrem verbisberigen Unterthanenverdande blei-
ben, für sich und ihre Familien eine Befreiung von persönlichen Leistungen, elnschließlich
des Militär-Dienstes oder irgend eines anderen Waffendienstes, und von der Vermögens=
und Einkommen-Steuer, sowie von sonstigen persönlichen direkfen Staats= und Kommu-
nal-Abgaben und für ihren Nachlaß von der Abgabe von Erbschasten. Der in Vremen
144
bestehenden Gassenreinigungs= und Erleuchtungs-Steuer sind die genaumen Beamten
unterwotfen.
Artikel 16.
Alles was sich auf die Detail-Aubführung der in dem gegenwärtigen Vertrage und
dessen Beilagen enthaltenen Verabredungen beziehl, soll durch gemeinschaftliche Kommis
sarien vorbereitet werden.
Artikel I7.
Dem Senate der freien Hanseadt Bremen steht die Besugniß zu, einen Kommissar
zu bessellen, welcher in seinem Nawen hinsichtlich der aus diesem Vertrage bhervorgebenden
Verlälinisse mit den Vebörden der Zollverwaltung des Zollvereince zur thunlichsien Ab-
kürzung des Geschäftsganges über sich dann cinmnde Angelenenheiten in unmittelbares
Benebmen zu treten und namentlich Auskunft einzuzichen befugt sein soll, unbeschader
der direkten Verhandlung zwischen den Regierungen des Zellvereines und Bremen.
Arrikel 18.
Die Dauer dieses Vertrages wird vorläufig bis zum letzten Dezember 1865 mit
der Maßgabe feügesetzt, daß, wenn derselbe von dem einen oder dem anderen der kontra-
birenden Staaten nicht sräteüens ein Jahr vor dem Aklaufe gekündigt wird, er aut wei-
terc zwölf Jahre, und so fort von zwölf zu zwölf Jahren verlängert angesehen werden foll.
Ueber den Anfang der Wirksamkeit des Vertrages wird ven beiden Theilen eine
Bekaunkuachung erlassen werden.
Derselbe soll alsbald zur Ratisikation sämmtlichen bekbeiligten Regierungen vorge-
legt und die Auswechselung der Natifikations-Urkunden mit möglichster Beschleunigung
in Berlin bewirkt werden.
So geschehen Bremen, den 26. Januar 19856.
(#ez.) Frierrich Leopold Henning. Carl Friedrich Lang.
(I. S) L. S.
Wilhelm Cramcr. Arnolr Duckwih.
(I. S.) (I. S.)
Joh. Heimich Wuh. Smidt. Carl Friedrich L. Harklaub.
(I. 8) (S. 1.)
Uebereinkunft.
zwischen
Prenßen, Hannover und Kurhessen für Sich und in Vertretung der
übrigen Staoten des Zollvereins einerseits und Bremen
andererseits
wegen
Unterdrüchung dee Schleichhandele.
Artikel 1.
Die kontrahirenden Staaten verpflichten sich gegenseitig, auf die Verhinderung und
Umerdrückung des Schleichbandels durch alle angemessenen, ihrer Gesehgebung entsprechen-
den Mahreseln gemeinschaftlich hinzuwirken.
Artikel 2.
Diese Verpflichtung erstreckt sich auf alle Waaren, für welche bei ihrem Uebergange
aus dem Gebiete des einen der kontrahirenden Theile in das Gebiet des anderen eine
Einfuhr= Ausfuhr- oder Durchfuhr-Abgabe zu entrichten oder deren Ein-, Aus= oder
Durchfuhr in dem andercn Staate verboten ist.
Artikel 3.
Die kontrahirenden Staaten verpflichten sich gegenseitlg, die dem anderen kontrahi-
renden Theile angehörigen Unterthanen, welche nach amtlichen Mittheilungen von Seiten
des anderen Theiles den Verdacht des Schleichhandels wider sich erregt haben, innerhalb
ibres Gebietes übenvachen und dieselben, wenn sie mit Pässen nicht versehen sind, arre-
tiren und der nächslen Polizei-Behörde des Nachbarstaates abliefern zu lassen.
In den Gebieten der kontrahirenden Staaten sollen keine Vereine oder Rottirungen
von Schleichhändlern geduldet werden, auch sollen Personen, welche den Verdacht erre-
gen, Waaren, deren Einfuhr in dem Gebiete des anderen Theiles verboten oder mit Ab-
haben belastet ist, mit Umgehung der Zollstraßen, einführen zu wollen, auf die nach den
lehteren führenden Straßen verwiesen werden.
26
146
Artikel 1.
In der Nähe der Landesgrenzen sollen Waarenanhäufungen oder Ablagen, welche
den Schleichhandel zum Zwecke haben, nicht geduldet, vielmehr unter Androhung ange-
messener, im Wiederholungsfalle zu schärfender Strafen verboten werden. Die kontra-
hirenden Staaten sind übrigens darin einverstanden, daß Waarenlagerungen zu einem
erlaubten Geschäststetriebe zu Bremerhaven und Vegesack, sowie an der Weser= und Le-
sum-Grenze, bis einschließlich Burg, und zu Hasledt, jedenfalls nicht unter den Begriff
verbotener Waarenanhäufungen oder Ablagen fallen.
Artikel 5.
Der Senat der freien Hansestadt Bremen veryflichtet sich, in den auf den Landbau
angewiesenen Bremischen Grenzorten (jedoch mit Ausschluß der im Artikel 4 bezeichneten
Bremischen Ortschaften und Grenzstrecken) Konzessionen zu der Anlage von Kramladen
oder Haudels-Etablissements in der Nähe der Landesgrenze, in welchen Zucker, Kasser,
Thee, Reis, Taback und andere Kolonial-Waaren, Wein, Brannbwein, Manufaktur-Wag-
ren aus Wolle, Baumwolle oder Seide verkauft werden, nicht weiter zu ertheilen, die er-
tbeilten Konzessionen aber zurücknehmen, sobald dieses ohne Unbilligkeit geschehen kann.
Artikel 6.
Die Grenz= oder Polizei-Behörden der kontrahirenden Staaten, namentlich aber die
Steuer= und Zoll-Beamten, sollen angewiesen werden, in den angedeuteten Beziehungen,
die Interessen der anderen konmahirenden Staaten jederzeit und auch nnausgesordert mit
wahrzunehmen und der gegenwärtigen Uebereinkunft entsprechenden Anträgen der betref-
senden Behörden und Offzianten des anderen Staates, welche zu dem Zurcke der Un-
terdrückung des Schleichhandels gemacht werden möchten, mit Bereitwilligkeit entgegenzu-
kommen.
Artikel 7.
Den Zoll-, Steuer- und Polizei. Beamten der kontrahirenden Theile ist die Veryflicht=
ung autzulegen, beabsichtigte Uebertretungen der Zoll= und Steuer-Gesehe des anderen
kontrahirenden Theiles, welche zu ihrer Kunde kommen, durch Einschreiten, in soweit dies
zulässig ist oder durch Anzeige bei den vorgesetzten Behörden, zur Mittheilung an die
Joll= oder Steuer-Behörden des betheiligten Staates, thunlichst zu verhindern und be-
gangene Uebertretungen in derselben Weise zur Anzeige zu bringen. In eiligen Fällen
geschieht die Anzeige unmittelbar an die Behörde des betheiligten Staates.
Artikel 8.
Den Steuer= und Zoll. Beamten der kontrahirenden Staaten soll gestattet sein, bei
117
Verfolgung der Spuren begangener Kontraventionen sich auf das angrenzende Webiet-
des anderen Staates zu begeden, um den dortigen betreffenden Behörden Minheilungen
von den Kontravenlionen zu machen. Diese Behörden haben dann alle geseplichen Mit-
tel anzuwenden, welche zur Feststellung des Thatbestandes der Kontravention und zur Er-
mittelung des Thäters geelgnet sind.
Artikel 9.
Auch soll den Steuer, und Zoll-Beamten der kontrahirenden Staaten die Befugniß
zusiehen, auf der That betroffene Kontravenenten in das angrenzende Gebiet des ande-
ren Theiles zu verfolgen und die Anhaltung derselben, sowic die Beschlagnahme der Kon-
traventions-Objsekte nebst den Transport-Mineln bei den dortigen zuständigen Landesbe-
amten zu beantragen, auch wenn nicht sofort deren Hülfe enwirkt werden kann, die An-
balzung und Beschlagnahme selbst vorzunehmen, in welchem Falle sie jedoch die angehal-
tenen Personen und Sachen an die Obrigkeit des Gebietes, in welchem die Anhaltung
Bescheben ist, ohne Aufenthalt abzuliefern haben. In beiden Fällen sind aber die ange-
balrenen Personen und Sachen frei zu geben, wenn nicht innerhalb 24 Stunden nach
der Anhaltung von den betreffenden Steuer= und Zoll-Beamten ein weiterer Arrest bei
dem zuständigen Steuergerichte beantragt worden ist.
Artikel 10.
Den Steuer= und Zoll. Beamten der kontrahirenden Staaten soll bei dieser in Ar-
tikel 8 und 9 erwähnten Thätigkeit in dem Gebiete des anderen kontrahirenden Theiles
deiselbe Schuß gewährt werden, welcher den elgenen öffentlichen Beamten des Staates
hebührt, auf dessen Gebiete sie diese Thätigkeit ausüben.
Artikel 11.
Jeder der kontrahirenden Staaten verpflichtet sich, das Eingangs,, Ausgangs- und
Durchgangs-Zolliystem des anderen kontrahirenden Theiles unter den Schuy besonderer,
zu solchem Zwecke zu erlassender Strafgesepe zu siellen, nach welchen die gegen die Steuer-
und Zoll-Gesetze des anderen Staates begangenen Kontraventionen bestrast werden sol-
len, wenn dieselben von den eigenen Staatsangehörigen pder von Fremden, welche sich
innerhalb de Hoheitsgebictes des betresfenden Staates aufhalten, begangen werden.
Wegen der Bestrafung von Uebertretungen bei dem Haupt-Zollamte zu Bremen
oder bei den, in die nicht angeschlessenen Bremischen Gebictstheile etwa vorzuschlebenden
Zollstellen verbleibt es bei den dieserhalb getroffenen besonderen Verabredungen.
Artikel 12.
Uebentretungen der Einfuhr-, Ausfuhr= und Durchfuhr, Verbole des zue Theiles
2 2
148
und Zoll= und Steuer-Defrauden — zu welchen alle Handlungen gerechnet werden, die
nach den Gesetzen des Staates, gegen welche verstoßen wird, als solche anzusehen sind
— werden von jedem der kontrahirenden Theile mit Konfiskation des Gegenstandes der
Uebertretung oder Erlegung des vollen Werthes und daneben mit der Geldstrafe belegt,
welche in dem Staate durch Strafgesetze angedroht i, gegen dessen Gesetze die Ueber-
tretung gerichtet war. Die defraudirten Abgaben sind für Vechuung des verlehten Staa-
tes einzuzichen.
Artikel 13.
Für solche Uebertretungen der Eingangs-, Ausgangs= und Durchgangs-Abgabegesetze
des anderen Staates, durch welche ein Einfuhr-, Ausfuhr= oder Durchfuhr-Verbot nicht
verletzt oder eine Abgabe widerrechtlich nicht entzogen werden konnte oder sollte, sind an-
gemessene Ordnungsstrafen anzudrohen und zu verhängen.
Artikel 14.
Freiheits= oder Arbeits-Strafen, mit Ausnahme der für unvollstreckbare Geldstrafen
eintretenden Hast oder Arbeit, so wie Ehrenstrafen und Entziehung der Gewerbsberech-
tigungen anzudrohen, ist keiner der kontrahirenden Theile auf Grund dieser Vereinbar=
ung verpflichtet.
Artikel 15.
Die betreffenden Behörden und Gerichte der kontrahirenden Staaten sollen ange-
wiesen werden, Behufs Feütstellung des Thatbestandes begangener Kontraventionen und
zur Ermiuelung des Kontravenienten in den bei den Behörden des anderen Staates
anbängigen Kontraventions-Augelegenheiten auf ergangene ordnungsmäßige Reqguiütien
Zeugenverhöre und Konfrontationen vorzunchmen und erbetene Nachrichten mitzutheilen.
Die Sistirung der Steuer= und Zoll-Kontravenienten und der Jeugen vor dem Gerichte
des anderen Staates, wider den Willen der betbeiligten Personen, sindet nicht Slan,
insofern sie nicht Angehörige des anderen kontrahirenden Theiles Uünd; ebensowenig eine
Hülfsvollsireckung der wegen Stener= und Joll-Kontraventionen ergangenen Erkennmisse
durch die Gerichte des auderen Staates gegen dessen Bürger, Schutzgenossen und
Angehörige, vorbehältlich einer für einzelne Fälle unter den höheren Regierungsbehör-
den der betheiligten Staaten etwa zu treffenden besonderen Vereinbarung.
Eine Hülfvollstreckung ergangener Erkenumisse gegen andere Personen, als die be-
zeichueten Bürger, Schuygenossen und Staatsangehörigen wird gegenseitig zugestanden.
Artikel 16.
Das Verfahren wegen Uebertretung der Gesetze des anderen kontrahirenden Theiles
149
ist in jedem der kontrahirenden Staaten bei den Behörden und Gerichten, nach den Vor-
schriften und in den Formen zu leiten, die bei Uebertretung der eigenen Gesee zur An-
wendung kommen. Den amtlichen Angaben der Behörden oder Angestellten des anderen
Theiles soll dabei dieselbe Beweiskraft beigemessen werden, welche den amtlichen Angaben
der iuländischen Behörden, Veamten und Angestellten für Fälle gleicher Ark beigelegt #t.
Artikel 17.
Das Begnadigungs= oder Strafmilderungs-Recht verbleibt demsenigen Staate, von
dessen Behörden oder Gerichten die Strafe erlanm ist. Es ist jedoch der zuständigen
Behörde des betheiligten Staates Gelegenheit zu geben, vor Ausübung dieses Rechtes
sich darüber zu äuhern.
Artikel I8.
Die wegen des Transports auf der Oberweser zu treffenden Sicherungsmaßnahmen
sind durch besondere Verabredung bestimmt. Für die S#omstrecke der Unterweser, d. h.
von Bremen abwärts, baben die konmalirenden Theile zur Sicherung ihrer Handels-
und Zoll-Interessen gegen Beeinträchtigungen bei dem Waaren-Trausporte, unter Vor-
behalt und unbeschadet aller, aus der Weser-Schifsfahrtakte vom 10. September 1827
oder auo auderen S#ttserträgen herzuleitenden Rcchie, Ansprüche und Verpflichtungen,
solgende Verabredungen getrosfen:
Artikel 19.
Unter den kontrahirenden Staaten, insoweit sie betheiligt sind, soll ein thunlichst
oleichmähiges Verfahren über die Patentirung der die Flußschifffahrt auf der Unterweser
meibenden Schiffer, die Musicrung der Schiffsmannschaft, Abfassung der Mustierrollen und
die Bezeichuung aller für den luh-Schisffabrtoverkehr auf der Unterweser bestimmten
Schisse verabredet und beokachtet werden. Den diese Strecke befabrenden Flußschiffern
sell bei angemessener Slase und uuter Umständen bei Vermeidung der Einzlehung des
Schisserpatente und Verlustes der Beiugniß, auf Flußschissen der kontrahirenden Staalen
serner zu dienen, untersagt werden, Schleichhandel zur Benachtheiligung der kontrahiren-
den Siaaten zu neilen, oder zu dulden, daß derselbe verminelst ihrer Schiffe oder von
ihrer Schiffsmannschaft getrieben werde. Die Schiffseigeuthümer sollen verpslichtet wer-
den, für die von ihren Leuten verwirklen Geldstrafen zu haften.
Artikel 20.
Die sreie Hanfestadt Bremen wird thunlichst dahin wirken, durch Anwenrung von
Dampf-Schleppschiffen die Fahrt der Leichkersahrzeige zu beschleunigen; zugleich verpflich-
ten sich die kontrahirenden Staaten für ihre die Unrenveser (Artikel 18) bekahrenden
öluß= und Leichter-Schiffe folgende Kontrol-Anordnungen zu kreffen.
150
Artitel 21.
1. Die Hannoverschen, Oldenburgschen und Bremischen Fluß= und Leichter-Schisse
sind, wenn sie mit Kaufmannewaaren (Stuͤckgütern) befrachtet, von einem Ladeplape nach
einem anderen, an der Unterweser zwischen Bremen und Bremerhaven, beide Pläpe ein-
geschlossen, jahren und ihre Fahrt nicht auf diejenige Stromstrecke beschräuken, an wel-
cher beide Ufer zum Bremischen (Velieze gehören, mit amtlichem Verschlusse zu belegen.
Derselbe ist so einzurichten, daß er dem Zwecke, soweit dieser nach der Bauar' der Schiffe
sich erreichen läßt, möglichst entspricht. Auf eine angemessene Bauart der Schisse, welche
eine genügende Verschlußanlegung zuläßt, soll thunlichst hingewirkt werden. Es soll
nicht genallet sein, daß die Schisse außerhalb des verschlossenen Raumes Güter führen,
mit Ausnahme solcher, die unverpackt und zugleich in dem Zollvereine mil einer Ein-
Jangsabgabe nicht belent ü#nd, sowie solcher, welche zur Selbstentzündung geneigt oder
der Explosion fähig ünd, oder deren Beiladung kurch Minhrilung ibrer Eigenschaft den
miwerladenen Waaren nachtheilig werden kann.
Durch die zur Ausführung der Vertragobestimmungen zu ernennenden gemeinschaft-
lichen Kommissaricn ist das Weitere über die Art der Verschlußeinrichtung zu vereinba-
ren. Die Anlegung und Abnahme des Verschlusses geschieht durch die Beamten
desjenigen Staates, in dessen Ladeplätzen die betreffenden Leichterfahrzeuge ein= oder aus-
laren. Dabei soll es den Beamten desjenigen der konnahirenden Tbeile, von dessen Be-
auftragten der Verschluh nicht angelegt worden ist, unbenommen sein, vor Abfahrt der
Schisse sich davon zu überzeugen, daß und wie die Verschlußanlegung geschehen ist. Sollee
bei dieser Prüfung der Verschluß dem zu vereinbarenden Regulative nicht entsprechend
befunden werden und über dessen Vervollständigung sofortige Verständigung nicht erfol-
gen, so ist der Abgang des Schiffes nicht aufzuhalten, vielmehr das Weitere der Ver-
ständigung der vorgesetzten Behörden zu überlassen.
Auf Danpsschiffe, sowie auf Leichleischise mit Auswanderern und deren Effekten
findet der Verschluß keine Anwendung.
Die im Eingange dieses Artikels gerachten Fluß-- und Leichter-Schiffe (mit Aus-
nahme von Danppsschiffen), welche auf der Unterweser bis zur Rhede von Vremerbaven,
lebtere ausgeschlossen, an einer Stelle auf dem offenen Streme, woselbst nicht beide Ufer
zum Bremischen Gebiete gehören, Kaufmannswaaren aus anderen Schiffen übernehmen
oder an dieselben abliesern, sind der Verschlußanlegung ebenfalls unterworfen und müssen
den Veamten, welche den Verschluß anzulegen oder abzunehmen haben, durch Aufhissung
einer Flagge ein Zeichen geben. Wenn binnen einer halben Stunde nach Aubbissung
einer Flagge kein Beamter erscheint, so ist den Schiffern gestattet, ohne Anlegung des
Verschlusses abzufahren oder den angelegten Verschluß zu dem Zwecke der Ausladung
seltst abzunehmen. Schlffe, welche durch Siurm, Eisgang oder ähnliche Umstände ver-
151
bindert sind, ohne dringende Gefahr die Ankunft eines Beamten zu dem Zwecke der An-
legung des Verschlusses abzuwarten, sollen nicht verpflichtet sein, die Frist von einer hal-
ben Stunde inne zu halten.
Artikel 22.
2) Ueber das Verhalten dieser Schiffe während der Fahrt auf der im Eingange
des Artikel 21 bezeichueten Strecke der Unterweser ist Jolgends anzuordnen:
o) jedes Schiff bat, sowie es den Hafen oder adeplatz verläßt, einen seine Staats-
angehörigkeit bezeichnenden Wimpel aufzuziehen und während der ganzen Fahrt
zu führen;
wenn es Güter geladen hat, damit von dem Ladungsplatze abgegangen ist und
demnächst innerhalb einer Eutfernung von dreihundert Fuß von dem Punkte des
Ufers eines der kontrahirenden Staaten angerechnet, bis zu welchem die gewöhn-
liche Fluth reicht, vor Anker geht oder anlegt, so hat es während der Nachtzeir,
und zwar von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang eine brennende Laterne,
mindestens in der Höhe von acht Zuß in der Art auszuhängen, daß sie von al-
len Seiten geseben werden kann;
) die Schisser dürsen während der Fabrt nach ihrem Bestimmungsorke nur dann
vor Anker gehen, wenn es eintretende Umsände und Verhältnisse erforderlich ma-
chen, und halben, sobald diese wegsallen, ihre Reise ungesäumt fortzusetzen. Ueber
die Nothwendigkeit des Ankerwerfens oder eines elwaigen längeren Liegenbleibens
haben sich dieselben auf Ersordern bei ihrer Ankunft am öschplate genügend
auszuweisen. Sie werden, wenn sie dieselbe nicht zu rechtfertigen vermögen, in
eine angemessene Ordnungssirafe genommen. Die Zoll= und Steuer-Behörden
der kontrahirenden Staaten haben die Beobachtung dieser Vorschristen Seitens
der Schiffer zu überwachen und die bemerkten Uebertretungen den zuständigen
Behörden deojenigen Staates anzuzeigen, welchem das Schiff angehörk, unter
Angabe der Nummer des Schiffes.
Artikel 23.
3:) Den Schiffern sollen für die Fahrten auf der im Artikel 22 bemerkten Strecke
Stundenzeueel ausgesiellt werden, auf welchen die Zeit des Abganges und der Ankuntt
am Abgangs= und Ankunfts. Orte von den dazu angeordneten Behörden oder Personen
zu bemerken ist.
Bei dem WaarenTransporte von einem auf dem Weserstiome umladenden See-
schiffe nach einem der gedachten Pläpe ist der Stundenzettel von dem an Bord des See-
schiffes sich befindenden Bevollmächtigten des Waarenempfängers auszustellen, sowie um
S
—
2
gekehrt bei dem Transporte von Waaren nach einem duf dem Strome einladenden See-
schiffe, dessen Kapitän, Steuermann oder dessen Seellvertreter die Zeit der Ankunft zu
bemerken hat.
Auf Dampsschiffe, sowie auf Frachtschiffe, welche darch Danyfschiffe geschleopt werden,
finden die in diesem und dem vorhergehenden Artikel erwähnen Maßregeln keine Anwendung.
4 Artikel 21.
4. Sollten die Königlich Hannoversche und die Grohherzoglich Oldenburgsche Re-
Fierung verfügen, daß alle Schiffe, welche von einem Weserplahe nach einem unterhalb
Bremen belegenen Hannoverschen oder Oldenburgschen Orte:
Zucker, Kaffee, Thee, Reis, Syrup, Taback oder andere Kolonial-Waaren, sowie
Wein, Brauntwein und Spirituosen jeder Art, Wollen-, Baumwollen= oder Sei-
den-Waaren
bringen, mit einem Verzeichnisse der geladenen Waaren, unter Angabe der Namen und
Wobnorte der Absender und Cupfänger, wie des Zollamtes, über welches die Einfübr=
ung dieser Waaren in das Zollvereinsgebict geschehen soll, versehen sein müssen, so wird
die freie Hansestadt Bremen anordnen, daß bei ihren Ausgangs-Zollämtern zu Bremen,
Vegesack und Bremerhaven jenes Verzeichniß mit den eingelieferren Aussfuhrscheinen und
Frachtbriesen der Absender verglichen und, nachdem solche übereinsiimmend befunden, mit
dem Stempel des betreffenden Bremischen Zollamtes versehen, den Schiffern mitgegeben
werde. Ein von dem letzteren einzulieferndes Dupxlikat solches Verzeichnisses wird von
den betreffenden Bremischen Zollämtern drei Monate lang aufbewahrt, um unter eintre-
lenden Umständen auf Begehren dem betreffenden Hannoverschen und Oldenburgischen
Zollamte mitgetheilt werden zu können.
Eine elwaige nähere Feststellung der Ausführungsbestimmungen bleibt den Vollzugs-
Kommissarien vorbehalten.
Der freien Hansestadt Bremen wird von der Königlich Hannoverschen und Groß-
berzoglich Oldenburgischen Regierung gegenseitige Hülfsleistung zugesichert, falls dieselbe
äbuliche Versügungen srüher oder später erlassen sollie.
Artikel 25.
5) Es soll unter Androhung angemessener Swafen untersagt werden, auf der Weser
längs des Hannoverischen oder Oldenburgischen Ufers Schiffe auszulegen, um sie, Be-
huss des Verkehres mit den Zollvereins-Staaten, als unverzollte Waarenniederlagen zu
benutzen. ·
Artite126.
6)OssencBoote,welchedenkontkabikcndeustaatenangehört-stundaufdekUnkeks
153
weser bis zur Rhede von Bremerhaven, letztere sowie diejenige Stromstrecke, an welcher
beide Ufer zum Bremischen Gebiete gehören, ausgeschlossen, ibre Fahrt unterbrechen, sind,
bel enistehendem Verdachte beabsichtigter Einschwärzung, der Durchsicht der Beamten der
Kontrol-Fahrzeuge unterworfen, und können von den letzteren, insofern sie zollpflichtige
Waaren enthalten, zur Fortsetzung der Fahrt in bestimmter Richtung angehalten werden,
falls sich die Beamten nicht überzeugen, dah zum Stillliegen eine genügende Veranlas-
sung vorhauden ist.
Artikel 27.
Die unter den vorslehenden Nummern 1 bis 6 getroffenen Verabredungen beziehen
sich auch auf die Lesum bis einschlüssig Burg.
Artikel 28.
Wenn ein mit Gütern beladenes Fluß= oder Leichter-Schiff durch Frostwetter in
seiner Fahrt gehindert wird, und am Hannoverschen oder Oldenburgischen Weser= oder
Lesum-Ufer einfriert, so soll dies, bei Vermeldung einer Ordnungsstrafe, binnen 48 Stun-
den dem nächsien Jollamte oder Zollbeamten der Königlich Hannoverschen oder Groß-
herzoglich Oldenburgischen Regierung angezeigt, und die Ladung unter Vorlegung der
Vakungspapiere angemelret werden. Für Schiff und Ladung dürfen dadurch bei der
Bobkbehörde keine Kosien entsiehen.
Der Tranoport solcher Ladungen in das Gebiet der freien Hansestadt Bremen auf
dem Eise oder dem Landwege geschieht frei von Eingangs= oder Durchgangszöllen. Die
gleiche Befreiung gilt für die Ladung der Schiffe, welche an der Seite des Bremischen
Ufers einfrieren. Auf den Transport von Gütern und zollpflichtigen Gegenständen über
das Eis der zugefrornen Weser oder Lesum innerhalb der Grenzen des Königreiches
Hannover und des Herzogthumes Oldenburg finden dieselben Benimmungen Anwendunz,
welche für den Landtransport daselbst gelten würden.
Artikel 29.
Die kontrahirenden Theile versprechen gegenseitig die zur Ausführung des Vertra-
des erforderlichen Gesetze, Verordnungen, Bekanmmachungen und Verfügungen thunlichst
bald zu erlassen und sich dieselben gegenseitig mitzutheilen.
So geschehen Bremen, den 26. Jannar 1656.
Grs-) Friedrich Leopold Heming- Garl Friedrich Lang.
(I. S.) k S.
Wilhelm Cramer. Arnold Duckitz.
(L. S.) ’
Joh. Heinrich Wilh. Smidt. Carl Friedrich L. Hartlaub,
(I. S.) (I. 5)
154
II.
Uebereinkunft
zwischen
Preußen, Hannover und Kurhessen für Sich und in Vertretung der
übrigen Staaten des Zollvereines einerseits und der
freien Hausestadt Bremen andererseits
wegen
Errichtung eines zollvereinoländischen HDauptzoll-Amtee und eiuer
Uicderlage für Zollvereine- Güter in der Stadt Premen.
Artikel 1.
Das in der Stadt Bremen von dem Zollvereine zu errichtende Haupt-Zollamt tri:
nach den nachfolgenden Bestimmungen an die Stelle der Grenz-Jollämter, welche soust
an der Grenze gegen das Bremische Gebiet an der Eisenbahn und der obern We-
ser anzulegen sein würden. Dasselbe ist für diese Verkehr#verbindungen als Grenzein-=
gangs= und Ausgangsamt des Zollvereines in der Weise anzusehen, daß demselben nur:
1) zur Ausfertigung und Erledigung von Begleilscheinen I., sowie Ansagrzetteln und
zur Ausferligung von Begleitscheinen II., ferner zur Ausfertigung und Erledig-
ung von Deklarations-Scheinen für den Verkehr mitreli Berührung des Aus-
landes;
zur Erhebung des Eingangszolles von Essekten, welche Passagiere der Eisen-
bahnen und Dampsschiffe mit sich führen, innerhalb der desfalls besonders verab-
redeten Grenzen, sowie von Gütern, welche mit keinem löhern Eingangszolle als
15 Sgr. für den Zentner belegt sind;
3) zur Erhebung des Durchgangszolles;
4) zur Ablassung zollfreier Gegenstände in den sreien Verkehr;
die Ermächtigung beiwohnt.
Außerdem ist das gedachte Haupt-Zollamt zur Erhebung des Eingangszolles von
Gegenständen, die mittelst der Post versendet werden, bis zur Höhe von 10 Thaler für
eine Sendung, sowie zur Erhebung des Ausgangszolles von den aus der Niederlage
(Artikel 11) enmommenen, ausgangszollpflichtigen Gegenständen befugt.
Für den Verkehr von und über Bremen nach dem Jollvereins-Gebiete auf anderen
Wegen als auf der Eisenbahn oder weseraufwärts sollen die vorstehend unter Nr. 1 und
□—*
155
3# erwähnten Abfertigungsbefugnisse dem Haupt-Zollamte unter den noch festzustellenden
Vorkehrungen gegen Mißbrauch ebenfalls zustehen.
Artikel 2.
Dieses Haupt-Zollamt wird unter die Leitung und Aufsicht der Joll-Direktiobebörde
zu Hannover gestellt und hat nach den im Königreiche Hannover bestehenden Vorschristen
zu verfabren. Die Jollerhebung geschieht für Rechnung der Königlich Hannover'schen
Negierung, welche die erhobenen Beträge mit ihren übrigen Jolleinnahmen zur Theilung
zu bringen hat.
Artikel 3.
Wer aus Bremen und dem Bremischen Gebiete Waaren und Effekten den betref-
fenden Zollstellen zur Abfertigung nach dem Zollvereine vorführt oder wer Waaren und
Effekten, ohne sie diesen Jollstellen zu der in diesen Fällen jedesmal erforderlichen Ab-
fertigung vorzuführen, auf der Eisenbahn oder auf Schiffen, welche auf der Weser strom-
aufwärto nach dem Zollvereine besimmt sind, dabin die Fahrt beginnen läßt, soll so an-
geseben werden, al# wenn er damit die Zollgrenze und die erste Zollstelle im Zollvereine
überschreite und daher, insonderheit auch in Bezug auf die Abgabe der Zoll-Deklaratio-
nen über solche Waaren, den zgollgesehlichen Bestimmungen desselben unterworfen sein.
Der Senat der freien Hanfestadt Bremen verpflichtet sich, dieses geseplich auszusprechen
und zu diesem Ende die hier Anwendung findenden Vestimmungen des Zollgesepes, der
Zollordnung, des Vereins-Zolltarifs und des Joll= Strafgesetzes, wie diese Gesetze für das
Köninreich Hannover erlassen worden, nebst den künftig dabei eintretenden Abändeiungen
zu pFubliziren.
Artikel 1.
Da sowohl die nach dem Jollvereine abgebenden Eisenbahnzüge auf dem Baln-
bose und auf der bis in den Zollverein gebenden Bahnstrecke, sowie die auf der obern
Weser abgehenden Schifse und die in anderer Weise zur Versendung nach dem Joll-
vereine gelangenden Güter und Essekten unter genügende Zollaussicht gestellt werden
müssen, so sollen die zu dem Ende erferderlichen Anordnungen von der zum Vollzuge
des gegenwäriigen Vertrages zu besiellenden gemeinschaftlichen Kommission getroffen wer-
den. Hierher gehören iusbesondere die Absperrung des nöthigen Ntaumes auf dem Ei-
senabnho#fe, die Begleitung der Eisenbahnzüge und der nach dem Jollverelne weserauf-
wärté abgebenden Schiffe durch Ausfsichtebeamte, und die über kie Beanssichtigung der
En#eubabnsü#rcke und der oberen Wrser bis zum (intrute in das Zollvereins-Gebiet
nölbigen Anordnungen.
156
Artikel 5.
Die Eisenbahn-Beamten in BVremen sollen auf Wahrung des Zoll-Interesses und
Beobachtung der deshalb ihnen ertheilt werdenden Vorschristen in Eid und Pflicht ge-
nommen werden. Eisenbahn-Beamte, welche in dieser Beziehung sich einer Verletzung
ihrer Mlichten schuldig machen, werden in Strafe genommen und unter Umständen aus
dem Dienst entfernt werden.
Artikel 6.
Auch die Steuerbeamten der freien Hansestadt Bremen werden angewiesen werden,
so weit es ihre Dienstverrichtungen gestatten, das Zoll-Interresse des Zollvereines wahr-
zunehmen, sowie umgekehrt die Zollbeamten des Zollvereines das Bremische Steuer-In-
teresse in gleicher Weise zu befördern haben.
Artikel 7.
Die Waarenabsertigung nach dem Zollvereine unterliegt bei dem Haupt-Zollamte
den allgemeinen Vorschristen der Jollordnung, doch soll bei der Versendung mittelst der
Eisenbahn in der Regel der Wagenverschluß an die Stelle des Kollo-Verschlusses treten.
Bei der Abfertigung auf Ansagezettel (Artikel 1 Nr. 1) kommen diesenigen Vorschriften
zur Anwendung, über welche sich die Zollvereins-Regierungen für den Verkehr auf Ei-
senbahnen, welche die Zollgrenze überschreiten, verständigt haben oder künftig verständigen
werden, unter Beobachtung der dieserhalb allgemein oder für das Haupt-Zollamt in
Bremen etwa besonders vorgesehenen Besiimmungen.
Artikel 8.
Mittelst der Eisenbahn nach dem Jollvereine abgehende zollpflichtige Passagier-Es-
fekten müssen ohne Ausnahme bei der Aufgabe sofort verzollt werden.
Artikel 9.
Die im Artikel 4 gedachte Vollzugs-Kommission wird nach Maßgabe der Oertlich=
keit das Abfertigungsverfahren ordnen und, insrweit bis zu dem Zeitpunkie, mit welchem
die Abfertigungen über weseraufwärts gehende Waaren beginnen müssen, alle für nöthig
zu erachtenden baulichen Einrichtungen noch nicht getroffen sein sollten, durch interimi-
ische Anordnungen Vorkehrung tressen. Insonderheit wird sodann auch jene Kommission
das Verfahren näher bestimmen, welches hinüchtlich der aus dem Zollvereine durch das
Gebiet der freien Hansestadt Bremen nach dem Zollvereine wieder eingehenden Güter
Stau finden foll.
Artikel 10.
Die für die Abfertigungen des Haupt-Zollamtes auf dem Eisenbahn-Hose und an
157
der Weser oberhalb und unterhalb der Stadt gegenwärtig oder künftig erforderlichen Lo-
kale und Anstalten, worunker jedoch Dienstwohnungen für die Zollbeamten nicht begriffen
sind, stellt die freie Hansestadt Bremen auf ihre Kosten. Das Erforderniß wird durch
die im Artikel 4 gedachte Vollzugs-Kommission oder künftig durch weitere Verständigung
unter den kontrahirenden Theilen näher festgestellt werden.
Artikel 1I.
Es wird in Bremen eine Zollvereins-Niederlage errichtet, in welcher Erzeugnisse des
ollvereines, sowie in demselben verzollte fremde Waaren Behufs Fesihaltung der Iden-
tität und Begründung des Anspruches auf zollsreie Wiedereinführung gelagen, behan-
delt, umgepackt, getheilt und solchergesialt in den Zollverein zollfrei wieder eingebracht
werden können. Diese Niederlage soll als Theil des Zollvereins-Gebietes angesehen und
die Anwendung der zollgesehlichen Vorschriften des Zollvereines auf das Einbringen von
Waaren in dieselbe oder auf die Waarenausfuhr aus derselben in eben der Art geset-
lich ausgesprochen werden, wie dies im Artikel 3 verabredet ist.
Artikel 12.
Die Baulichkeiten für diese Niederlage stellt die freie Hansestadt Bremen auf ihre
Kosten zunächst in den vorhandenen Lokalen am Bahnhofe. Die Erweikerung und Ver-
mehrung derselben am Bahnhofe und an der Unterweser bleibt dem Ermessen derselben
überlassen. Die Verwaliung der Niederlage steht der von dem Senate der freien Han-
setadt Bremen dazu eingesetzten Behörde zu, und wird auf deren Kosten und Rechnung
geführt. Die Beaussichtigung und Kontrole zur Sicherung des Zoll-Interesses wird dem
zollvereinsländischen Haupl-Zollamte übertragen.
Artikel 13.
Die freie Hansestadt Bremen verzichtet darauf, von den in dieser Niederlage gela-
gerten, aus dem Zollvereine darin eingebrachten und in denselben zurückgehenden Waa-
ren Bremische Eingangs-, Ausgangs= und Durchgangs-Rlechte zu erheben; dieselben un-
terliegen jedoch einer Kontrole-Gebühr von nicht über Einen Groten für den Zentner,
sowic einer Lagergebühr, welche die in Bremen übliche nicht übersteigen und, einschlich-
lich sämmtlicher Kosten für die Ein= und Auobringung (wozu namenrlich die
Verwägungskosten gehören), höchstens monatlich:
für trockene Waaren 4
= Rnas ¾l*
asee Thaler für den Zentner
betragen wird. Ein angebrochener 2 kann dabei für voll gerechnet werden.
158
Artikel 14.
Die Vorschristen, welche in Beziehung auf die Zollsicherheit für das Einbringen
der Waaren in die Niederlage, für die Lagerung in derselben, sowie für die Abfertigung
Behufs zollfreier Zurückführung nach dem Zollvereine erforderlich sind, werden von der
im Artikel 4 erwähnten Vollzugs-Kommission festgesetzt werden.
So geschehen Bremen, den 26. Jannar 1856.
(gez.) Friedrich Leopold Henning. Carl Friedrich Lang.
(I. S.) (I. S.)
Wilbelm Cramer. Arnold Duckwitz.
(I. S.) (I. S.
Job. Heinrich Wilb. Smitt. Carl Friedrich L. Hartlanb.
I. S.) 8.)
II.
Uebereinkunft
Fwischen
Preußen, Hannover und Kurbessen für Sich und in Vertretung der übrigen
Staaten des Jollvereines einerseits und Bremen andererseits
wegen
des A#schlusses Bremischer Gebietstheile an den Jollverein.
Artikel 1.
Die sreie Hansestadt Bremen tritt, unbeschadet Ihrer Hebeitsrechte, in Gemäßbeit
der im Hauptvertrage vom heutigen Tage getroffenen Acrabrekung mit
4) den hollerländischen Außendeichsländereien an der rechten Seite des länge des
Deiches fließenen Zuggrabens (Deichschlot) ron Tönever an, sowie an der rech-
ten Seite der Wumme, wo diese an den Hollerdeich trin,
dem am rechten Ufer der Mumme belegenen Theile des Gerichtes Borgield, na-
mentlich Warf, Butendieck, Timmerslobe, Borgselder Mo#, Borgfelder Wei de,
sowie sämmtlichen Vorgselder Wiesen,
d der Wumme und Lesum oberhalb Burg, soweit Biemen die
über zusieht,
4) dem am linken Ufer der Ochum belegenen Bremischen Ortschaften und Feid-
l
ESritß
Landeshobeit dar-
159
marken Kirchhuchting. Mittelshuchting, Brookhuchting, Varrelgraben und Grolland,
einschlüßig des Ochumflufsses,
dem Zollvereine bei.
Die Zollgrenzen an den anzuschließenden Gebietstheilen sollen, den Bedürfnissen der
Abgaben--Kontrolc und des Verkehres entsprechend, durch beiderseits zu ernennende Kom-
missarien sestgesiellt werden.
Artikel 2.
In Folge dieses Beitrittes wird der Senat der sreien Hansestadt Bremen, mit Auf-
bebung der gegenwärtig in den gedachten Gebietstheilen über Eingangs-, Ausgangs-
und Durchgangs-Abgaben und deren Verwaltung bestehenden Gesetzen und Einrichtungen,
daselbst die Verwaltung der Eingangs-, Ausgangs= und Durchgangs-Abgaben in Ueber-
einstimmung mit den im Zollvereine zur Anwendung kommenden desfallsigen Gesepen,
Tarisen, Verordnungen und sonsiigen administrativen Bestimmungen eintreten, und zu
diesem Zwecke die erforderlichen Gesetze, Tarise und Verordnungen publiziren, sonstige
Verfügungen aber, nach denen die Angchörigen oder Steuerpflichtigen sich zu richten ha-
ben, zur öffentlichen Kenntniß bringen lassen.
Artikel 3.
Ewaige Abänderungen der im vorstehenden Ar#ikel gedachten gesetzlichen Besim-
mungen, welche der Uebereinstimmung wegen auch in den fraglichen Gebietstheilen zur
Aueführung kommen müßten, bedürsen der Zustimmung des Senates der sreien Hanse-
stadt Bremen.
Diese Zustimmung wird nicht verweigert werden, wenn solche Abänderungen in dem
Königreiche Hannover, bezüglich dem Herzogihume Oldenburg allgemein getroffen werden.
Artikel 1.
Mit der Ausführung der gegenwärtigen Uebereinkunft hören alle Eingangs., Aus-
gangs= und Durchgango-Abgaben an den Grenzen zwischen dem Gebiete des Zolloer=
eines und den in Rede siehenden Gebiekscheilen auf und es können alle Gegenstände
des freien Verkehres aus lehteren frei und unbeschwert in die im Zollvereine befindlichen
Smaten und ungekehrt auo diesen in jene eingeführt werden, mit alleinigem Vorbehal#e:
) der zu den Staats-Monopolen gebörenden Gegenstände (Salz und Spielkarien,
ingleichen der Kalender, nach Mahgabe der Arlikel 5 und 6);
I) der im Junern des Zollvereines mit einer Szeuer belegten inländischen Exzeug-
nisse nach Maßgabe des Ar#ikel 7
160
Artikel 5.
1) Ju Betreff des Salzes triktt die freie Hansestadt Bremen für die obigen Gebiets-
cheile den zwischen den Mitgliedern des Zollvereins bestehenden Verabredungen in
solgender Art bei:
:) bie Einfuhr des Salzes und aller Gegenstände, aus welchen Kochsalz ausgeschie-
den zu werden pflegt, aus fremden, nicht zum Vereine gehörenden Ländern in
die Vercinsstaaten ist verboten, insoweit dieselbe nicht für eigene Hechnung einer
der vereinten Regierungen und zum unmittelbaren Verkaufe in deren Salzäm=
tern, Faktoreien oder Niederlagen geschieht;
die Durchfuhr des Salzes und der vorlezeichneten Gegenstände aus den zum
Vereine nichi gehörigen Ländern in andere solche Länder soll nur mit Genehmig-
ung der Vereinsstaaten, deren Gebiet bei der Durchfuhr berührt wird, und unter
den Vorsichtsmaßregeln Statt finden, welche von selbigen für nothwendig erach-
tel werden;
24) die Ausfuhr des Salzes in fremde, nicht zum Vereine gehörige Staaten ist frei;
d) was den Salzbandel innerhalb der Vereinsstaaten betrifft, so ist die Einfuhr des
Salzes von einem in den andern nur in dem Falle erlaubt, wenn zwischen den
Landesregierungen besondere Verträge deshalb bestehen;
wenn eine Regierung von der andern innerhalb des Gesammtvereines aus Staats-
oder Privat-Salinen Salz beziehen will, so müssen die Sendungen mit Pässen
von öffentlichen Behörden begleitet werden;
wenn ein Vercinssiaat durch das Gebict eines andern aus dem Auslande oder
aus einem dritten Vereinsstaate seinen Salzbedarf bezieben oder durch einen sol-
chen sein Salz in fremde, nicht zum Vereine gehörige Länder versenden lassen
will, so soll diesen Sendungen kein Hindernih in den Weg gelegt werden; jedech
werden, insofern dieses nicht schon durch frühere Verkräge bestimmt ist, durch vor-
gängige Uebereinkunft der betheiligten Suaten die Straßen für den Transport
und die erforderlichen Sicherheitsmaßregeln zur Verhinderung der Einschwärzung
verabredet werden.
2) Rücksichtlich der Verschiedenheit zwischen den Salzpreisen in den fraglichen Ge-
bietötheilen und in benachbarten Landen des Jollvereines und der daraus für
letztere herworgehenden Gefahr der Salzeinschwärzung, werden Maßregeln verein-
bart werden, welche diese Gefahr möglichst beseitigen, ohne den freien Verkehr
mit anderen Gegenständen zu belästigen.
Artikel 6.
Hinsichtlich der Einfuhr von Spielkarten und Kalendern behält eo in sämmtlichen
S
##=
161
zu dem Jollvereine gehörlgen Staaten und Gebietstheilen bel den bestehenden Verbots-
oder Beschränkungs-Geseyen und Dekbito= Einrichtungen sein Bewenden.
Artikel 7.
Die unter den Staaten des Jollvereines im Vertrage vom 4. April 1853 getrosse-
nen Verabredungen in Betreff der inneren Steuern, welche in den einzelnen Vereins-
staaten theils auf die Hervorbringung oder Zubereitung, theils unmittelbar auf den Ver-
brauch gewisser Erzeugnisse, sei es für Rechnung des Staates oder für Rechnung von
Kommunen oder Korporationen gelegt sind, sowie hinsichtlich des Verkehres mil solchen
Erzeugnissen, werden auch in den laut Artilel 1 an den Zollverein anzuschließenden Bre-
mischen Gebietstheilen Anwendung erhalten. Demgemäß wird, in Nücksicht auf die Steu-
ern, welche in den gedachten Gebietstheilen von inneren Erzeugnissen nach den in dem
besonderen Vertrage zwischen Hannover, sowie Oldenburg und Bremen vom beutigen
Tage deshalb getroffenen Verabredungen zur Erhebung kommen, zwischen Hannover, be-
zoglich Oldenburg und den genannten Gebietstheilen gegenseitig von sämmtlichen inne-
ren Erzeugnissen bei dem Uebergange in das audere Gebiet weder eine Rückvergütung
der Steuern geleistet, noch eine Uebergangsabgabe erhoben werden; dagegen werden, den
übrigen Staaten des Zollvereines gegenüber, solche Gebickstheile hinsichtlich der zu ge-
währenden Rückvergütungen und der zu erhebenden Uebergangsabgaben in dasselbe Ver-
bältniß wie Hannover und Oldenburg treten.
Artikel 8.
Die sreie Hansestadt Bremen schlieht sich für die mehrardachten Gebietstheile den Ver-
abredungen an, welche zwischen den Staaten des Zollvereins wegen Besteuerung des im
Umfange des Vereines aus Rüben bereiteten Zuckers getroffen sind. Wegen der Anwend-
ung gleichmäßiger gesehlicher und administrativer Anordnungen und etwaiger Abänder-
ung solcher Anordnungen sollen für die Rübenzucker= Steuer diesellen Verabredungen
maßgebend sein, welche die Artikel 2 und 3 für die Zölle enthalten.
Artikel 9.
Die frele Hansestadt Bremen krikt, bezüglich der in Frage stehenden Gebietstbeile,
deujenigen Verabredungen bei, welche in den zuoischen den Zollvereins-Staaten abgeschles-
senen und dem Senate mitgetheilten Zollvereinigungs-Verträgen über folgende Gegen-
stände getroffen worden sind:
1) wegen Höhe und Erhebung der Chaussee-, Damm-, Brücken= und Fäbr-Gelder,
der Thorsperr- und Pflaster-Gelder, ohne Unterschied, ob alle dlese Hebungen für
Rechnung der landesherrlichen Kassen oder eines Prlvat-Berechtigten, namentlich
einer Gemeinde, Stat finden;
162
2) wegen Annahme gleichförmiger Grundsäße zur Beförderung der Gewerbsamkeit.
insonderheit
a) wegen der Befugniß der Angehdrigen des einen Staates, in dem Gebiete ei-
nes andern, zum Zollvereine gehörenden Staates Arbeit und Erwerb zu suchen,
wegen der, von den Angebörigen des einen Vereinsstautes, welche in dem Ge-
biete eines andern Vereinsstagtes Handel und Gewerbe treiben oder Arbeit
suchen, zu entrichtenden Abgaben,
wegen der freien Zulassung von Fabrikanten und sonstigen Gewerbctreibendeh,
welche blos für das von ihnen betriebene Geschäft Ankäufe machen, oder von
Reiseuden, welche nicht Waaren selbst, sondern uur Muster derselben bei sich
fübren, um Besiellungen zu suchen,
ch. wegen des Besuches der Messen und Märkte;
3) wegen der Gebühren und Leistungen für Anstalten, die zur Erleichterung des
Verkehres bestimmt sind;
) die freie Hansestadt Vremen schließt sich auch den Verabredungen an, welche zwi-
schen den zum Zollvereine gehörigen Regierungen wegen Herbeiführung eines
gleichen Münz-, Mah= und Gewichts-Systemes getroffen sind, insbesondere aber
dem unter dem 21. Oktober 1845 abgeschlossenen Münz-Kartel.
Endlich tritt die freie Hausestadt Bremen dem Zoll-Kartel vom 11. Mai 1833
bei. Nicht minder werden die Regierungen der Zollvereins-Staaten dieses Kar-
tel in ibren Landen auch im Verhältnisse zu den anzuschliehßeuden Bremischen Ge-
bictstheilen in Anwendung seyen.
b
—
2
—
—
Artikel 10.
Die den im Artikel 2 erwähnten Gesetzen und Verordnungen entsprechende Elnricht-
ung der Verwaliung in den dem Zollvereine anzuschlichenden Bremischen Gebietstheilen
und die Bestimmung, Errichtung und amtliche Befugniß der zur Erbebung und Abfer-
tigung erforderlichen Diensistellen, sollen in gegenseitigem Einvernehmen mit Hülfe der
von beiden Seiten zu diesem Behuse zu ernennenden Kommissarien angeordnet werden.
Bremischer Seits wird die gedachte Verwaltung dem Verwaltungsbezirke des Ober-Zoll-
Kollegiums zu Hannover in der Art zugetheilt, daß die im Artikel 1 unter 1 bis 3 er-
wähnten Gebietstheile als der Königlich Hannoverschen Verwaltung, die zu 4 genannten
Gebietstheile dagegen als der Großherzoglich Oldenburgischen Verwaltung angeschlossen
betrachtet werden.
Die Zollstraßen sollen mit Tafeln bezeichnet und der Zug der Binneulinie soll öf-
fentlich bekannt gemacht werden.
163
Artikel II.
Die Zmbeilung der anzuschließenden Gebietstheile an den Verwaltungsbezirk des
Ober-Joll-Kollegimms zu Hannover wird Bremischer Seits auch auf die Besehung der
in den sraglichen Gebiet'theilen zu errichtenden Hebe= und Abfertigungs-Stellen, sowie
der daselbst erforderlichen Aussichtsbeamten-Stellen erüreckt.
Die in Folge dessen in den gedachten Gebietstheilen sungirenden Beamten werden
für beide betheiligte Regierungen in Eid und Pflicht genommen.
Artikel 12.
In Beziehung auf ihre Dienstobliegenbeiten, namentlich auch in Aksicht der Dienst-
Disziplin, sollen die in den mehrerwähnten Gebietstheilen angestellten Zell= und Steuer-
Beamten ausschließlich der Königlich Hannoverschen, bezüglich Großherzoglich Oldenbur=
gischen Negierung untergeordnet sein.
Artikel 13.
Die Schilder vor den Lokalen der Hebe= und Absertigungs-Stellen in den mehr-
enwähnten Gebietstheilen sollen das Bremische Hohcitszeichen, sowic die einfache Inschrift
„Zellamt“ erhalren, und gleich den Zolltafeln, Schlagbäumen #c. mit den Bremischen
Landeofarken versehen werden.
Die bei den Abser#igungen anzuwendenden Stempel und Siegel sollen ebenfalls nur
Bremische Hohcitszeichen führen.
Artikel 14.
Die Untersuchung und Bestrafung der in jenen Bremischen Gebietstheilen begange-
nen Zollvergehen erfolgt ven den Bremischen Gerichten zwar nach Maßgabe des daselbst
zu publizirenden Zoll-Strasgesetzes, jedoch nach den ebendaselbst für das Verfahren jeht
schon bestehenden Normen und Rompetenz-Bestimmungen.
Artikel 15.
Die hiernach von diesen Gerichten verhängten Geldstrafen und konpszirten Gegen-
stäude fallen, nach Abzug der Denunzianten-Antheile, dem Bremischen Fiskus zu.
Artikel 16.
Die Aua#bung des Begnadigungs= und Strafverwandlungs-Rechtes über dle wegen
verschuldeter Zollvergehen (Artikel 14) von Bremischen Gerichten verurtheilten Personen
bleibt dem Senate der sreien Hansestadt Bremen vorbehalten.
Artikel 17.
In Folge der gegenwärtigen Uebereinkunst wird zwischen Hannover, beziglic Ol-
164
denburg und den, dem Zollvereine angeschlossenen Bremischen Gebietstheilen in Bezieh-
ung auf die fraglichen Gebietstheile eine Gemeinschaft der Einkünfte an Eingangs-, Aus-
gangs- und Durchgangs-Abgaben, sowie der Rübenzucker-Steuer und der Uebergangs-
abgaben von Wein, Most, Taback und Tabacksblättern Stan sinden und der Ertrag
dieser Einkünfte nach dem Verhältnisse der Bevölkerung getheilt werden.
Bei der Abrechnung unter den Zollvereins-Staalen werden die Antheile an den ge-
meinschaftlichen Abgaben für die dem Jollvereine angeschlossenen Bremischen Gebietstheile
nach demsellen Verhältnisse gewährt, welches bei der Berechnung der Hannoverschen und
Oldenburgischen Antbeile vertragsmäßig zur Anwendung kommt.
Artikel 18.
Da die in Bremen derzeit besichenden Abgaben wesentlich niedriger #ind, als die Ein-
angszölle der im Zollvereine befindlichen Staaten, so verpflichtet sich der Senat der
freien Hausesiadt Bremen, vor Herstellung des freien Verkehrs zwischen den fraglichen
Bremischen Gebietstbeilen und dem Gebiere des Zollvereines, diejenigen Maßregeln zu
ergreifen, welche erforderlich sind, damit nicht die Jolleinkünfte des Vereines durch die
Einführung oder Anhänfung in Bremen, geringer als im Jollvereine belasicter Waaren-
vorräthe beinträchtigt werden.
So geschehen Bremen, den 26. Januar 1856.
(be.) Friedrich Lropold Henning. Carl Friedrich Lang.
(1. 8 L. S.)
Wilhelm Cramer. Aruold Duckwit.
(1. S.) (L. S.)
Joh. Heinrich Wilh. Smidt. Carl Friedrich L. Harklaub.
(L. S) (I. S.)
IV.
Uebereinkunft
zwischen
Hannover für Sich und in Vertretung Oldenburgs einerseits und
Bremen andererseits
wegen
der Destencrung innerer Erzeugnisse in den, nach der Uebereinkunft
III. dem Follvereinc angeschlossenen Premischen Gebietetheilen.
Im Zusammenhange mit der zwischen Prcußen, Hannover und Kurhessen für Sich
165
und in Vertretung der übrigen Staaten des Zollvereines einerseits und der freien Han-
lestadt Bremen andererseits heute abgeschlossenen Uebereinkunft, wegen Anschlusses Bre-
mischer Gebierstheile au den Jollverein, sind von den Bevollmächtigten Seiner Maje-
siät kes Königs von Hannover, zugleich in Verirekung Seiner Königlichen Hoheit des
Großherzogs von Oldenburg, und des Senaks der freien Hausestadt Bremen nech die
solgenden, zunächst nur auf Verhältnisse zwischen Hannover, Oldenburg und Bremen Be-
Jzug habenden Verabredungen unter dem Vorbehalte der Naxisikation getroffen worden.
Artikel 1.
Um gleichzeitig mit dem, mittelst der beireffenden Uebereinkunft vom beutigen Tage
erfolgten Auschlusse Vremischer Gebicistheile an den Zollverein auch mit denjenigen in-
neren Erzeugnissen, bei welchen eine Verschiedenbelt der Besteucrung noch die gegenseiti-
zge Erhebung einer Uebergangsabgabe und die Anwendung besonderer Kontrole-Mabre=
geln nothwendig machen würde, sowie mit dem Salze eine völlige Freiheit des Verkeh-
res zwischen den gedachten Bremischen Gebietstheilen und Hannover, bezüglich Oldenburg,
sowie den zollvereinten Staaten, unter welchen eine Uebereinstimmung der Besteuerung
der inneren Erzeugnisse vereinbart ist, herzusiellen, wird von Seiten der freien Hansestadt
Vremen in den in Frage sielenden Gebieterheilen eine Gleichstellung der Besteucrung
imerer Erzengnisse mit den in Hannover, bezüglich Oldenburg bestehenden Besteuerungs-
grundsäpen bewirkt werden. —
Artikel 2.
Demgemäß wird der Senat der freien Hausestadt Bremen in den gedachten Ge-
bictstheilen, was
o) den Branntwein,
h) das Bier und
e) das Salz 4
betriff, von dem Tage der Ausführung der gegenwärtigen Ueberelnkunft an, die bisber
daselbst bestandenen Verbrauchsabgaben von inländiichem Branntwein und Bier aushören
und in den sämmtlichen anzuschließenden Gebielstbeilen eine Branntwein= und Salz-
Steuer, sowie eine Uebergangsabgabe von Vranuntwein, außerdem aber in den der Han-
noverschen Jollverwaltung beizulegenden Gebielstheilen eine Biersteuer, nach Maßgabe
der desfallsigen Königl. Hannoverschen bezüglich Großherzoglich Oldenburgischen Steuer-
geseh gebung, sowohl den Steuersäten, als auch den Erhebungs= und Kontrole-Formen nach.
eintreten lassen.
Artikel 3.
In Betreff
166
) des Tabacks
will der Senat der freien Hansestadt Bremen in dem Falle, daß in den fraglichen Ge-
bietolbeilen der Tabacksbau einen irgend erbeblichen Umfang erreichen sollte, daselbst die
im Königreich Hannover bezüglich Herzogthum Oldenburg dann bestehende Besteuerung
des juländischen Tabacksbaucs einführen.
Artikel I.
Wegen der Besteuerung
e) des inländischen Weines
übernimmt der Senat der freien Hansestadt Bremen die Verpflichtung, die evenkuell in
Hannover bezüglich Oldenburg zur Anwendung zu bringende Weinsteuer einzuführen
für den Fall, daß innerhalb der fraglichen Bremischen Gebietstheile Weinbau zur Kel.
terung von Most von Privaten betrieben werden sollte.
Artikel 5.
Der Senat der freien Hansestadt Bremen wird die den vorstehenden Verabredungen
entsprechenden Gesehe und Verordnungen erlassen, senstige Verfügungen aber, nach de-
nen die Angchörigen sich zu richten haben, zur öffentlichen Kennmiß bringen lassen.
Artifel 6.
Etwaige Abänderungen der vorenrähnten gesetzlichen Besiimmungen, welche der
Uebereinstimmung wegen auch in den fraglichen Gebietrbeilen zur Ausführung kommen
müßten, bedürsen der Zustimmung des Senates der freien Hansesiadt Bremen.
Diese Zustimmung wird nicht verweigert werden, wenn solche Abänderungen in den
zum Jollvereine gehörenden Tbeilen des Königreiches Haunover, bezüglich des Horzog=
tbumes Oldenburg allgemein getrosfen werden.
Artikel 7.
Wegen alles desjenigen, was die Einrichtung der Verwaltung der fraglichen Steu-
ern, insbesondere die Errichtung der Steucrämter und Rezepiuren, die Ernennung der
Erhebungs= und Aufsichts-Beamten, deren dienstliche und sonstige Verhälmisse und die
Leitung des Steuerdienstes bekrifft, sollen eben dieselben Verabredungen maßgebend sein,
welche in der zwischen den Staaten des Jollvereines und Bremen am heutigen Tage
abgeschlossenen Uebereinkunfst, wegen Anschliehung der in Rede stehenden Bremischen
Gebietstheile an den Zollverein, hinsichtlich der Verwaltung der Eingangs-, Ausgangs-
und Durchgangs-Abgaben getroffen worden sind.
Artikel 8.
In Folge der vorstehenden Bestimmungen wird zwischen Hannover, bezüglich Ol-
167
denburg und Bremen in Beziehung auf die sämmtlichen anzuschließenden Bremischen Ge-
bietstheile, eine Gemeinschaft der Einkuünfte von der Branntwein- und Salz= Steuer, so-
wie der, Uebergangsabgabe von Branntwein Statt finden.
In Betreff der Bierstener, welche im Herzogthume Oldenburg nicht erhoben wird,
findet nur zwischen Hannover und Bremen hinsichtlich der unter Hannoversche Zollver-
waltung zu siellenden Bremischen Gebictstheile eine Gemeinschaft Statt.
Der Ertrag der gemeinschaftlichen Einnahmen wird nach dem Verhältnisse der Be-
volkerung vertheilt.
Die gegenwärtige Uebereinkunft soll so lange in Kraft bleiben, wie der unter dem
beutigen Tage zwischen den Zollvereinetaaten und Vremen abgeschlossene Vertrag wegen
Befsörderung der gegenseitigen Verkehrsverhälimmisse und mit diesem Vertrage ohne weitere
besondere Kündigung sein Ende erreichen.
So geschehen Bremen, den 26. Jannar 1856.
(gez.) Carl Friedrich Lang. Arnold Dukkwitz.
2 L. S
(#u#. S.)
Joh. Heinrich Wilh. Smidt. Carl Friedrich L. Hartlaub,
(L. S.) (L. S.)
169
Gesetzsammlung
für die
Fürstlich Reußischen Lande jüngerer Linie.
No. 199.
1) Ministerial. Verordnung vom 11. August 1856, nachträgliche Bestimmungen zu der Verord=
nung über das Söxckutionsverfahren rücksichtlich rückständiger Steuern und anderer öffentlicher
Abgaben vom 13. November 1855 betr.
Mit Höchster landesherrlicher Genehmigung werden hierdurch folgende nachträgliche
Bestimmungen zu unserer Verordnung über das Exekutionsverfahren rücksichtlich ruckstän-
diger Steuern und anderer öffentlicher Abgaben vom 13. Novbr. v. J. getroffen.
1.
Der Ortssteuereinnehmer, welcher nach §. 2 unserer Verordnung vom 13. Novem-
ber v. J. das Verzeichniß der rücksiändigen Steuern an den Bezirkssteuereinnchmer ab-
gegeben hat, darf von diesem Augenblick an keine der im Verzeichniß aufgeführten Steu-
ern sellst einnehmen, sondern muß den zur Zahlung sich meldenden Pflichtigen an den
Bezirkssicuereinnehmer verweisen.
Handelt er dem zuwider, so hat er nicht nur die unbezahlt gebliebenen, rücksichllich
der von ihm eingenommenen Posien erwachsenen, bezügl. erwachsenden Exekutionsgebüh-
ren und Gerichtskosten aus eignen Mitteln zu bezahlen, sondern ist auch mit einer Ord-
nungsstrafe bis zu Einem Thaler für jede Post zu belegen.
2.
Sobald der Bezirkssteuereinnehmer dem Exekutor die nach §. 3 unserer gedachten
Verordnung auszufertigende Namensliste der Zahlungssäumigen ausgehändigt hat, darf
er eine rückständige Steuerpost nur daun annehmen, wenn der Zahlungspflichtige die
Erekutionsgebühr bereits erlegt hat oder sofort mit entrichtet.
In Ziwwiderhandlungsfällen hat der Bezirkssteuereinnehmer die Exekutionsgebühr
aus eignen Mitteln zu bezahlen.
Ausgegeben den 27. August 1856. 29
170
3.
Danach kann ein Antrag der Bezirkssteuereinnahme auf gerichtliche Beitreibung rück-
ständiger Exekutionsgebühren nur dann vorkommen, wenn von dem Restanten auch die
Steuern, wegen deren die Exekutionsgebühren erwachsen sind, unbezahlt gelassen sind und
zugleich die gerichtliche Beitreibung der Lehtern beantragt wird.
Die Justigbehörden haben daher Anträge auf Beitreibung bloßer Exekutionsgebüh=
ren künftig zurückzuweisen.
4
Wenun der Bezirkssteuereinnehmer nach F. 5 unserer mehrgedachten Verordnung die
gerichtliche Beitreibung der rückständigen Steuern und Exekutionsgebühren bei der Justig-
behörde beantragt hat: so sind diese Stenern und Exekutionsgebühren lediglich von der
Leptern zu erheben, und darf der Bezirkssteuereinnehmer solche nicht mehr einnehmen, muß
vielmehr den sich meldenden Zahlungspflichtigen an die Justizbehörde verweisen.
In Fällen des Zuwiderhandelns hat der Begzirkssteuereinnehmer die enwachsenen und
unbezahlt gebliebenen bezüglich erwachsenden Gerichtskosten aus eigenen Mitteln zu ent-
richten und ist außerdem mit einer Ordnungsstrafe bis zu Einem Thaler für jede Post
zu belegen.
5.
Der Bezirkssteuereinnehmer hat bei jedem Antrag auf gerichtliche Beitreibung rück-
ständiger Steuern ausdrücklich zu bemerken, daß die Einmahnung nach Vorschrift des
8. 3 unserer Verordnung vom 13. November v. J. Statt gefunden hat.
Eine solche Angabe des Bezirkssieuereinnehmers hat volle Beweiskraft, und es sind
daher elwaige Einwendungen der Restanten, daß die gesetzlich angeordneten Mahnungen
an sie nicht ergangen seien, von den Justizbehörden nicht zu berücksichtigen.
6.
Die in dem Vorsiehenden den Ortssienereinnehmern und den Bezirkssienereinneh=
mern angedrohten Ordnungsstrasen 2c. sind von der Fürstlichen Regierung aufzulegen,
und es haben daher dieser die Bezirkssieuereinnehmer bezüglich Justigbehörden die zu
ihrer Kenntniß kommenden Kontraventionsfälle anzuzeigen.
7.
Das im Vorstehenden rücksichtlich der Steuern Angeordnele findet auch auf die Bei-
treibung der im §F. 6 unserer Verordnung vom 13. November v. J. aufgefübrten andern
öffentlichen Abgaben, insbesondere der Gemeinde= und Parochiallasien, Anwenrung.
171
B.
Die gegenwaärtige Nachtragsöverordnung tritt fuͤr alle die Steuern, welche den 1. des
lauf. Mis. faͤllig geworden sind oder später fällig werden sowie fuͤr die vom 1. des nuaͤchst-
folgenden Monats September einschließlich fällig werdenden andern öffentlichen Abgaben
in Kraft.
Gera, den 11. August 1856.
Fürstlich Reuß-Plauisches Ministerium.
Dr. Kreßner.
Schlick.
2) Ministerial. Verordnung, betr. die Entrichtung der Personalstener der Dienstboten, Fabrikar-
beiter, Gewerbsgehülfen und Gesellen durch ihre Dienstherrschaften 2c., vom 11. August 1856.
Da ungeachtet der Bestimmung unter b. im §. 26 des Gewerb= und Personal=
stenergesetes vom 1. Juli 1852 die Personalüuern der dort genaunten Personen in un-
verhältnißmäßiger Weise in Rest geblieben sind und wegen der Schwierigkeit der Bei-
treibung derselben in vielen Fällen haben gestrichen werden müssen: so vererdnen wir
mit Höchster Landesherrlicher Genehmigung Volgendes:
1.
Diensüherrschaften haben den von ihren Dienstleuten, Fabrikherrn den von ihren in
der Fabrik fortwährend beschästigten Fabrikarbeitern und andere Gewerbetreibende, ins-
besondere die Handwerksmeister den von ibren Gehilfen und Gesellen in der 1. und 5.
Unterabthellung zu entrichtenden Personalstenerkitrag für diese ibre Dienüleute #2c. in
entrichten, und sind dagegen berechtigt, diese gezallten Sleuerbeiträge von den Leplern
durch Abzüge am Lohn oder sonsi wieder einzuzielen.
2
Die Dienstberrschaften, Fabrikherrn, Gewerbelreibende und Handwerkameister haften
für die bezeichueten Steuerbeträge der Staatskasse selbsischuldnerisch, es sind ihnen daber
die betreffenden Steuerquiklungsbücher zu behändigen und auf solchen ihre Namen vor-
zumerken.
172
3
Diese Verordnung ist auf die vom 1. Januar des nächsten Jahres 1857 fällig wer-
denden Personalsteuern anzuwenden.
Gera, den 11. August 1856.
Fürstlich Reuß-Mauisches Ministerium.
Dr. Kreßner.
Schlick.
173
Gesetzsammlung
Fuͤrstlich Nanzischn Lande jungerer Linie.
No. 200.
Landesherrliche Verordnung, die ohne Gemeinde bezüglich Staatserlaubniß von Inländern mit
auswärtigen Frauenspersonen abgeschlossenen Ehen, und das Heimathsrecht der durch die nach.
folgende Ehe ihrer Eltern legitimirten inländischen Kinder betreffd., vom 13. August 1856.
Wir Heinrich der Sieben und Sechzigste von Gottes Gna-
den Jüngerer Linie regierender Fürst Reuß, Stammes Aelte-
ster, Grafund Herr von Plauen, Herr zu Greiz, Kranichfeld,
Gera, Schleiz und Lobenstein 2c. 2c.
verordnen hiermit Folgendes:
I.
In Betreff der polizeilichen Giltigkeit der von Inländern mit auswär-
tigen Frauenspersonen geschlossenen Ehen.
1.
Die Ebe eines Inländers mit einer auswärtigen d. h. am Heimathsorte ihres künf-
tigen Ehemannes nicht heimathsterechtigten Fraucnsperson, es sei nun eine Inländerin
oder eine Ausländerin, hat nur daun in polizeilicher Hinsicht Gilligkeit, wenn die Trau-
ung mit Gemeinde= und, insofern es eine Ausländerin betrifft, mit Staatoerlaubniß er-
folgt ist.
2.
Es muh daher vor der Traunng ein von dem Gemeindevorstand des Heimathserts
des Bräutigams ausgestellter und, insofern die Braut eine Ausländerin ist, von Unserer
Regierung legalisirter Heirathserlaubnißschein beigebracht werden.
Ausgegeben den 3. September 1856. 30
174
3.
Ist ein solcher Schein nicht beigebracht worden, so erlangen weder die Chefrau, noch
die von dieser vor Eingehung der Ebe mit ihrem nachmaligen Chemanne erzeugten und
geborenen Kinder, noch die von ihr während der Ehe geborenen Kinder durch die Ebe
das Heimathorecht bezüglich die Staatsangebörigkeit des Ehemannes und Vaters, es be-
halten vielmehr die Ebefrau und deren durch die nachfolgende Ehe legitimirten Kinder
ihr früberes Heimathsrecht und ihre frülere Staatsangelörigkeit, und es erwerben die
während der Ehe geborenen Kinder nur das Heimathorecht lezüglich die Slaatsangeh#-
rigkeit ihrer Mutter.
4.
Inländische GEeisiliche, welche der vorstehenden Bestimmung unter 2. zuwider, einen
Inländer mit einer auswärtigen Frauensperson ohne vorgängige Beibringung des Hei-
rathserlaubnißscheines trauen, sind mit Fünf Thalern und nach Bekinden der Umstände,
vorzüglich bei Wiederholungsfällen, auch höher zu bestrafen und haben für allen, aus
ihrer gesetzwidrigen Haudlungsweise entstchenden Schaden zu haften.
5.
Es kann jedoch auch nach erfolgter Trauung die Gemeinde= bezüglich Staatserlaub=
niß zur Heirath nachträglich ertheilt, oder die Erstere auf eingewendeten Rekurs surrlirt
werden, in welchen Fällen die ECheftau und Kinder das Heimathsrecht bezüglich die
St#aatsangehörigkeit des Ehemannes und Vaters erlangen.
II.
In Vetreff des Heimathörechts der durch die nachsolgende Ehe legitimir-
ten inländischen Kinder.
1.
Die in dem 8. 4 der Heimalhskonvention vom 15. Juli 1851 ausgesprochene Be-
stimmung, daß Kinder, welche durch nachsolgende Ehe der Elrern legitimirt ünd, den
ehelich geborenen gleich geachtet werden, ist auch für das Inland in Anwendung zu krin-
gen, so daß auch inländische uneheliche Kinder, wenn deren Vater die Mutter derselben
ehelicht, das Heimathsrecht des Ersteren ohne Weiteres erwerben.
2.
Die Gemeinden sind nicht berechkigt, die Heirathserlaubniß aus dem Grunde, weil
die Braut uncheliche Kinder hat, welche durch die Vollziehung der Ehe legitimirt wer-
175
den, zu verweigern oder solche von der Bedingung, daß ein Heimathsrevers für diese
Kinder beigebracht werde, abhängig zu machen.
Dagegen hat deren Vater für jedes solches Kind seiner Braut den fünsten Theil
des vorschristsmäßigen Bürgergelds zu eilegen. (Art. 32 der Gemeindeordnung.)
3.
Uneheliche Kinder, welche vor Erlaß dieses Gesetzes durch die nachfolgende Ehe ihrer
Eltern legitimirt sind und für welche die frühere Heimathsgemeindc ihrer Murter Hei-
mathsreverse ausgestellt hat #nd dann der Gemeinde des Heimathsortes ihres Vater#a
zuzuweisen, wenn vor deren zurückgelegtem 21. Lebensjahr ihr Vater bezüglich Alters-
vormund darauf anträgt. «
Schloß Schleiz, den 13. August 1856.
(L. S.) Heinrich LXVII. F. R.
v. Geldern.
177
Gesetzsammlung
für die
Fürstlich Reußischen Lande jüngerer Linie.
No. 201.
Gesetz wegen Abänderung des Vereins-Zolltarifes.
Wir Heinrich der Sieben und Sechzigste von Gottes Gna-
den Jungerer Linie regierender Furst Reuß, Stammes Ael-
tester, Graf und Herr von Plauen, Herr zu Greiz, Kranich-
feld, Gera, Schleiz und Lobenstein 2c. 2c.
Die Regierungen der zum Zollvereine gebörenden Siaaten sind übereingekommen,
den seit dem l. Jannar 1854 gültigen Zoll-Tarif in einzelnen Bestimmungen weiter ab-
zuändern und zu ergänzen.
Demzufolge vererdnen Wir hierdurch mit Vorbehalt der Zustimmung des Landtages
und Bezugnahme auf §. 66 und 67 des Verfassungsgeseyes, daß nachsiehende Abänder=
ungen und Zusätze zu diesem Tarife, welcher mit den seit der Publikation desselben er-
Langenen Erlassen im Uebrigen in Kraft bleibi, vom 1. Jannar 1857 an in Wirksam-
keit ireten sollen.
Erste Abtheilung des Tarifes.
Den Gegenständen, welche keiner Abgabe unterworfen ünd, treten folgende,
bisber in dem Tarife nicht namenklich aufgesührte Artikel hinzu:
zu Position 24:2 Bast;
zu Position 30: Torfkohlen.
Zweite Abtheilung des Tarifeék.
Bei den Gegenständen, welche bei der Einfuhr oder bei der Ausfuhr einer Abgabe
unteiworsen sind, leiten folgende Aenderungen ein:
Ausgegeben den 5 November 1350. 31
178
A. In Bezug auf die Zollsätze:
Von nachfolgenden Artikeln snd anstatt der bisherigen Eingangs= oder Ausgangs-
Jollsäge die beigefügten Säpe bei dem Eingange oder bei dem Auagange zu erheben
und zwar:
1) wie von den im Tarise bereits erwälnten, abgenupten alten Ledersiücken, auch
von sonstigen lediglich zur Leim-Fabrikation geeigneten Lederabfällen, nur bei dem
Ausgange vom Zentner 15 Sgr. oder 52½ AKr. (Pos. 1.);
2) von Palmblättern, nur bei dem Ausgange vom Jcumer 5 Sghr. oder 17½ Kr.
Wos. 5. e. 3);
3) von schwefelsaurem Ammonial, bei dem Eingange vom Zentner 1 Thlr. oder
4 öl. 45 àr. (Pos. 5. 0);
4) von chromsaurem Kali, bei dem Eingange vom Zeutner 1 Thlr. oder 1 Fl. 15 Kr.
(Pos. 5. 0
5) von Flschspeck, bei dem Eingange vom Zentner 10 Sgre oder 35 Kr. (Pos. 5. m)
6) von Galmei und Zinkblende, nur bel dem Ausgange vom Zenmer 2½ Sgr.
oder 8 3/ Kr. (Pos. 7. b);
7) von Getreide und Hülsenfrüchten und zwar:
a) Weizen und anderen unter b nicht besenders genaunlen Getreidcarten, des-
gleichen Hülseufrüchten, als: Bohnen, Erbsen, Linsen, Hirse und Wicken,
bei dem Eingange vom Preußischen Schessel 2 Sgr. oder 7 Kr. (Pos. . n. 1);
b) Noggen, Gerüte (auch gemalzter), Hafer, Haidekorn oder Buchweizen, unent,
bülsetem Spelz (Dinkel), bei dem Eingange vom Preußischen Scheffel 1½
Sgr. oder 13/: Kr. (Pes. 9. u. 2); unter Hinwegfall der Anmerkungen 1
und 2 zu Position II. 9. a. des Tarifes;
8) von Gummifäden und zwar:
a) von Gummifäden außer Verbindung mit anderen Materialien, bei dem Ein-
gange vom Zentner 3 Thlr. oder 5 Fl. 15 Kr. (Pos. 21. v. Anmerkung);
5) von Gummifäden, welche mit baumwollenem, leinenem vder wollenem rohem
(nicht gefärbtem, nicht gebleichtem) Garne, nur dergestalt umsponnen, um-
flochten oder umwickelt sind, daß die Gummisären ohne Ausdehnung noch
deutlich erkaunt werden können, bei dem Eingange vom Zeniner 8 Thlr.
oder 14 Fl. (Pos. 21. b);
9) von Arrowroot, Sago und Sago-Surrogaten, sowie Tapiofa bei dem Eingange
vom Zentner 2 Thlr. oder 3 Fl. 30 Kr. (Vos. 25. d. a);
10) von Mühlen-Fabrikaten aus Getreide und Hülsenfrüchten, nämlich: geschrotenen
L
179
odet geschälten Körnern, Graupen, Gries, Grütze, Mehl, bei dem Eingange rom
Zentner 15 Sgr. oder 52½ Kr. (Pos. 25. q. 0);
von Vorten, theilweise aus Seide, bel dem Eingange vom Zentner 110 Thlr.
oder 192 Fl. 30 Ar. (Pos. 30. b).
. In Bezug auf die Tara- Säße.
An Tara wird verwilligt für:
r
!
2
*
—
—–
-
—
5)
6)
*
Tara für die äußere Umschließung, noch 20 Pfund vom Zentner Brutko-Gewicht:
Hefe aller Art (Pos. 25. b), mit Ausnahme der Bier= und Wein-Hefe, in Kör-
ben 7 Pfund vom Zeutner Brutlo-Gewicht;
Kafsfec, rohen, und Kassee-Surrogate (Pos. 25. m. a);
u) in Jässern mit Dauben von Eichen= und anderem harten Holze und in
Kisten 12 Pfund vom Zeutner Brutto-Gewicht;
5) in anderen Fässern 8 Pfund vom Zener Brutto-Gewicht;
6) im Ballen oder Säcken 2 Pfund vom Zeutner Brutko-Gewicht;
Tabako#läuer, unbearbeitete und Stengel (Vos. 25. v. 1);
a) in Ballen aus Schilf, Bast und Binsen 1 Pfund vom Zentner Brune-
Gewicht;
5) in Ballen anderer Art 2 Pfund vom Zentner Brutto-Gewicht.
C. In Bezug auf die Fassung einzelner Positionen.
In der Pof. 2. b. 2. „ungebleichtes 2c. Bammwollengarn“ fällt das Wort „ge-
zwirnte“ binweg.
In Pos. 20. „Nurze Waaren“, desgleichen in dem Gesetze rom 11. Oftober 1813,
wegen provisorischer Gipolung des Eingangszolles von einigen Gegenstäuden,
unter Ziffer 1, nach den Worten: „feine Parfümerien“ kommen die Worte: „wie
solche in kleinen Gläsern, Kruken r2c. im Galanterie-Handel und als Galanterie=
Waaren geführt werden“, in Wegsall.
Der Ucberschrist der Pos. 22. „L.inengarn, Leinwand und andere Leinenwgaren“
ist hinzuzufügen: „k. i. Garn und Webe= oder Wirkwaaren aus Flachs, Hani,
Werg und anderen vegetabilischen Spinnstoffen, mit Anonahme der Baumwolle.“
In der Anmerkung 1 zu Pos. 24. „Oel“ ist nach den Worten: „ein Pfund
Terpentinöl“ einzuschalten: „oder eln Achtelspfund Rosmarinöl.“
Der Ueberschrift der Pos. 30. u. „gefärbte 2c. Seide" sind die Worte hinzuzu-
seben: „ferner Garn aus Baumwolle und Seide.“
In Pos. 30. c. ist am Schlusse beizufügen „und Borten.“
Der Pos. 38. r. „farblges 2c. Porzellan“ ist beizufügen: „ingleichen Knöpfe ven
Porzellan, weißem und farbigem.“
480
8) Bei der Prs. 3. „Blei“, Pos. 6. „Cisen und Stahl“, Pos. 19. „Kupfer und
Messing“, Pos. 33. „Steine“ zur zweiten Abthellung des Tarifes sind die Ueber-
schristen zu ergänzen durch Hinzusügung der Worke:
„und Bleiwaaren“ bei Vos. 3.
„Eisen= und Stahlwaaren“ bei Pof. 6.
„Kurfer= und Messingwaaren“ bei Pos. 19.
„und Steinwaaren“ bei Pos. 33.
Dritte Abtheilung des Tarifes.
Von den im I. Abschnitte aufgeführten Ausnahmen unter 1. 2. und 3. fallen die
unter 2. und 3. binweg.
Fuünfte Abtheilung des Tarifes.
Die Bestimmung under Ziffer IV. d. 2. im ersten Absate wird dahin abgeändert:
„Werden Wagren, für welche eine Tara-Vergütung zugestanden ist, blos in ein-
sache Säcke von Pack= oder Sack-Leinen, in Schilf= oder Stroh-Manen oder
ähulichem Material gepackl zur Verzollung gesiellt, so können 4 Pfund vom Zent-
ner für Tara gerechnet werden, lusoweit nicht in der zweiten Abtheilung eine
geringere Tara-Vergümug für Ballen oder Säcke vorgeschrieben ist.“
) Im zweisen Satze unter Zisfer V. wird die Ausnahme hinlschtlich der „Gold=
und Silber-Stoffe und der Bänder“ auch auf „Borten“ ausgedehnt.
Nachdem hiernächst die Regierungen der Zollvereins-Staaten, mit Rückücht auf die
vorsüchenden, sowie auf die nach verschiedenen früheren Gesetzen eingetretenen Aenderungen
des durch das Patent vom 14. Okkober 1845 publizirten Vereins-Zolltarifes, über den
in der Anlage enthaltenen, vom 1. Jannar 1857 an in sämmtlichen Staaten des Joll-
rereins in Wirksamkeit zu sebenden Folltarif sich geeiniget baben, so verordnen Wir wei-
ter in gleicher Weise hierdurch, daß dieser Tarif, wie derselte mit dem dazu gehörigen
Anhange, die Uebergangsal gaben von vereinsländischen Erzeuguissen betreffend, nach-
sellend bekanm gemacht wird, vom l. Januar 1857 an in Unserem Fürstenthume geset-
liche Gültigkeit haben soll.
Urkundlich baben Wir dleses Geset böchsteigenhändig vollzogen, en mit Unserm
Fürsilichen Insiegel berrucken und solches zu Jedermanns Nachachtung öffentlich bekannt
machen lassen.
—
—
!..
So gescheben und gegeben Schloß Schleiz, den 29. Oflober 1836.
Heinrich I.XViI. F. R.
v. Geldern.
rl
—
181
Vereins Zolltarif.
Erste Abtheilung.
Gegenstände, welche gar keiner Abgabe unterworfen find.
Abfälle von Glashütten, desgleichen Scherben und Bruch von Glas und NPorzellanz
von der Bleigewinnung (Bleigekrähz, Blei-Abzug oder Abstrich und Bleiasche); von
der Gold= und Silber-Bearbeitung (Münzgrähe); von Seifensiedereien die Unter-
lauge; Blut von geschlachtetem Vieh, sowohl flüssiges als eingetrocknetes;
Bäume, Sträuche und Reben zum Verpflanzen, ingleichen lebende Gewächse in Ts-
pfen oder Kübeln;
Blenenstöcke mit lebenden Bienen;
. Branntweinspuͤlig;
##
*
Dünger, thierischer; desgleichen andere Düngungsmittel, als: ausgelangte Asche,
Kalkäscher, Knochenschaum oder Zuckererde, Düngesalz, lehteres nur auf besondere
Erlaubnißscheine und unter Kontrole der Verwendung;
(er;
!
Erden und Erze, die nicht mit einem Jollsatze namentlich betroffen sind, als: Bo-
lus, Bimsstein, Blutstein, Brannroth, Braunstein; gelbe, grüne, rothe Farbenerde;
roher Flußspath in Stücken, roher Gips, gebrannter Gips und Kalk, Graphit (Reiß-
blei, Wasserblei); Kobalterze; rohe Kreide, Lehm, Mergel, Oker, Rothstein, Sand,
Schmirgel, Schwerspath (in krystallisirten Stücken), gewöhnlicher Töpferthon und
Pfeisenerde, Töpferthon für Porzellan-Fabriken (Porzellan-Erde), Tripel, Umbra,
Walkererde u. a.;
32
“*
m—G*
S
-
—
12.
13.
14.
*
#
—
m
—
—
18.
182
Erzeugnisse des Ackerbaues und der Viehzucht eines elnzelnen von der Zollgrenze
durchschnitkenen Landgutes, dessen Wohn= oder Wirthschafts-Gebäude innerhalb die-
ser Grenze belegen sind;
. Fische, frische, und Krebse (Flußkrebse); desglelchen frische, unausgeschälte Muscheln;
Feldfrüchte und Getreide in Garben, wie dergleichen unmittelbar vom Felde einge-
führt werden; Flachs und Hanf, gerösict oder ungeröstet, in Stengeln und Bun-
den; serner Gras, Futterkräuter und Heu, auch Heusaamen;
. Gartengewächse, frische, als: Blumen, Gemüse und Krautarten, Kartofseln und Rü-
ben, ehbare Wurzeln 2c., auch frische Krappwurzeln, ingleichen Feuerschwamm, ro-
her; ungetrockuete Cichorien; Flechten, Moos und Erdnüsse (Erd-Pistazien); Karden
oder Weberdisteln;
Geflügel und kleines Wildpret aller Art;
Glasur= und Hafner-Erz (Alauiloun);
Gold und Silber, gemünzt, in Barren und Bruch, mit Ausschluß der fremden sil-
berhaltigen Scheidemünze; auch Kupferasche;
4 Hausgeräthe und Essekten, gebrauchte, getragene Kleider und Wäsche, gebrauchte Fa-
brik-Geräthschaften und gebrauchtes Handwerkazeug, von Anziehenden zur eigenen
Benugzung; auch auf besondere Erlaubniß neue Kleider, Wäsche und Effekten, inso-
fern sie Ausstattungsgegenstände von Ausländern sind, welche sich aus Veranlassung
ihrer Verheirathung im Lande niederlassen;
. Holz: Brennholz bei dem Land-Trausporte, auch Reisig und Besen daraus, ferner
Vau= und Nuyholz (einschließlich Flechtweiden), welches zu Lande versahren wird
und nicht nach einer Holzablage zum Verschiffen bestimmt ist;
Anmerkung. Dem Land-Transp##te w##rd das Ve#ftsßen in lesen Siücken ouf 5loß. Kanälen und Floß-
bächen gleich geachlet.
Kleidungsstücke und Wäsche, welche Reisende, Fuhrleute und Schiffer zu ihrem Ge-
brauche, auch Handwerkszeug, welches reisende Handwerker, sowie Geräthe und In-
strumente, welche reisende Künstler zur Ausübung ihres Verufes mit sich führen;
ingleichen Musterkarten und Muster in Abschnitken oder Proben, die nur zum Ge-
brauche als solche geeignet sind, dann die Wagen der Reisenden, ferner die bei dem
Eingange über die Grenze zum Personen- oder Waaren-Transporte dleuenden und
nur deshalb eingehenden Wagen und Wasserfahrzeuge, leptere mit Einschluß der
darauf befindlichen gebrauchten Inventarien-Stücke, insofern die Schisse Ausländern
gehören, oder insofern inländische Schiffe die nämlichen oder gleichartige Inventa-
rien-Süücke einführen, alo sie bei dem Ausgange an Bord hatten; Reisegeräthe,
auch Verzehrungsgegenstände zum Reiseverbrauche;
Kunsisachen, welche zu Kunstausstellungen oder für landesherrliche Kunst-Institute
183
und Sammlungen, auch andere Gegenstände, welche für Bibliotheken und andere
wissenschaftliche, besonders naturhistorische Sammlungen öffentlicher Anstalten
eingehen;
19. Loheuchen (ausgelaugte Lohe als Brenn-Material);
20. Milch;
21. Obst, frisches;
22. Papier, beschrlebenes (Akten und Manufkripte);
23. Saamen von Waldhölzern;
24. Schachtelhalm, Schilf= und Dachrohr; Bast;
25. Scheerwolle (Absälle bei dem Tuchscheeren); Flockwolle (Abfälle von der Spinnerei);
Tuchtrümmer (Abfälle von der Weberei), und die aus Lumpen gewonnene Zupf-
wolle (Shuddywolle);
.Seiden · Cocons und Abfaͤlle derselben; ingleichen Flockseide (Abfaͤlle vom Haspeln
und Spinnen der rohen Seide);
Steine, alle behauene und unbehauene, Bruch-, Kalk., Schiefer-, Ziegel- und Mauer-
Steine; Mühlsteine ohne eiserne Reifen; grobe Schleif= und Wey-Steine; Tussteine
und Traß;
28. Suoh, Spreu, Häckerling, Streulaub, Kleie;
29. Thiere, alle lebenden, für welche kein Tarif-Satz ausgeworfen ist;
30. Torf, Torskohlen und Braunkohlen, auch Sceinkohlenasche;
31. Treber und Trester;
32. Weinstein.
d
m
dXN
—
—
Zweite Abtheilung.
Gegenstände, welche beider Einfuhroder bei der Ausfuhr einer Abgabe untenworfen sind.
Funfzehen Silbergreschen oder ein halber Thaler Preußisch, oder zwei und funfzig
und ein halber Kreuzer im 24½ Guldenfuß vom Zenmer Brutto-Gewicht wird in der
Regel bei dem Eingange, und weiter keine Abgabe bei dem Verbrauche im Lande, noch
auch dann erhoben, wenn Waaren ausgeführt werden.
Ausnahmen hiervon treten bei allen Gegenständen ein, welche entweder nach dem
Vorhergehenden (Erste Abtheilung) ganz frei, oder nach dem Folgenden namentlich:
u) einer geringeren oder höheren Eingangsabgabe, als einem halben Thaler oder
zwei und funfzig und einem halten Kreuzer vom Zentner, unterworfen, vder
1) bei der Aussuhr mit einer Abgabe belegt sind.
Es sind dieses folgende Gegenstände, von welchen die beigesehten Gefälle er-
hoben werden:
31“
Benennung der Gegen-
stände.
W
Maaß ·
stab ber
erzol-
g
164
—.
ensätze
— dem
14. Thaler-: Fuß
(mit der Einthrilung
es Thaler.
in 30stel und 24stel),
beim
J
nach dem
24½= Gulden-Fuß,
beim
Nusgang.
Für
Tara
wird vergütet
vom Zentner
Brutto-Gewicht:
Sgr.
W#
Sr.
Rihl. 5 W
Fl.
18
*
Pfund.
1efsde
von Ke## das Leim-
leder; Thierslechsen, Ab-
7 und Tbeile von ro-
u Häuten und Fellen,
rnt alle bederstücke,
esgleichen sonliige ledig.
zurveimiobrikation ge-
eigneie Lederadfülle, Hör.
ner. —. Horn-
späne, Klauen und Kuo-
chen, letztere mögen anz
oder jerkleinert sein .
8
S
2
r-
a) Nobe Baumwolle
b) Baumwollengarn, un-
1) ungebleichtes ein. u.
zweidraͤhtiges, und
W ......
2) ungebleichtes drei-
und ehrdebbuiges,
ingleichen alles.
leiche oder uichi
k.nel
.Die umr dent Sülbergreschen siehenden Ziffern beie
130ntr.
13entr.
13entr.
13entr.
15
(12.
frei
frei1 5
6
setei 52½
frei, I7½
16 in Fissera u.
chnen 2/stel des Thalcr
4
Benennung der Gegen.
stände.
Maaß-
stab der
Verzol=
lung.
185
Abgabensaätze
räch Dein-
!.AThaler-Fuß
Cmit der Einkheilun
es Thalers
in 30tel und 21stel)
beim
ingaong.Aus
nach dem
9 24½. Gulden, Fuß,
beim
1Jun
Eor.
. Sar. .
Ridl. G.D
(Warleztte=
Ir..
g.
4
Für
Tara
wird vergütet
vom Zeniner
Brutto-Gewicht:
Pfund.
macher-,
uh · Waaren
dergleichen Jeug · und
Sticker- und
0
“p
S.
Sunmpf-- Waaren mit
# si
und aus
asiden (Labn)
amwolle oder
lle und Lei-
nen, außer Verbindung
mit Seide, Wolle, Ei-
sen, Glas, Holz, #e-
der, 868 Stabl
und auderen Materi
alien
Blei u.
a)
.
Bleiwaaren: :
#rlel, Nöhren, Schron
P laten r. , auch ge-
rollteo. ...
Sense Blei-muten old
auch *— cechre
Waa
Sertenbirde
Siebmacherwaar
a) Grote, in weiee
mit Holz oder Eise
obne Polikur und Laci
b) Zeine, in Verbindung
2
ine
b) Grode Bleiwaaren, alo
Zentt.
igeut.
13Zentr.
13emtr.
1Jeutr.
mit anderen Materlal
!7..
6)
1n
·
"
.26/.
30
GCt
1 18 in Fãssern u.
Kisten.
7 in Ballen.
0 in Kässern u.
Kilen.
20 in Zãssern u.
issen
13 in Körben.
10 (n Sällern u.
sllen.
Km
. 0 in Inktene.
186
Abgabensáße
nch een- bir
S derG Maaß, 1 nach dem Tara
enennung der Gegen- mit der Eimheilung .
staͤnde. #bbur des Thalers 24 /.-Gulden, uß, wird vergütet
lung. jin 30tel und 24stel), vom Zcniner
beim beim Brutto. Gewicht:
T I Ausg ang
ut E Rihl. 85 di. ä. .x Pfund.
lien (um Ausnahme
von edlen Metallen.
seinen Metallgemischen,
echt vergoldeiem oden
versilberlenn Metall
childpatt, Perlmut-
ler, echten Perlen, Ko-
rallen oder Steinen).
auch Siebböden au
ferdebaaren 2.0 1730 20 (n Fäöffern.
Droguerie= und Apo- Ame-n
theker·, auch Farbe-
Waaren:
a) Cbemische Fabrikasch
für den Medizinal= u.
Gewerbsgebranch, aud
Präparale, älberische
und andere Oele, Säu.
ten, Salze, eingedickt
Säste; desgleicben Ma
er., Wasch-, Pastelliar.
den u. Tu "Cr arben-
Tuschkasten, seine Pin-
el, Mundlack/Oblaten)
Engleich-üaster, Sic,
ellack d.; überbaur
die unter Kunss
Apotbeker- und Farbel
aaren gememiglich
begriffenen Gegenstän-
de, sofern sie nicht be-
sender# aubaenoninei 1½ Sie.
........ . 5 9 II .
sin Zentr 3 8 5 50 ( 6 in B. ——
Ausnabmen treten jedoch d enn nà
selgende ein, und zad- Basfergefüh us
n weniger: 7 #er vorscbn
———ri
dußete sa
ng. nech 20
unb.
5
Benennung der Gegen-
( stände.
Maaß.
stab der
Verzol=
lung.
Hmie der Eintheilun
187
Abgabensätße
woch d
14½ Thaler, rrchug.
ed Thalers
in 3stel und 2stel),
Eingang, Ausgang.
ns 241½. Gulden-Fuß,
nach dem
beim
Ausgang.
———
ana
T#
Fär
Tara
wird vergütet
vom Zeniner
Brutto-Gewicht
Pfund.
Mm— '
c) Bleiweiß (Kremser.
weiß), rein r ver-
sebt, Chlorkalk
d4) Eisenvitriol (nrüneh
iseubeizen, einschlie
lich Eisenrostwasser .
c)Ekequi-"k,folgme
ost, MMineml-,
Tbjtksundgsslqnzmi
eiches:
1) Arapp . . ....
2) Aloe, Galläpfel
arze aller Gat-
lung, eure W
und dußereur
ungereinigter;
vetersaures Natron;
Sumach, Schwefel.
Terpemin, Ward u.
Wan.
3) Alcanna, Alkermes,
——- Ber-
dersebocg. 2 Berberis
bvtueln huuchohem
Elephamten= und an-
dere Thier-Zähne,
13ente.
1Zentr.
13eutr.
13en#.
13emtr.
Sgr.
gu## ' Gr)
l . .
(6)
7½
(6)
2½
(2)
" - - 2½
(2)
20
2926%
8½
85¼
di. 7%.
11 In Fässern.
6 In Zässern.
rl.
Benennung der Gegen-
stände.
188
Abgabensaße
112 k
Cmit der Einbeilung
in Jostel 2oPn ueh,
beim
o säusgang.
nach dem
24½.= Gulden= Fu,
beim
ang.
Rihl
Sar.
(69# ibt
usgan
Ar. '
Für
Tara
wird ver gütet
vom Zentner
Brutto-Gewicht
Pfund.
1
## (Muster Gsr-
be, und
Anmer
erbewür.
zeln, nicht besondere
ursprünglichen Form
von Schuhen, Fla-
wgen c.; Gummt
seuegal; Guna per-
a, obe ungereis
nigse; Hölzer, au.
bereuropäische für
Drechsler, Tischler
2c., in Blöcken und
Boblen; Hornplat.
ten, Indit#o, Kino;
rober; Muichelscha-
len, Morebalauen,
Orlean, Palmblät.
srer, Palmunf, Pail-
onscher ontind:
cbe rarseiller,
Mterret“ Eiubl ·
krötenschalen, robe;
Tragant, Wallsisch.
boden (rohed Frsch-
bei
allge.
7 —* kunsan
ug Gienaniste des Mi-
ncral., Thier- und Pflän-
1 Zeutc.
17½
189
(8)
Absabenlä-te
Für
nach dem
s Maaß. 14.Thaler-uß nach dem Tara
Benennung der Gegen · Kabder mit der LEintheiung S# n wird vergütet
- 1 1
slãnde. Fe in oslel und 2 istel), vom Zentner
beim Brutto-Gewicht:
ing ang. [Nusgang.Glngang usganga
1A äib. i ## N. .x Pfund.
ntei zum Ceewerbe= -
Iadqeblaqlfltdnuche
Heuchllsisoamibd
s» pka lednstk be-
steutrt sin
2) nn e Roalron igt-
elnigtts u0gertin algee.
Feltr ltwĩ allisiriech.
15 Eiaer
)in See 3er. 2½ 8¼
(2.
2) rWi oder ge. 1
...... lantk-.5 17s,...
6) enles, Schmalte, (14)
zngercenipe und ge-
reinigte Soda (Mine,
ral · Kupfervi.
biol, gemischter Kupfer.
und Eisenvitriol, wei.
bär Vitriol, Wesser-.
glas; Gesu#an, raf.
Ktuireer (bestillirter, kry.
stallisirter) oder ge ·
EIIII
res Aumamaak chrom-
saures Kall 13entr. 1145 .
Anmer u#. Mennige
lonn Meibglas= Jobr-
ta#ien auf Erlautlsscheine
zu einem Mieribeilte der ta-
rs#scgen Eingangsataste
eingefüdrt werden.
h) Mineral. Wasser, na-
türlicheg in Zlaschen
und Krügen 13enir 7f6¼
i) Pott- (Waid) r- (6,
gemablene Kreid 1Jentt. 17 ·
L) Salzfäure und S#e . (-lI
ittlsIII-----.. Ums-ji« .220 .23--s4·;s.z1sbss-
l)cchivksklwtkestssslz. (8) n Kerben.
saures Kali °3####. 5 - l7»-
m)Tekvknnnolmltllvl), (1)
desgleichen dischspec· 1Zenit. E 351.1
6
Benennung der Gegen-
stände.
Maaß=
stab der
Berzol-
lung.
180
Abgaben säte
Wach de
„Thaler Fuß
(mit der Eintheilung
des Thalers
in 30Kel und 24ste0,
beim
ingzongAusgang.
g
nach dem
24 ½.Gulden-Fuß,
bei
aug
m
Ein Ausgang
Für
Tara
twirdvergütet
vom Zentner
Biutto-Gewicht.
Soer.
#•5 Schl. #a#e)
Ir.Sl.
en-
*“
*
Eisen und Stahl, El.
d Stahlwaa
iebeilen aller Art;
altes Brucheisen, Ei:
lenfeile, Hammerschlag
Nob- und Cementstabl,
Sa und talfinirten
Suattus- und“ Art.
walztes Eisen (mit
Ausnabme des facon=
s—ie in Stäben von
weniger als # On,
drorder Preuhich im
Querschuiit
Tiswpirt, tz.t in
Stäben; desgl. Eisen,
welcheo zu groben B4,
standtheilen von Ma-
und
dergl.)roh vorgeschmie=
det i rW tu Dder-
nen Zeumner
über wiegen,
Pilugichaarenel
schwarzes. Eisen.
"%
lnr n
1Zentr.
13entr
13entr.
Sar.
KN
10
(6)
15
(12)
15
(12)
5.v
283744 . .
42% .
10 in Fsstern
und Kisten-
191
Wögabensätze
Für
nach dem Tarao
Maas- 14. Thaler. Fu nach dem
Benennung der Gegen · der Kmi ver Eintheilung Atz · Gelden- duß wird vergütet
#nde. erzo ½.-Gulden-Fu
stande # in Z0stel und 2stel) rom Zentner
beim Brutto-Gwicht:
Eingang.Ausgang.### 9 9
Rihl. 2 Nihl. * AIIIII
rode E— Er- —
sen· und Szabtplatttn
6 wie
7 tu 13entr. .. 515
. ti ech, gefirnißtes
e polictes Stahl. 4 W isen u.
blech, polirte Eisen= u. *inus K-
Eiahipkanen Eisen. u. in #allen
Stahl-Drabt... 13entr.4444
Anmer obnabl,
stewaͤris von der
Beichsel-
Pof.
51. Eisen. u. Stehtranren
1) Gunz grobe Gußwaa-
ren in 5s# Pauen
Gitte
2) " ge.
schmiebetem Eisen oder
Eisenguß, aus Eisen
und Siabt, Ersenblech,
St##hl- und Eisendrabn
auch in Verbindung
mit Holz gefertige;
ingleichen Woaren 98
ser Art, die geflrnißt,
verkupfert oder ver-
1entr.
ginn, jedoch nicht vo
irt sind, als: Aexie
—
33°
192
Abgabensäte
1 dem *
B der G Maaß- z1 nach dem Tara
enennung der Gegen- mit iniheilung
B 8 K der Thalet"., )., Ounen. guß, poird vergüͤtet
in 30stel und 24#K#el), vom Zentner
beim beim Brutto-Gewicht
iogang. Musgang. in ang usgon
#eur IEbheisse en ..f
genklingen, Selsen,
Hämmer, Hecheln, Has-
peln, Holischrauben,
Kassee-Trommeln 8
8
Tuchmacher- u. Schnei-
der-Scheeren, grob % nr San
Wingehalken, Zangen irn Büllern u.
2 9 Alstin.
1 Zentr. * hötten.
[
·
—
ES-
rG
D
Beie 7 mögen gang#
aus feinem Eisenguß.
polirtem Eisen oderf
Srabl, oder aus die,
1 Ucscoffen in Ver-
binonngolkuelk Hor
nochen, lohgarem Le-
der, Kupfer, Messing,
Zinn (lehteres polirt
und auderen unedien
Metallen geferligk sein,
als:Gußwaaren (seint)
Messer, Scheeren, Strei-
chen, Schwertsegerar-
beit 2c. (mit Ausschiuß
der Nähnadeln, metal=
leuen Stricknadeln, me-
tall. „Hütktnadrtn etu
Griffe) lackirte Eisen.
waaren; auch Gewehr * -— u.
aller 8 t. 6 in Le.
in Ballen,
(
"
—
—
r—
(
13enr.
193
Abgabensäte
nach dem br
Maaß,4-Thaler-uß nach dem Tora
Benennung der eegen.ab der wie boert Eintheilung vird vergüter
stände. erzol, alers 24 ½= Gulden-Fuß,
— ##n — vom Zentner
bein beim Bructo-Gewicht:
n ang. 1 Ausaana
6 Su#t. S %%% zi. xr. gi. r Pfund.
7 Erze, nämlich:
58 und Stahl · Stein
Stufen .... .... 1Zentr. frei 5sfrei. 1174
(9
b) Galmei, Iinkblende EHEIEIIIIIIDIIE 8½
Anmerk. An den Bavertschen, (2)
S#ch dosichn, [Iüritenbecze.
schen, Badischen un
sihe-Wnfczn-hern, *- *4*ê- E— *ê)#½
z#n, Cisenerz — Koeei freihi#eitprcie
8 44600 Wers- Hauf,
Heediea 13enttr.. 7/
(4)
9 Getreide, Huilsen-
früchte, Zameteien,
n Ber
ti-- nnd Halle-I-
Ikaitgchtq und zwa d
1) Weizen und n er S
unter 2 nicht be- 1Echn. 2 · 7. .
sonders genannte (Ge- (11)
treide= k 9
Aleicen ülienfrüch. ,
c, als: Bobnen, Erb. 1%
U biuinn, 4 und Schifl.
8 . 28
(#/
2) Roggen, Gerste (auc1 chfl. NVI15
gemalzte), Haser, # ½ ½r##
clorn ober Buchwe 1 ert
zeenenthul Weler Spelz Schäffel.
Adem r a “ 2 71½
An 5 di in Zuanu · (11/)
en n- ½
4 Emn . 6
bungewanse under 8 Baleri-
H6 WMeßen und andere
Saserbn-t8 r*rsd n 6
lr nt Schi
XEIIEEIE e-
Mesea e
Benennung der Gegen ·
staͤnde.
1#4
Abgabensáze
5) Sämereien und Beeren
1) Anis und Kümmel.
2) Oelsaoat, als: Hauf-
saat, Leinsaat und Lein-
dotter oder Doder-
Mohnsamen, Raps, Rü-
besaat
3) Kleesaat und alle nicht
namentlich im Tarise
genannte Sämereien;
ingleichen Wachholder
ren
Anmerk, Ein Preußische
Scheffel Kleesaat wird mi
Einschluß des Sackes zu à
Pfund, ein Bayerisches Schäf-
fel Nagleicen zu 360 Pfund
gerechne
Elas und Glaswaa
fünes Hohlglsschtos
eschirr.
geschirr
Anmerk. Bel loser Vervack-
ung werden zu 1 Zentner
veranschlagt
5½⅞ Preußische
6% Finneise: Kubikfuß.
4½ Ahein layet.
b)Weißes Hohlglas, un-
emustertes, ungescblif-
Hees ingleichen Zen-
ster= und Tafelglas in
seiner natürlichen Farbe
(grün, halb= und ganz
wei
Anmerk. Versehacte- Hobl-
glas nur mist abgeschliffenen
- Böden oder ei Ran-
1 s
er-Fu nach dem
S (mit der Ginthellung
Verzol ers 24½= Gulden-Fuß,
lung. in 30tel und 24stel),
beim beim
GingeangeAusgang. Eingang. Ausgang.
m— W——.— æc. 59 Kr.
1Zent..11 5 12. 4
1Zentrt. s 1½ I I 470 s
(l)
1 tr. " 5 " "„ 17 " -
Zen (9 ½
EIIIIIE . 1 4561..
13ent. 3 5 15 «
IZentr. .752«-s-·
Fuͤr
Tara
vom Zentner
Brutto-Gewicht
2
Pfund.
E (12)
22 in Sffernn.
Kest
13 in “• u.
Gestellem
195
Abgaben säße
r- dem zür
Moag. 14. Thaler- nach dem Tara
Bene der Oegen-aber 0mie der * wird verguͤtet
stäide. Verzole 24½-Gulden-Juß,Q
lung. in 3ostel donmn —“* vom Zentner
beim beim Brutto-Gewicht:
" 60 eG. Aucgang.
Fhl. Eeg. Szef Sl I r . zr.fund.
„) Gepte les, geschlisfenes,
abgeriebenes, geschnitte
7n ge weihes
uch Behänge zu
Anhnahen von Glas,
lasknöpse, Glasperlen "
und Giadläne *. .13entr .10 320 * Süsfem .
d) Spiegelglas: " 913 in Körben.
1) wem si Stück zaich
über 6 Preußische
oder *5n Altbayeriiche
oder 255 Rbeinbaye=
rische Ouadratzoll miß
a) gegossencs, belegles
oder unbelegnted,
aa) wenn das Stũ
ber44 Veen
ische Quadratzo
mib * 1 Zentr6ss00s3ololll
bb) wem das Elũch
über 144 und bies
t Peenzice—. 13en. 1 1 in Kürben.
gechtatu beiege
bder undelegte 3 13eutr.3 5 155
2) belegtes und ien
ted, segossenes und ge-
blasen rwenn ad
Stuͤck
Qaou t n Rcra-
Fairen I1Sür.11C1S11..D 14558
„v#ns„ s31 Sik. 5 15
—58 12 vins un 1Stück.61 —---se’e
— 400 „00 " 8* XIEIEIE 351. 1. J.
—i900 □ geil vr zuen Stück.0 2 30
Anmerk. Nob#s ungefahlIsst
4 Zricaea las wirr atge
½ allgemeine Eingangeabt= "
habe eingelassen. :
3
Benennung der Gegen-
stände.
M.
stab der
Verzol-
aaß-
lung.
nach de
14. Thaler-
(mit der Eintheilung
des Thalers
in 30sstel und 24stel),
196
Abgabensätze
Fuͤr
nach dem
241, Gulden= Fuß,
beim beim
ng Nusgong. lingang. Ausgang.
Taro
wird vergütek
vom Zentner
Brutto-Gewicht:
.Ser- S 3. zr. .. z.
G###ßt
Pfund.
S) Farbiges, bemaltes oder
vergeldesce Glas obnd
Verbindung mit unede
len Metallen und au-
deren nicht zu den Ge-
spinnsten gebörinen Ur
stoffen; deslesben Spie-
deren Glastaseln
nicht über 288 Preußi=
iche D#dato das
ück O
auf die Nadmen, den Ein-
gangegen cheeizen Sltück.
I#en für. Spicgeiglas, den
Dinenstenen beo EIloses. ge-
mäß; sahe sich rer
gangezell danach aber ge-
Inn al# 10 btr. ert
J0 Nr. vem Te
½ 1 dicsen Saß.
Häute, Felle u. Haare:
a) Robe (Wane, ksalsene
trockeue) Hänte u. Fell-
jur Lederbereitunn o-
be behaarte Schal“
Lamm- und Ziegenjele;
obe Pierdebaa
b)Felleg. Velz werk. keeind.
waaren-) Bereilung
c) Hasen= und Kaninchen.
felle, rohe, und = Haarc#
) Haare ren Nindrieb;
Ziegenhaare.
1Zenir.
E—
E—
1Jentt.
13entr.
stei
srei
stei
1|20 frei 2 55
(1e
20 .
UW
löskci. .527-
(12)
5 re10107½½
20 in Zässern u.
en.
13 in Körben.
1 13 ln Häffiras.
Kite
1 ün.
197
Abgabensaättzze Fir
Tara
nach dem
Gulden-Fuß,
Maaß=
Benennung ber Gegen stab der
staͤnde. * vom Zentner
beim
r*- Pfund.
Holzwaaren
r) Breanholz beim
Transporte
cih) aus den unter
denannten Holzarken
3) aud den
nanuleu
Anmerk.
l#entr.
.
Benennung der Gegen-
stände.
aaß -
½
nach dem
1# Thaler.Fuß
(mit der Eintheilun
ingang
198
Abgabensätze
m
Ausgang fngaug
nach dem
g
es Thaler 24.Gulben-duß,
in 30stel und 24stel)
Für
Tara
wird vergütet
vom Zentner
Brutto-Gewicht.
Rihl.
Ser.
KGr
* Ribi. 3.1.) K.
NAusgang
1
*½
Xr.
2) In ben öülllchen Previnzen
gen se:
5
2
3
2
2
*2
2
2
lem Hele
bb) Blöcke oder Balken vo
weichem Kelczr
cc Beblen. Zreller, banen.
JafsbelziDaubey. —
Rcke — -
sticht-
aesitd VI lhl
c)Hol vokce ehe-Gnka-
lolse,drsqlktchea-dolzs
lohu.... ...
(I)Holzasch.......
c).bölsktsscHastsgeråthk
(Men und andemn
Tischler-, Drechsler, u.
B öncher-Waarcn, wesche
defärd, gebeizt, lackirt
polirk, ol#r auch in ein,
zelnen Theilen in Ver.
bindung mit Eisen, Mes.
u
gerissenes Zischdein.
0 Feine Hozae (aus,
gelegte Arbeil), soge.
nannte Mücserheren
ren aller Ars, Spiel.
zeug, seine Drechsler-,
Schnitz= und Kammmal
cher-Waaren, auch Meer-
schaumarbeit, fernerder-
gleichen Waaren, in
Verbindung mit ande-
ren Mater#lien (mil
EIL
1Zentt.
13entr.
E—
srei
srei
—
15
(12
2½
2
10
(8)
srei1
freis
87
Plund.
1 in Fässern u.
gauissen.
6 in Ballen.
199
Abgabensaäse
* 4 r Für
4.Thal uß nach dem ara
Benennung der Gegen- Waaß= mit 8 Lhchelen -
"ståg»ve.g WITHT«24s-.-Gutv»-·Fqß,WIMWEM
han«-I Zosttl #%, vom Zentner
beim beim °Bnnto--Gewicht:
Eing ¾le e. Ausgeng.
M Rihi (½½ n *5 l.4“. u ln Pfund.
Ausschluß von edlen
Mokallen, seinen "osm—
tallgemischen, echt ver
gwowbeen oder verliben
tem Metall, Schildpatt,
Perlmutter, echten Per-
len, Korallen oder Séei-
nen), ingleichen Hol#-
ronce, hölzerne n
geubreu, seine Korb- u.
Lolzslechter, Arbeit obne
Unterichied, Fournierc
mit eingelegter Arbein
und geschniltenes Zisch-
bein, auch ei und 20 (# AVsßer u.
9 S r
Nott Stijte... . . .IZenir. 8 Fen.
#in Balle
—
rE—
—
—
r—
S
·
§8 Gevelsterte Meubles, wic
ode Sautlerwaaren.
h) Grobe Böncherwaaren,
gebranchtt 4% HIIIIIIIIELIIIE
Anmerk. zu e) und b): (d)
leimsaren fragen rie Als ·
meine Gingangs-Abgabe-
13Gopfen ......... 13entr. 2 151. . 14224..
(12)
14Instrumente, astrono
mijche, chirurgiiche, mas
thematiiche, mechaniiche,
muũlaliiche, ische,
ivnskakisch un Nück.
sicht auf die -aterig.
len, ané denen sie 8 2 ssem 1.
ferligt ind 13entrt10s| 30o . 4% bun.
15
S
—
—
*]
Benennung der Gegen-
stände.
200
Kalender,
o) die für das Inland be-
stimmt sind, werden nach
den, der Stempel-Ab--
gabe balber gegebenen
befonderen Vorschriften
b) die cesübrrwerden
tragen die Durchgangs-
Abgabe. Der Wieder-
Ausgang muß nachge.
wiesen werden.
Kalk und Gyps, ge-
drannter.
(Is in rie use Ablbeilung
ausgenommen worden.)
Earden, oder Weber-
eln.
O in die erlle tkeisung
ausgenommen weorden.)
Kleider, serlige neue; des-
gleichen getragene —i
der und getrauene Leit-
wWäsche, beide leßlere
wenn sie zum Verkauf
eingchen
Kupfer und Messing,
Kup a ank- Mes
a) Gusenrcde. Groale
les, gegessenes zu Ge-
shiitren auch Kupjer-
schaalen, wie sic von
chen polirte, gewalzte,
- Abgabensäáte
Für
as, nach dem Tara
mi er Eintheil
3 de- Tholer — wird vergütet
lung. in 30stel und Alteh, vom Zentner
beim bein Brutto · Gewicht
1 11 Eingang. 6go
ihi. * ibi. E di. Xr. Pfund.
o
EEEEEEEIIEEV .
(o #n Balle
201
Abgabensaäbe
Für
Maog. 4Thaler-F nach dem Tara
Benennung ber Gegen= stab der Ci der Eintheilung vird vergütet
stände. *—*“ " Thalers 24½.-Gulden- Fuß,
lung. sin 30tel und 24#tel), vom Zeutner
beim beim. Brutto-Gewicht:
ingang. AusgangGingan Ausgang.
Spyr. Sar.
*x — (70h) —. Pfund.
auch plaltirte Taseln u W.. in Fisserg u-
n“])gstt 1— a. iosol! c .
b) Waaren: Kessel, Pfan Ko#ten-
nen und dergleichen 1 n Bales.
auch alle sonstige Waa-
ren laus Kupfer und
Messing: Gelb- nod
Glockengießer., Gärt-
ler, und Nadler-Wan.
ren, außer Verbindung
mit edlen Metallen; in
gleichen lackirte Kupfer .,.
llndMeisiimiWimkess.lzkmk»w«««1730y«· U Eis-ON "·
amtk».BvaJlo-«.SIück-) Hund-km
Meiltaszbiodckcchmxss
asskunksketdchtn
kommt-von alten Bruch
lurser oder Bruchwesjsing.
deegleiten von Kurser"
MWeising-Feile. Gleckengut,
Kurfer und anderen Schei-
demünzen Jum Uinschmel=
en (die Münz, uj bet-
Ps Erlaubn#ih, Scheine
tingebend), w##nd die allgte
meine Eingange Abgabe
e#beben.
20 Kurze Waaren, Ouin-
caillerien 2c.
Waaten, ganz oder tbeil-
weise aus edlen Me=
lallen, aus seinen Mc.
tallgemischen; aus Me-
tall, echt vergoldet oder
verlilbert ans Schild.
palt, Perlmurter, ech-
ten Perlen, Rorallen
ren aus vorgenannteol
202
Abgaben s#dée
1— Fuͤr
Benennung der Gegen- KCmie * nach dem ;
staͤnde. Verzol. des Thalers 21½-Gol#e#n-Kaß, wirdvergätet
lung. iin 3oel und *me vom Zenmer
beim beim Brutto-· Gewicht
ingana.Musgang. Eingang. Musgang.
X FAihrhes e .]
Stoffen in Verbindung)
mit Alabaster, Verugen,
Elsendein, ein
Gypo, Glas, Gummi
elastilum, Guttapercha
olz, Horn, Knochen,
Kork, Lack, Leder, Mar-
mor, Maecrichaum, un-
edlen Metallen, Perl.
mutter, Schildpalt, un-
echten Steinen und der-
oleichen; feine Galan-
8 onsh Quincaille
rie-Wanren (Derren-
und Frauen= Schmuck,
Toiletlen, u. sogenannte
Nippestisch-Sachen rc.
aus unedlen Metallen,
jedoch sein geardeiler,
und entweder mehr oder
weniger vergoldel oder
verülber! odre auch ver-
irt, n Verdin-;
dung mit Nobane, Il.
senbein, Email, Koral.
len, Lava, Ler#mmne,
Schildpau seinen Stein-
arten, unechten Steinen
oder auch mit Schniß=
arbeilen, Pasten, Ka-
meen, Ornamenten in
Metallzub und derglei-
cheu; seine Parsüme-
rien; Taschen Ubren,
Stuß- und Wand Ub#
ten, letztere mit Aus-
nahme der bölzernen
Hängeubren; Kronleuch-
ter in Verdindung mil
7*
Benennung der Gegen-
ständ
203
Abgabensäktse
1 tr-
C(mit der oeimdeilung
des
nach dem
24/,. Gulden · Fuß,
Für
Taoara
bod vergütet
n zln 20. 400 vom Jeniner
beim beim Brutto-Gewicht:
ingona. IU Ausgana
Rihl. ** Aihl. i. zi. J Ar. Pfund.
echt vergolderem oder
versilbertem Mall;
Gold= und Silberdlank
(echt oder unecht); Näb.
nadeln, metallene Stack
nadeln, metallene
kelnadein (ohne Griffe);
Schreibsedern aus Stahl
Pappmasse (papier mo-
ché), seine bollrte Wachs.
u
haupt alle zur Galtuung
der Kurzen-., Quincaille=
tic= oder (Palanteric
Waaren gehörigen un.
it den Numme *8 3
10.
3. 2. 27. au. ꝛ. 3
... n-
43. der zweiten #tbeil
lung dieses Tarifes nicht
mit inbegriffenen Ge-
genstände; ingleichen
Waaren aus Gesp#nn.
sten von Baumwolle,
Leinen, Seide, Wolle,
welche mit Eisen, Glas
Holz, Leder, Mesing.
###,, hedre ed Stabi
verbunden sind, 3.
204
Abgabensaästze
nach dem “*z*
B der G Maaß. — z ln s nach dem Tara
enennung der Gegen· mit der Eintheilun s
stände. s edi e 24½= Guldm. Juw, wird vergütet
lung. in 3ostel und 24#el), vom Zentner
beim Binnto-Gewicht:
Eingong Nusgang ingang. HAusgan
Fuehls E 3. ar AL
Tuch, oder Zeugmötzen
in Verbindung mit Le-
der, Kuöpse auf Holz.
sormen., Klingelschnür « lkd in Fässern
'
(
9
9
—
E—
2
"
und dernleichen * lienr. und Kisten.
Leder, Lederwaaren 3 - In Karben.
zud ähnliche Frrl,
a) kobgare oder nur loh ·
roth gearbeitete Häute,
Foblleder, Sohlleder,
Kalbleder, Saulerleder
Sliefelschäsic, auch Juch-
ten; ingleichen sämuch.
und weißgares Leder,
auch Pergament, Gu#nk
miplatten und mehr ode)
weniger gereinigte Gus.
leperccz e#.
Anmerk. Kradenleer, guch
lünftliches, für . ! 16 r HSäisern.
Kraten Sabtuten auf
laubnißsche int unter Lon- 13 Sliten
in Jallen
*
.
S
8
brose; serner Gummisäden
außer Verbindung uit an-
deren Meierlaen. . 3emr.
1) Musseler= und Däui-
scheo Handschub-Leder,
auch Korduan, Maro-
tin, Sasjan und alled
aejarbte und lackirte Ve-
derz desgleichen Gum-
misäden, welche mu
—
(
"
—
.
[(
daumiwollenen. keinenem
Nach den v rsan vom 28. Olleber 1813 und 29. Olleter 1336 unterliegen Waaren aus Gelt eder Silber, fei-
nen Mctallgenuschen Metallbronce lecht vergolren). 2 Lnlen. Kerallen oder Sktinen geserilgt. erer mu geee
or#r Süber belegt; serner Waaren #sl. weeer Stoffen in Verbindung mit Alakasser, Bernsteln, Glfenkeln,
laluier, Schilrrlatt und unechten Steinen: e Parsümerien; Z zupudren mlt Auenabuit derer in boͤlzernen
ebdu Aronlcuchier mit 2* Gold- i h Säcker: lunilicke Blumen und —————-
Kunn boe auf wellere Beummung einem Geingangezelle ven 100 Tlrn. (175 äl.) Pro Jenin
Beneunung der Gegen-
"
Maaß.
stab der
erzol-
lung.
Thal
(mit der Einheilung
eo
XL und LilstecJ
205
Abgabensaäse
Fin
ch dem
ler-Fuß nach dem
24½. Gulden, Fuß,
beim beim
lageng IAusgang
Tara
wird vergütet
vom Zentner
Brutto· Gewicht
Rihl.
8 —W| 3.2. 5. In-.
Pfund.
oder wollenem todem
wickelt sind, daß d
Gummisäden ohne Aus-
debuung noch deutli
crkanm werden lönnen
d ont M- Aegca L u
me ne Eingango Abgate ein-
) Grobe Schubmacher-,
Sauler- und Täschner
d
beiten; desgleichen an.
erc nicht lackirte Gum.
mi. Fabrikat außer Ver.
bindung mit anderen
Dinischem veder, von
sämisch- und weißgarem
keder, vou lackirlem e
der, lackirtem Gummi
und Perament; Sastel.
und Aritzeuge und Ge.
schirre mit Schnallen
und Nuugen, ganz oder
tbeilweise von seinen
Metallen und Metallge
mischen, Handschuhc vo
13enta
13entr.
16 in Füässern.
2
r—□—
206
äahrpn ron 11 Ahlen. 77
Abgabensátße *l
nch den Tara
v Phaßs 14,Thaler: Fuß nach dem
Benennas der Gegen · 40 der (mit der Einkheilun wird vergütet
nde. erzol- esd Thale 24Gulben-Fuß, .
st ung.tn30[kelunb2-lslel) Fßvom ZW«
beim beim Brutto-Gewicht:
gang ang.Ei 6 «
sicht.lIJI»-, sich-III Fi.7y.ai.s:k.Pft-nd-
Leder rd feine Schuͤht 20 Zassern u.
aller Art. . . . .. 1Zentr.22 . 138 30 . J. s
Leinen= Gera, ein- ½ 3 Fr
wand und andere Lei-
econ d.
Garn aus. Webe eder
Wirk- Waaren aus Flachs,
Ha Werg und ande-
renve getabilistben Spinn
ssen, mit Ausnahme
der Baumwolle:
a) Robes Garn:
s ss .-" .. . .
1) Maschinengespinust 1Zenr. 380 . is Allen.
2) Handgesvinn#. EL 55 17. 5 Bahtn
b) Gebleichtes, dergleichen (4)
blos abgekochtes oder
gebüktes 1——
Garn, sermr beirhne .
lchlr. 3 . bis-. Ist-Amts.
c«wn...... Zenit-il · 7... ð in Ballen.
*½ Packteimand U. ,
....... lJemr. 20 . 110
er nnn, robei (i6 -
Jwillich 4 Drillicb.e . .17 2
Auonabm i un
gebleichte einang ehr
Kan ein:
aa. in Preuße
auf den Grrcilirnn von
beobschütz bis Seiden-
berg in der Ober-Lau-
sitz und von Gronan
bis Anholt, nach Blerag
chereien oder Leinwand=
märlien
bb. in S n:
auf der Grenzlinie von
du bis Schandan
J #Nch e Osesehe vem, 28. Oltebtr
1412 unterlichen leterne Hamschuhe bis auf wellert Bestimmung tinem
EILIE
207
Abgabensáte
Für
Tara
nach dem
Benennung der Gegen-
stände.
vom Zentner
Pfund.
13 In Kisten.
#la in. Körben.
13ent#.5
16 . .
IZenIr. Las wide-«
lchtr.
tscqu-
n *
in Ballen.
14 In Killen.
baumwollene
alle
Touwett und 13emtr.
35
208
Abgabensaätze
Für
Tara
Maaß. · .«. nach dem
Benennung der Gegen- (mitder Eintheilung — .....
st s 8 des Thaler# 24½. Gulden-Fuß, wird vergzütet
lung. in 30stel und 24stel), vom Zentner
beim beim Brutto-Gewicht:
ingang Nusgong Eingans Husgang.
N3e. 2W.———A#A2.!
A t. Alt i
—* luen 3he der
S ·
t.
bc, ere Sce e#uen, 13entr fre. .10 . . .
25 Material und Speze. (8)
rei-, auch Conditor-
en und andere
Consumtibilien:
a# Vier aller Art in Zäf.
sern, auch Meth in Fäf.
13e#mtr.4 4 22½ I in Uebersssern.
b) Branntwein und Hefe; (12)
a) Branntwein aller Art,
Vanchonne, Num, Franz.
branmwein und ver- 7 *t d. R
sehre Branntweinezenr. 141 at I.
1 zrsäf.
6)Hese aller Ark mit Aus-
nabme der Bier- und 1 2:1#
Wein-Hefe 13entr.1 10.5 J. 1 zun 4.
„P) Essla aller Art in Fis- s
kaIt......... lenlk-110. 220.·
chBictltndElshhinFlw (8)
66 n oder Kruken ein-
5§ ...... Zenk·.8..·l-I.. Inn-»
c) el, Isslslchkaodn ·a·-.
Krustnensqehmv..lthitr.s . l4.. i6 in KNären.
0Wein und Most, ouch
Cider:
b in Zässern eingehend Uent..6 . losv..1lltsllel«»sIsi-»Is
UlaAllchh
IIEIILE .114 . 16 in Korben.
EIEIIIIBIIIIIIE 625 16 In Zäsfern und
(I6. Torsen.
209
Abgaben säße
— Für
M 1Thaler-Fuß nach dem Tara
Benemnung der Gegen.Kabrer #mi ver Sinelung wird vergütet
stände.
24 ½. Gulden-Fuß
Ve#ol ln —9 ;ran 00, 1 vom Zentner
beim beim Brutto--Gewicht:
ingang. Nus Ei Auegang.
* Srr.
G#ktt . Ac.! Pfunb.
Anmerk. 1) Frsche. !
zene Jutier auf der L0
Kea eingebend 13entr. . .. 145
a . .
lsjglcnch, ausgeschlachte,
tes: srisches und zube-
kueteen uchungeichmonl
zenes Fett, Schinken,
Speck, rns m
chen großes . .13Zenn. .
— 9 9 Wrin.
16 in. Fiern u.
#
—
·
«
2
ê—
S
ncm —iemn Ci.
wonen, Limonen, Vom#
ennen Granatenn tzen # ?o Kiraa u.
ergleichen Jentr. ·
Verlang-der Stener. L #
pflichtige die Auszäd.
lung, so zahlt er fün
under
20 Sgr t. ode tr
u iotr
JI e der Aus
zäblung 15 ver ·
dordene unverstenert.
wenn sie in Gegemwarh
von Beamten wegge-
worsen werden.
9) Trockene und gewoock.
nete Dalteln, Feigen
Kastanien, Kerintben,
*
—
r—
S
210
Abgabensaätze
Für
"U„ 14.Thaler-Fu nach dem Tara
*
Benennung der Gegen- 3 Cmit der 7— 4 wird %#t
stände. Verolipdes Thaeszs24/,-Gulden-Fuß, Vergöte
lung. fin 3ostel und 24stel) vom Zenener
Singen g. IAusgang bem « Brutto- Gewicht.
FSup SeracheHEeee s.. At Pfund.
Mandeln, Pflrsichkerne.
Nosinen, vor deerblätte
Pommerauzen, Pom-
zernuen Sdbalen und 12 in Fässern.
erleichen 13enrtr. 171. 1. 18
niJ kiricn Gal 1½ e
gLank, Innder, Carda-
momen, Cudeden, Mus-
kaunsse und „Blumen
(Macis), Nelken, Pief-
ser, Piement, Saffran
Sternani Annil.,
Zimmt und Zimmt-Caf#
sio, Zimmebluche .3e 15 11C 4n
;(12 ; ". rsn -
Heringk . ... 1Tonn 1 . 15 kwu n
a i 8§s•5n*n•
derem barten
mm) ) Kaffee, reber, und 46% und in
Kassec Surrogate. 13eu. 8 45 « staaukknaysp
m Miit-i od.
i alern di
# Kakao in Bobnen und » -
Kalsoschalen .J IZentr. 15 12% ##e . und in
(12) * . anderen
v9 n cben.
n) Gebranuter Kaffee, in- a ig r*n*“ od.
leichen Kakdomasse, ge-
mahlener Kakno, Cboko-
lade und Cbekolade= 1 20 3e
Surretgate Zenr. T 1 " n
« - en Allen.
211
Abgabensábe
—— Fuir
nach dem
v derG Maaß- ar nach dem Tara
enennung der Gegen- zh der Cmir der Eintheilun - ·
stande. lreber“ es hai 9z4 F Cunen-Fug,wird ver gütet
69. in zosn und 2Ustel), vom Zeniner
beim beim Brutto-Gewicht
Girgana.Husgang.Gngens.HKu 6gon
. g-
Sar.
1 N##l teirser. len .| . ue.]Df ud
20 in Kisten v.
Jentr. und
er.
0) Käse aller Art .. .. ntr. 3200 se . . 16 „n n"r
- . (16) 1 in Zaern u.
Kuͤbein
in #t
p) Konfttüren, Zuckerwerk, 6 in Ballen.
Kuchenwerk aller Art; mit
Jucker, Essig, Oelod. fon
namemlich alle in Fla-
schen, Büchsen und der-
öleichen eingemachte, ein.
gedämpfte oder
eingefalzene Früchte, Ge,
würze, Gemüse und ane
dere Consumtibnlien (Pil.
ze, Trüffeln, Geflügel,
Sertbiere und derglei-
chen); ferner Kaviar u
Kuriiikr Surtopann Sar.
dellen in Oel, Ollren,
HKavern, Pasteten, zube,
reileter Seuf, Tafelboml.
lon, Saucen und an-
dere ahnliche Genen= 20 in Fäffern u.
Es 5 des feineren zur *7 1 al 4 ga. “
...- - . i l note-I
leigenn 13 —# 60 in Ballen.
a) Kraftmett, worunter
uder, Stärke
7 en, row-
tool, Sago und Sa. 13 . Sässern. Ki.
gesurrchakt, Turt 10 3enr. iie2 m’— en.
abl 5n b 6 in Ballen.
Geireide und Hul-
seufrüchten, nämlich;
geschrotene oder ge-
schälte Körner, Grau.
212
I 's stelle dit ne nechzelzende Anmerkang auf Seite 213.
Absabensáte
dem r LDin
Maaß. alcr. Fuß nach dem ra
Benennung der Gegen. sab der mit #n Eimkteil ng -
. -. E— rd verguͤtet
stände. Verzol, es Thaler 24½-Guldem. u, 6
—. %, vom Zentner
beim beim Brutto.Gewicht:
Mingang. 4 6 1 6.# Nus ang. 4
“— NJ“ENNN
ve, Gries, Grüße,
b .. . .... 1Zenit. 15 . 52½
An woͤbnliches (12
Pal ur ),
4 ui ·
list qka thllIk.. 771 ...· «.
Yænabngchti Mast-Ida w)
lIIl -I
Ins Ittcltlagqgletttnssuliatjn 1Zeuitr. 5 · s-«
r) ober Echa (0
Thiere aus der Sec,
Austern, imi i
eschaͤlte eln,
Frlreten una der.
leichen3e.4 . 1714. 1. 1-
59 eis:
1) geschälter 13eutr. 145
2) ungeschätter. L3entr.. « · illl. .
1) Salz (Kochsalz, Stein. (16)
jalzz ijt einzusuͤhren ver·
bot#e: bei geslattelcn
Durchfudr wird die àAr-
gabt -
u) Spro
#en Kässern.
* Sh-
len) u. Kanas-
1) Tabacksblätter, unbe. akrkarsh
arbritetc, und Steundel 13entr. 4. .775 n
4 in Ballen aus
2u.
Ü Lafchnnee
2) Tabacks-Fabrikate: * Laade, an·
cc) Rauchtaback in Rol ·
len, abgerollten oder
enwippten Blättern,
213
Abgabensätze Fir
Maaß 141ee 6 nach dem r
aaß- T!erFur t
Benennung der Gegen· sab der smit 8 —i inuns #. Iahen wird verguͤtet
ä · V * Gu „ Fu
stande in 30siäl und 210000) vom Zeniner
beim beim Brutto-Gewicht:
1 9 g. eaan mM Xu4
WoWWm“iHlses
oder geschniuen Ca.
rolien oder Stangen
zu Schnupftaback, auch
Tabackemehl und Ab.-
„ e “ 13e10 3
igarren u. Schunpf. 21. «-
«p««"ftzcakk.20...35... TUTTI-EIN
lchtr.
I
«
-
—
2
·
Plumpe-L
c...------
"')Tbe
X) Zucker?).
inan m walar * r E*“ sot #n Waabitab Eingangtabgadi.
*or Fdhee.6 5 andertm
» der
" Paretn und cberh dis dohm vom #lluna.] Abl E# Ar. 14 E Flllern mit Daudemn
n) Bred= und Hut= Kondss= Bruck, oder 5 kun,
p##n# und weiter gelkosener Zucker . Nenimer.#—7990 4 ;. n *n*
à in 4D5 mit Dauben
horchchen dnd
) Rotzucker und Jarin (Zuckermebt . 1 " 8 — 10 7 * hn
e) Robludir für. uased Snenhtp e 9 Zentr
lin###n unter den beienders rut (1
„Be t Gentrolen 1"6 5—88 151 :•„à aed iW2 3/ ZutcR
dußereurepöischen
* bArhenichen, d. b. solcker, welcher nock ken Er- (Canss-
gedmisse der von der Slucibeberde darüb r%#% Cinjs#)
zuerdnenden Urmuelur wWar ludti 7 in n Kerben.
entweder va nicht oder“n n geringen Nenge 6 in
tntdel : 21 —3
bi wenn erse. 1## un ier dle * in %% . IIlI in Sliern.
VBeinnung nucht fällt. 1 " 141—17 1
36
Benennung der Gegen-
stände.
Maaß -
stab der
Vergol=
lung.
41.Thaler-Fu#ß
(mit der Eintheilung
de *
in 30tel und 21#stel),
214
Abgabensäáätbe
nach dem
halers
beim beim
aong. Ausgang ingeng us
X..
24½ -Gulden,-Fuß,
Für
Tara
wird vergütet
vom Zentner
Brutto-Gewicht
Pfund.
Sel- in Fäffern eingebend
Anmerk. 1), Baumöl, In Fäs-
a) ungeleimtes ordinairee
(grobes grauesund balb-
weißes) Druck-Papier,
auch grobes (weißes u.
gefärbtes) Pack-Papiern
und del
b) geleimtes Pavier; un-
Veleimtes feines; bun-
tes (mit Ausnahme der
unter c) genannten Pa-
pier- Gattungen); litho-
graphirte, bedrucktee
oder lini#rtes, zu Rech-
nungen, Eiiketten, Zracht-
briesen, Devisen 2c. vor.
gerichteteo Papier; or-
dinäre Bilderbogen, ges-
leichen Malerpappe
) Gold= und Silber, Pa-
pier; Papier mit Gold-
oder Silber = Muster;
durchgeichlaqeneso Po-
vier; ingleichen Strei-
sen von diesen Papier=
Gauungen
13emt.
r
7 3entr
13entr.
p
13entr.
1Zentt.
13eur.
srei
*N
Sor.
(ad###
1r
sFSMJ
(6)
5 srei
4)
1 zu
(1)
17½
l0 in Aifen.
215
Abgabensäte
nach dem *1i5
6 der G Maaß. 1 eh nach dem Tara
enennung der Gegen- (mit der gnshn
sta 8 er des Thaler 24½-Gulden-Fuß, wird versktet
lung. fin 3otel und /100 vom Zentner
beim ti Brutto-Gewicht:
Cingans. Nusgang.Gtngoang. Uus# ang.—
x EIIEBEIIII
Annerk. Dom grauen Lösch-
und Pack- # wirb 8
emeln ingangs·
abe
4)7 bapier-Tapeten 13entr.10 17 380 06
e) Vuhhindenatbekten aus
Papier und Papve; gro-
be lackirte Waaren auo 16 in gisien.
diesen Urstoffen, auch 13 in Karben.
germeerabbei aus Stein- 6 in Ballen.
appe, Vrran oder
äbnlichen Stossen 13entt.. 100.0 0U890
28Pelzwerk (seru#ge Rürsch-
ncrarbeiten):
a)Ueberzegene Pelze, Mäz-
zen, ##noschube; gesul=
lerte Decken, Pelzsunter
und Besäße; und der- 1½ 4
gleihen 13enr. Gls 3o6 (½56 Se
Snihnn nicht überzege-
ut Echafpelze, deoglei-
chen weißgemachte und
gesärbie, nicht gefüͤtterie
Angora-= und Schaffelle;
ungefürlerte Decken, % 12 in Häfsern #.
sutter und Besatz 13emr.30% Mnn
29 Schieß 13em.3300 11 in ässern.
30 Eefse L I
4) Error, auch weißge ·
machte Seide und Sio-
tet- Seide, serner Garn
aus Saumoll= und
Sei
1Fnne .. lJcatr.s .l-l- .
Domain-manch zwirn 16 —
ans kober Se= ide Mät.
bntn, AKuopfloch-Seide U d in Ballen.
rc.) 13entt. 111 19 15 .
Moch dem Gei#ht rem 28. Olicter 1813 arucienn Farttternen bie auf weitere Sei miung einem Gln-
ö haszen ven 20 Uhlrn. (
öSll.) Pro Jenine
30“
Benennung der Gegen-
staͤ
Maaß=
stab der
Verzol-
lung.
nach de
11 Thaler,
(mit der Eintheilun
des Thalers
in 30sel und 2/stel),
216
Abgaben sé e
„Fub nach dem
m beim
u egan -
g Ul--Guldea-Fust,
I-««--
Für
Tara
wird vergütet
vom Zentner
Brutto-Gewicht.
Sett.
ingang
* mr z.
Ee- S
Ac.
Pfund.
bSeiden e Jeug · u. Etrumpf ·
ũchet( Shawls),
Blo onden, Spiben, Pt ·
tinet, Flor (Gaͤze), Po.
samentier-, Knopfma.
cher., Stcker= u .Pub-
Waaren, Geivimmae. #
aach.
tallsäd und Seide,
außer inini mii
Eiien, Glas, Holz, Le.
der, Messing und Stabl
serner Gold= und Sil-
ber-Stoffe (echt od. un-
echt); Bänder u. Bor-
ten, ganz oder theil-
weise aus Seide; end-
lich obige Waaren aue
Floret Seide (bourre
de soic), ober Seide n.
Sloret- Seide
c) Alle obigen Waaren, in
welchen außer Seide u.
Floret= Seide, auch an-
Wolle oder audere Tbier-
wie der Bänder und
Borten
Seife:
rü schwarze u.
dere Schmierseife
b) Gememe weiße
DC) Feine, in Tiselchen, gu
13entr.
13n#
l3entr.
Lentt.
.. 45.
to..5.-o.
(8)
Alt-Amts-
13 in Ballen.
20 n Kißten.
II ia Ballen.
13 in Kisten.
6 in Ballen.
217
— —
Jur
Tara
Maaß- — N#i nach dem
Benennung der Gegen- (mikber;Ein#ung. - —
* 8 br « es Thalers 24 ½. Gulden-Fuß, wird vergutet
ung. jin zostch und Züstel), vom Zeniner
beim beim Brutto-Gewicht:
angang Nusgang ingang Ausgang.
Iel Eä— #.funo.
gein, Büchse, Arũigen,
Töpfen u. s. w. 13enr.RüE0o% 16 in Kisten.
32 Srieaten von jeden
Gestalt und Größe, In-
Wofern sic in einzelnen
Vereinsstaaten zum Ge-
rauche im Lande einge-
übrt werden dürfen, u
unker Berücksicktigung
der besond. Stempel= u.
Kontrole-Vorschristen. #en.
merk. Werden dorglelchen
zum Durchgange Esgemen
Ret, so wird die Durchgangs
bgabe erhoben.
3 Steine und Steinwaa-
—
*—
—
—
S
i
-
2
e mit eisernen
78 ang Alabaster,
Marmor und Speckütein
serner geschlissene echic
d unechte Steine, Per-
n und Korallen obues 6 (# flern u.
V i ........ lthr. ' « lis-
lSlück.2...ZIll.
S
—
—
—WM
rSr'
-
34 Setelnkohlen ..... lchnt,.lI-«...47«.
Anme "t 1 on ber Preußse (I
schen Seegrenze und auf e
s*
Urlauba##scheine au
Weset od. Werra — * %
2) An der Badischen Grenz * 54½
oberbalb Kebl, desskeichen 5.
an der Bürtiembergischen
218
Abgabenfaätze
10 s 7*
14-Thalei nach dem Tara
Benennung der Gegen- —3 (mit der Eindeung . .
staͤnde. Veröol- de 24 1., Gulden- Fus, wird vergütet
lung. sin aOstel und anioh, vom Zentner
beim beim Brutto-Gewicht:
ingang ci# e IK usgang.
Aul WJ— Ar. 1. xc.] Pfund.
Grenze und an der Bade,
rischen Grenze rechts det
Ahelns eingehtnd 13entr.. · . 1
35 Stroh- ohr- und
Bast= en:
a) Matten und Zußdecken
von Bast, Stroh und
Schilf, ordinäre:
1)ungefãrbt ..... . lgentr... 5. . . II7 . .
2) gefärb m iZenit. 3 s 15 15n 16 in ,Süs u.
28 und Bas. Ge. 6 t E
e, Decken von un
zunen Strob,
Span- und Rohr-Hũte
obne Ga#ltur .3eesrtr.üü¼ .
e) Bast · und Se- Hütc E filen-
ohne Unterschierd 3entr. 3oüll3 l # Bagen
36|Ta alg (eingeichwoltenn
Tvierjetit uid Stearin
a) Tall 13entr. 2
- Steaineinschlüssig Ste.
arin= Sinre) 13er.l111 15 15
37 Theer (Mincral-Tbeer u.P
uanderer), aggert.
Pech
13 in Slll
Kinten.
13en#t#R 5
38 Köpferwaare u: W
a) Gemeine Toͤpferwaareu,
lieien, Saelztiegel 13e#ur.,ue11 J.
5 Einfardiges oder weißer (8)
ayence oder Steingut;
irdene Pfeisen 13ent.. . . 81451 .24.
—
2
) Bemaltes, bedruckte,
vergeldetes oder ver
silbertes Favence oder
Steingnt . . . . .. 1Zeutr. 10. .117 30
d) Porzellan, weißed. EIIIIE . 173
e) Porzellan, jarbigts, und
22 in Kisten.
13 la Körten.
2
Benennung der Gegen-
stände.
Maaß-=
stab der
Werzol-
lung.
219
Abgabensäáätze
Fuͤr
Tara
wird vergütet
vom Zentner
Brutto-Gewicht:
Pfund.
weltes mut sacbigen
Sreeifen, auch derglei-
mit Malerei oder
Aergoldung, ingleichen
Anspie von Portellan,
weißem und fardigem
I) JFovence, Steingut und
andereo Erdgeschirr, auch
weihes Porzellan und
Emall in Verbindung
mit unedlen Matalen
3) D.gleichen in Verbin,
dung mit Gold, Silber,
Platina, Semilor und
anderen seinen Metall-
Gemiichen, ingleichen
alles übrige Porzellan
in Jarisnen mit ed
len oder unedlen Me-
* D- .....
Umons- und Juchrstiercl
2)K#
be
3) Jungvieb ·
4)s(-ilbtt....... .
c)c-chtoeinc:
l)qesssåstete..·...
3) Spanferkel
d) Hämmel . .......
e) Andere Schafoieh und
Ziegen
13emr.
1Jentr.
1Siũck.
1Stück.
1Stuͤck.
1S#tück.
1Eilũck.
1Stäck.
nach dem
14,Thaler-Fuß nach dem
C(mit der Eintbeilung
des Thale 24 ½.· Gulden-FuPß,
in 30tel und 24stel),
beim beim
ingang 8.0 i Ausgang
Rihi R ———.
25 13 .
10 .117301.
50 8730
1110 2 201. .
(8)
5 8450
3 55 .
2 30 .
5 % .
U)
1 141
20 1s10 . .
(16)
5ô5 . J. 17%.
□
15 . 52 . .
(1)
5 %%G
(0
27 (n Klsten.
13 in Körben.
c3; 1 Kisten.
u Korben.
Benennung der Gegen-
stände.
Maaß=
tlab der
Verzol=
lung.
220
Abgabensätße
nach dem
14. Thaler · Fuß
(mit der Einsheilung
„des Thale
in 3ostel und 24stel),
beim
Gingang. [Aus
«
Fü#
Tara
bird vergütet
vom Zenmer
SBrutto-· Gewicht
Pfund.
Anmerk. 1) Perdt und m
dert Wh 4% An
I
soll
Inst-ch- ttk pp lbnea c
dem Eingange gemacht wünd,
überzeugend hervorgebt, daß
fi Jug- oder Lasttbler
au dem Angesrann elnee
tise · oder 3rachtwagen
atboͤren, odtr zum Waa
#rogen dlenen, oder die
Pferde von Relsenden za
tbrem flemmnen geritten
werten usse
Foblen. e der Mut-
ter folgzen. 4a srei cm.
2) Auf der Genpliuie von
Obemesentba n Sachsen,
bio ulin 34“ aren
werde n zu 't soltzenden —
bgten Si#ße#n eingelassen.
a) Magere Ochsen
b) Zuchtütere und Köhe
i Jungrieb
Nruf der Grenzlinleven eo
bie Leer
48|4 lossen.
i- W Zipn
ih ente einem 3
Ochsen
hmae Ninder
1. und 5r wenn.
8 *1- brtülum t
d unttr Vven erserderliche n
#n len
Wachs · Leinwand,
r]§pJ“# „Maupelin,
Wachstafft:
—ie
Sck.
mwand
b) Alle andern Gattungen,
Srck.
S#ck.
13enir.
10
(8)
(10
—
nach dem
24½. Gulden, Fuß,
beim
A#r.Kl.
20%.
45
10
—
22 " .
J—
45
So.
Benennung der Gegen ·
stände.
Maaß=
stab der
Verzol=
ung.
sch dem
14.Thaler.Fuß
(mit der Eintheilung
des l
iasllstelundUstkO
221
Abgabensátze
beim beim
nach dem
24/.-Gulden-Fuß,
Kebl.
Sar.
(GGelstt.
4
#-
Ir,
Fü
Tara
wird vergütet
vom Zentner
Brutto,Gewicht:
Pfund.
ingleichen Wachs Mous-
selin und Malertuch
c) Wachsta
#) Alle mit hriini *ss2s
kum oder Guttapercha
überzogene Geneurt
Anme SF. Gummidrucklücher
r
3'
—
*
2
m
—
E.
S
22
Wolle u. Wollenwaa-
ren:
a) Schafwolle, robe und
gelkämmte, einschließlich
Anmerk.
zahlt bei dem Auegang
uͤber die nodetscht und
Satron Grenze 2½
4 Ar.) com JZent-
b) Veibes drei= oder mebr
S
2. *
ei Waaren aud Wolle (ein-
schliehlich anderer Tdier-
aate) alle oder in
Pot mit zunde=
weise aus M#amgarn)
wenu sij gemustert (#.
b. sogennirt gewebt,
b
13enm.
13Zentr.
13entr.
« lZemk.
13emtr.
13emr.
geslickt oder brochirt)
srei
W.
*
2
73
3
Kllern, und
Kilten.
(6 in Balle#.
222
Abgabensäte
1 nach vn 6 o
9 1.Thaler= Fu nach dem ara
Benennung der Gegen- z6 (mit der Einkhrilung wiro uͤtet
staͤnde. Verzol, des Thalers 24 ½.Gulden, zuß, wirdvergüte
ung. in 30stel und 24ftel) vom Zeniner
" beim " ,„ beim n Buuuto, Gewicht.
O Mx ei *'is “ Pfund
21 * ar N. . X.Kr. .
sind,llmschlaqelücheks
mit angenähten Pen
9
auher Verbindung nüt
—t- , Akt-f- Hold-
eder, esfing und
Siabi Mesng 13enr. 9
2) gewallte unbedruckt
Tuch-, Jeug= und Filz-
Waaren; Strumpfwag=
ren aller Art; sowiec
alle ungewalkte unge-
. 20 in Zisten.
in Ballen
musterte Waaren . entt.0 02330|I=
5) Baherpriche. ..... 1 Zentr.20 . . 1351 . 1. in Ballen.
Anmerk. Einsackes und dou
blirte ungeförbrte Wollen-
arn, sowie Oellücher 5
esbnnen inglelchen
rote Gemete aus tl
een undes 40 able en di
allgem
42 Zink u. Ilewnren.
t Zink 13entr.. . · 145
b)Blechc und grobe Zink.
. . ... 1Zentt. 310 550 14½ n XL
Aine
(68) 1 Kien.
c) Beie, lackirte Jink.
...... Zka-k.to...t7zo..l'""s««s«s"-
ien.
43 Jinn u. Zinnwaaren: 1 1 %%
#a) Grobe Zinnwaaren, als!
Schüsseln, Teller, Keig
lel und * Gesäße,
Möhren und Plauen.31 ,.. 10 Sähen u.
in frten.
r*il
2
m
223
Abgabensaäse
14 ch a
. 4Thaler= Fuß nach dem 4ra
Benemmung der Gegen- shse un der Eintheilung wird verguͤtet
stände. Verzoll, des Thale 24 ½. Gulden-Huß, 9½
iung. jn 3ostel und 24stel), vom Zentner
beim beim Brutto· Gewicht
annB Ausgang ingang. Ausgane
chd. — In. r Ofund.
b) Andere seine, auch lak. 1
kirte Zinnwaaren, Sviel=
zeug und dergleichen. 13en#r.lT 3o
7 20 In Fässern u.
7 Kisten.
1 43 Iin Körben.
Anmerk. ### I#nn in Blke
len. Stzggen c. und allem
Jinn wird die oallgemeine
Uingangsabyate erboben.
224
Dritte Abtheilung.
Von den Abgaben, welche zu entrichten sind, wenn Gegenstände zur Durchfuhr
2
*
2
*
S
angemeldet werden.
Die in der ersten Abtheilung des Tarifes benannten Gegenstände blelben auch bei
der Durchfuhr in der Regel abgabenfrei.
. Von Gegenständen, welche nach der zweiten Abtheilung des Tarifes bel dem Eln-
gange oder Ausgange, oder in beiden Fällen zusammen genommen, mit weniger
als 10 Sgr. oder 35 Kr. vom Zentner, oder nach Maß oder Stückzahl belegt
sind, ist in der Regel als Durchgangsabgabe der Betrag jener Eingangs= und
Ausgangs-Abgaben zu entrichten.
Für Gegenstände, bei welchen die Eingangs= oder Ausgangsabgabe, oder beide
zusammen, 10 Sgr. oder 35 Kr. vom Zentner erreichen oder übersteigen, wird in
der Regel nur jener Sah von 10 Sgr. oder 35 Kr. vom Zentner, sodann:
vom Stück:
a) von Pferden, Mauleseln, Maulthieren, *½*½é 1, Thlr. oder 2 Fl. 20 kKr.
*Ochsen und Zuchistieren - " 1 4
c)Kühen und Jungviie ½ - ---521,,-
cl)-SchweinentmdSchafvich..-..Vqs -—-171J2-
c)-HeringenfükdicTonnc,anchbcidctn
Dutchgangaufdcuimll.Abfchnitte
qcnanntcnStkaßcn......ZSgk.9Pf.-—-13·
als Durchgangsabgabe entrichtet.
Für den Transit auf gewissen Straßen oder für gewisse Gegenstände sind aus-
nahmswelse geringere Sähe festgestellt.
Diese Ausnahmen sind folgende:
I. Abschnikt.
Bei der Durchsuhr von Waaren, welche
#.rechts der Oder seewärts oder landwärts über die Grenzlinien von Memel bis
Myslowiptz (ie Eisenbahnstraße über Myslowih ausgeschlossen) eln= und über
irgend welchen Theil der Vereins-Jollgrenze wieder ausgehen, desgleichen welche
durch die Obermündungen oder links der Oder elngehen, und rechts der Oder
seewärts oder landwärts über die Grenzlinie von Memel bis Myslowih (die
Eisenbahnstraße über Myslowitz ausgeschlossen) wieder ausgehen, und endlich, welche
. auf der Eisenbahn über Myslowip ein= und rechts der Oder wieder ausgehen,
225
wird erhoben vom Zentner 3½ Sgr. oder 12 1/ Kr.
Ausnahmsweise ist zu entrichten:
Von Salz (25 t.), wenn solches durch die Häsen von Danzig, Memel und
über Pillau eingeführt wird zum Bedarf der Königlich Poluischen Salz-Admi-
nistration unter Kontrole der - s Selh Adninisraien von
der Preußischen Last 3 Thlr.
II. Abschnitt.
Bel der Durchfuhr durch nachgenannte Theile des Vereinsgebletes oder auf
nachgenannten Straben wird von den bei dem Ein= und Ausgange höher belegten Ge-
genständen an Durchgangsabgabe nur erhoben:
A. Von Waaren, welche durch die Odermündungen oder links der Oder, oder auf der
O
S
Straße über Neu-Berun, oder endlich auf der Eisenbahn über Myslowitz ein- und
links der Oder oder auf der Straße über Neu-Berun, oder auf der Eisenbahn
über Myslowigz, oder endlich durch die Odermündungen wieder ausgehen (mit Aus-
schluß der Durchfuhr auf den ahstebend unter B und C bezeichneten Straßen-
zügen), vom Zenmer 5 Sgr. oder 17 ½ Kr.
Von Waaren, welche
über die südliche Grenzlinie von Saarbrücken bis zur Donau (bride eingeschlol-
sen) ein- und wieder ausgehen; ingleichen, welche
. rheinwärts eingeführt, aus den Häsen zu Mainz und Biebrich oder oberhalb
gelegenen Rheinhäfen, aus Mainhäfen oder aus Neckarhäfen über die Greng-
linie von Miktenwald bis zur Donau (iese eingeschlossen) wieder ausgehen, und
umgekehrt; ferner, welche
über die Grenzlinie von Schnermuse. in Baden bis Waidhaus in Bayern
(beide Orte eingeschlossen) ein= und wieder ausgehen,
vom Zentner 2½ Sgr. oder 8 5/8 AKr.
Von Waaren, welche cheluwãris engeführt aus den Hůsen zu Mainz und Biebrich
oder aus oberhalb gelegenen Rheinbäfen über die Grenzlinie von Saarbrücken bis
Neuburg a. N. (beide Orte eingeschlossen) wieder aus-
hehen oder umgekehrt, vom Jeniner 1#½ Sar. oder 1 3/8 Kr.
—
d
-
. Von Vieh, welches auf den vorstehend unier u und C bezeichneten Straßen durch-
geführt wird, sowie von demjenigen, welches
I. auf der linken Rheinseite ein und wieder ausgeht, und
2. auf der linken Rheinseite n#idlich ven Saarbrücken eingeht und über die süd-
liche Grenzlinte zwischen Neuburg am Uhrin und Mitkenwald in Bayern (die-
sen Ort eingeschlossen) wieder ausgeht, oder umgekehrk,
226
und zwar:
vom Stück.
e. **
von Pferden, Maultbieren, Eseln, Ochsen und Zuchmieren.
Rüben und Innyvieb ·
voit».tugksttlleit,chwcnmnmd Scheieh
III. Abschnitt.
Bei der Durchfuhr auf Straßen, welche das Vereinsgebiet auf kurzen Strecken durch-
schneiden und für welche die örllichen Verhältnisse eine weitere Ermäßigung der Durch-
gangégesälle oder deren Verwandlung in eine nach Pferdesladungen zu enkrichtende Kon-
trole-Gebühr erfordern, werden die obersten Finanzbehörden der betheiligten Regicrungen
solche Ermäßigungen anordnen und zur allgemcinen Kunde bringen lassen.
Vierte Abtheilung.
Hinsichts der Schifffahrksabgaben bei dem Transpo#rte von Waaren auf der Elbe,
der Weser, dem Rhein und dessen Nebenflüssen (Mosel, Main und Neckar), bewendet es
im Allgemeinen bei den in der Wiener Kongreb-Akte enthaltenen Bestimmungen, oder
den, auf den Grund derselben über die Schifahrt auf einzelnen dieser Smöme bereits
abgeschlossenen Uebereinkünften.
Fünfte Abtheilung.
Allgemeine Bestimmungen.
I. Der Ein-, Ans- und Durchgangs-ZJoll wird nach denjenigen Tarif. Säten und Vor-
schriften emtrichtet, welche an dem Tage gültig sind, an welchem:
1. die zum Eingange bestimmten Waaren bei der kompetenten Zollstelle zur Ver-
zollung oder zur Abfertigung auf Begleitschein ll,
2. die zum Ausgange bestimmten ausgangszollpflichtigen Waaren bei einer zur Er-
hebung des Ausgangszolles befugten Absertigungsstelle,
3. die zum Durchgange bestimmten Waaren:
a) im Falle der unmittelbaren Durchsuhr, bei dem Grenzeingangs-Amte zur
Durchfuhr,
b) im Falle der mittelbaren Durchfuhr, bei dem Niederlage-Amte zur Versen-
dung nach dem Auslande
angemelret und zur Abfertigung gestellt werden.
227
II. Der dem Tarise zu Grunde liegende, mit den in den Großherzogthümern Baden
und Hessen allgemein eingeführten Gewichten übereinstimmende Zeutner, der Zoll-
Zeutner, ist in hundert Pfunde getheilt, und es sind von diesen
Z3oll- Pfunden:
935#M#' = 1000 Preußischen (Kurbessischen) Pfunden,
1120 = 1000 Bayerischen Pfunden,
2000 1000 Rbeinbayerischen Kiloegrammen,
935 „M# = 1000 Württembergischen Pfunden,
9336 1„% = 1000 Sächüschen (Dresdener) Piunden.
Demnach sind gleich zu achten:
Zoll. Pfunde:
11 = 15 Preußischen (Kurhessischen) Pfunden,
28.— 25 Bayerischen Pfunden,
2 = 1 Rheinbayerischen Kilogramm,
11 — 15 Wöürnembergischen Pfunden,
11 = 15 Sichsischen (Dresdener) Pfunden;
und
Zoll-Zentner:
36 35 Preußischen (Kurhessischen) Zentner zu 110 Psunden,
28 — 25 Bayerischen Zenmern zu 100 Pfunden,
2 = 1 Rheinbaycrischen Quintal zu 100 Kilogrammen,
36 = 37 Wünttembergischen Zeunein zu 104 Pfunden,
6 —= 35 Sächsischen (Dreadener) Zemnern zu 110 Pfunden.
3
AI. Werden Waaren unter Begleitschein-Kontrolc versandt, oder bedarf es zu dem Waa-
ren-Verschlusse der Anlegung von Bleien, so wird erhoben:
für einen Begleitschein 2 Sgr. (1½ gGr.) oder 7 Kreuzer,
für ein angelegtes Blei 1 Sgr. (#/4 gcGr.) oder 3½ Kreuzer,
Wegen der Meßgebühren (Meßunkosten) ist das Nöthige in den Meßordnungen ent-
balten. Andere Nebenerhebungen sind unzulaͤssig.
l o) Die Zölle werden entweder nach dem Brutto-Gewichte, oder nach dem Netto-
Gewichte erhoben.
Umer Brutko-Gewicht wird das Gewicht der Waare in völlig verpacktem Zu-
stande, mithin in ihrer gewöhnlichen Umgebung für die Aufbewahrung und mit
ihrer besonderen für den Transrort verstanden.
Das Gewicht der für den Transport nöthigen besonderen äußeren Umgebung
wird Tara genannt.
In die Umgebung für den Transport und für die Aufbewahrung nothwendig
—
228
ein und dieselbe, wie es z. B. bei Sprop u. s. w. die gewöhnlichen Fässer find,
so ist das Gewicht dieser Umgebung die Tara.
Das Netto-Gewicht ist das Gewicht nach Abzug der Tara. Die klelneren, zur
unmittelbaren Sicherung der Waaren nöthigen Umschließungen (Flaschen, Papier,
Pappen, Bindfaden und dergleichen) werden bei Ermittelung des Nelto-Gewichtes
nicht in Abzug gebracht; eben so wenig Unreinigkeiten und fremde Bestandtheile,
welche der Waare beigemischt sein möchten.
b) Die Zölle werden vom Brutto-Gewichte erhoben:
NV —
S
von allen verpackt transitirenden Gegenständen;
von den im Lande verbleibenden, wenn die Abgabe einen Thaler oder einen
Gulden und fünf und vierzig Kreuzer vom Zenteer nicht übersteigt;
.von anderen Waaren, wenn nicht eine Vergütung füͤr Tara im Tarife
auedrücklich festgesegtzt ist.
e) von allen Gegenständen, von welchen nach vorstehender Bestimmung der Zoll nicht
nach dem Brutto-Gewichte zu erheben ist, wird das Netto-Gewicht der Verzollung
zu Grunde gelegt.
Bei Bestimmung dieses Netto-Gewichtes ist Folgendes zu beobachten:
1.
In der Regel wird die Vergütung für Tara nach den im Joll-Tarife bestlmm-
ten Säßen berechnet.
2. Werden Waaren, für welche eine Tara-Vergülng zugestanden ist, blos in
einsache Säcke von Pack= oder Sack. Leinen, in Schils= oder Stroh-Matten
oder ähnlichem Material gepackt zur Verzollung gestellt, so können 4 Pfund
vom Zemuer für Tara gerechnet werden, in soweit nicht in der zweiten Ab-
theilung eine geringere Tara-Vergünng für Ballen oder Säcke vorgeschrie-
ben ist.
Unter den im Tarife mit einem höheren Tara= Sade als 4 Pfund aufge-
führten Ballen wird in ver Regel eine doxpelte Umschliehung von dem für
einfache Säcke bezeichueten Material verstanden. Auf einfache Emballage ist
diese höhere Tara für Ballen nur dann anwendbar, wenn das dazu ver-
wandte Material nach dem Eimessen der Zollbehörde erheblich schwerer als
bei Säcken in das Gewicht fällt.
Bei Waaren, für nelche der Tarif eine 4 Pfund übersteigende Tara für
Ballen vorschreibt, ist cs, wenn Ballen von einem Brutto-Gewichte über 8
Jeuiner zur Verzollung angemeldet werden, der Wahl des Zollpflichilgen über-
lassen, entweder sich mit der Tara-Vergütung für 8 Zenmer zu begnügen,
oder auf Ermistelung des Neklo-Gewichtes durch Verwiegung anzutragen.
Bei baumwollenen und wollenen Geweben (Tariß Abtheilung (l. 2 c. und
J.
—
—
229
41 c) kindet diese Bestimmung schon Anwendung, wenn Ballen von einem
Brutto-Gewichte über 6 Zeniner angemeldcet werden, dergestall, daß dabei nur
von 6 Zenmern eine Tara bewilligt wird.
Es ist der Wahl des Zollpflichtigen überlassen, ob er bel Gegenständen, de-
ren Verzollung nach dem Netto-Gewichte Statt findet, den Tara, Tarif gel.
ten, oder das Nekto-Gewicht entweder durch Verwiegung der Waaren ohne
die Tara, oder der leßteren allein, ermitteln lassen will.
Bei Flüssigkeiten und anderen Gegenständen, deren Nekto-Gewicht nicht
ohne Unbequemlichkeit ermilrelt werden kann, weil ihre Umgebung für den
Transport und die Aufbewahrung dieselbe ist, wird die Tara nach dem Ta-
rise berechnet, und der Zollpflichtige hat kein Widerspruchsrecht gegen An-
wendung desselben.
4. In Fällen, wo eine von der gewöhnlichen abweichende Verpackungsart de
Waare und eine erhebliche Entfernung von dem in dem Tarife angenomme-
nen Tara-Sage kenenber wird, ist auch die Zollbehörde befugt, die Nerlo-
Verwiegung eintreten zu lassen.
ge) Wo bei der Waarendurchfuhr auf kurzen Straßenürecken (Drine Abtheilung,
Abschniut Al) geringere Zollsäte Statt finden, kann, auch wenn sonst die Ab-
schänung des Gewichtes nachgelassen wird, mit Vorbehalt der speziellen Verwieg-
ung, im Ganzen berechnet werden:
die Traglast eines Lastthieres zu drei Zentner,
die ie karung eines Schubkarren zu zwei Zeutr.,
eeinspännigen Fuhrwerks zu funfzehn Zentner,
. . -zwcupanntgmFuhnoctkszuvtekundzwanzigseutnen
UndfükjedesweitckvotgtspmllltcStückZugviehzwölecutnekmcbr.
Bei den aus gemischten nicht seidenhaltigen Gespinnsten gefertigten Waaren muß
bei der Deklaration auf das darin vorhandene Material, insofern dasselbe zu der
eigenllichen Waare gehört, Rücksicht genemmen und es müssen aus Baumwolle
und Leinen 2c., ohne Beimischung von Wolle, gefertigte Waaren nach ihren Ur-
stoffen oder als baumwollene Waaren deklarirt werden. Bestebt eine Waare (mit
Ausschluß der Gold-- und Silter-Skoffe, sowie der Bänder und Borten) aus Seide
oder Floret-Seide in Verbindung mit anderen Gespinnsten aus Baumwolle,
Leinen oder Wolle, so genügt die Deklaration als halbseidene Waare. Die ge-
wöhulichen Weberkanten (Anschroten, Saumleisten, Saalband, Ulsidre) an den
Zeugwaaren bleiben dabel und bei der Joll-Klassifikation außer Berracht.
Sind in einem und demselben Kollo Waaren zusammengepackt, welche verschiede-
nen Zollsägen unterliegen, so muß bei der Deklaration zugleich die Menge einer
jeden Waarengatumg nach ihrem Netto-Gewichte angegeben werden. z8
*
r*
230
Geschicht dieses nicht, so muß entweder der Inhaber der Waaren dieselben
Behufs der speziellen Revlsion bei dem Grenz-Zollamte auspacken, oder es wird,
falls er das lehtere, ungeachtet der ihm über die Folgen der Unterlassung gemach-
ten Eröffnung, ablehnt und seine diesfällige Erklärung in den Begleitschein amtlich
aufgenommen worden, in dem Bestimmungsorte von dem ganzen Gewichte des
Kollo der Abgabensatz erboben, welcher von der am höchsten besteuerten Waarc,
die darin enthalten, zu erlegen ist. Ausgenommen hiervon sind: Glas, Glaswan=
ren, Instrumente, Porzellau, Steingut und kurze Waaren, sewie alle sprachge-
bräuchlich zu den kurzen Waaren (ereerle) gehsrigen, in dem Tarife nicht als
solche bezeichneten, sondern unter anderen Nummern ausgeführten Gegenstände,
wenn die Beschaffenheit der Emballage solcher Waaren einen ganz zuverlässigen
Verschluß gestattet.
Die Deklaration der sprachgebräuchlich zu den kurzen Waaren (Nercerie) ge-
börigen, im Tarife nicht als solche bezeichneten, sondern unter anderen Nummern
aufgeführten Gegenstände als „Kurze Waaren“ (Tarif, Abtheilung II. Nr. 20) soll
nicht die Verzollung derselben nach dem höheren Tarif= Sahe für kurze Waaren
zur Folge haben, sondern es soll die Abgabenentrichtung nach dem Revisions-Be-
funde zulässig bleiben, wenn der Zollpflichtige vor der Revision auf spezielle Er-
mirtelung anträgt.
VIU. ) Von Waaren, welche zum Durchgange bestimmt sind, wird:
1) sofern dieselben zu einer Niederlage (Packhof, Hallamt) deklarirt werden, die
Durchgangsabgabe erst bei dem weitern Transporte von der Niederlage er-
hoben;
sofern dieselben zum unmitlelbaren Durchgang deklarirt werden, erfolgt die
Entrichtung der Durchgangsabgabe in der Regel gleich bei dem Eingangs--
amte, wo nicht aus örtlichen Rücksichten Ausnahmen angcorduct, oder, bei
veränderter Richtung des Waarenzuges, Nacherhebungen bei dem Ausgangs-
oder Packhofs-Amte nöthig werden.
5) Von Waaren, welche keine höhere Abgabe bei dem Eingange tragen, als die
allgemeine Eingangsabgabe (' Thaler oder 52½ Kreuzer vom Zentner), und
nach der dritten Abtheilung bei dem Durchgange nicht mit einer geringeren Ab-
habe belest sind, als an Eingangsabgabe oder Ausgangsabgabe, oder an bei-
den zusammen genommen davon zu entrichten sein würde, müssen die Gesälle
gleich bei dem Eingangsamte erlegt werden, vorbehaltlich örllicher Ausnahmen
wie bei a. 2
) Waaren dagegen, welche höher belegt, oder nicht unter vorflehender Ausnahme
begriffen und nach einem Orte, wo sich ein Hauptzoll= oder Hauptsteuer-Amt
—
7
(X. 1
)
23t
oder eine andere kompetente Hebestelle befindet, adressirt sind, können unter Be-
öleitschein-Kontrole von den Grenzimtern dorthin abgelassen und es können da-
selbst die Gesälle davon entrichtet werden. An solchen Orten, wo Niederlagen
beüindlich sind, erfolgt sodann die Gefälleentrichtung erst, wenn die Waaren aus
der Niederlage entnommen werden sollen.
Bei Nebenzollämtern erster Klasse können Gegenstände, von welchen die Gefülle
nicht über fünf Thaler oder 8 3/8 Gulden vom Zentner betragen, in unbeschränk-
ter Menge eingehen.
Höher belegte Gegenstände dürfen nur daun über solche Aemter eingeführt
werden, wenn die Gesälle von dergleichen auf einmal eingehenden Waaren den
Belrag von funfzig Thalern oder 82½ Gulden nicht übersteigen.
Den Ausgaugszoll können Nebenzollämter erster Klasse ohne Veschränkung
binsichtlich des Betrages erheben.
b) Bei Nebenämteru zweiter Klasse kann Getreide in unbeschrünkter Menge ein-
#3
gehen.
Waaren, welche mit geringeren Säten als 6 Thalern oder 10½ Gulden
vom Zentner belegt sind, und Vieb dürfen über Nebengollämter zweiter Klasse
in Mengen eingeführt werden, von welchen die Gefälle für die ganze Waaren-
ladung oder den ganzen Vich-Transport den Betrag von zehn Thalern oder
17½ Gulden nicht übersteigen, « ·
Der Eingang von höher belegten Gegenständen ist aber nur in Mengen
von höchstens zehn Pfund im Einzelnen über solche Nebenämter zulässig, mit
der Mahgabe, daß auch die Gesälle von den in einem Tranoporte eingehenden
Waaren solcher Art den Betrag von zehn Thalern oder 17½ Gulden nicht
übersteigen dürfen. "
Den Ausgangszoll können Nebenzollämter zweiter Klasse bis zum Betrage
von zehn Thalern oder 17½ Gulden erbeben.
Insoweit Nebenzollämter von der betreffenden obersten Finanz-Behörde erwei-
terte Abfertigungsbefuguisse erhalten, werden darüber gecignete Bekanntmachun.
Ven ergehen.
Die Gesälle müssen bei den Nebenzollämtern sogleich erlegt werden, inso-
kern dieselben nicht autnahmsweise zur Enheilung von Begleitscheinen ermäch-
tigt werden.
X. Es bleiben bei der Abgabenerhebung außer Betracht und werden ulcht versteuert:
alle Waaren-Quantitäten unter p##### des Zemmers. — Gesällebeträge von weni-
gr als sechs Silberpfennigen oder einem Kreuzer werden überhaupt nicht erbo-
en. In beiderlei Beziehungen bleiben im Falle des Mihbrauches önliche Be-
schränkungen vorbehalten.
232
WV. Hinsichtlich des Verhältnisses, nach welchem die Gold= und Silber-Münzen der
sämmtlichen Vereinsstaaten — mit Auonahme der Scheidemünze — bei Entricht-
ung der Eingangs-, Ausgangs- und Durchgangs-Abgaben anzunehmen sind, wird
auf die besonderen Kundmachungen verwiesen.
Anhang
zu dem Vereins-Zolltarife.
Uebergangsabgaben von verelnsländischen Erzeugnissen, in Gemäßheit des Gesetzes.
vom 1. Dezember 1841, werden erhoben:
I. bei dem Uebergange aus anderen Verelnsstaaten, mit Ausnahme von Preußen
(ausschließlich der Hohenzollerschen Lande), Sachsen, den zum Thüringischen
Vereine gehörigen Staaten, Braunschweig und Luxemburg,
4) von Brauntwein für die Ohm Preußisch bei 50 %% Alkohol nach Tralles
Anmerkung. Derselben Abgabe unterllegen auch alle andere allo-
holhaltige Fabrikate, als Rum, Liaueurs 2c.
Die Bestimmung „bel 50 % Alkohol-Stärke nach Tralles“ stellt
nur das Verhälmiß fest, wornach die Abgabe zu erheben ist, so
daß von stärkerem oder schwächerem Branntweine bezüglich mehr
oder weniger entrichtet werden muß, als der Taris= Saß.
2) von Bier für den Zenmer Preußisch = 1,028964 Zoll-Zenmer —
— Thlr. 7½ Sgr.
. Bei dem Uebergange aus anderen Vereinsstaaten, mit Ausnahme der unter 1
genaunten, ferner Hannovers, Kurhessens, Braunschweigs, Oldenburgs und Lu-
remburgs,
1) von Wein für den Zentner Preußissh — Thlr. 25 Sgr.
2) von Traubenmost für den Zeumer Preußiss. — „ 20 „
3) von Tabaksblätkern, Tabaksstengeln und Tabaks-Fa-
brikaten für den Zentner Prcußiss — „ 20 „
S....—
233
Gesetzsammlung
für die
Fürstlich Reußischen Lande jungerer Linie.
No. 202.
Verordnung, die Ummendlng der kündbaren Staatsschuld des krsemuhuns Reuß J. L. in
ne unkündbare betr., vom 27. Dezember 1356.
Wir Heinrich der Sieben und Sechzigste von Gottes Gna-
den Jüngerer Linie regierender Fürst Reuß, Stammes Ael-
tester, Graf und Herr von Plauen, Herr zu Greiz, Kranich-
feld, Gera, Schleiz und Lobenstein 2c. 2c.
verordnen wegen Umwandlun der kündbaren Staatsschuld des Fürstentbums Reuß I. V.
mit Zustimmung des Landtags und nach vernommenem Gutachten des Landtagsausschus-
ses Folgendes:
8. 1.
Für den auf Vier Mal Hundert Neun und Achtzig Tausend Thaler sich
belanfenden Betrag der Staatsschuld des Fürstenthums Reuß I. L. werden vierprozen-
tige Staatsschuldscheine, für welche das gesammte Eigenthum und die Einnahmen des Für-
stenthums Reuß I. V. als Unterpfand haften, zur successiven Ausgabe ausgefertigk.
Sie lauten entweder auf den Inhaber * auf Verlangen des Darleihers auf des-
sen Namen.
8. 2.
Die Staateschuldscheine auf den Inhaber werden in zwei Serien ausgegeben. Die
der Serie & lamen über einen Karitalkctrag ven Funfzig Thalern, die der Serie
1 über höbere Beträge, welche jedoch siets durch Funfzig Thaler theilbar sein müssen.
Die auf den Namen lautenden Staatsschuldscheine, Serie C, können auf jede Summe,
in welcher der Betrag von Funfzig Thalern aufgeht, ausgesertigt werden.
8. 3
Die Ansiertigung der Stantsschusdicheine erselgt nach dem **-*: * zu-
Ausgegr#en den 31. Dejember 1856.
234
ter A nach in den Serien fortlaufenden Nummeirn unter dem 1. Januar 1857.
Sie werden von Unserm Kommissarius, dem Landtagsausschuß und dem Haupt-
staatskassirer und zwar von den beiden Erügenannten mittelst Aufdrucks des Facsimile,
von dem Lepteren mittelst Unterschrift unterzeichnet.
8. 4.
Die Verzinsung erfolgt poslnumerando in halbjährlichen Terminen am 30. Juni
und 31. Dezember jeden Jahies.
Zu dem Ende erhalten die Staatsschuldscheine halbjährliche Zinscoupons auf 10
Jahre und einen Talon zu Erhebung fernerer Zinscoupons nach den Schemas B und
C. Coupons und Talon werden alle 10 Jahre zufolge besonderer Bekanmmachung er-
neuerk.
Auch bei den Staatsschuldscheinen der Serie C lauten Coupons und Talon auf
den Inhaber und ist bei Ereuerung derselben eine Legitimationsprüfung nicht ersor-
derlich.
Die Unterzeichnung der Talons erfolgt in gleicher Weise wie die der Staatsschuld-
scheine und sind die auf den Coupons besündlichen Unterschriften ebenfalls Farsimiles.
8. 5.
Staaksschuldscheine und Talons werden mit einem Trockenstempel mit der Ausschrift
„Fürstenthum Reuß J. L.“ versehen.
8. 6.
Bei den Staatsschuldscheinen auf den Jubaber, Serie A, sind die Zinsbeträge auf
den Coupons gedruckt, bei denen auf den Inhaber, Serie B, mit schwarzer Dinte, bei.
den auf den Ramen lautenden mit rother Dinte eingetragen.
Auf den Talons ist bei Serie A die Nummer des Staatsschuldscheins schwarz ge-
schrieben, der Kapitalbetrag gedruckl, bei Serie B. Nummer und Karitalbetrag schwarz,
bei Serie C dagegen roth geschrieben.
km 7.
Der Betrag der Zinscoupons wird vom Verfalltage an bei der Fürülichen Haupt-
staatskasse zu Gera ausgrzahlt und werden die fälligen Zinsceupens bei allen unmittel-
baren Zahlungen an die Fürstlichen Bezirkssteucreinnahmen und Stenerämter zum No-
minalbetrag an Zahlungsstalt angenommen.
8. 8.
Wenn Zinsen von Staatsschuldscheinen innerhalb vier Jahren vom Verfalltage nicht
235
erhoben oder als Zablung in Anrechuung gebracht worden sink, verfallen diese Zinsen
zum Vortheil der Hauptstaatskasse.
8. 9.
Die Staatsschuldscheine auf den Jnhaber und deren Zinscoupons sind dem baaren
Gelde oleich gestellt und ist die Vindikation derselben von dem dritten Besiher ausdruͤck-
lich untersagt.
Leßterer braucht, um sich gegen die Eigenthumsklage sichern zu können, einen zu
Erwerbung des Eigenthums geeigueten Rechtötitel nicht anzuführen, es wird vielmehr
die Nedlichkeit des Besiyes so lange vermuthet, als nicht der, welchem Staatsschuldscheine
emwendet, betrüglich emtzogen oder sonst abhanden gekommen sind, dem Besiper nachweist,
daß er solche entweder selbst unrechtmäßig an sich gebracht oder darum, daß dieß von
einem Vorbesiyer geschehen, zur Zeit der Erwerbung gewußt habe.
Die Condielio luclirn kann, dagegen wider den Dieb und dessen Erben und die
ntio er dolo oder in melmm wider diejenigen, welche an der Ennvendung oder Ver-
untreuung von Staatsschuldscheinen Theil genommen haben, und deren Erben angesiellt
werden.
8. 10.
Staasöschuldscheine, welche auf den Namen lauten und deren Zinscoupens können
bei der Hauptstaakstasse nicht mit Arrest belegt werden, deren gerichtliche Beschlagnahme
ist jedoch zulässig.
8. 11.
Vormünder, ingleichen die Verwalter des Vermögens der Kirchen, Schulen und mil-
den Siistungen können die von ihnen verwalteten Gelder in Staatsschuldscheinen anle-
gen, ohne daß es hierzu einer besonderen Genehmigung bedarf.
Alle Kautionen landesherrlicher Diener sind in Zukunft in Staatsschuldscheinen zu
bestellen.
8. 12.
Die auf den Namen lautenden Staatsschulkscheine können auf Antrag des sich über
die Identität seiner Person ausweisenden Eigeuthümers oder bri vorliegender gerichtlicher
Cession durch Verminelung der Hauptstaatskassenverwaltung ohne weilere Formalität und
unter neuer Nummer auf andere Namen ausgesertigt werten. In Erbefällen erfolgt
diese Aussertiguug jederzelt auf Antrag der Rychlaßbehörde.
Der Auehändigung der neu ausgesertigten Stugssschuldscheine nehst Talon und Cou-
pons muß die Nückgabe der alten vorhergehen:
236
. 13.
Sollen angeblich verlorene oder vernichtete Staatsschuldscheine, Talous oder Cou-
pons mortifizirt werden, so erläßt Unser Ministerium auf Antrag des Betheiligten drei
Mal in Zwischenräumen von 8 Wochen eine öffentliche Aufforderung, jene Werthpapiere
innerhalb einer bestimmten Frist an dasselbe auszuliefern, oder die elwa daran erlangten
Rechte geltend zu machen. Sind nach dieser Zeit fernere zwei Monate vergangen, die
Werthpapiere nicht eingeliefert, oder die Rechte nicht geltend gemacht worden, so erklärt
Unser Ministerium die Werthpapiere öffenklich für nichtig und verschollen und händigt
an deren Stelle neue aus. Die Kosien des ganzen Verfahrens trägt der Betheiligte.
Meldet sich dagegen innerhalb der erwähnten Frist der Juhaber der Werthpapiere
unter Behauptung eines rechtlichen Aufpruchs auf dieselben, so ist der Amragsteller zu
Verfolgung, seiner Rechte gegen den jetzigen Inhaber an die kompetente Gerichtsbehörde
des Letzteren zu verweisen. Während des ganzen Verfahrens werden die Zinsen von
den betreffenden Staatsschuldscheinen nicht gezahlt, sondern erst bei Aushändigung der
neuen Werthpapiere mit vergütet.
8. 14.
Die Amortisation der Staatsschulden mittelst der hierzu disponibeln Fonds erfolgt,
so lange noch kündbare Staatsschulden vorhanden sind, jederzeit durch Rückzahlung sol-
cher, späler durch Ankauf oder Ausloosung kündbarer, auf den Inhaber lautender Staats=
schuldscheine oder durch Rückzahlung auf den Namen eingetragener und zwar jederzeit
nach dem vollen Nominalbetrag. Bei einer Ausloosung darf die Rückzahlung keinen
Falls früher als ein halbes Jahr nach der Ausloosung erfolgen und hat die Verzinsung
bis zur Räckzahlung fortzudauern.
Das Nähere hierüber, namentlich auch wegen Feüsiellung der Tilgungorente: wird
Unser Ministerium seiner Zeit durch Verordnung bestimmen und bleibt Letterem vorbe-
halten, einen Termin festzusehzen, bis zu welchem die sämmtlichen kündbaren Staatsschul-
den in unkündbare zu verwandeln oder zurückzuzahlen sind.
8. 15.
Alle offentlichen Bekanntmachungen bezüglich der Staatoschuldscheine erfolgen bis
auf Welteres in dem Ams= und Verordnungsblatt, der Königlichen Leipziger Zeitung
und einer in Gera erscheinenden, von Unserm Ministerium durch das Amts= und Ver-
ordnungsblatt bekannt zu machenden Zeitung.
8. 16.
Vom 1. Januar 1857 an kann jeder Staatsgläubiger seine kündbare Forderung
237
durch Uebernahme eines entsprechenden Betrags in Staatsschuldscheinen und unler wech-
selseitiger Vergũtung der eiwaigen Stuͤckzinsen in eine unkuͤndbare verwandeln.
8. 17.
Außerdem werden von gedachtem Termine an ebenfalls unter wechselseitiger Vergu-
tung der etwaigen Stückzinsen bei der Hauptstaatskasse degen Bezahlung des Nominal=
belrags Staatsschuldscheine abgegeben.
Die hierdurch eingehenden Summen werden von der Fürstlichen Hauptstaatskassen=
Verwaltung bei der Geraer Bank verzinslich angelegt und successiv zu Rückzahlung künd-
barer Kapitalien verwandt.
8. 18.
Die Ausfertigung und Ausgabe der Staatsschuldscheine erfolgt unter der speziellen
Aufsicht des von Uns zu diesem Zwecke ernannten Kommissarius.
Urkundlich haben Wir gegenwärtige Verordnung höchsteigenhändig vollzogen und
mit Unserem Landesfürstlichen Insiegel bedrucken lassen.
Gegeben Schloß Osterstein, den 27. Dezember 1856.
(L. S.) Heinrich LXVII. F. R.
v. Geldern.
Serie A
Slaatsschuldschein
Fürstenthums Reuß J. L.
den Inhaber
n Thaler
mit vier Prozent jährlicher Binsen.
Gera, den 1. Januar 1857.
Der bandeöherrliche Commissarius. Der Laudtagbausschuß.
Trocken-
Eingetragen Fol. slempel. Der Hauptstaatslassirer.
rersallen
insen, welcke innerbaltz rier Jabren vem Der-
zum Voriheil der Hauxtstaatsiosse.
falltage nicht erbeten wo#den ünd
*r
239
B.
1
Zinscoupon
dee Staateschuldscheine des Fürstenthums Meuß J. .
45 Scrie
Inhaber dieses empfängt gegen diesen Coupon am 30. Juni 1857 die halbjährigen Zin-
sen des oben benannten Stoatsschuldscheins mit
Thaler.
Gera, am 1. Jannar 1857.
Der Landesherrliche Commissarius. Der Landlagsausschuß.
C.
2
Talon
zu dem Staateschuldschein des Fürstenthums Neuß J. C.
At Serle
über Tbaler.
Der Produzent dieses Talons erhöält ohne weilere Prüfung seiner Legitimation die für den
vorstehend bezeichneten Staatsschuldschein neu auszufertigenden Zinscoupons für die nächsten
zehn Jahre nebst einem neuen Talon nach Mahgabe zu erlassender Bekanmmachung.
Gera, den 1. Januar 18857.
Der bandesherrliche Commissorius. Der Lbandlagsausschuß.
Trocken-
stempel. n
Eingelragen Fol. Der Hauptstaatskassirer
240
2) Verorduung, einige Aenderungen ayd ““— tten der Gerger Bank betr., vom
Wir Heinrich der Sieben und Sechzigste von Gottes Gna-
den Jüngerer Linie regierender Fürst Reuß, Stammes Ael-
tester, Graf und Herr von Plauen, Herr zu Greiz, Kranich-
feld, Gera, Schleiz und Lobenstein 2c. w.
ertbeilen hierdurch in Folge eines von dem Verwaltungsrath der Geraer Bank auf Grund
der diesfallsigen Beschlüsse der am 17. des vor. Mts. abgehaltenen General-Versamm-
lung der Akionäre eingereichten Antrags den nachstehenden Abänderungen und Zusäßen
der Statuten der Geraer Bank vom 13. November vor. Is. Unsere landesherrliche
Bestätigung.
1. zu §. 19 der Stamten.
5. 17 erst nach Emission der erüen drei Millionen Thaler Banknoten
eine Million Prioritälsaktien 2c. angekauft und nach den §§. 18 und 19 die Jabres-
zinsen der Letzteren zu der Ausloosung von 100 Stück Geraer Bankaktien benußt wer-
den sollen, mithin diese Ausloosung erst dann Stan sinden kann, wenn ein Jahr nach
Verausgabung von drei Millionen Thaler Noten verflossen ist, da aber gegenwärkig diese
Summe an Noten noch nicht emirtirt, folglich die Bestimmung des §. 19, wonach die
erste Auslosung im Dezember des l. Jr. Stan sinden soll, unausführbar ist: so werden
die Worte des §. 19:
„und trilt zunächst im Dezember 1856 ein“
hiermit außer Kraft gesegt.
2. zu §F. 27 der Sltatuten.
In Folge dessen wird als Zusaß zu §F. 27 Folgendes verordnet.
So lange die Ausloosung noch nicht eingetreten ist, besimmt der Verwaliungerath
unter Genehmigung Unseres Ministeriums für jedes Jahr den zum Neservefond an-
zurechnenden Betrag.
. zu §. 29 der Statuten.
Das zweite Alinea des §. 29 wird hierdurch ausgehoben und an die Stelle dessel-
ben die nachfolgende Bestimmung gesetzt: „Ihr Gesammtbetrag richtet sich insofern nach
den Baarvorräthen der Bank, als für die bis zur Höbe des eingezahlten Aktienkapitals
autgegebenen Banknoten ein Drimel und für alle darüber binaus zu emittirenden Bank-
noten die Hälste des Betrags derselben durch baare Fonds revräsen#irt sein müssen.“
4. zu §. 75 der Statuten.
Die Worte „wollen“ und „wolle“ im §. 75 kommen in Wegfall und es findet da-
her ferner ein Unterschied zwischen voll eingezahlten und nicht volleingezahlten Aktien
rücksichtlich der Stimmenberechtigung nicht Statt.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und Beifügung Un-
seres Fürstlichen Insigels. »
Schloß Oüterstein, den 23. Dezember 1856.
(L. S.) Heinrich IXVII. Fürst Reuß.
v. Geldern.
241
Gesetzsammlung
für die
Fürstlich Reußischen Lande jungerer Linie.
No. 203.
Wir Heinrich der Sieben und Sechzigste von Gottes Gna-
den Vüngerer Linie regierender Fürst Reuß, Stammes Ael-
tester, Graf und Herr von Plauen, Herr zu Greiz, Kranich-
feld, Gera, Schleiz und Lobenstein 2c. 2c.
Mit der Vereinigung der früher getreunten Landestheile hat sich, wie in andern
Jweigen der Landesverwaltung, so auch rücksichtlich des Impfwesens das Bedürfniß ei-
ner Nleichsörmigen, das Gesammtfürstenthum ebenmäßig umfassenden Gesetgebung heraus-
gesiellt. Zu Erreichung dieses Zweckes haben Wir unter Zugrundelegung der für den
Landestheil Gera erlassenen Spezialverordnungen vom 29. März 1832 und vom 12.
April 1838, und unter Abänderung derjenigen Punkte, in welchen vermöge der vielsach
veränderten Verhältnisse anderweite zeitgemäße Bestimmungen nöthig waren, die nach-
siebende
Impfordunng
ausarbeiten lassen und bringen dieselbe hierdurch zur öffenllichen Kenniniß, indem Wir
derselben die verbindende Kraft einer allgemeinen, für Unser gesammtes Fürstenthum gül-
ltigen Verordnung beilegen und derselben allenthalben nachzugehen befehlen.
Gleichzeitig bestimmen Wir, daß alle denselben Gegenstand betreffenden Spezialge-
sehe, namentlich außer den schon oben angeführten Verordnungen, auch die Impfordnung
für das Fürsienthum Lobenstein- Ebersderf vom 2. Januar 1824 und das Landesherr=
liche Mandat für das Fünstenihum Schleiz vom 31. Mai 1836 außer Geltung treten.
Urkundlich Unserer eigenhändigen Unterschrift und vorgedruckten Fürstlichen Insiegels.
Schloh Osterstein, den 20. Jannar 1837.
(L. S.) Heinrich LXVII. F. K.
v. Geldern.
Ausgegeben den 1. Februar 1857. 10
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Impf-Ordnung.
8. 1.
Nothwendigkeit der Schutzpockenimpfüng bei allen Kindern.
Jedem Kinde sind die Kuhpocken oder Schutzblattern womöglich in dem ersten Jahre,
jedoch nicht vor der sechsten Woche seines Lebens einzuimpfen. Säuglinge unter sechs
Wochen sind nur dann zu impfen, wenn die Menscheublattern oder die Varioloiden in
dem Wohnorte des Kindes als Seuche herrschen.
Zur sichern Kontrole über die Befolgung dieser Vorschrift soll kein Kind in die
Schule ausgenommen oder zur Konsirmation zugelassen werden, für welches die Eltern,
Pflegeeltern oder Vormünder dem Schullehrer oder Geistlichen nicht ein ärztliches Zeug-
niß darüber vorweisen, daß die Schuppocken-Impfung mit Erfolg geschehen, oder ohne
Erfolg bereits versucht, oder aus medizinischen Gründen ein Aufschub der Impfung zu-
gelassen worden sei, oder daß das betreffende Kind die natürlichen Blattern überstanden
e.
Gleichermaaßen darf kein Lehrling angenommen und bei einer Innung aufgedingt
werden, fuͤr welchen nicht ein ordentlicher Impfschein beigebracht ist.
Für die genaue Befolgung dieser Vorschrift sind die Geistlichen, Schullehrer, In-
nungsvorsiände und Lehrherren verantwortlich, und unterliegen im Zuwiderhandlungsfalle
je einer Strafe von fünf Thalern.
Alle Impflinge, welche im ersten Lebensjahre wegen Krankheit oder anderer Ursachen
nicht haben geimpft werden können, sind wenigstens im Laufe des nächsten Jahres zur
Impfung zu bringen.
Ein Ausschub der Impfung über diesen Zeilpunkt oder über den Termin des Ein-
krlits in die Schule kann nur dann, wenn der körperliche Zustand eines Kindes dieß
käthlich macht, nach dem Ermessen des autorisirten Arztes Stakt finden.
8. 2.
Controlc über Kinder aus dem Auslande.
Von jeder neuen Familie, welche entweder unter die Staatsangehörigen aufgenom-
men wird oder im Lande einen längeren Aufenthalt nimmt und Kinder mitbringt, sind
die Jupsscheine für diese vorzulegen; wenn ein solcher nicht aufgewiesen werden kann,
so ist die Jupfung für diese Kinder nachzuholen. Jede von den Ortsbehörden, welchen
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dle Verhandlungen wegen der Ausfnahme oder Aufenthaltsgewährung obliegen, hierunter
verschuldete Nachlässigkeit soll mit angemessener Ordnungsstrafe geahndet werden.
8. 3.
Verpflichtung der Eltern, Pflegeeltern und Vormünder zur Besorgung der
Impfung bei ihren Kindern und Pflegebe fohlenen.
Die Eltern, Pflegeeltern und Vormünder sind allgemein dazu vewpflichtet und dalür
verantworklich, daß ihren Kindern und Pflegebefohlenen die Schuppocken eingeimpst wer-
den. Wenn Eltern, Pflegeeltern oder Vormünder die Impfung innerhalb der vorgeschrie-
benen Zeit nicht haben vornehmen lassen, ohne durch ein ärztliches Zeugniß gerechtiertigt
zu sein, so sind dieselben durch die Impfbehörden zur Erfüllung ihrer Schuldigkeit bin-
nen einer zugleich anzuseyenden Frist und bei den in §. 13 angedrohten Strafen an-
zuhalten.
8. 4.
Bestimmung von Impfpdist rikten.
Fũr die Schuhpocken-Impfung werden gewisse Distrilte bestimmt, fuͤr deren jeden
ein Impfarzt besonders zu ernennen ist.
Die Impfärzte sind auf die Erfüllung aller durch gegenwärtige Verordnung gege-
benen Vorschristen zu verpflichten. Es bleibt jedoch den Einwohnern jedes Impfbezirks
der Gebrauch anderer in hiesigen Landen zur Praxls zugelassenen Aerzte freigelassen.
Die Bestimmung der Impfdistrikte und die Ernennung der Impfärzte erfolgt durch
die Fürstliche Regierung, die Verpflichtung der Impfärzte durch die Fürstlichen Land=
rathsämter.
8. 5.
beitung und Besorgung des Impsgeschäfts.
Die Leitung des Impfgeschäfts ist den ernannten Impfärzten dergeslalt übertragen,
daß jedem derselben allgemein oblicgt, dafür zu sorgen, daß im ganzen Bereiche seincs
Impfbezirks womöglich kein Kind ungeimpft bleibe. Der Impfarzt hat insonderheit die-
jenigen Familien, wo die Impfung ohne zulässigen Grund verzögert wird, der Impfbe-
börde zu weiterer geeigneter Verfügung anzuzeigen.
Zur Schuppocken-Impfung sind neben den für die Impfbezirke bestellten Aerzten
auch alle anderen in hiesigen Landen zur medizinischen Praxis zugelassenen Aerzte er-
mächligt, wobei sie jedoch verpflichtet sind, über die von ibnen vollzogenen Impfungen
und deren Verlauf unter eigner Verantworklichkeit für die ordnungomäßige Besorgung
des Impsgeschäfto und die Richtigkeit der Angaben dem Impfarzte das s so zei-
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tig, daß bei der allgemeinen Impfung und der Einreichung der Tabelle Rücksicht darauf
genommen werden kann, vollständige Mittheilung zu machen.
Wer nach dem Erscheinen der gegenwärtigen Impfordnung ohne Befugniß impft,
wird mit einer Geldstrafe von fünf Thalern oder mit entsprechender Gefängnißstrafe be-
legt. Im Fall der Wiederbetretung wird die Strafe verdoppelt.
Diejenigen Eltern oder Vormünder, welche ihre Kinder oder Pflegebesohlenen von
Unbefugten impfen lassen, werden für jeden einzelnen Fall mit zwei Thalern oder ver-
hältnißmäßigem Gefängnisse in Strafe genommen.
8. 6.
Instruktion für die Behandlung des Impfgeschäfts.
Die zur Impfpraxis berechtigten Aerzte werden allgemein hierdurch angewlesen, der
Anleilung nachzugehen, welche für das Verfahren bei der Einimpfung der Schupblattern
durch die der gegenwärtigen Verordnung unter O angefügte Instruktion ertheilt ist.
-
Jährliche Ablieserung der Geburtslisten an die Impsbehörden und Impsärztei.
Vis zum 31. Januar jedes Jahres haben sämmtliche Geistliche ein genaues Ver-
zeichniß derjenigen Kinder, welche während des nächstvorhergehenden Jahres in ihren Pa-
rochieen geboren worden und noch am Leben sind, nach dem unter 4 beigefügten For-
mular, welches von den Impfbehörden an die verschiedenen Parrchicen in der erforder-
lichen Anzahl von Exemplarien unentgeltlich zu verabfolgen ist, für jede Gemeinde be-
sonders anzufertigen, und an die betheiligten Impfbebörden abzugeben; von diesen sind
diese Geburtslisten den Impfärzten unverzüglich mitzutheilen.
In die jährliche Geburtslisse sind vor der Ausländigung an den Imgfarzt alle
Kinder aus früheren Jahren, welche im Laufe des Vorjahrs nicht geimpft worden sind,
ebenso wie die ungeimpften Kinder eingewanderter fremder Jamilien (§. 2) sorgfäluigst
nachzutragen.
8. B.
Jährliche öffentliche Einimpfung der Schußblattern.
Durch alle Ortschasten de Landes wird jährlioh, in der Zeit vom 1. Mai bis zum
1. August, eine allgemeine öffentliche Schuhpocken-Imbfung für diesenigen Kinder
Statt sinden, welche das zur Impfung geeignete Alter erreicht haben, und deren körper-
licher Zustand die Vornahme derselben gestatler. Bei diesen Impfungen haben sich auch
diejenigen Kinder einzustellen, bei welchen widerholt geimpft werden muß. Jeder Jnpf-
arzt hat die zur Impfung, sowie zur Revision über deren Erfolg für jeden einzeinen
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Ort von ihm zu bestimmenden Tage und Stunden rechtzeitig den Ortsbehörden anzu-
zeigen, welche ihrer Seits für die Bestellung der Ellern, Pflegecltern und Vormünder
mit den impspflichtigen Kindern zu sorgen haben.
8. 9.
Art der Impfung.
Die jährliche allgemeine Impfung sowohl als auch die 3 bis 10 Tage nachher
vorzunehmende Revision über deren Erfolg geschiebt in den Stikten nach Distrikt= oder
Vierkelsabtheilungen in Gegenwart des. Bezirksvorstehers oder eines Mitglieds des Ge-
meindevorstands. Auf dem Lande geschieht die Impfung in Gegenwart des Bürger-
meisiers oder seines Stelivertreters auf den Schulstuben. Es können auch mehrere
Dörfer zusammengenommen werden, wenn die Zahl der Impflinge nicht guoß sein sollte
und dleselben nicht über eine Skunde weit gebracht werden müssen. An denjenigen
Orten, welche mit auswärtigen Parochieen verlunern sind und keine Schulstue besipen,
hat der Gemeindevorsland für eine helle, geräumige und da nöthig erwärmie Stube zu
sorgen. v
Zur-leichtemVcwirktmgdekJmpfungvonAnnzuAnnfollcaanchbkkkitögcs
tmpstrMindernachAnsnsahldessmpfatzchwneinembknachbaktknOktcgebmchtwcks
den, wofür diesen Kindern die Befreiung von den Impfgebühren unter Entschädigung
des Impfarztes aus der Staatskasse, zu Skanen kommen soll.
S. 10.
Impftabellen; Impfscheine.
Nach geschebener Impfung und Revisien derselben hat der Impfarzt die letztte Rubrik
der ihm ausgehändigten Tabellen (Formular A) augzuf##llen und darin den Tay der
Impfung zu bemerken, auch die Impifscheine für die von ihm selbst mit Erfelg Geimpften
nach dem Formulare , wozu ihm sährlich die erforderliche Anzahl gedruckter Exemplare
durch die Impfbeberden ausgehändigt wird, gegen Bezahlung der taxmäßigen Innf-
gebũbren auszustellen.
Der Eintrag in gedachte Nubrik des Formulars A von Seiten des Impfarztes
darf nur dann erfolgen, wenn die vorgenommene Impfung guten Erfolg gehabt hat; bel
Kindern, welche von einem anderen Arzte geimpft worden sind, ist zum Zwecke des Ein-
nags ber ausgestellte Impsschein beizubringen, welcher dem Jmpfarzte von den betheilig-
ten Eltern, Pflegeeltern und Vormündern bei zwei Thalern Geldstrafe oder entsprechendem
Gesängniß längstens bis zu Ende August jedes Jahres vorzulegen it.
Bei allen Kindern, welche nicht oder nicht mit Enfolg geimpft worden sind, ist zu
besserer Uebersicht die lehte Rubrik leer zu lassen. Dagegen sind die Nummern dieser
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Kinder am Schlusse der Tabelle aufzuführen und bei jeder Nummer der Grund zu be-
merken, aus welchem die Impfung unterlassen worden
Für dieijenigen Kinder, bei welchen die Impfung zum dritten Male ohne Erfolg
bewirkt worden ist, haben die Aerzte statt des Impfscheines Zeugulsse auszustellen, worin
die bei jedem Individuum bemerkten Umstände angeführt sind. Die Jupfungen im Di-
strikte, welche von andern Aerzten vorgenommen worden sind, sind nach deren Mltthel-
lungen nund mit Bezugnahme auf dieselben in die Tabelle einzutragen.
Die Tabellen sind nach erfolgter Ausfüllung längstens bis zum 1. Oktober jedes
Jahres an die Impfbehörden zurückzugeben.
8. 11.
Alle Eltern, Pflegeeltern und Vormuͤnder sind verpflichtet, sofort nach richtig erfolgter
Iunpfung den vorgeschriebenen Jmpfschein sich ausstellen zu lassen.
Um darüber, daß sie dieser Verpflichtung nachkommen, Gewißheit zu erlangen, haben
die Impsbehörden dle an sie zurückgelangten Impflisten im Monat November jeden Jah-
res den Ortsvorständen zugehen zu lassen, von welchen dle Betheiligten zur Vorlegung
der Impfscheine auzuhalten sind. Werden diese zu dem deßfalls angesegten Termine
nicht beigebracht, so verfallen die Sänmigen in eine Strafe von Einem Thaler an Geld
oder entsprechendem Gefänguiß.
Wo der Inppsschein vorliegt, da ist dies bei der betreffenden Nummer kurz zu be-
merken. Sodann sind die Tabellen und längstens bis zum Schlusse des Jahres den
Impfbehörden zurückzustellen.
W*
Bestimm ung wegen der ärztlichen Gebühren.
Jeder Impfarzt hat für jede in seinem Wohnorte einzeln vorgenommene Impfung,
mit Einschluß der Revision und des auszustellenden Imrfscheins, nicht mehr als zehn
Sllbergroschen und für jeden Impfling bei den allgemeinen öffentlichen Impfungen in
den Städten nicht mehr als fünf Silbergroschen, auf dem Lande nicht mehr als fietzen
Silbergroschen sechs Pfennige zu fordern. Ber diesen jährlich wiederkehrenden Impfungen
ist auch dem Arzte keine besondere Vergütung für Dläten, für Reisekosten, für Anschaf-
fung der Lymphe, für Führung des Tagebuchs, für Ausfüllung der Tabellen und für
Ausstellung des Impsscheines und dgl. mehr zu leisten. Desgleichen haben die Behör-
den, die Geistlichen und die Physici für die ihnen in Bezug auf die Impfungen ange-
wiesenen Osjizialarbeiten keinerlei Gebühren etuzuheben.
Die rückständig gelassenen Impfgebühren sind von den Impfärzten bei den Zloil-
justizbehörden der Restanten anzuzeigen, geten welche darauf, wenn sie für zahlungsfähig
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zu achten sind, ohne Welteres die exekutlvische Beitreibung mit Geltung der Gerichtsko-
sten verfügt werden muß, Für solche Personen, welche wegen notorlscher Armuth nichts
zu zahlen vermögen, soll den Impfürzten die taxmäßige Gebühr aus der Staatskasse ver-
gutet werden.
Wenn in einzelnen Fällen der Aufwand der Impfärzte für Reisekosten und Zeh-
tung sich als uurerhällnißmäßig boch herausstellen sollte, so wird eine angemessene Ver-
gütung aus Staatemitteln erfolgen. Dle Entschließung hierüber steht der Fürstlichen
Regierung zu.
« §.13.
Anzeige der ausgeblieb Impfflichtigen bei den Impfbehörd Bestrafung
der Ungehersamen.
Diejenigen Eltern, Pflegeeltern und Vormünder, welche ihre Kinder und Pflegebesohlenen.
anf erfolgte Beslellung (F. 8) nicht zur Jupfung oder zu doren Revision bringen, ohne.
hierüber erhebliche Entschuldigungsursachen auführen zu können, sallen in eine Strafe
von zwei Thalern oder eutsprechendem Gefinguiß, die bei sernerem Ungehersam in den
solgenden Jahren jedesmal zu verdoxpeln ist, und haben überdies jedesmal die Jmpfge-
bühren dem Impfarzte eben so zu bezahlen, als wenn die Inp##ng wirklich Statt ge-
sunden hätte. Der Impfarzt hat daher solche Ungehorsame der mpfbehörde zur Bestra-
fung schriftlich anzuzeigen, worauf solche verbunden ist, die Impfgebühren mit einzuziehen.
Dabet sind die Ungehorsamen auch die erwachsenen Kosten zu bezahlen verbunden. Ueb-
rigens müssen solche Kinder, welche auf geschehene Bestellung zur allgemeinen Impfung
sich nicht eingefunden haben, an den Wohnort des Arztes, auf dessen Bestellung, zur
Impfung und Reolsion gebracht werden, dafern nicht die Eltern, Pstegeeltern oder Vor-
münder vorziehen wollen, die Impfung und Revlsion in ihrer Wohnung, gegen Be-
zahlung der Reisekosten und doppelter Jupsgebühren an den Arzt vornehmen zu lassen.
Allen Eltern, Pflegeeltern und Vormündern wird zur Pflicht gemacht, sich für die-
jenigen Kinker, welche die natürlichen Blattern bereis gehabt haben, oder srüher durch
andere Aerzte mit den Schußpocken mit Erkolg geimpft worden sind, oder bei welchen
die Impfung wenigstens dreimal ohne Erfolg versucht worden ist, uder die Impfung we-
gen besonderer Umstäude z. B. Kränklichkeit und dergl. m. unterkassen werden mußte, bei
dem Jmpfarzte ihres Distrikts zur Zeit der allgemeinen öffentlichen Impfung durch ordente
liche Impfscheine oder audere föruliche Zeugnisse der belrosfenen Aerzte auszuweisen.
In Ausehung derjenigen Kinder, welche dem unter §. 3 auszedrückten Verbote ent-
gegen von Unbesugten geimpft sind, muß die Ingfung, susofern nicht die sichersten Be-
weise des gelungenen Erfolges vorliegen, wickerholt werden.
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8. 14.
Verbot der Impfung mit den natürlichen Blattern.
Die Menschenblattern einzuimpfen oder einimpfen zu lassen, bleibt schlechterdings
verboten. 4
Der Arzt oder Wundarzt, welcher diesem Verbote entgegenhandelt, wird mit Funf-
zig Thalern bestraft. Eliern, Pflegreltern und Vormünder, welche ihren Kindern oder
Mllegebefohlenen wissentlich die Menschenblattern einimpfen lassen, werden mit einer Strafe
von zehn Thalern oder emsprechendem Gefängniß belegt.
8. 15.
Competenz und Verfahren.
Die Impfbehörden sind in den Städten die Gemeindevorstände, fär die übrigen
Orlschaften die Fürstlichen Landrathsämter nach den Landestheilen.
Sie haben das Impfwesen je in ihrem Bezirke nach Maßgabe der gegenwärtigen
Ordnung zu überwachen und sich den, in dieser ihnen vorgezeichneten Functionen mit
Gewissenhaftigkeit zu unterziehen.
Am Schlusse jeden Jahres baben dieselben über den Stand des Impfgeschäfts an
die Fürstliche Regierung Bericht zu erstanen und dieser dabei die Impftabellen, welche
auf dem Lande für jeden On besenders zu heften und aktenmäßig fortzuhalten find, vor-
zulegen.
In allen Kontravenkionställen ertheilen sie auf Grund der gegenwärtigen Impford=
nung nach summarischer Sacherörterung die erste Entscheidung durch Feststellung der ver-
wirkten Strase, wobei rücksichtlich der wahlweise festgeseyten Gesängnißstrafen die in den §§.
15 und 16 des Strafgesehbuches rom 14. April 1852 enthaltenen Grundsäpe maßge-
bend sein sollen,
Bei dieser Entscheidung hat es sein Bewenden, wenn nicht von den Bestraften auf
rechtliche Erörterung angetragen wird.
Erfolgt ein solcher Antrag, so ist die Sache an das Kriminalgericht des jedesmali-
gen Landeskheils abzugeben, vor welchem die Untersuchung und Aburhheilung gewöhnli-
chermaßen zu erfolgen hat.
8. 16.
Polizeiliche Mahregeln beim Ausbruch der Pockenkrankhbeit.
Sollte Jemand, es sei ein Einheimischer oder Fremder, von den nakürlichen Blat-
tern befallen werden, so sind die Eltern, Pflegeeltern, Vormünder, Geschwister und Haus-
genofsen, ingleichen der zur Hülfe gerufene Arzt je bei fünf Thaler Geld= oder entspre-
249
chender Gefaͤngnißstrase verpflichtet, dem Gemeindevorstand ungesäumt davon Anzeige zu
machen. Der betheiligte Arzt hat außerdem auch das Phyükat des Landestheils in
Kenntniß zu seten.
Der Gemeindevorstand hat in den Städten sofort selbst die nöthigen Mahregeln zur
Verhütung weiterer Verbreitung der Blatternseuche zu treffen, auf dem Lande aber dem
zuständigen Landrathsamte Anzeige zu machen und den, von diesem zu empfangenden
Anweisungen nachzugehen.
Isi der Blatterkranke ein impfpflichtiges Kind, bei welchem die Impfung ordnungs-
widriger Weise unterblieben ist, so haben dessen Eitern, Pflegeeltern oder Vormünder,
außer der geseylichen Strafe wegen der ihnen zur Last fallenden Unterlassung, auch alle
durch die angcordnete polizeiliche Aussicht erwachsenen Kosten zu bezahlen.
Dabei ist namenklich das Haus, worin der Kranke sich besindet, wenn derselbe nicht
in eine für Krankenverpflegung bestimmte Anstalt gebracht, oder sonst hinreichend abge-
sondert werden kann, unter nähere polizeiliche Aussicht zu stellen und nach Befinden alle
Gemeinschaft mit der Wohnung des Kranken, da nöthig durch Aushängung von War-
anngstafeln an den Hausthüren, vder durch ausgestellte Wachen zu erschweren vder ganz
zu verhindern.
Uebrigens ist der Impfarzt des Distrikts verpflichtet, in dem Orte, wo die Blaltern=
seuche ausgebrochen ist, sogleich genaue Erkundigungen nach den etwa gar nicht, oder doch
nicht mit genügendem Erfolge geimpften Personen anzustellen, die Impfscheine einzusehen,
in zweifelhaften Fällen die Blauternarben sich vorzeigen zu lassen und ohne Verzug die-
jenigen zu impfen, welche gehörige Jupsscheine nicht besiten, oder bei welchen aus der
unvollständigen Narbe die Vermuthung hervorgeht, daß die frühere Impfung einen regel-
mähigen Verlauf nicht gehabt habe.
Wie übrigens unter ungünstigen Umständen auch bereits geimpfte Individuen, wenn
seit ihrer Impfung eine längere Zeit vergangen ist, gegen die Anüteckung von den na-
türlichen Blattern nicht vollständig geschüt#t sind, so ist in Ortschaften, wo die Menschen-
blattern herrschen, auf eine nochmalige Impfung sowohl von Erwachsenen als Kindern
(Nevaccination) in größtmöglichem Umsange von Seilen der Behörden und Aerzte hin-
zuarbeiten; es bleibt auch für ganz außerordenkliche Fälle das Recht, eine solche noch-
malige Impfung als allgemeine Mahregel zwangsweise Plah greisen zu lassen, der Fürst-
lichen Regierung ausdrücklich vorbechalten.
8. 17.
Erstreckung der vorstehenden Mahregeln auf die Varioloiden.
Die im vorigen §. angeordneten Mahnahmen ünd gleichmäßig auch bei dem Aus-
bruch der Varioloiden oder modifizirten Menschenblattem in Anwendung zu bringen, je-
250
doch mit der durch die mindere Gefährlichkeit derselben gebotenen Abänderung, daß eine
Absperrung des Kraulen oder seiner Wohnung in der Regel nicht Plah zu greisen hat.
O.
Instruktion
für die Aerzte bei der Impfung.
8. 1.
Den angestellten Impfärzten sowohl als auch jedem andern zur Impfung berechtig-
ten Arzte liegt ob, zunächst für guten und frischen Jupssioff zu sorgen, die Impfung
nach den in den folgenden 6§. gegebenen Vorschriften zu verrichten, ein Tagebuch über
die Impfungen zu führen, und als Impfarzt eines Distrikts die ihm von den Impfbe=
hörden ausgehändigten Tabellen mit größter Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit anszufüllen.
8. 2.
Da es zur Erreichung des Zwecks der Impfung durchaus noͤthig ist, die ächten, al-
lein vor Ansteckung mit Menschenblauern schühenden Kuhpocken von den unächten, nicht
schüpenden Kuhpocken genau zu unterscheiden und nur von den ersteren Gebrauch zu
machen, so muß es sich jeder zu dem Impfgeschäfte schreitende Arzt zur Gewissenssache
machen, die über diesen Zweig seiner Thärigkeit ohnehin bei ihm vorauczusetzenden Kennt-
nisse durch Studium einschlagender Schristen und eigne Vevbachtung zu vermehren und
auszudehnen. Es ist dies um so nöthiger, je öfter nach unvollkommener Impfung und
dadurch bedingtem unvollständigrn Verlauf der Vaceine die geimpften Kinder dennoch der
Ansteckung durch die natürlichen Blattern zu unterliegen pflegen, wodurch der Ruf und
das Ansehen der guten Sache selbst bei nicht gehörig Unterrichteten im Ganzen gefähr-
det wird.
Die Punkte, welche bei der Impfung vorzugsweise berücksichtiget werden müssen, sind
folgende.
3
8. 3.
Die anzuwendende Lymphe muß mit Sorgfalt gewählt werden, wenn sie sicher uͤchte
Kuhpocken erzeugen soll.
251
Man mache es sich daher zum Gesetz, bloß solche, welche völlig durchsichtig und sarb-
los, aus der vollkommenen Schußblatterpustel eines sieben Tage zuvor geimpften gesun-
den Kindes entnommen ist, zu benupen, indem jede andere — die aus einer ächten Kuh-
pocke stammende allein ausgenommen — wenn sie nicht unächte Pocken, oder Entzünd-
ungen und Geschwüre erzeugt, wenigstens sehr unücher in ihren Wirkungen ist.
Hierbei ist dem Gesundheitszustand des Kindes, von welchem die Lymphe genommen
werden soll, die größte Aufmerksamkeit zu schenken, und nach vorgängiger genauer Unter-
suchung deren Unterlassung für den Arzt außer den etwa sonst verwirkten geseplichen
Strafen mindestens den Verlust der Impfpraxis nach sich zieht, nur ein solches Indivi-
duum auszuwählen, das von jedem Krankheitssioff, namentlich von Syphilis, Phtisis,
eSkropbeln und dergleichen vollkommen frei, und in dessen Familie irgend ein, der Fork-
Fflanzung unterliegendes Uebel nicht vorhanden ist.
S. 4.
Das zu impsende Subjekt muß zu Vermeidung jedes Nachtheils vor der Impfung
rücksichtlich seines Gesundheitszustandes untersucht werden.
Hißige Krankheiten mit und obne Ausschlag verbieten die Impfung so lange, bis
sie ibren Lauf vollendet haben. Dagegen stehen ihr chronische Krankheiten im Allgemci-
neu nicht entgegen. Indessen ist doch bei epileptischen, hydrocephalischen und zahnenden
Kindern große Vorsicht anzuempfehlen.
Kinder mit sieberhaften Krankheiten, mit verbreiteten, tiefwurzeluden Ausschlägen, mit
Geschwüren, Caries oder Cachexie behaftet, sind nicht zu impfen. Zur Zeit, wo Masern
und Keuchhusten herrschen, mißlingt die Impfung immer bei denjenigen Individuen, die
schen Ansteckungsstoff von den gedachten Krankheiten in sich tragen. Scrophulöse Anlage
und nicht tief eingewurzelte serophulöse Leiden geben keinen Grund zur Unterlassung der
Impfung, da dieselbe hier nicht schädlich wirkt. Mit Individuen, bei welchen bei irgend
einem Leiden Fieber entsteht, ist für die Dauer dieses Zustandes die Impfung nicht vor-
zunehmen.
F. 5.
Die Mcthode der Impfung muß möglichst sicher, für den Arzt leicht und für den
Impfling bequem seiu.
Diese Eigenschaften vereinigt die Impfung von Arm zu Arm mit fluͤssiger Lymphe
am vollkommensten in sich, und sie bleibt immer die empfehlenswerthheste.
Icdoch ist dabei die Vorsicht anzuwenden, daß aus einer und derselben Pustel nicht
mehr als vier bis fünf Subjekte geimpst werden. Da sie indessen nicht überall ausführ-
bar ist, so muß der Arzt bei der Jupfung mit trockener Lymphe wenigstens darauf be-
252
dacht sein, dieselbe in der oben beschriebenen Qualltät möglichst frisch und vor dem Zu-
nitte der Cuft. binlänglich geschützt zu erhalten.
Man bedarf zur Schupvockenimpfung eine kleine, stets rein und blank zu haltende,
mäßig scharfe Lanzette. Man öffnet damit die Pustel, aus der man die Lyuphe gewin-
nen will, an ihrem Rande, jedoch so, daß man die gesunde Haut nicht verletzt. Die
Spipe der Lancette wird horizontal und flach unter die Decke der Pustel langsam ein-
geschoben, so daß eine hinreichend große Oeffnung zum Hewortreten eines Tröpschens
Lymnhe entsteht. Es ist nicht gut, die Oefsaung so groß zu machen, daß zuviel Lymphe
auf einmal zu Tage tritt, weil dieselbe durch die athmoophärische Luft, Licht und Wärme
zerseyzt und in ihrer ansteckenden Krast geschwächt zu werden scheint. Auch trockuct die-
selbe leicht oder wird dichter bei warmer Witterung und läßt sich dann nicht mehr so
gut übertragen. Es wird ferner durch eine derartige kleinere Oeffnung weniger Störung
in der Pustel selbü bedingt und man gewinnt den Vortheil, von einer einzigen Pustel
mehrere Kinder impfen zu können. Nach gemachtem Gebrauche schließt sich die Deffnung
einer solchen eingestochenen Pusiel meist wieder und die Puslel macht tbren geregelten
Verlauf weiter fort, wie die übrigen unbeschädigten. Von Kindern, bei denen die Im-
pfung nur eine einzige Pustel erzeugt hat, darf zur Weiterimpfung keine Lymphe em-
nommen werden. "
Die Operation geschieht am Zweckmäßigsten so, daß die Lymphe in einige leichte,
mit der Lanceite auf dem Oberam angebrachte Hautschnitte, die kaum etwas Blut aus-
schwitzen lassen, gebracht, worauf man die Wunden, ohne sie zu verbinden, an der Lust
trocken werden läßt, und dann mit möglichster Vermeidung von Druck und Reibung
wieder mit den gewöhnlichen Kleidungsstücken bedeckt.
8. 6.
Da durch die Jmpfung mitunter irreguläre und falsche Pocken erzeugt werden, welche
den Impfling nicht vor der Gefahr der Ansieckung sichern, so ist es die Pflicht des Impf-
arztes, den Verlauf der Schuhpocken gehörig zu beobachten, und sich zur Unterscheidung
derselben von unächten Pocken mit deren charakteristischen Merkmalen, deren Beschrelbung
hier folgt, vertraut zu machen.
Gegen den drikten oder vierten Tag nach geschebener Impfüung erscheint bei der
ächten Pocke an der geimpften Stelle ein rothes Fleckchen, welches sich an den folgen-
den Tagen zu einer Pustel mit ciwas erhabenen Rändern, einem Grübchen in der Mite
und einem kleinen rothen Umkreise gestaltet, wobei nur zuweilen ganz leichte Fieberbe-
wegungen etwas Unruhe und dergleichen bemerkbar weren. Die Pustel selbst ist fest,
derb, wachsartig hart anzusühlen, mit einer durchsichtigen, wasserhellen Flüssigkeit (der
Kuhpockenlymphe) gesüllt und am achten Tage mit einiger Entzündung im Umfange voll-
253
ständig ausgebildet. Am neunten Tage verllert die darin enthaltene Flüssigkeit schon
ihre helle Farbe, wird dick, undurchsichtig, trüb-weiß oder gelblich und die Pustel in der
Mitte ekwas erhaben. Der die Pustel umgebende rothe Hof wird jeht weit ausgebreitet
und erreicht bis zum folgenden Tage die Gröhe eines Thalers, wobei sich zugleich Sym-
ptome des Eiterungssiebers, vermehrte Wärme, unruhiger Schlaf und dergleichen zeigen.
Von jetzt an nimmt der Hof wieder ab, wird bleich und verschwindet während der Ab-
trocknung, welche am zwölften Tage anfüngt, allmählig ganz. Es bildet sich von diesem
Zeitraume ab ein schwarzbraunce, ziemlich dicker, fest auflicgender Schorf, welcher nach
etwa acht Tagen von selbst absällt und eine weiße sirahlige Pockennarbe zurückläßt
Die unächten Kuhpocken erlangen nicht die eben beschriebene, gehörige Form: —
ihr Verlauf überhaupt ist abweichend. Die Pusteln entwickeln sich schon am zweiten Tage
nach der Impfung oder noch früher, gehen bald oder gar nicht in Eiterung über, wer-
den halbkugelsörmig, ohne Vertiekung in der Mitte oder kegelförmig zugespipt und gehen
bei der Abtrockuung schon am sechsten oder siebenten Tage in einen lockern gelblichen
Schorf über.
Kann bei entfernt wohnenden Impflingen der Besuch des Arztes nicht mehrmals
wiederholt werden, so ist es dech weninstens unumgänglich nöthig, daß scch der Lettere
von dem Eintrilt der peripherischen Nölhe, als dem zuvrrläsügsten Feichen der im Orga-
nismus erzeugten Umstimmung, von welcher die Sicherung vor künstiger Ansteckung mit
Menschenblattern abhängt, überzeuge.
Haben die Schußblattern ihren regelmäßigen Verlauf nicht, so darf# der Arzt den
Impfling keineswegs für geschüht ausgeben, vielmehr muß er darauf antragen, daß die
Impfung wiederholt werde.
S. 7.
Ueber die höchst empfehlenswerthe, nach §. 16. der Impfondnung unter Umständen
zwangsweise durchzuführende Mahregeln der nochmaligen Impfung (Revaccination) ist
Folgendes zu bemerken.
Zahlreiche Erfabrungen haben dargethan, daß die einmalige Schutpockenimpfung
nicht bei allen Menschen von solcher Nachhaluigkeit ist, dah sie vollständig schüpet; es zeigt
sich vielmehr bei einzelnen Individuen, wenn sie, besonders cinige Jahre später, mit na-
türlichem Pockengift oder mit Vaceinestoff wieder in Berübrung kommen, Anstcckungs-
fähigkeit und Reaktion in der Art, daß in der Regel ein modisizirter Ausschlag, biswei,
len auch ein Ausschlagfieber, zum Vorschein kommt.
In einzelnen Fällen, wo die erste Impfung, durch den Einfluß ungünstiger Um-
stände geslört, keine schügende Kraft gewährte, zeigt eine wiederholte Jupfung ganz nor-
male Pocken als Erfolg, die ihren regelmäßigen Verlauf haben.
254
Als allgemeiner Charakter der durch Revaceination erzeugten Pocken stellt sich sonst
dar, daß der Verlauf immer riel schneller ist, als bei der ersten und normalen Vaccine;
die Pusteln sind sehr schnell ausgebilder, bleiben kleiner, erheben sich jedoch, wie die nor-
malen, rechtwinkelig von der Haut, haben eine Verkiefung im Zeutrum und einen auf-
gewulsteten Rand um dieselbe. Die peripherische Röthe tritt bisweilen schon am fünften,
meistens am sechsien oder siebenten Tage auf, ist weniger lelhaft und verschwindet schnell
wieder. Das Fieber ist dagegen oft stärker, als bei der ersten Impfung und kommt ge-
wöhnlich schon früb, während das sekundäre Fieber in der Negel fehlt.
255
Verzeichniß
der vom 1. Jannar bis Ende Dezember 18.
geborenen und noch lebenden Kinder.
Verfaht von
Plarrer.
.l in der Stadt N. (dem Dorfe N.)
Die Jupfung eingetragen von
N. N.
Juppfarzt.
Zilser.
Vor- und Zuname
der Kinder.
Namen, Stand und Jabr, Monak und
Wobnort der Ellern.
XThy der Geburtk.
Jahr, Monat und
Tag der Impsung.
Diese Nubrik bleibt
vom Geistlichen un-
ausgefüllt,
Impfarzte das N-
tbige darinnen ein-
zutragen, selner Zeit
oblieg!.
256
B.
Daß N. N. aus N. N. im Fürsienthume Reuß J. L. bei der am .. .. .. ...
vorgenommenen Schuppockenimpfung mit Erfolg wirklich gelmpst worden ist, wird dem-
selben hierdurch bescheinigt.
N. N. den
N. J.
Impfarzt.
Druckfehlerberichtigung.
In Nr. 202 der Gefebsammlung. mic es auf Seite 236 in §. 14 dritte Zeile heißen
mndbaren statt kündbaren,
und auf Seite 240 * 4 erste öln
vollen“ un „volle“, statt „wollen“ und „wolle“
257
Gesetzsammlung
für die
Fürstlich Reußischen Lande jungerer Linie.
No. 201.
1) bandesherrliche Verordnung, die Druo der „Handwerkmeister zur Annahme von
Lehrlingen bet
Wir Heinrich der Sieben und Sechzigste von Gottes Gna-
den Jungerer Linie regierender Furst Reuß, Stammes Ael-
tester, Graf und Herr von Plauen, Herr zu Greiz, Kranich-
feld, Gera, Schleiz und Lobenstein 2c. 2c.
haben — um das lobenswerthe bei den Innungen bisher bestandene Herkommen auf-
recht zu erhalten, nach welchem für die Ausübung der Befugniß, Lehrlinge zu halten,
die vollständige Ehrenhaftigkeit des Meisters voraucgeseht wird — kraft des allenthalben
vorbehaltenen landesherrlichen Rechw, die Innungeartikel zu ändern und zu ergänzen
— nachstehende gewerbvolizeiliche Anordnungen beschlossen:
Von solchen Mitgliekern inländischer Junungen, welche wegen eines mit Arbeits-
haus oder einer härteren Strafe bedrohten Verbrechens oder Vergehens durch ein recht-
lich vollziehbares Erkennmiß verurtheilt worden sind, dürfen keine Lehrlinge angenommen
werden, und die Aufdingung von Lehrlingen, die sich bei einem solchen Meister in die
Lehre begeben wollen, ist zu versagen.
Wird ein Innungemitglied, welches einen Lehrling bei sich hat, zu einer Arbeits-
baus= oder höheren Strafe verurtheilt, so ist für Unterbringung des Lehrlings bei einem
andern Meister durch die Junungsbehörde, ohne daß dabei neue Kosten und Innungs-
gebühren berechnet werden, Sorge zu tragen.
Ausgenommen von diesen Bestimmungen ist der Fall, wenn Söhne bei ihren Bä-
tern ein Handwerk erlernen.
Durch Innungsbeschlüsse kann einem nach Obigem von dem Rechte Lehrlinge an-
zunehmen, ausgeschlossenen Meister dieses Recht nicht wirder ertheilt werden, uen nur
Ausgegeben den 10. Juni 1857.
258.
durch landesherrliche Dispensation; eine solche ist aber in einem einfachen Straferlasse
nlqht enthalten.
Die Vorschristen in Art. 9. des Strafgesehbuchs uͤber die Folgen der Zuchthaus-
strafe hinsichtlich der Gewerbeverhältnisse, und die in den verschiedenen Innungsstaturen
enthaltenen Bestimmungen, welche gegen aurüchige und unwürdige Zunftgenossen gerich-
tet und nicht durch sinen Artikel des Strafzesetbuches für aufgehoben zu achten sind,
sollen durch gegenwärtige Verordnung in keiner Weise abgeändert sein.
Ebenso sind hierdurch nicht aufgehoben die Beschränkungen des Haltens der Lehr-
linge, welche in den Innungsartikeln aus anderen Gründen, als dem oben angegebenen,
festgesetzt sind.
Schloß Osterste in, den 12. März 1857.
(L. S.) Heinrich LXVII.
v. Geldern.
2) Landesherrliche Verordnung über die Schon= und Hegezeit.
Wir Heinrich der Sieben und Sechzigste von Gottes Gna-
den Vungerer Linie regierender Furst Reuß, Stammes Ael-
tester, Graf und Herr von Plauen, Herr zu Greiz, Kranich-
feld, Gera, Schleiz und Lobenstein 2c. w.
finden Uns veranlaßt, auf Grund des jetzt gültigen §. 46 des Verfassungsgesetzes, unter
Aufhebung der im ersien Sawe des F. 2 der Verordnung vom 18. Nevember 1819 em-
haltenen Bestimmungen wegen der Jagdzeiten Folgendes zu verordnen.
Im Allgemeinen und namemlich für die Hasenjagd gilt als Regel, daß die Jagd
mit dem 1. Oktober jeden Jahres aufgeht und mit dem 1. Februar geschlossen wird.
Hinsichilich einzelner Wildgattungen gelten aber folgende nähere Vorschriften.
Hirsche und Schmalrothwild können auch in den Monaten August und September,
und wo es zum Schutze der Felder erforderlich, das ganze Jahr hindurch geschossen werden.
Alte Thiere sollen zu keiner Zeit und nur ausnahmsweise zur unmittelbaren Ab-
wendung von Wildschaden, alte und Schmal-Rehe überhaupt gar nicht geschossen werden;
Rebhböcke dagegen dürsen das ganze Jahr hindurch mit Ausnahme der Zeit vom 1.
Februar bis zum 15. April geschossen werden;
Auer., Birk= und Fasanenhühner dürfen niemals geschossen werden;
Rebhühner schen vom 1. September an bis zum Schlusse der Jagd;
259
Das Fangen von Hasen und Feldhühnern mittelst Schlingen ist gänzlich untersagt.
Die Besiimmungen des oben angeführten §. 2 der Verordnung vom 18. November
1849 und die Verordnung vom 24. April 1855, wonach Naubthlere, Raubvögel und
Strichvögel zu jeker Zeit erlegt werden können, das Wegfangen und Wegschießen der
nützlichen Vögel und Singvögel aber verboten ist, blelben unverändert fonzbestehen.
Wer bei sonst berechtigter Ausübung der Jagd einer der obigen Anordnungen ent-
gegenhandelt, ist mit der allgemeinen geseplichen Strafe für Jagdkontraventionen — Geld-
buße bis zu 20 Thlr. oder verhältnißmäßiger Gefängnißstrase — zu belegen.
Schloß Osterstein, den 21. April 1857.
(L. S.) Heinrich LXVII.
v. Geldern.
3) Landesherrliche Beterune, die Vollstreckung der den beurlaubten Militärs
erkannten Strafen betr.
Wir Heinrich der Siel en undSechzigste von GottesGnaden
Zuͤngerer Linie regierender Fuͤrst Reuß, Stammes Aeltester,
Graf und Herr von Plauen, Herr zuGreiz, Kranichfeld,
Gera, Schleiz und Lobenstein 2c. 2c.
finden Uns bewogen, die Besiimmung in der für die Gerichtsstandsverhältnisse der Be-
mlaubten Unseres Militärs mahgebenden, für das Fürstenthum Gera erlassenen Verord-
nung vom 1. März 1841 (Geraisches Amts= und Nachrichtsblatt vom gedachten Jahre
Nr. 13) wenach die Fewöhnlichen Gerichte zwar zur Untersuchung der nicht dienstlichen
Vergehen von Beurlaubten zuständig sind, die Strafvollstreckung aber der Milikärbehörde
überlassen ist, dabin abzuändern, daß Geldstrafen nicht in Militärarrest umgewandelt zu
werden brauchen, vielmehr von der Justiz= oder Verwaltungsbehörde, bei welcher sic gül-
ngerweise fesigesetzt worden, einzuzichen und. teizutreiben sind.
In Untersuchungssachen gegen beurlaubte Militärs, in welchen auf eine Gelkstrafe
allein oder alternativ erkannt isi, trin daher die Substimirung einer Arresistrafe und mi-
liärgerichtliche Vollstreckung dieser letzeren nur kann ein, wenn der Verurtheilie die
Geldstrafe zu bezahlen unvermögend ist, oder die wahlweise festgesehte Gefängnißstrafe ge-
wähl, oder die ihm nach Arl. 15 des Strafgesehbuchs bestimmte Zahlungsfrist versäumt
42
260
hat. Aus disziplinarischen Rücksichten ist es jedoch auch in Fällen, wo eine Geldluße
zur Vollziehung kommt und die Untersuchungsakten nicht der Strafvollstreckung wegen an
die Militärbehörde abgegeben werden, nothwendig, daß den mililärischen Vorgesepten des
Angeschuldigten von der diesem zur Last fallenden Gesepesübertretung Nachricht gegeben
wird, was vorkommenden Falls die betheiligten Gerichto= und Polizeibehörden zu beach-
ten haben.
Im Uebrigen bewendet es allenthalben bei dem in der obengedachten Verordnung
vorgeschriebenen Verfahren.
Schloß Osterstein, den 6. Mai 1857.
(L. S.) Heinrich LXVII.
v. Geldern.
4) Bekanntmachung, den Münzoertrag zwischen Oesterreich und den Zollvereinsstaaten betr.
Nachdem zum Zwecke der Herstellung gleichmäßiger Grundsätze über das Münzwesen
zwischen den Regierungen des Kaiserthums Oestemeich und des Fürstenthums Licchtenstein,
einer Seils, und den Regierungen der durch die allgemeine Münzkonvention vom 30.
Juli 1838 unter sich verbundenen Deusschen Zollvereinostaaten, andrer Seits, der nach-
stehend abgedruckte Münzvertrag abgeschlossen worden ist, so wird derselbe mit Höchster
Genehmigung hierduch in Krast gesehlicher Publikation zur allgemeinen Kennmiß gebracht
und dabei bemerkt, daß von jetzt ab bei Ausübung des Landesherrlichen Münzregals die
Bestimmungen dieses Münzvertrags auch für das Fürstenthum Reuß J. L. zur Anwend-
ung kommen werden, und daß, soviel tusbesondere die Bestimmung im Art. 4 desselben
anlangt, die nachträgliche Vorlage an den nächsien Landtag vorbehalten bleibt.
Gera, am 27. Mai 1857.
Fürstlich Reuß-Plauisches Ministerium.
v. Geldern.
R. Müller.
Münzvertrag.
Nachdem das Kaiserthum Oesterreich und das Fürstenthum Liechtenstein einerseits
und die durch die allgemeine Münzkonvention vom 30. Juli 1838 unter sich verbunde-
261
nen Deutschen Zollvereinsstaaten andererseits übereingekemmen sind, zum Zwecke der Her-
beiführung einer gemeinsamen Verständigung über das Münzwesen die im Artikel 19
des Handels= und Jollvertrags vom 19. Fekruar 1853 vorbehaltenen besonderen Ver-
handlungen hierüber zu eröffnen, so haben zu solchem Ende zu Vevollmächtigten ernanm:
Seine Masestät der Kaiser von Oestreich
Allerhöchstihren Ministerialrath im Finanzministerium Johann Anton Brentano,
Ritter des ssterreichisch Kaiserlichen Leopoldordens;
Seine Majestät der König von Preußen:
Allerhöchstihren Geheimen Ober-Finanzrath Karl Theodor Seydel, Nitter deo
Nothen Adler-Ordens IV. Klassez
Seine Majestät der König von Baiern:
Allerhöchstihren Ober-Münzmeister Franz Kaver von Haindl, NRitter der Kö-
niglich baierischen Verdienst-Orden der baierischen Krone und vom heiligen
Michacl u. s. w.;
Seine Majestät der König von Sachsen:
Allerböchstihren Direktor der Ober-Rechnungskammer und Finanz-Ministerial-Di-
reklor, Geheimen Nath AMdolph Freiherrn von Weißenbach, RKomthur ll.
Klasse des Königl. Süchsischen Verdienst-Ordens u. s. w.;
Seine Masestäl der König von Hannover:
Allerhöchstihren Finanzrath, Münzmeister Wilhelm Bruel, Mitglied der IV. Klasse
des Königlichen Guelpben-Ordens;
Sein Majestät der König von Württemberg:
Allerhöchstihren Regierungsrath im Ministerium des Innern, A#lph Müller;
Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Baden:
Allerböchstihren Gebeimen Referendär Dr. Vollrath Vogelmann, Komman-
deur des Großberzoglichen Ordens vom Zähringer Löwen u. s. w;
Seine Königliche Hohei#t der Kurfürst von Hessen:
Allerhöchstihren Ober-Bergrath Johann Audolph Siegmund Fulda;
Seine Königliche Hoheit der Großhergzog von Hessen:
Allerhöchstihren Ober. Baurath Hektor Nößler, Nitter des Ordens Philipps des
Großmüthigen u. s. w.;
Seine Königliche Hoheit der Großherzog zu Sachsen:
Allerböchstihren Staaksrath Gottsried Theodor Stichling, Komthur II. Klasse
des Großherzoglich sächsischen Hausordens vom weißen Falken u f. w.;
Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Oldenburg:
den Königl, hannoverschen Finanzrath u. s. w. Wilhelm Brüelz
262
Seine Hoheit der Herzog von Sachsen-Meiningen:
den Königlich baierischen Ober-Münzmeister Franz Naver v. Haindl:
Seine Hoheit der Herzog von Sachsen-Koburg und Gotha:
den Könlglichen sächsischen Geheimen Rath u. s. w. Adolph Freiherrn v. Wei-
üenbach;
Seine Hoheit der Herzog von Sachsen-Altenburg:
den Großherzoglich sächsischen Staatsrath Gottfried Theodor Stichling;
Seine Hoheit der Herzog von Braunschweig:
den Königlich preußischen Geheimen Ober-Finanzrath Karl Theodor Seydel;
Seine Hoheit der Herzog von Nassau:
den königlich baierischen Ober-Münzmeisier Franz Naver v. Haindl;
Seine Hoheit der Herzog von Anhalt-Dessau-Cöthen,
Ihre Hoheiten der Herzog und die Herzogin-Mitregentin von An-
halt-Beruburg und
Seine Durchlaucht der Fürst von Schwarzburg= Sondershausen:
den Köntglich preußischen Geheimen Ober-Finanzrath Karl Theodor Seydel:;
Seine Durchlaucht der Fürst von Schwarzburg-Audolstadt:
den Königlich baierischen Ober-Münzmeister Franz Naver von H aindl;
Seine Durchlaucht der souveraine Fürst von Liechtenstein:
den Kaiserlich österreichischen Ministerialrath im Minlsierium des Innern, j. u.
Dr. Cajekan Edlen von Mayer, Nitter der österreichisch Kaiserlichen Lcopolds=
und Franz-Josephs-Orden u. s. w.;
Seine Durchlaucht der Fürst von Waldeck und Pyrmont:
den Königlich preußischen Geheimen Ober-Finanzrath Karl Theodor Seydel;
Seine Durchlaucht der Fürst Reuß älterer Linie:
den Grohherzoglich sächsischen Staatsrath Go#fried Theodor Stichling;
Seine Durchlaucht der Fürst Reuß jüngerer Linie:
den Abniglich sächsischen Geheimen Rath u. s. w. Adolph Frelherrn von Wei-
penbach;
Seine Durchlaucht der Fürst von Schaumburg-Lippe:
den Koͤniglich hannoverschen Finanzrath u. s. w. Wilhelm Brüel;
Seine Durchlaucht der Fürst zur Lippe;
den Königlich preußischen Geheimen Ober-Finanzralh Karl Theodo# Seydel;
Seine Durchlaucht der se uveraine Landgraf von Hessen:
den Großherzoglich hessischen Ober-Baurath Hektor Rößler;
Der Senat der freien Stadt Frankfurt:
den Senator Franz Alfred Jakob Bernus u. s. w.;
263
von welchen Bevollmächtigten nachsiehender Münzvertrag verhandelt und geschlossen wor-
den ist:
Artikel 1.
Das Pfund, in der Schwere von 500 Grammen, wie solches bereits bei der Er-
bebung der Zölle zur Auwendung kommt, soll in den vertragenden Staaten der Aus-
münzung zur Grunlage dienen und auf deren Münzstätten als ausschließliches Munz-
gewicht eingeführt werden, auch zu diesem ZImecke eine selbstständige Eintheilung in Tau-
sendtheile mit weiterer dezimaler Absiufung erhalten.
Artikel 2.
Mit Festhaltung der reinen Silberwährung und auf der Grundlage des neuen Pfun=
des soll die Münzverfassung der vertragenden Staaten in der Art geordnet werden, daß,
je nachdem in denselben die Thaler= und Groschen= oder die Gulden-Rechnung mit Hun-
derttheilung oder die Gulden= und Kreuzer-Rechnung den Verhältnissen entsprechend est
oder eingeführt wird,
entweder der Dreihig--Thalerfuß (an Stelle des bisherigen Vlerzehn-Thalerfußes) zu 30
Thalern aus dem Pfunde feinen Silbers,
oder der Fünfundvierzig-Guldensuß zu 45 Gulden aus dem Pfunde feinen Silbers,
oder der Zweiundfunfzig= und-ein-halb-Guldensuß (an Stelle des bisherigen 24 ½
Fl.= Jußes) zu 52½ Gulden aus dem Pfunde feinen Silbers,
als Landesmünzfuß zu gelten hat.
Artikel 3.
Jusbesondere soll
#) im Königreiche Preußen mit Ausschluß der Hohenzollernschen Lande, in den Köntgrei-
chen Sachsen und Hannever, im Kurfürsteuthume Hessen, im Großherzogihume
Sachsen, in den Herzogibümern Sachsen-Altenburg, Sachsen-Gotba, Braunschweig,
Oldeuburg mit Birkenfeld, Anhall-Dessau-Cörben, Anhalt-Bernburg, in dem Für-
sienthume Schwarzburg-Sonderehausen und der Umerherrschaft des Fürüenlbums
Schwarzburg-Rudolstadt, in den Fürstenthümern Waldeck und Pormont, RNeuß il-
terer Linic und Neuß jüngerer Linie, Schaumburg-Lippe und Lippe:
der Dreißig-Thalerfuß,
im Kaiserthume Oesterreich, sowic im Fürstenthume Liechtensiein:
der Fün fundvierzig. Guldenfuß,
in den Königreichen Baiern und Würktemrerg, in den Großherzogthümern Baden
und Hessen, im Herzogthume Sachsen-Meiningen, im Fürstenthume Sachsen-Ko-
burg, in deu Hohenzollernschen Landen Preußens, im Herzogihume Nassan, in der
—
—a
264
Oberberrschaft des Fürstenthums Schwarzburg-Rudolsiad!, in der Landgrafschaft
Hessen-Homburg und in der freien Stadt Frankfurt:
der Zweinndfunfzig und einbalb-Guldeufuß
als Landesmünzsfuß und Grur#dlage der geseplichen Landeswährung daselbst angesehen und
bez. eingeführt werden.
Demgemäß sollen unter Münzen:
der „Thalerwährung“:; die des 30-Thalerfußes bez. des 14.Thaler
fußes,
„Oeserreichischer Währung“: die des 45 Gulden-Fußes,
„Süddeutscher Währung“: die des 52½ Gulden-Fußes bez. des 241½
Gulden-Fußes
versianden werden.
Artikel 4.
Die Münzsiücke des 30 Thaler= und 52½ Gulden-Fußes sollen völlig gleiche Gel-
tung mit dem im bisherigen bez. 14 Thaler= und 2.1 ½ Gulden-Fuhe ausgeprägten gleich-
namigen Münzen haben, dergestalt daß bei allen Zahlungen und Verbindlichkeiten, sofern
nicht die am Schlusse des Artikels 8 vorgesehene besondere Verabredung gekroffen ist, ein
Umerschied zwischen den alten Münzen des 14 Thaler= und 24½ Gulden-Fußes und
den neuen Münzen des 30 Thaler= und 52½ Gulden-Fußes nicht gemacht werden darf.
Artikel 5.
Ein jeder der vertragenden Staaten wird seine Ausmünzungen auf solche Stücke
beschränken, welche der dem vereinbarten Münzsuße (Artikel 2 und 3) entsprechenden Rech-
nungsweise gemäß sind.
Ausnahmsweise bleibt es Oesterreich vorbehalten, noch ferner sogenannte „Levanii-
ner Thaler“ mit dem Bildnisse der Kaiserin Maria Theresia und mit der Jahreszahl 1780
im damaligen Schrot und Korn als Handelsmünze auozuprägen.
Als zulässige kleinsie in dem Landemünzsuhe auszuprägende Theilstücke der Haupt-
münzen werden anerkannt:
das ½ Thalerstück im 30 Thalersuße,
das ½ Gulden-Stück im 45 Gulden-Fuße,
das ½ Gulden-Stück im 52½ Gulden-Fuße.
Die vertragenden Regierungen verpflichten sich, die Ausmünzung in Theilstücken auf
das nothwendige Bedürfniß zu beschränken.
Artikel 6.
Sämmtliche vertragende Regierungen verflichten sich, bei der Ausmünzung von gro-
265
ber Silbermünze, folglich von Hauptmünzen sowohl als deren Theilstücken — Courant-
münzen — ihren Landesmünzfuß (Artlkel 3.) genau innehalten und die möglichste Sorg-
falt darauf verwenden zu lassen, daß auch die einzelnen Stücke durchaus vollhaltig und
vollwichtig ausgemünzt werden. Sie vereinigen sich insbesondere gegenseitig zu dem
Grundsatze, daß unter dem Vorwande eines sogenannten Remediums an dem Gehalte
oder dem Gewichte der Münzen nichts gekürzt, vielmehr eine Abweichung von dem den
leyteren zukommenden Gehalte oder Gewichte nur insoweit nachgesehen werden dürfe, als
eine absolute Genauigkeit nicht eingehalten werden kann.
Artikel 7.
Der Feingehalt wird in Tausendtheilen ausgedrückt.
Bei der Besiimmung des Feingehalts der Silbermünzen soll überall die Probe auf
nassem Wege angewendet werden.
Artikel 8.
Zur Vermittelung und Erleichterung des gegenseitigen Verkehrs unter den vertra-
genden Staaten sollen zwei, den im Artikel 2 gedachten Münzfüßen entsprechende Haupt-
sillermünzen unter der Benennung Vereinsthaler ausgeprägt werden, nämlich:
1) das Ein-Vereinsthalerstück zu ½0 des Pfundes feinen Silbers mit dem Werthe
von bezüglich 1 Thaler in Thalerwährung, 1½ Fl. österreichischer Währung und
15/1 Fl. süddeutscher Währung;
das Zwei-Vereinsthalerstück zu 1/15 des Pfundes feinen Silbers mit dem Werthe
von bez. 2 Thalern in Thalerwährung, 3 Fl. österreichischer Währung und 3½
Fl. süddeutscher Währung.
Diesen Vereinsmünzen wird zu dem angegebenen Werthe im ganzen Umfange der
vertragenden Staaten, bei allen Staats-, Gemeinde-, Stiftungs= und anderen öffentli-
chen Kassen, sowie im Privatverkehre, namentlich auch bel Wechselzahlungen, unbeschränkte
Giltigkeit, gleich den eigenen Landesmünzen, beigelegt. Außerdem soll auch in dem
Falle Niemand deren Annahme zu dem vollen Werthe in Jahlung verweigern können,
wenn die Zusage der Zahlungsleistung auf eine bestimmte Münzsorte der eigenen Lan-
deswährung lautet. Richt minder soll es in den vertragenden Staaten Jedermann ge-
statlet sein, Vereinsmünzen auadrücklich und mit der Wirkung in Zahlung zu verspre-
chen oder sich zu bedingen, daß in diesem Falle letztere lediglich in Vereinsmünzen zu
leisten ist.
Artikel 9.
Die von den durch die allgemeine Münzkenvention vom 30. Juli 1838 verbunde-
nen Staaten bieher in der Eigenschaft einer Vereinsmünze ausgeprägten Zweithaler=
13
266
(bez. 3½ Fl.) Stücke werden den Vereinsmünzstücken (Artikel 8) in jeder Beziehung
gleichgestellt.
Den der allgemelnen Münz-Konvention vom 320. Juli 18236 gemäß, sowie den vor
dem Jahre 1839 im bisherlgen Vierzehn-Thalersuße ausgeprägten Thalerstücken wird in
allen vertragenden Staaten die unbeschränkte Gültigkeit gleich den eigenen Landesmünzen
zugestanden.
Artikel 10.
Das Mischungsverhältniß der Vereinsmünzen wird auf neunhundert Tausendtbeile
Silber und Einhundert Tausendtheile Kupfer festgesent. Es werden demnach 14 ½ dov-
pelte oder 27 einfache Vereinsthaler Ein Pfund wiegen. Die Abweichung im Mebr
oder Weniger darf, unter Festhaltung des im Artlkel 6. anerkannnten Grundsaßes, im
Feingehalt nicht mehr als drei Tausendtheile, im Gewicht aber bei dem einzelnen Ein-
Vereinsthalerstück nicht mehr als vier Tausendtheile seines Gewichtes und bei dem einzel-
nen Zwei-Vereinsthalerstück nicht mehr ala drei Tausendtheile seines Gewichtes betragen.
Der Durchmesser wird für das Ein-Vereinskhalerstück auf 33 Millimeter, für das
Zwei-Vereinsthalerstück auf 41 Millimeter fesigesent; beide werden im Ringe und mit
einem glatten, mit vertiester Schrift oder Verzierung versehenen Nande geprägt werden.
In den Avers derselben ist das Bildulß des Landesherrn und bei der freien Sladt
Franksurt das Symbol derselben aufzunehmen.
Der Revers muß in der Umschrist um das Landeswappen die Angabe des Tbeil-
verhältnisses zum Pfunde feinen Silbers und die ausdrückliche Bezeichnung als Ein-
Vereinskhaler bez. als Zwei-Vereinsthaler, ingleichen die Jahrzahl enthalten. Durch
letztere ist siets das Jahr der wirklichen Ausmünzung zu bezeichnen.
Artikel 11.
Die Höhe der in Zwei-Vereinsthalerstcken auszuführenden Ausmünzungen bleibt dem
Ermessen jedes einzelnen Staates überlassen.
Dagegen sollen an Ein-Vereinskhalersiücken:
4) in der Zeit von 1857 bio zum 31. Dezember 1862 von jedem der vertragen-
den Staaten mindestens vierundzwanzig Stücke auf je Einhundert Seelen seiner
Bevölkerung,
2) in den folgenden Jahren vom 1. Jannar 1863 an, innerhalb jedesmaliger vier
Jabre, von jedem der vertragenden Staaten mindestens sechszehn Stücke auf je
Einhundert Seelen seiner Bevölkerung ausgeprägt werden.
Artikel 12.
Die vertragenden Regierungen werden die neu ausgegebenen Vereinsmünzen gegen-
seitig von Zelt zu Zeit in Bezug auf ihren Feingehalt und auf ihr Gewicht prüfen
267
lassen, und von den Ausũellungen, die sich dabei etwa ergeben, einander Mittheilung
machen.
Für den unerwarteten Fall, daß die Ausmünzung der einen oder der andemrn der
betheiligten Regierungen im Feingehalte vder im Gewichte den vertragsmäßlgen Bestim-
mungen nicht entsprechend befunden würde, übernimmt dieselbe die Verbindlichkelt, entwe-
der sofort oder nach vorangegangener schiedsrichterlicher Entscheidung sämmtliche von ihr
geprägte Vereinsmünzen desjenigen Jahrganges, welchem die sehlerhafte Ausmünzung
angehört, wieder einzuziehen.
Artikel 13.
Sämmtliche vertragende Staaten verpflichten sich, ihre eigenen groben Silbermünzen
niemals gegen den ihnen beigelegten Werth herabzusetzen, auch eine Außerkurssepung
derselben anders nicht eintreten zu lassen, als nachdem eine Einlösungsfrist von minde-
stens vier Wochen festgeset und wenigsteus drei Monate vor ihrem Ablaufe öfeentlich
bekannt gemacht worden ist.
Nicht minder macht jeder Staat sich verbindlich, die gedachten Münzen, einschließlich
der von ihm ausgeprägten Vereinsmünzen, wenn dieselben in Folge längerer Jirkulation
und Abnuyung eine erhebliche Verminderung des ihnen ursprünglich zukommenden Me-
tallwerthes erlitten haben, allmälig zum Einschmelzen einzuziehen und dergleichen abge-
nutzte Stücke auch dann, wenn das Gepräge undeutlich geworden, siets für voll zu dem-
jenigen Werthe, zu welchem sie nach der von ihm getroffenen Bestimmung in Umlauf
gesept sind, bei allen seinen Kassen auzunehmen.
Artikel 14.
Es blelbt vorbehalten, zu Zahlungen im kleinen Verkehre und zur Ausgleichung
kleinere Münze nach einem leichtern Münzfuß als dem Landesmünzfuß (Arlikel 2 und 3)
in einem dem letzteren entsprechenden Neunwerth als Scheidemünze sowohl in Silber als
in Kupfer auszuprägen.
Dieselbe hat auf dem Gerräge stets die ausdrückliche Begeichnung als „Scheide-
münze“ zu enthalten und darf sich beim Silber nicht über Stücke von der Hälfte des
kleinsten Couram-Theilstückes, beim Kupfer bingegen nicht über bez. Sechs= und Fünf-
Pfenning= (Pfennig-), so wie über bez. Vier th und Zwei-K Stücke er-
beben; es ist auch auf der Kupfermünze der Neunwen nicht nach dem Theilverhälmisse
zu einer höberen Münzstufe, sondern nach der Ein= oder Mehrheit oder dem Theilbelrage
der für die kleinsten Münzgrößen bestehenden Werthbenennungen als Pfenninge (Pfen-
nige), Kreuzer u. s. w. auszudrücken.
Es darf die Silberscheidemünze künftig in keinem der vertragenden Staaten nach
132
268
einem leichtern Münzsuße als zu 34½ Thalern in Thaler-Währung, 51/ Fl. österrei-
chischer Währung oder 60 ⅜8 Fl. süddeutscher Währung geprägt werden.
Bei Ausprägung der Kupferscheidemünze ist das Nennwerthverhältniß von 112 Tha-
lern in Thalerwährung, 168 Fl. österreichischer Währung und 196 Fl. süddeutscher Wäh-
r#ung für 1 Zollzentner Kupfer niemals zu überschreiten.
Sämmtliche vertragende Staaten verpflichten sich zugleich, nicht mehr Silber- und
Kupfer-Scheidemünze in Umlauf zu sehen, als für das Bedürfniß des eigenen Landes
zu Zahlungen im kleinen Verkehre und zur Ausgleichung erforderlich ist. Auch werden
sie die gegenwärtig in Umlauf befindliche Scheidemünze, so weit dieselbe dieses Bedürf-
niß etwa bereits übersteigt, auf jenes Maß zurückführen.
Niemand darf in den Landen der vertragenden Staaten genöthigt werden, eine
Zahlung, welche den Werth der kleinsten groben Münze erreicht (Artikel 5), in Scheide-
münze anzunehmen.
Artikel 15.
Jeder vertragende Staat macht sich verbindlich:
5) seine eigene Silber= und Kupfer-Scheidemünze niemals gegen den ihr beigeleg-
ten Werth herunterzusetzen, auch eine Außercourssetung derselben nur dann ein-
trelen zu lassen, wenn eine Einlösungsfrist von mindestens vier Wochen festge-
setzt und wenigstens drei Monate vor ihrem Ablaufe öffentlich bekannt gemacht
worden ist;
dieselbe, wenn in Folge längerer Zirkulation und Abnuhung das Gepräge un-
deutlich geworden ist, nach demjenigen Werihe, zu welchem sie nach der von
ihm getroffenen Bestimmung in Umlauf geseht ist, allmälig zum Einschmelzen
einzuziehen;
auch nach dem nämlichen Werthe seine Scheidemünze aller Art in näher zu
bezeichnenden Kassen auf Verlangen gegen grobe, in seinen Landen courssähige
Münze umzuwechseln.
Die zum Umtausch bestimmte Summe darf jedoch bei der Silberscheidemünze nicht
unter bez. 20 Thaler oder 40 Gulden, bei der Kupferscheidemünze nicht unter brz. 5
Thaler eder 10 Gulden betragen.
S
Artikel 16.
Die Feststellung des Werthverhälmisses, nach welchem in dem Gebiete des 45 Fl.=
Fußes zum Behufe des Ueberganges zu dem neuen Landesmünzfuße die Münzen des
bisherigen Landesmünzsußes und die Scheidemünzen eingelöst oder im Umlause gelassen
werden sollen, bleibt im Sinne des Artikels 19 des Handels= und Jollvertrags vom 19.
Februar 1833 der betreffenden Regierung vorbehalten.
269
Artitel 17.
Die in den Artikeln 13 und 15 übernommene Verbindlichkeit zur Annahme der
groben Silbermünzen und der Scheidemünzen bei den Staatskassen nach ihrem vollen
Werthe findet auf durchlöcherte oder sonst anders als durch den gewöhnlichen Umlauf
am Gewicht verringerte, ingleichen auf verfälschte Münzstücke keine Anwendung.
Artikel 18.
Zur weiteren Erleichterung des gegenseitigen Verkehrs und zur Förderung des Han-
dels mit dem Auslande werden die vertragenden Staaten auch Vereins-Handelsmünzen
in Gold unter der Benennung der Kronc und Halbe Krone ausprägen lassen und
zwar:
4) Die Krone zu ½0 des Pfundes felnen Goldes;
2) die Halbe Krone zu ½/100 des Pfundes feinen Goldes.
Andere Goldmünzen werden die vertragenden Staaten nicht ausprägen lassen. Aus-
nahmsweise behält sich Oesterreich vor, Dukaten in bisheriger Weise bis zum Schlusse des
Jahres 1865 auszuprägen.
Der Silberwerth der Vereins-Goldmünzen im gemeinen Verkehr wird lediglich durch
das Verhältuiß des Angebots zur Nachfrage bestimmt, es darf ihnen daher die Eigen-
schaft eines die landesgesehliche Silberwäbrung vertretenden Jahlmittels nicht beigelegt
und zu ihrer Annahme in dieser Eigenschaft Niemand gesehlich verpflichtet werden.
Artikel 19.
Das Mischungsverhältniß der Vereinsgoldmünze wird auf neunhundert Tausendtheile
Gold und einhundert Tausendtheile Kupfer festgesegt. Es werden demnach 15 Kronen
und 90 halbe Kronen Ein Pfund wiegen. Die Abweichung im Mehr oder Weniger
darf unter Festhaltung des im Artikel 6 auerkannten Grundsatzes, im Feingehalt nicht
mehr als zwei Tausenkdtheile, im Gewicht bei dem einzelnen Stücke, der Krone sowohl
als auch der halben Krone, nicht mehr als zwei und ein halb Tausendtheile seines Ge-
wichtes betragen. Bei der Bes#lmmung des Feingehalts der Goldmünzen soll überall das
verelnbarte Probirverfahren angewendet werden.
Der Durchmesser der Vereinsgoldmünze wird für die Krone auf 21 Millimeter, für
die halbe Krone auf 20 Millimeter festgesetzt; beide werden im Ringe und mit einem
glatten, mit vertiester Schrist oder Verzierung versehenen Rande geprägt werden.
In den Avers ist das Bildniß des Landesherrn und bei der freien Stadt Frank-
furt das Wappen der Stadt aufzunehmen,
Der Nevers muß die Angale des Theilverhältnisses zum Pfunde felnen Goldes und
die ausdrückliche Bezeickuung als Vereinmünze, sowie den Namen der Münze in einem
--
oben offenen Kranze von Eichenlaub (rorona) und die Jahrzahl enthalten. Durch leßtere
ist sets das Jahr der wirklichen Ausmünzung zu bezeichnen.
Vereinsgoldmünzen, welche das Normalgewicht von ½/86 bez. ½0 des Pfundes mit
der gestatteten Gewichtsabweichung von zwel und halb Tausendtheilen haben (Pasürge-
wicht) und nicht durch gewaltsame oder gesehwidrige Beschädigung am Gewichte verrin-
gert sind, sollen bei allen Zahlungen alo vollwichtig gelten.
Artikel 20.
Die Bestimmungen der Ar#ikel 6 und 12 finden ebenmäßig auf die Vereinsgolde
münze Anwendung. Im Uebrigen werden die vertragenden Staaten keine Verpflichtung
übernehmen, diejenigen Vereinsgoldmünzen, welche in Folge der Zirkulation, Abnutzung
u. s. w. eine Verminderung des ihnen ursprünglich zukommenden Metallwerthes erlitten
baben, auf öffentliche Kosten einzuziehen oder nach ihrem ursprünglichen Metallwerthe bei
ibren Kassen anzunehmen.
Die Anordnungen, welche ein Staat hinsichtlich des Umlaufs dleser Goldmünze in-
nerhalb seines Gebier##, inobelsendere hinsichtlich der Annahme bei den Staatskassen, des
MWerthabzugre, welcher bei Zahlungen an die Staatokassen mit Rücküicht auf das Min-
dergewicht und auf die Umprägungskosten einzutreten hat, der Einzichung, Umprägung rc.
misft, eben so wie die in Bezug auf diese Goldmünzen ergebenden münzpolizeilichen Be-
stimmungen sinden daselbst ohne Weiteres auch auf die glelchnamigen Goldmünzen der
milsertragenden Staaten Anwendung.
Vereinsgoldmünzen, welche das Passirgewicht (Artikel 19) nicht erreichen und an
Zablungsstatt von den Staatskassen und von den unter Autorität des Staates bestehen-
den öffentlichen Anstalten, namenklich den Geld= unb Rredit, Anstalten, Banken u. s. w.
angenommen worden sind, dürsen von den Skaatskassen und den letztgedachten Anstalten
nicht wieder ausgegeben werden; bei Annahme solcher Golkstücke kann ein dem Minder-
gewicht entsprechender Werthakzug stanfinden, welcher bei Zahlungen an die Slaats-
kassen für seres an dem Normalgewicht von ½23 bez. ½90 Pfund fehlende ½/10 Tausend-
tbeil des Pfundes (50 Milligrammen), unter Zuschlag eines Betrages von ½ Prozent
des Kassenkurses für die Kosten der Umprägung zu bestimmen ist.
Artikel 21.
Die vertragenden Staaten werden darüber wachen, daß die im Landesmünzsuße feli-
zubaltende Grundlage der reinen Sillerwährung in keiner Weise erschüttert oder beein-
trachtigt werde. In dieser Beziebung kleit es
; zwar jedem Staate unbenommen, die Vereinsgoldmünzen (Artikel 18) bei seinen
Nassen nach einem im Ao#raus bestimmen Goure an Zaplungestau für Silter
271
zuzulassen und diese Zulassung entweder auf alle Leistungen und Kassen oder
nur guf einzelne derselben zu erütrecken; eine solche Vorausbestimmung hat jedoch
siels nur auf die Dauer von höchsens 6 Monaten sich zu beschränken und ist
bei Ablauf des letzten Monats für die nächsie Kassencoursperiode jedesmal von
Neuem vorzunebmen. Der Kassencours darf nicht über denjenigen Werth be-
stimmt werden, der sich aus dem Durchschnikte der amtlichen Börsencourse jener
Münzsorte in den vorhergegangenen secho Monaten ergiebt. Auch wird jede
Negierung sich das Recht vorbehalten, diesen Cours innerhalb der betressenden
Periode jederzeit abzuaͤndern und nach Befinden zuruͤckzuziehen.
Die Bestimmung eines Kassencourses darf fernerhin nur für die Vereinsgold=
münzen und nicht für andere Gattungen gemünzien Goldes erfolgen.
Den Bekanntmachungen, durch welche der Kassencours bestimmt wird, ist die mög-
lichste Verbreitung zu geben. Dieselben müssen, auch wenn eine Aeuderung des
Kassencourses für die betreffende nächste Periode nicht beabsichtigt wird, stets vor
Eintritt der letztern erlassen werden und haben zu enthalten:
aa) die Angabe des durchschnittlichen Handelscourses auf den maßgebenden Bör-
senpläten während der unminelbax vorangegangenen sechs Monate;
bh) den hiernach bestimmten Kassencours;
ee) die Zeirdauer der Gelung desselben;
dd) den Vorbehalt, diesen Kassencours nöthigenfalls auch vor Ablauf der be-
üimmten Zeit (ce.) zu ändern, bez. herabzuseen:
ce) die Erkläung, daß dieser Kassencours nur für die an die Staatskassen zu
leistenden Zahlunyen gilt.
In den Lauden der vertranenden Regierungen soll es den Staatskassen, sowie
den unter Autorität des Slaates bestehenden öffentlichen Anstalten, namenrlich
den Geld= und Kredit-Anstalten, Banken u. s. w. fernerhin nicht gestattet sein,
wegen der von ihnen zu leistenden vertragsmäßigen Jahlungen einen alterna-
liven Vorbehalt der Wahl des Zahlungsmittels in Silber oder Gold in der
Art sich zu bedingen, daß dabei für letzteres ein im Voraus bestimmtes Werth-
verhältniß in Silbergeld ausgedrückt wird.
Artikel 22.
Keiner der vertragenden Staaten ist berechtigt, Vapiergeld mit Zwangscours auszu-
geben oder ausgeben zu lassen, falls nicht Einrichtung netroffen ist, daß solches jerenzeit
gegen vollwerthige Silbermünzen auf Verlangen der Inhaber umgewechselt werden könne.
Die in dieser Beziehung zur Zeit etwa bestehenden Ausnahmen sind längstens bis zum
1. Januar 1859 zur Akstellung zu bringen.
—. S
r
272
Papiergeld oder sonstige zum Umlauf als Geld bestimmte Werthzeichen, deren Aus-
gabe entweder vom Staate selbst oder von anderen unter Autorität desselben bestehenden
Anstalten erfolgt, dürfen künftig nur in Silber und in der geseylich bestehenden Landes-
währung ausgestellt werden.
Artikel 23.
Diejenigen vertragenden Staaten, welche durch die allgemeine Münz-Konvention vom
30. Juli 1838 verbunden sind, anerkennen unter sich, daß von der Zeit an, wo die Wirk-
samkeit des gegenwärtigen Vertrages beginnt, die Bestimmungen desselben zugleich an die
Stelle der in der gedachten Münz-Konvention rereinbarten Bestimmungen zu treten ha-
ben, und dah letzterc durch die für erstern festgeseyte Dauer (Artikel 27) zugleich mit als
verlängert zu betrachten ist.
Ingleichen sollen die theils zwischen den Staaten des bisherigen 14 Thalerfußes,
theils zwischen denen des bisherigen 24½ Fl.-Jußes über das Münzwesen getroffenen
besonderen Vereinbarungen, namentlich die Münzkonvention und die besondere Ueberein-
kunft wegen der Scheidemünze de ä#lo München den 25. August 1837, die besondere
protokollarische Uebereinkunft #e dalo Dresden den 30. Juli 1838, und die Konvennion
### dalo München den 27. März 1845, so welt nicht einzelne Bestimmungen darin durch
die Vereinbarung des gegenwärtigen Vertrags als abgeändert zu betrachten sind oder
von den betreffenden Staaten unter sich abgeändert werden, noch ferner als in Kraft be-
stehend angesehen werden.
Artitel 21.
Die vertragenden Staaten werden alle Gesetze und Verordnungen, welche zur Re-
gelung des Münzwesens im Sinne des gegenwärtigen Vertrags ergehen werden, ingleichen
die zu deren Aueführung unter einzelnen von ihnen etwa zu Stande kommenden Ver-
einbarungen sich einander miltheilen.
Nicht minder verpflichten sich dieselben, nach Ablauf jedes Jahres einen amtlichen
Nachweis über die im Lause des Letztern stattgefundenen Auomünzungen aller Art mit
Bezeichnung der verschiedenen Münzsorken einander mitzutheilen, so wie zu veröffenklichen,
und in beiden Fällen die Gesammtwerthsumme aller seit Annahme des bestehenden Lan-
deomünzfußes ausgeprägten Münzen jeder Sorke mit angeben zu lassen.
Artikel 25.
Das mit dem Handels= und Jollvertrage vom 19. Febrnar 1853 zugleich abge-
schlossenc, diesem als Beilage IV. angereibte Münzkartel bleibt dergestalt serner aufrecht
erbaken, daß es an Stelle des Münzkartels der zum deutschen Zoll= und Handeleverein
verbundenen Skaaten de dalo Karlöruhe den 21. Oktober 18.5 auch zwischen den let-
273
tern unter sich Geltung haben soll, und es demselben gleiche Daue: wie dem gegenwär=
tigen Vertrage belgelegt.
Artikel 26.
Für den Fall, daß andere deutsche Staaten oder solche außerdeutsche Staalen, welche
einem der beiden Zollsysteme sich anschliehen, dem gegenwärtigen Münzvertrage beizutre-
ten wünschen, erklären die vertragenden Regierungen sich bereit, diesem Wunsche durch
deshalb einzuleitende Verhandlungen Folge zu geben.
Artikel 27.
Die Dauer des Vertrages wind zunächst bis zum Schlusse des Jahres 1878 feüge-
seht; es soll auch alsdann derselbe, insosern der Rücktrin von der einen oder der andern
Seite nicht erklärt oder eine anderweite Vereinbarung darüber nicht getroffen worden ist,
st##lschweigend von fünf zu fünf Jahren als verlängert angesehen werden.
Es ist aber ein solcher Rücktritt nur dann zulässig, wenn die betreffende Regierung
ihren Entschluß mindestens zwei Jahre vor Ablauf der ausdrücklich festgesetzten oder still-
schwelgend verlängerten Vertragsdauer den mitvertragenden Regierungen bekannt gemacht
hat, worauf sodann unter sämmtlichen Vereinsstaaten unverweilt weitere Verhandlung
einzutreten hat, um die Veranlassung der erfolgten Rücktrittserklärung und somit diese
Erklärung selbst im Wege gemeinsamer Verständigung zur Erledigung bringen zu
können.
Artikel 28.
Der gegenwärtige Verkrag soll baldmöglichst ratifzirt werden und am 1. Mai 1857
in Kraft treten.
So geschehen Wien, am 24. Jannar 1857.
(1., S.) Johann Anton Brentano.
(L. S.) Karl Theodor Seydel.
(I. S.) Franz Kaver v. Haindl.
(I. S.) Adolph Freiherr v. Weißenbach.
(I. S.) Wilhelm Brüel.
(in S.) Adolph Müller.
(I. S.) Dr. Vollrath Vogelmann.
(l. S.) Johann Rudolph Siegmund Fulda.
(I. S.) Hektor Nößler.
(U. S.) Gottfried Theodor Stichling.
(L. S.) Dr. Cajetan Edler v. Mayer.
(1. §.) Franz Alfred Jakob Bernué.
G efammtung
Fürstlich Reußischen Lande jüngerer Linie.
No. 205.
Nachstehender zwischen den Zollvereinsstaaten durch Vermittelung der Königl.
Preußischen Regierung und der Orientalischen Republik del Unguay abgeschlossener
Vertrag wird, nachdem unter dem 3. April d. Js. zu Montevideo die Auswechslung
der beiderseitigen Ratifikationen Statt gefunden hat, auf Höchsten Befehl zur öffenklichen
Kenntniß gebracht.
Gera, den Zin Juni 18757.
Furstlich Na, Plauisches Ministerium.
eldern.
Semmel.
Se. Majestät der König von Preuhen, sowohl für Sich und in Vertretung der
Ihrem Zoll= und Steuersyüeme angeschlossenen souverainen Länder und Landestheile,
nämlich des Großherzogthums Luxemburg, der Grohherzoglich Mecklenburgischen Enklaven
Nossow, Nepeband und Schönberg, des Grohherzoglich Oldenburgischen Fürstenthums
Birkenfeld, der Herzogthümer Anhalt-Dessau, Köthen und Anhalt-Bernburg, der Für-
stenthmmer Waldeck und Pprmont, des Fürstenthums Lippe und des Landgräflich Hessi-
schen Oberamts Meisenheim, als auch im Namen der übtigen Mitglieder des Deutschen
Zoll= und Handelsvereino, nämlich der Krone Baiern, der Krone Sachsen, der Krone
Hannover und der Krone Württemberg, des Großherzogthums Baden, des Kurfürsten-
thums Hessen, des Großberzogihums Hessen, zugleich das Landgräflich Hessische Amt
Homburg vertretend; der den Thüringischen Zoll- und Handelsverein bildenden Staa-
ten, — namentlich: des Großherzogthums Sachsen, der Herzogthümer Sachsen-Meinin-
gen, Sachsen-Altenburg und Sachsen-Coburg und Gotha, der Fürstenthümer Schwarz-
burg-Rudolstadt und Schwarzburg= Sondershausen, Reuß älterer und 8 juͤngerer
Ausgegeben den 24. Jum 1757.
276
Linie, — des Herzogthums Braunschweig, des Herzogthums Oldenburg, des Herzeg-
thums Nassau und der freien Stadt Frankfurt einerseits, und
der Präsident der Orientalischen Republik del Uruguay andererseits,
von dem Wunsche beseelt, die Handelsbeziehungen zwischen den Staaten des Zollvereins
und der Ortentalischen Republik del Uruguay auszudehnen und zu befestigen, haben es
für preckmäßig und angemessen eruchtes Unterhandkungen zu eröffneu und zu gedachtem
Behufe einen Vertrag abzuschließen, und haben zu dem Ende zu Bevollmächtigten er-
nannt, nämlich:
Se. Majestät der König von Preußen:
den Herrn Herrmann Herbort Friedrich von Gilich, Allerhöchst Ihren
Geschäftsträger und General-Konsul
und
Se. Excell enz der Prästdent der Orientalischen Republik del Uru-
guay:
den Dr. zur. Don Joaquin Requena, Ihren Minister der auswärtigen An-
gelegenheiten,
welche, nachdem sie ihre Vollmachten sich mitgetheilt und solche in guter und gehöriger
Form befunden haben, über nachstehende Artikel übereingekommen sind:
Artikel 1.
Zwischen den Staaten des Zollvereins und der Orientalischen Republik del Uruguay
und zwischen ihren respektiven Unterthanen und Bürgern soll fortdauernder Friede und
Freundschaft bestehen.
Artikel 2.
Zwischen den Staaten des Zollvereins und allen Gebieten der Orientalischen Re-
publik del Uruguay soll gegenseitige Freiheit des Handels stattfinden. Es soll den Un-
terthanen und Bürgern der hohen vertragenden Theile gestattet sein, mit ihren Schiffen
und Ladungen frei und in aller Sicherhelt in diejenigen Plätze, Häfen und Flüsse zu
kommen, deren Besuch anderen Ansländern gegenwärtig gestattet ist, oder künftig gestat-
tet werden möchte, in dieselben einzulaufen, und in jedem Hafen der gedachten Gebiete
zu verbleiben, oder sich daselbst aufzuhalten, auch Häuser und Niederlagen für die Zwecke
ihres Handels zu miethen und zu benutzen. Ueberhaupt sollen die Kaufleute und Han-
deltreibenden jedes der kontrahtrenden Theile in dem Gebiete des andern den vollstän-
digsten Schutz und die vollständigste Sicherheit für ihren Verkehr genießen, hierbei jedoch
den Gesetzen und Verordnungen des Landes unterworfen sein.
In gleicher Weise soll es den Kriegsschiffen der vertragenden Theile gestattet sein,
77.
sei und sicher in alle diejenigen Häfen, Flüsse und Plätze in dem Gebiete des einen
oder des anderen Theiles zu kommen, deren Besuch anderen ausländischen Kriegsschiffen
gegenwärtig gestattet ist eder künftig gestattet werden wird, und sie sollen in dieselben
einlaufen, daselbst Anker werfen, verbleiben und sich wieder auarüsten dürfen, dabet je-
och den Gesetzen und Verordnungen des Landes unterworken sein-
Hierbei wird ausdrücklich erklärt, daß die Bestimmungen des gegenwärtigen Artikels
die Küstenschifffahrt zwischen einem und anderem in demselben Gebiete belegenen Hafen
nicht einbegreifenz es soll jedoch als Küstenschifffahrt nicht angesehen werden, wenn ein
von über See hergekomm enes Schiff in verschiedenen Häsen des Gebietes Elnes der
kontrahtrenden Theile seine Ladung allmälig vervollständigt oder seine mitgebrachte La-
dung in verlchiedrnen Häfen allmälig eullöscht. Wenn in Betreff dieses Punktes Sel-
tens des Ortentalischen Frekstaates irgend welcher anderen Nation mit Ausnahme der
angrenzenden oder Nachbarstaaten weiter gehende Freiheiten bewilligt würden, so sollen
Piese als auch den Unterthanen und Schiffen der Staaten des Zollvereins bewilligt be-
trachtet werden.
Artikel 3. 6
Zwischen und unter den Unterthanen und Bürgern der kontrahirenden Theile soll
geyenseitige Freiheit des Handels und der Schlfffahrt bestehen, und die Unterthanen und
Bürger der vertragenden Thelle sollen in den Häfen, Rheden, Plätzen und Städten in je-
dem der kontrahirenden Staaten ohne Ausnahme kelne anderen oder höheren Abgaben,
Taren oder Auflagen, unter welcher Benennung sie auch bestehen und begriffen sein mö-
gen, zu entrichten balen, als diejenigen, welche daselbst von den Unterthanen und Bür-
gern der begünstigsten Nation gezahlt werden, und die Unterthanen und Bürger der kon-
trahirenden Theile sollen dieselben Rechte, Privilegien, Freiheiten, Begünstigungen, Im-
munitäͤten und Befreiungen in Handels= und Schifffabrts-Angelegenhelten genießen, die
in dem einen oder dem andern der kontrahirenden Staaten den Umerthanen oder Bürgern
der begünstigkesten Nation zugestanden sind, oder künftig zugestanden werden möchten.
Es soll von Erzengnissen des Jollvereins, bei deren Einfuhr zur See oder zu Lande
in die Orientalische Repubsik oder von Erzeugnissen der letzteren bei deren Einkfuhr zur
See oder zu Lande in den Jollvereln keine höhere Zollabgabe orer Auflage erhoben wer-
den, als die Abgabe oder Auflage, welche von Waaren derselben Art, die das Erzeugniß
irgend eines andern Landes sind oder von da eingeführt werden, zur Erhebung kommt.
Die Staaten des Zollverelns und die Orientalische Republik del Urugnay machen
sich hlermit anbeischig, alle den Unterthanen oder Bürgern eines andern Stag-
tes gewährten oder künftig zu gewährenden Begünftigungen, Vorrechte oder Algaten=
Befreiungen in Handels= oder Schifffahrts-Angelegenheiten ohne Verzug auf die Unter-
45“
278
thanen des andern kontrahirenden Theils auszudehnen, und zwar unentgeltlich, wenn das
Zugeständniß zu Gunsten dieses andern Staates unentgeltlich erfolgt ist, oder gegen Ge-
währung einer Entschädigung von möglichst glelchem Werthe in dem Falle, daß das Zu-
geständniß ein bedingtes war.
Die Nlvellirung oder Assimilirung, welche durch diesen Arkikel festgesetzt wird, be-
greift nicht die Fälle, wo den Grenz= und Nachbarländern oder den Bürgern und Un-
terthanen dleser Länder Begünstigungen, Privilegien oder Befreiungen in Handels= und
Schifffahrts-Angelegenbeiten bewilligt würden. Aber wenn irgend einem andern nicht zu
der bezeichneten Kategorie gehörenden Lande der Vortheil bewilligt würde, ohne die in
dem gegenwärtigen Vertrage enkhaltene Beschränkung als die begünstigteste Nation be-
trachtet zu werden, so wird dieser Vortheil zugleich als auch den Staaten des Jollvereins
bewilligt angesehen.
Artikel 1.
Es sollen in keinem Hafen der kontrahirenden Staaten von den Schiffen des an-
dern höhere oder andere Abgaben oder Jahlungen an Tonnengeld, Leuchtthurmgebühren,
Hafengeldern, Lootsengebhren oder Bergegeld bei Havarien oder Schiffbruch, oder an
Lokalauflagen als diejenigen erhoben werden, welche in diesen Häfsen auch von nationa-
len Schiffen zu entrichten sind.
Artikel 5
Von allen Handels-Artikeln ohne Unterschied des Ursprungs sollen bei deren Ein-
fuhr in die Gebiete der Orientalischen Republik del Urnguay, die nämlichen Abgaben
entrichtet werden, die Einkuhr derselben mag in Schiffen der gedachten Republik oder in Schiffen
eines zum Jollverein gehören sollen von allen Handelsartikeln,
ohne Unterschied des Unsprungs, bei deren 6 insuhr in ven: zellvereindie nämlichen Abgaben ent-
richtet werden, die Einfuhr derselben mag in Schiffen eines zum Zollverein gehörenden Stan-
tes oder in Schiffen der gedachten Republik erfolgt sein. Auch sollen von allen Han-
dels-Artikeln, die Natur- oder Gewerbs-Erzeugnisse des Jollvereins sind, bei deren Aus-
fuhr die nämlichen Abgaben gezahlt und darauf die nämlichen Ausfuhr-Vergütungen
und Rückzölle bewilligt werden, die Ausfuhr mag in Schiffen der Orientalischen Repu-
blik oder in Schiffen eines zum Zollverein gehörenden Staates erfolgen, und ebenso
sollen von allen Handelsartikeln, die Natur= oder Gewerbs-Erzeugnisse der gedachten
Republik sind, bei deren Ausfubr die nämlichen Abgaben gezahlt und darauf die näm-
lichen Ausfubr-Vergütungen und Rückzölle bewilligt werden, die Ausfuhr mag in Schif-
sen eines zum Jollverein gehörenden Staates vder in Schissen der gedachten Rexublik
erfolgen.
279
Artikel 6.
Um jedem Mißverständniß über die Vorschristen zu begegnen, nach welchen zu
beurtheilen ist, welche Schiffe im gegenseitinen Verkehr als Schiffe eines zum Zollverein
gehörenden Staates und als Schisse der Orientalischen Republik del Urugnay zu be-
trachten ünd, so wird hiermit vereinbart, daß alle Schiffe, welche zur Führung der Flagge
eines zum Zollverein gehörenden Staates nach den Gesetzen dieses Staates berechtigt
sind, als Schiffe eines solchen Staates, und alle Schisse, welche zur Führung der Flagge
der Orientalischen Republik nach deren Gesetzen berechtigt sind, als Schisse dieser Re-
publik angesehen werden sollen. Die Dokumente, welche zum Nachweise dieser Berech-
tigung nach den Gesetpen eines jeden der betheiligten Staaten erforderlich sind, wird
man sich gegenseitig mittheilen.
Artikel 7.
Es soll den Unterthanen der Staaten des Jollvereins vollkommen freistehen, in den
Gebicten der Orientalischen Republik del Uruguay ihre Geschäste und Angelegenheiten
selbst zu betreiben, voder deren Besorgung solchen Personen als Makler, Fakloren, Agen-
ten oder Dollmetscher zu übertragen, die sich hierzu auserseben, und sie sollen nicht ver-
pflichtet sein, in diesen Eigenschaften andere Personen als diejenigen zu verwenden, welche
dazu auch von den Bürgern der Orientalischen Republik del Uruguay verwendet werden,
und sie sollen in der Wahl der Personen, woelche sic in diesen Eigenschaften zu vertresen
haben, nicht beschränkt werden, auch nicht gebalten sein, denselben andere oder höbere
Löhnung oder Gebühren als diejenigen zu zahlen, welche in gleichem Falle auch von den
Bürgern der gedachten Republik zu zablen sind, auch soll Käufern und Varfäufern in
allen Fällen die uneingeschränkteste Freiheit gewährt werden, den Preis aller Erzeugnisse,
Waaren und Güter, welche in die Orientalischen Republik del Uruguay ein= oder aus
derselben ausgeführt werden, nach eigenem Gurdünken zu behandeln und zu bestimmen,
insofern sie hierbei die Gesetze und die hergebrachten Gewohnheiten des Landes beo-
bachten. Dieselben Vorrechte und zwar unter denselben Bedingungen sellen die Bürger
der Orientalichen Republik del Uruguap in den Staaten des Vollvereins genießen.
Die Unterthanen und Bürger der kontrahirenden Theile sollen in den Gebieten dee
anderen vollen und vollkommenen Schußzz für ihre Person und ihr Eigenthum erhalten
und geuiehen; sie sollen zur Wahrnehmung und Vertheidigung ihres guten Rechts freien
und offenen Zutrin zu den Gerichtshöfen der vertragenden Theile habe, und eo soll ib-
nen in allen Fällen freistehen, sich derjenigen Advokaten, Sachwalter oder Agenten jeder
Art zu bedienen, die sie für geeignet halten, und sie sollen in dieser Beziehung dieselben
Rechte und Privilegien Jeniehen, wie die eingebornen Bürger.
280
Artikel 8.
In Allem, was auf die Hafen-Polizei, das Beladen und Ausladen der Schlffe, die
Sicherheit der Waaren, Güter und Effekten, die Erbfolge und Erwerbung beweglichen
ouder liegenden Eigenthums jeder Art und Benennung mittelst letztwilliger Verfügung oder
ab intestato, Verkaufs, Schenkung, Tausch oder in irgend einer andern Art und Weise,
sowie in Allem, was auf die Rcchtäpslege Bezug hat, sollen die Unterthanen und Bür-
ger eine jeden der kontrahirenden Theile in den Erbieten und Ländern ded andern die-
selben Privilegien, Freiheiten und Rechte geniehen, wie eingeborne Unterthanen und Bür-
ger; und sie sollen in keiner dieser Beziehungen mit höheren Auflagen oder Abgaben be-
legt werden, als denjenigen, welche gegenwirtig oder auch künfelg von Eingeborrnen zu
unnichten sind. Sie haben sich hierbei, wie sich von selbst versteht, nach den önlichen
Gesetzen und Vorschristen der bekreffenden Gebiete und Länder zu richten.
Es ist ferner vereinbart, daß die Unterthauen und Bürger der kontrahirenden Theile
in allen deren Gebieten und Ländern die vollste und vollkommenste Freiheit haben und
genießen sollen, soweit es überhaupt nach den Gesetzen zulässig ist, über ihr Eigenthum
und die ihnen gehörigen Gegenstände aller lm und Benennung, wo auch dieseltrn be-
legen sein mögen, mittelst Testamenlts, zu Gunsten derjenigen Personen und in demjenigen
Verhälmisse zu verfügen, wie ihr eigener freler Wille dies ihnen eingiebt.
Im Falle ein Unterkhan oder Bürger cines der kontrahirenden Theile in den Ge-
bieten oder Ländern des andern Theiles ab inlestalo verstirbt, so soll der General=
Konsul, oder der Konsul, oder in dessen #Abwesenbelt der Stellvertreter des General=
Kensuls oder Konsuls soweit die Grsetze des Landes dies gestatten, das Recht haben,
Kuratoren zu ernennen, welche die Obhut über das Eigenthum des Verstorbenen zum
Besten der gesetzlichen Erben und der Glänbiger desselben übernehmen und zwar ohne
Einmischung der Landesbehörde, denen jedoch hiemvon gehörige Anzeige zu machen und
eine beglaubigte Abschrift der Inventarien, Tarationen oder Liquidationen einzureichen
ist, damit die Rechte des Fiskus gewahrt bleiben.
Entsteht hierbei eine Differenz über die Erbschaft oder über Eines oder Einige der
Güter aus denen sic kesteht oder über ein Guthaben oder eine Schuld der Erbschaft
und kann diese durch Schiedörichter nicht geschlichret werden, so fällt sie der Entscheid-
ung der Gerichte des Landes aubeim.
Artikel 9.
Die Unterthanen eines zum Zollverein gehörigen Staates, wolche sich in den Ge-
bieten der Orienralischen Republik del Uruguay wohnhaft aufbalten, und dle Bürger der
gedachten Republik, welche sich in einem zum Zollverein gebörenden Staate wohnhaft
281
aufbalten, sollen vom Zwangs-Militärdienst aller Art, zu Lande und zur See, so wie
von allen Zwangs-Anlehen, und milltärischen Requisttionen befreit bleiben.
Auch sollen dieselben unter keinerlei Vorwand gezwungen werden, höhere Auflagen,
Reauisttionen oder Abgaben als diejenigen zu zahlen, welche jett oder künftig von den
Unterthanen oder Bürgern derjenigen Gebiete, in welchen sie sich wohnhaft aufhalten, zu
entrichten sind.
Artikel 10.
Es soll elnem jeden der kontrahirenden Staaten srei stehen, zum Schup des Han-
dels Konsuln zu bestellen, welche sich in den Gebieten und Ländern des andern Staates
wohnhast aufhalten; kein Konsul jedoch darf amtliche Handlungen vornehmen, bevor er
nicht von der Regierung, an welche er abgesendet worden, in der gewöhnlichen Form
anerkannt und zugelassen ist, und jeder der kontrahirenden Theile kann von der Residenz
der Konsuln diejenigen Orte ausschließen, die er hierzu für angemessen erachtet.
Die Konsuln der Orientalischen Republik del Uruguay in den Staaten des
Jollverelns sollen alle Vorrechte, Immunltäten und Befreiungen genleßen, welche den
Agenten desselben Ranges, die der begünstigtesten Nation angehören, jetzt oder künftig
daselbst zugestanden sind, und in gleicher Weise sollen die Konsuln eines jeden zum
Zollverein gehörenden Staates in den Gebieten der Orientalischen Republik del Uru-
zuay nach der strengsten Reziprozität alle Vorrechte, Immunitten und Besrelungen
henleßen, welche jetzt oder künftig den Konsuln der meist begünstigten Nation gewähm
werden.
Artikel 11.
Zu größerer Sicherheit des Handels zwischen den Unterthanen der Staaten des
Zollvereins und den Bürgern der Orientalischen Republik del Uruguay wlrd verein-
bart, daß, wenn zu irgend einer Zeit eine Unterbrechung des friedlichen Verkehrs oder
unglücklicher Weise ein Bruch zwischen den resp. Staaten eintreten sollte, den Unterkba-
nen oder Bürgern eines jeden der kontrahirenden Theile, welche sich iunerhalb der Ge-
biete des andern Thells besinden, eine Frist und zwar, wenn sie an der Küste wohnen,
von vier Monaten und, wenn sie im Innern wohnen, von neun Monaten gestattet wer-
den soll, um ihre Rechnungen alzuschließen und über ihr Eigenthum zu versügen; und
allen denjenigen der vorgedachten Personen, welche es vorziehen möchten, das Land zu ver-
lassen, soll freies Geleit gewährt werden, um sie in den Stand zu sepen, sich unbelästigt
in demjentgen Hasen, welchen die Reyierung des Landes bezeichnet, einzuschifen. Ee
wird überdies ferner vereinbart, daß alle Unterthanen und Bürger eines jeden der kon.
wahirenden Theile, welche sich zur Zeit einer Unterbrechung der freundschaftlichen Bezieh-
282
ungen zwischen denselben in den Gebieten oder Ländern des andern Theils zur Ausüb-
ung eines Gewerbes oder einer besonderen Beschäftigung niedergelassen haben, das Recht
haben sollen, daselbst zu verblelben und das fragliche Gewerbe oder die fragliche Beschäf-
tigung sortzusenen, und zwar so lange sie sich friedlich verhalten und keiner Vergehungen
gegen die Gesetze schuldig machen, ohne alle Störung, und in dem vollen Genub ihrer
Freiheit und ihres Eigenthums; und ihie Waaren und Effekten aller Art, dieselben mö-
gen sich in ihrem eigenen Gewahrsam befinden, oder andern Personen oder dem Staate
anvertraut sein, sollen weder der Wegnahme noch der Sequestration, noch auch andern
Lasten und Ansprüchen, als denjenigen unterliegen, welchen auch ähnliche Effekten und
ähnliches den eingebornen Unterthanen oder Bürgern gehöriges Eigenthum unterliegt.
Privat-Forderungen, Eigenthum in den öffentlichen Fonds= und Gesellschaftsaktien soll
nie konsiszirt, sequestrirt oder mit Beschlag belegt werden, in dem unglücklichen Falle des
Krieges, auf welchen sich dieser Artikel bezieht.
Artikel 12.
Die Unterthanen der Staaten des Zollvereins und die Bürger der Orientalischen
Reputlik del Uruguay, welche sich in den Gebieten des andern Theils wohnhaft aufhal-
ten, sollen beiderseits in ihren Häusern, Personen und ihrem Eigenthum den Schup der
Regierung genießen und ferner in dem Besipy der Vorrechte verbleiben, deren sie sich ge-
genwärtig erfreuen. Sie sollen um ihrer Religion willen in keiner Weise gestört, belä-
stigt oder gekränkt werden, sondern volle Gewissensfreiheit genießen, insofern sie die Re-
ligion des Landes, in welchem sie sich aufhalten, so wie die Verfassung, die Gesetze und
die Landesgebräuche respektiren. Hinüüchtlich der Feier des Gotteedienstes nach dem Ri-
tus und den Gebräuchen ihrer Kirche, sei es in ihren eigenen Privathäusern, sei es in
ibren eigenen besondern Kirchen und Kapellen, binsichtlich der Befugniß zur Erbauung
und Unterhaltung solcher Kirchen und Kapellen, endlich hinüchtlich der Befugniß zur An-
legung, Unterhaltung und Benutzung von eigenen Begräbnippläten sollen den Untertha-
nen und Bürgern eines seden der kontrahirenden Theile, welche sich in den Gebicten des
andern Theils aufhalten, die nämlichen Freiheiten und Rechte zustehen und der nämliche
Schut gewährt werden, wie den Unterkhanen und Bürgern der am meisten begünstigten
Nanden.
Artikel 13.
Zwischen den hehen verkragenden Theilen ist verelnbart und stipulirt worden, daß
behufs Ergreifung und Auslieferung von Deserteuren der Kriegs= oder Handels-Marine
durch die kompetenten Ortsobrigkeiten der betressenden Länder jede landesgeseplich zuläs-
sige Hülfe geleistet werden soll, sobald die gedachten Obrigkeiten zu solchem Zwecke von
dem Kensal derjenigen Nation, welcher der Deserteur angehört, desfalls in Anspruch ge-
283
nommen und durch das Schiffsregister, dle Musterrolle oder andere äbnliche Dofumente
nachgewiesen wird, daß die gedachten Deserteure Theil der Mannschaft solcher Schiffe wa-
ren, und dah sie von Schiffen desertirt sind, welche sich in den Häfen, Küsten oder Ge-
wässern des Landes fanden, von dessen Ortsobrigkeiten sic reklamirt werden.
Was die Festhaltung der Deserteure in den Landesgefängnissen und die Zeit an-
langt, während welcher sie unter Einwirkung der Ortsobrigkeiten verbleiben müssen, so
soll von dem Augenblicke an, wo sie ergrissen worden sind, um zur Verfügung des re-
klamirenden Konsuls gehalten und den Schiffen ihrer Nation zurückgesiellt zu werden, das
von den respektiven Gesetzen eines jeden Landes vorgeschriebene Verkahren beobachtet
werden.
Es ist ferner vereinbart worden, daß alle anderen Zugesländnisse oder Begünstig-
ungen, welche bezüglich der Wiedererlangung von Deserteuren beide kontrahirenden Theile
einem andern Staate gemacht haben oder in Zukunft machen möchten, gerade so als auch
dem andern kontrahirenden Theile zugestanden betrachtet werden sollen, wie wenn solche
Begünstigungen oder Zugeständnisse in dem gegenwärtigen Vertrage verelnbart worden
wären.
Artikel I4.
Der gegenwärtige Vertrag soll für die Dauer von acht Jahren von dem Damm
desselben an gerechnet und dann ferner bis zum Ablauf von zwölf Monaten bestehen,
nachdem einer der kontrahirenden Theile dem andern die Anzeige gemacht hat, daß es
seine Absicht sel, denselben nicht weiter fortzusehen, wobei jeder der kontrahirenden Theile
sich das Recht vorbehält, dem andern Theile diese Anzeige bei Ablauf der gedachten acht-
jährlgen Frist oder zu jeder spätern Zeit zu machen.
Und es wird hlermit zwischen ihnen vereinbart, daß bei dem Ablauf der zwölf Mo-
nate nach dem Empfang einer solchen Anzeige der gegenwärtige Verkrag und alle Be-
stimmungen desselben gänzlich aufhören und enden sollen.
Artikel 15.
Der gegenwärtige Vertrag soll ratifizirt und die Ratisikationen sollen sobald als
möglich, spätestens binnen achtzehn Monaken vom Datum desselben ab in Montevideo
ausgetauscht werden.
Zu Urkunde dessen haben die beiderseitigen Bevollmächtigten den Vertrag unkerzeich-
net und ihre Siegel beigesügt in Montevideo den drei und zwanzigsten Juni Ein
Tausend acht Hundert und sechs und fünfztg.
Herrmann Herbort Friedrich von Gülich.
(I. 8.)
Ioaquin Requena.
(L. 8.)
284
Oecret
wegen Concessionirung der Thüringischen Gisenbahngesellschaft zum Baue
und Betriebe der Gera-Weißeufelser Eisenbahn.
Wir Heinrich der Sieben und Sechzigste von Gottes Gna-
den Lüngerer Linie regierender Fürst Reuß, Stammes Ael-
tester, Graf und Herr von Plauen, Herr zu Greiz, Kranich-
feld, Gera, Schleiz und Lobenstein 2c. 1c.
thun hiermit kund und zu wissen, daß Wir in Verfolg des mit der Königlich Preußi-
schen Regierung wegen Herstellung einer Eisenbahnverbindung zwischen der Thüringischen
Eisenbahn bei Weißenfels und Stadt Gera abgeschlossenen Staatsvertrags, und nachdem
der Thüringischen Eisenbahngesellschaft von der Königlich Preußlschen Reglerung zur An-
legung der gedachten Eisenbahn, soweit dieselbe durch Königlich Preußisches Gebict ge-
führt wird, sowie zur Aufbringung der zur Ausführung und vollständigen Ausrüstung
dieses Unternehmens in seiner gesammten Auskehnung bis Gera erforderlichen Geldmittel
die Genehmigung bereits ertheilt worden ist, die Ausführung einer Eisenbahn, welche
unter der Benennung
Gera-Welssenfeiser Elsenbahn
von der Thüringischen Bahn bei Weißensels ausgehend über Zeit nach der Stadt Gera
geführt werden soll, insoweit diese Eisenbahn auf Neußisches Landesgebiet zu liegen
kommt, genehmigt und zum Baue und Bekrlebe dieser Bahn die obengenaunte Thürin=
Vische Eisenbahngesellschaft auf deren darum geschehenes Ansuchen unter den nachstehend
unter O erülchtlichen Bedingungen mit Concession zu versehen beschlossen haben, wobei
Wir zugleich anordnen, daß dem Inhalte dieser Concessionöbedingungen von Allen, die
es angeht, insonderheit aber von der Thüringischen Eisenbahngesellschaft und deren Vor-
ständen und Verwaltungsbehörden auf das Genaueste nachgegangen, im Uebrigen aber
auf diese Eisenbahn das von Uns unter dem 15. März 1856 erlassene Expropriations=
besetz allenthalben Anwendung finden foll.
Zu dessen Beurkundung haben Wir gegenwärtiges
— Concesslousdecret
unter elgenhändiger Vollziehung ertheilt und demselben Unser Landesfürstliches Insiegel
beisügen lassen.
So geschehen Schloß Osterstein, am 25. Mai 1857.
(L. S.) Heinrich LXVII.
v. Geldern.
285
O
Concessionsbedingungen für die Gera-Weißenfelser Cisenbahn.
8. 1.
Der Thüringischen Eisenbahngesellschaft wird zum Baue und zum Betriebe einer Ei-
senbahn, zwischen der Thüringtschen Eisenbahn bei Welhenfels und Gera, insoweit als
dieselbe auf Fürstlich Reußisches Landesgebiet zu liegen kommt, unter nachfolgenden Be-
dingungen und näheren Bestimmungen Coneession ertheilt.
8. 2.
Die Concessson begründet für die genannte Eisenbahngesellschaft ein ausschliehendes
Necht dergestalt, daß derselben gegen alle gleichartige, die Verbindung der nämlichen
Endpunkte auf direktem Wege bezweckenden Unternehmungen ein Verbietungsrecht zu-
steht, unbeschadet jedoch des Rechtse der Fürstlich Reußischen Staatsregierung, ln Zukunft
nach Vefinden ähnliche, auf Beschleunigung des Transports von Personen und Sachen
berechnete Unternehmungen, welche keine Eisenbahnen sind, ohne Unterschied des Traktes
zu concessioniren.
8. 3.
Das Exprepriationsgesetz vom 15. März 1856 und die zu dessen Ausführung zu
erlassenden Verordnungen haben auf den Bau der Gera-Weißenfelser Eisenbahn Anwen-
dung zu leiden.
8. 4.
Die §. 1 genannte Eisenbahngesellschaft ist der Fürsilich Reußischen Regierung ge-
genüber bei Verlust der Concession verpflichtet, die Gera-Weißenfelser Bahn in der aus
dem genehmigten Bauplaue sich ergebenden Nichtung vollständig auszuführen und binnen
drei Jahren von Ertheilung der Concession an gerechnet dergestalt zu vollenden, daß sie
ihrer ganzen Ausdehnung nach in Betrieb geseht werden kann.
8. 5.
Die Ausführung des Baues und der künftige Betrieb ersolgt unter der Leitung
der Direktlon der Thüringischen Eisenbahngesellschaft durch die von derselben anzustellen-
den Techniker, aber unter der Oberaussicht der Fürstlich Reuhischen Staatsregierung.
8. 6.
Die Auoführung des Baues erfolgt nach Maßgabe des, von der Thüringischen Bahn-
direktion vorgelegten und berelts landesherrlich genehmigten Bauplans. Abweichungen
286
von demselben, mit Ausnahme unerheblicher Correctionen, welche keine Aenderung von
Stationsorten und Anhaltepläen herbeiführen, können nur mit Genehmigung der Fürstl.
Regierung Siatt finden.
8. 7.
Hinsichtlich der technischen Ausführung und des Betriebes ist die Gera- Weißenfelser
Bahn ohne Unterschied des Staatögebietes ols ein Ganzes zu behandeln. «
DicSpunvcitcbat,wieaufdcnPkcußischcnEisenbahacn4Fußslxz30llenglb
schen Maßes im Lichten der Schienen zu betragen.
Der Bahnkörper ist bei seiner ersten Anlage durchgängig in der für ein doppeltes
Schienengleis erforderlichen Kronenbreite übereinstimmend mit der der Thöüringischen
Bahn auszuführen.
Ueber folgende Theile des Bauprojekts:
die Veranstaltung für die Kreuzung der Bahn mit öffentlichen Straßen,
die Wahl der Anhaltepunkte für künftige Fälle,
die #age und Einrichtung des Bahnhofs bei Gera,
hat die Gesellschaft die spezielle Genehmigung der Fürstlich Reußischen Staatsregierung
einzuholen.
Der Oberbau wird so ausgeführt, wie dies bel dem übrigen, nicht Reußischen Theile
der Bahn von ihrem Anfangspunkte bis zur Landesgrenze der Fall is.
8. B.
Die Thüringische Eisenbahngesellschaft als Eigenthümerin der Bahn ist ausschließlich
berechtigt, dieselbe zur Transporkbesörderung zu benutzen und dagegen verpflichtet, den
Betrieb auf selbiger sowohl was den Personen= als Waaren-Transport anlangt, auf eine
dem jeweiligen Bedürfnisse des Verkehrs entsprechende Weise einzurichten und im Gange
zu erhalten. In diesem Sinne liegt ihr namentlich ob:
0) die Eisenbahn siets in gutem, fahrbaren Stande zu erhalten, und tüchtige, dem
Bedürfnisse des Verkehrs angemessene und die Sicherheit der Reisenden und
Güter nicht gefährdende Beförderungsmittel für den Transport von Personen,
Waaren und Thieren bereit zu halten;
5) den Berrieb in die nöthige Uebereinsiimmung mit dem Betriebe auf den benach-
barten Verkehrsanstalten zu bringen;
c) dann, wenn durch Beschädigungen oder Unfälle und Naturereignisse die Bahn-
verbindung eine Unterbrechung erleidet, für schleunigste Wiederherstellung und
Eröffnung dieser Verbindung Sorge zu tragen.
287
8. 9.
Die Feststellung der Fahrpläne erfolgt nach Maaßgabe der dießfallsigen Bestimmun-
Ven des mit dem Königreiche Preußen abgeschlossenen Staatsvertrags.
8. 10.
Der Tarif für die Fahrpreise auf der Gera-Weißenfelser Eisenbahn soll zu den Fahr-
preisen der Thüringischen und namentlich der Weihenfels-Leipziger Bahn in einem ange-
messenen Verhältnisse stehen.
8. 11.
Zwischen den Reußischen und Preußischen Unterthanen darf weder hinfichtlich der
Beförderungsweise, noch der Jeit der Abfertigung ein Unterschied gemacht werden, nament-
lich dürfen die aus dem Gebiete des einen Staates in das Gebiet des anderen Staats
übergehenden Trausporte weder in Beziehung auf die Abfertigung, noch rücksichtlich der
Beförderungspreise ungünstiger behandelt werden, als die aus dem betreffenden Staar
abgehenden oder darin verbleibenden.
8. 12.
In Beziehung auf die Benugung der Gera-Weißenfelser Eisenbahn für ZIwecke der
Militärverwaltung ist die Thüringische Eisenbahngesellschaft als Eigenthümerin der ge-
dachten Bahn der Reußischen Militärverwaltung gegenüber verpflichtet,
für alle Transporte von Militärpersonen oder Militäreffekten, welche für Rechnung
der Fürsilich Reußischen Regierung Stan sinden, auf der Bahnstrecke Weißeniels-
Gera hinsichtlich der Beförderungspreise völlige Gleichstellung mit denjenigen ein-
treten zu lassen, welche für die Preußische Militärverwaltung bewirkt werden, der-
gestalt, daß die Bezahlung an die Eisenbahnverwaliung nach ganz gleichen Si-
hen zu erfolgen hat.
8. 13.
In Ausehung der Bahnpolizei, insbesondere auch der Anordnung und Einrichmung
wegen der polizeilichen Beaussichtigung des Reise- und Transportverkehrs auf den Eisen-
bahnen sollen die an sich anwendbaren Vorschriften des Königl. Pieuhischen Bahnregle-
ments für die Thüringische Eisenbahn vom 18. Mal 1847 unddessen Nachträge auch
hinsichtlich der im Fürsienthume Reuh J. L. gelegenen Stricke der Gera-Weißeufelser
Eisenbahn zur Anwendung gebracht werden.
Dahingegen lelden hinsichtlich der Ausübung des Aussichtsrechts der Fürstlich Reuhi-
schen Regierung über die Eisenbahn und deren Bau und Betrieb in technischer Hinsicht
die im Fürstenthume J#euß J. L. bestehenden oder noch zu treffenden allgemeinen gesep-
288
lichen Vorschristen und administratiden Grundsähe auf die Neußische Bahnstrecke der Ge-
ra-Weißenfelser Eisenbahn ebenmäßige Anwendung, insofern nicht der Umstand, dah die
fragliche Bahnstrecke mit dem, im Königlich Preußischen Gebiete gelegenen Theile der
Bahn ein Ganzes ausmacht und nur im Zusammenhange damit zu benugen ist, zu Ab-
weichungen Anlaß giebt, worüber im einzelnen Falle besondere Bestimmung zu treffen ist.
Die Gesellschaft ist verpflichtet, auf dem Vahnhofe bei Gera, sowie, falls es für er-
ferderlich erachtet werden sollte, auf den sonstigen Anhaltepunkten eine geeignete Lokali=
täl zum Polizeibüreau anzuweisen.
8. I4.
Wenn durch die etwa nolhwendig werdende Aufsstellung von Hilfsgensd'armen zur
polizeilichen Beaussichtigung der Eisenbahnarbeiker während der Bauzeit ein außerordent-
licher Aufwand entstehen sollte, so ist von der Thüringischen Eisenbahngesellschaft derselbe
zu ersepen.
F. 15.
Die auf der, im Fürstenthume Reuß J. L. belegenen Bahnstrecke stationirten Auf-
sichts, und Betriebsbeamten sind auf Präsentation der Bahnverwaltung bei den betref-
fenden Fürülich Reußischen Behörden, den Anträgen der Direktion entsprechend, in Pflicht
zu nehmen. Die Bahnverwaltung ist verpflichter, bei Anstellung der, den untern Kate-
gorien des Bahnpersonals angehdrigen Beamten, welche innerhalb des Fürstlich Reußl-
schen Staatsgebietes ihren festen Wohnsit haben sollen, solche Bewerber, welche Angehö-
rige des Fürstenthums Reuß J. L. sind, bei gehöriger Befählgung, soweit thunlich, zu
berücksichtigen.
F. 16.
In Ansehung der, auf der Bahn anzuwendenden Fahrzeuge einschließlich der Dampf-
wagen, soll die von der Königlich Preußischen Regierung veranstaltete Prüfung als ge-
nügend angesehen und eine weitere Genehmigung Seitens der Fürstlich Reußischen Rc-
gierung nicht erfordert werden.
8. 17.
Als aus der Landeshoheit über die Posten hervorgehend wird die Berechtigung vor-
behalten, nach Maßgabe des Preußischen Gesehes über die Eisenbahnunkermehmungen vom
3. Mai 1838 F. 36 die Eisenbahn unter den nachfolgenden Bestimmungen zu benuten:
) die Gesellschaft ist verpflichtet, ihren Betrieb, soweit die Natur desselben es ge-
stattet, in die nothwendige Uebereinstimmung mit den Bedürfnissen der Postver-
waltung zu bringen;
289
2) sie übernimmt den unentgeltlichen Transport der Brlefe, Gelder und aller an-
dern, dem Postzwang unterworfenen Güter;
sie übernimmt ferner den unentgeltlichen Transport derjenigen Postwagen, woelche
nöthig sein werden, um die der Post anvertrauten Güter zu befördern:
sindet es die Postverwallung nöthig, der Gesellschaft Reisende zur Besörderung
zu überweisen, so ist die Gesellschaft verpflichtet, dieselben vorzugsweise vor ande-
ren Personen in derjenigen Wagen-Klasse, die dazu von der Post für immer be-
stimmt werden sollen, gegen Entrichiung des gewöhnlichen Personengelres dieser
Wagenklasse zu befördern;
die Gesellschaft ist verpflichtet, die mit Postfreipässen versehenen Personen unent-
geltlich zu befördern, vorausgesetzt, daß diese nur einen Theil ihrer Reise auf
der Eisenbahn, einen andern Theil aber mit gewöhnlichem Postfuhrwerk zurück-
legen;
wird der regelmäßige Postbetrieb auf einer Eisenbahn dergestalt durch die Schuld
der Gesellschaft unterbrochen, daß die Posiverwaltung ihren Betrieb einsiweilen
durch andere Anstalten zu besorgen genöthlat wird, so ist die Gesellschaft zum Gr-
sap des hierdurch veranlaßten Kostenaufwandes verpflichtet.
Da jedoch der Fürstlich Thurn und Taxisschen Verwaltung, als derzeitigen Pacht-
inhaberin der Reußischen Postanstalten die eben gedachten Vorrechte nicht zustehen und
eine Entschädigung von derselben nicht in Auspruch zu nehmen ist, so behält sich die
Fürstliche Regierung die Bestimmung darüber vor, ob und inwieweit die fraglichen Leist-
ungen der Fürstlich Thurn und Taxloschen Postverwaltung wieder überwiesen oder für die
landesherrliche Kasse in Anspruch genemmen werden sollen.
Im Uebrigen soll eine besondere Entschädigung für die Postverwaltung der Gesell-
schaft nicht angesonnen werden, die lettere bleibt jedoch in Ansehung der Bejörderung
der, dem Postzwang unterliegenden Gegenstände den, im Fürstenthume Neuß J. L. lau-
desgesetzlich besiehenden Vorschriften unterworfen.
S. 18.
Die Thüringische Eisenbahngesellschaft ist verbunden, den Anschluß anderer, auf Fürst=
lich Reußischem Staatsgebiete zu erbauenden Eisenbahnen an die Gera-Weißenfelser Bahn
und für den Fall eines solchen, die für die, durch die Herstellung eines geregelten und
zusammenhängenden Verkehrs von einer Bahnlinie auf die andere bedingten Anstalten
und Betriebseinrichtungen geschehen zu lassen.
Kommt bierüber eine gütliche Vereinigung unter den betheiligten Bahnverwaltungen
nicht zu Slande, lo fällt die Regulirung des Verhälmisses der Entscheidung der Fürst.
lich Reußischen Negierung anhelm. Die Thüringische Eisenbahngesellschaft ist aber auch
4
S
—
.
290
verpflichtet, die auf dergleichen Bahnen gangbaren Bahnwagen, falls sich solche für die
Gera-Weihenselser Bahn eignen, am Anschlußpunkte gegen eine, zu vereinbarende Ver-
gütung zur Weiterbeförderung zu übernehmen und dahin zurückzuführen.
8. 19.
Wenn in Folge des Banes der Eisenbahn der Umbau schon vorhandener Wege und
Straßen nach straßenpolizellichem Ermessen sich nöthlg macht, so fällt der, durch diese
Veransialtungen entstebende Bauaufwand der Eisenbahngesellschaft zur Last, insoweit nicht
nach Beschaffenheit der Umstände eine Mitleidenbeit der betreffenden Flurgemeinde oder
sonstiger Baupflichtiger einzutreten hal, worüber die Entscheidung der Regierung zustehet.
Auch bei der Anlegung neuer, von der Fürstlich Reußischen Regierung oder mit de-
ren Genehmigung erbauter Straßen hat die Eisenbahngesellschaft die nöthigen Ueber= und
Durchfahrten zu gestatten.
8. 20.
Für Kriegsbeschädigungen und Demvlirungen, es moͤgen solche vom Felnde ausge-
ben oder im Interesse der Landesvertheidigung veranlaßt werden, kann die Gesellschaft
vom Staate einen Ersaß nicht in Anspruch nehmen, es wäre denn, dah eintretenden
Falls den durch Krieg beschärigten Staatsangehbrigen überhaupt durch ein Landesgesetz
vder durch Staatsverträge ein Schadenanspruch zugestanden würde.
8. 21.
Die Thüringische Eisenbahngesellschaft, als Inhaberin der Gera-Weißenfelser Eisen-
bahn ist hinüichtlich aller und jeder auf die Anlage, den Besitz und Betrieb dieser Bahn
bezüglichen Verhältnisse den Behörden und Gesetzen des Fürstenthums Reuß J. L. un-
terworfen.
In Beziehung auf die Besteuerung der Eisenbahnen und den Gertchtsstand sowohl
der Eisenbahngesellschaft als der Bahnverwaltung gelten die Bestimmungen des, mit der
Küöniglich Preußischen Regierung wegen des Baues der Bahn abgeschlossenen Staats-
vertrags. «
F. 22.
Die Fürütlich Reuhische Regierung wird zur Handhabung des ihr über das Unter-
nehmen, soweit es innerhalb des Fürsienthums Neuß IJ. L. zur Au"führung kommt, zu-
siehenden Hoheits= und Aussichtsrechts einen beständigen Kommissar ernennen, welcher die
Beziehungen der Fürstlich Reußischen Regierung zur Eisenbahngrsellschaft und zur Bahn-
verwaltung in allen denjenigen Fällen zu vermitteln hat, die nicht zum direkten gericht-
lichen oder administrativen Cinschwiten durch die kompetente Behörde geeignet sind.
291
g. 23.
Die Fürsilich Reußische Regicrung behält sich das Recht vor, dem Vertrage mit der
Königlich Preußischen Regierung enksprechend, die innerhalb ihres Gebiets gelegene Bahn-
strecke nebst allem, zu der Bahn zu rechnenden Zubehör unter denselben Bedingungen,
wie dieß der Königlich Preußischen Regierung hinsichtlich der Strecke von Weißensels bis
zur Neußischen Landesgränze zustehet, zu erwerben. Für diesen Fall soll jedoch den Be-
trieb auf dieser Strecke gegen ein näher zu verelnbarendes Bahngeld diesenige Bahnver-
waltung erhalten, welche den Betrieb auf der Bahnstrecke von Weißenfels bis zur Lan-
desgreuze zu leiten hat.
Insofern zur Zeit der Erwerbung der Zustand der Bahn gegen die ursprüngliche
Anlage sich wesentlich verschlechtert haben sollte, soll von dem ursprünglichen Anlagekapi-
tal, nach einem, durch Sachverständige, von welchen jeder Theil einen, und diese wieder
einen Dritten als Obmann zu ernennen haben, zu bestimmenden Prozentsape ein, dem
zeilweiligen Zustande entsprechender Abzug gemacht werden.
Mir der Ausübung des Ankaufsrechtes erlöschen alle der Thüringischen Eisenbahn=
gesellschaft aus gegenwärtiger Concession erwachsenden Rechte und Befugnisse, in soweit
solche nicht mit einer ferneren Ueberlassung des Betriebs an die genannte Gesellschaft in
nothwendigem Jusammenhange stehen, und gehen in unvcränderter Weise auf die Fürst-
lich Reußische Staaksregierung über. «
§.24·
Im Falle, daß die Königlich Preußische Regierung sich entschließt, längs der Gera-
Weißenfelser Eisenbahn von Weißenfels nach Gera eine Telegraphenlinie und in Gera
eine Telegraphenstatlon zu errichten, ist die Thüringlsche Eisenbahngesellschafi verpflichtet,
der Königlich Preuhischen Telegraphenverwaltung die Vornahme der erforderlichen Ein-
richtungen unentgeltlich zu gestatten.
292
Auf Höchsten Befehl wird der mit der Königlich Preußischen Staatsregierung abge-
schlossene, die Herstellung einer Eisenbahnverbindung zwischen Gera und Weißenfels be-
treffende Staatsvertrag nach erfolgter Auswechslung der Ratisikationsurkunden nachste-
bend zur öffentlichtn Kenntniß gebracht und werden dabei zu Ausführung der Artikel 2
und 14 dieses Vertrags das Statut der Thüringischen Eisenbahngesellschaft mit seinen
publizirten Nachträgen und die unten abgedruckten Bestimmungen des Königlich Preußi-
schen Gesezes über die Eisenbahnunternehmungen vom 3. November 1838 als in Bezug
auf das gedachte Eisenbahnunternehmen auch für das hiesige Fürstenthum gültig erklärt.
Gera, den 11. Juni 1857.
Fürstlich Reuß-Plauisches Ministerium.
v. Geldern.
Franke.
Vertrag
zwischen Sr. Majestät dem Könige von Preußen und Sr. Durchlaucht dem
regierenden Fürsten Reuß J. L., die Herstellung einer Elsenbahnverbindung
zwischen Weißenfels und Gera betr.
Nachdem Se. Majestät der König von Preußen und Se. Durchlaucht der regierende
Fürst Reuß J. L. in der Absicht eine Eisenbahnverbindung von der Thüringischen Eisen-
bahn ab durch die Preuhische Provinz Sachsen nach Bayern ins Leben zu rufen, die
Herstellung einer Eisenbahn zunächst zwischen Weihensels und Gera beschlossen haben,
sind zum Zwecke der Vereinigung über ein derartiges Unternehmen und über die Feüt-
stellung der sich darauf beziehenden Verhiltnisse zu Bevollmächtigten ernannt worden und
zwar:
von Seiten Sr. Majestit des Rönigs von Preußen Allerhöchst Ihr Kammerherr und
Geheimer Regierungsrath Gustav Emil Ludwig Graf von Keller, Komtbur
und Ritter 2c.;
von Seiten Sr. Durchlaucht des Fürsten Reuß J. L. Höchst Ihr Geheimer Rath und
Minister, Heinrich Eduard von Geldern, Komthur und Ritter 2c.
und
Hoöchst Ihr Regierungsrath Dr. Emil Heinrich von Beulwih,
293
welche nach vorangegangener Verhandlung unter dem Vorbehalt der Ratifikation folgenden
Vertrag abgeschlossen haben.
Artlkel 1.
Die Königlich Preußische und Fürstlich Reuß-Plauische Regierung verpflichten sich, den
Bau einer Eisenbahn von Weihenfels nach Gera, welche an die Thüringische Eisenbahn
sich unmittelbar anschliehend, über Zeitz geführt werden foll, zu gestatten und zu fördern.
Artikel 2.
Die Königlich Preußische Regierung, von dem Grundsatze ausgehend, daß das Un-
ternehmen wesentlich als ein Preußisches zu betrachten sei, hat der Thüringischen Eisen-
bahngesellschaft, von welcher im beiderseitigen Einverständnisse die Vorarbeiten für die im
Artikel 1 bezeichnete Eisenbahn von Weißenfels nach Gera besorgt worden sind, die Con-
cession zum Bau und Betriebe dleser Eisenbahn bereiks verliehen, wogegen andererseits
die Fürstlich Reuß-Plauische Regierung die Zusage ertheilt, die Thüringische Eisenbahn-
gesellschaft auch Ihrer Seits zum Bau und Betrieb der dem Fürstlichen Gebiete ange-
hörenden Bahnstrecke unter gleich günstigen Bedingungen zuzulassen und das Statut die-
ser Gesellschaft und seine publizirten Nachträge anzuerkennen.
Artikel 3.
Hinsichtlich der Zeit der Ausführung der Eisenbahn von Weißenfels nach Gera
sind beide Regierungen darüber einverstanden, daß die Thüringische Eisenbahngesellschaft
nach Maahgabe des Preußischen Gesehes über die Eisenbahnunternehmungen vom 3.
November 1838 anzuhalten ist, die Bahn innerhalb einer angemessenen Frist fertig zu stellen
Artikel 4.
Im Allgemeinen werden die von der Thüringischen Eisenbahngesellschaft vorgelegten
Vorarbeiten als Grundlage des Vauprojekts für das Unternehmen anerkannt. Die Ge-
nehmigung und Feststellung der Bahnhofsanlagen und der einzelnen Bauwerke und die
Veränderung der Bahnlinien in den einzelnen Theilen unbeschadet der Hauptrichtung
bleiben, innerhalb eines jeden Staatsgebietes der betreffenden Regierung vorbehalten.
Die Fürstlich Reuß-Plauische Regierung spricht jedoch schon jeht ihre Genehmigung der
von der Gesellschaft vorgelegten Projekte zu den Bahnhöfen und Bauwerken, sowie der
Bahnlinie für das Fi#stliche Gebiet unter dem Vorbehalt aus, daß die von der Thü=
ringischen Eisenbahngesellschaft eiwa noch gewünschten Veränderungen der Bauentwürfe
nachträglich zur Genehmigung vorzulegen sind.
Artikel 5.
Hinsichtlich der Bauausführung ist man ferner insbesondere dahin übereingekommen,
17
294
daß die Spurwelte 4 Fuß 81/8 Zoll engl. Maaßes im Lichten der Schienen betragen,
und dah der Unterbau sofort durchgängig in der für ein doppeltes Schienengleis erfor-
derlichen Kronenbreite übereinstimmend mit der der Thüringischen Eisenbahn ausgeführt
werden soll.
Artikel 6.
Die Königlich Preußische Regierung übernimmt unter Mitvertretung der Fürsilich
Reußischen Regierung die Prüfung und Festüellung des Fahrplans auf der Weißenfels-
Geraer Eisenbahn und wird dafür Sorge tragen, daß die Fahrten auf der Thüringischen und
der Weißenfels-Geraer Bahn gehörig in einander greifen, und jedenfalls so eingerichtet werden,
daß von Gera nach Leipzig und Halle und in den entzegengesehten Richtungen eine tägliche
zusammenhängende Beförderung ohne onderen, als durch die Natur des Betriebes be-
dingten Aufenthalt stattfinde, und daß von Gera nach Gerstungen wie von da zurück
eine gleiche Einrichtung, wenn auch mit einem Ausenthalte in Weißenfels getrofsen werde.
Sollie sich zu Erreichung dieses Zweckes oder überhaupt im Interesse des öffentlichen
Verkehrs die Einrichtung von Nachtfahrten auf der Weißenfels-Geraer Bahn nöthig
machen, so würde die Königlich Preußische Reglerung auf die geeigneten Maßregeln Be-
dacht nehmen, um die Thüringische Eisenbahngesellschaft dazu anzuhalten.
Artikel 7.
Der Tarlf für die Fahrpreiße auf der Weißenfels-Geraer Eisenbahn unterliegt aus-
schließlich der Genehmigung der Königlich Preußischen Regierung; derselbe soll nicht
höhere Preiße erhalten als auf der Thüringischen mit Einschluß der Welßenfels-Leipziger
Vahn gleichzeitig bestehen.
Artikel 8.
Zwischen den beiderseitigen Unterthanen soll weder hinsichtlich der Beförderung noch
der Zeit der Abfertlgung ein Unterschied gemacht werden, namentlich sollen die aus dem
Gebiete des einen Staates in das Gebiet des andern Staates übergehenden Transporte
weder in Beziehung auf die Abfertigung noch rücksichtlich der Beförderungspreise ungün-
stiger behandelt werden, als die aus dem betreffenden Staate abgehenden oder darin
verblelbenden.
Artikel 9.
Die Bahnpolizei wird nach Maßgabe des für die Thüringische Eisenbahngesellschaft
bereits bestehenden Polizeireglements, über dessen Ausdehnung auf die Weißenfels-Ge-
raer Eisenbahn beide kontrahirenden Regierungen einverstanden sind, gehandhabt. Zu
dem Ende wird die Fürstlich Reuß.Plauische Regierung das gedachte Reglement nebst
seinen Nachträgen für die in ihrem Gebiete belegene Bahnstrecke seiner Zeit publiziren
und in Kraft sehen.
295
Artitel 10.
Beide Reglerungen sind übereingekommen, daß die wegen Handhabung der Paß-
und Fremden, Polizei bei Reisen mittelst der Eisenbahnen unter Ihnen theilweis vertrags-
mäßig schon bestehenden, theils noch zu verabredenden Besitimmungen auch auf die Ei-
seubahn von Weißensels nach Gera Anwendung findeu.
Artikel 11.
Die kontrahirenden Regierungen sind darüber einverstanden, daß unbeschadet der zwi-
schen der Königlich Preußischen Postverwaltung und der Fürstlich Thurn= und Taxisschen
Generalpostdirektion vertragsmäßig bestehenden Rechte und Verbindlichkeiten und vorbe-
bältlich des Rechtes der Fürstlich Reußischen Regierung die Ihr durch diesen Artikel zu-
stehenden Berechtigungen weiter zu Ubertragen, die Thürlugische Eisenbahngesellschaft für
die Weißenfels-Geraer Eisenbahn die Verpflichtung zu übernehmen hat:
4) den Betrieb, soweit die Natur desselben solches gestaltet, in die nothwendige Ueber-
einstimmung mit den Bedürfnissen der Postvenvaltung zu bringen;
2) den Transport der Briese, Gelder, Pagqutte, sowie der dazu erforderlichen Posi-
wagen und des nöthigen Expeditions- und 2 nach Maaß-
gabe der bezüglichen Besiimmungen des Kuniglich Prenpischen Gesetzes vom 3.
Novbr. 1838 unentgeltlich zu besorgen und dazu dice nölhigen Einrichtungen zu
Im Uebrigen soll eine besondere Entschädigung für die Postlverwaltung der Thürin=
gischen Eisenbahngesellschaft nicht angesonnen werden, dieselbe bleibt indessen in Ansehung
der Beförderung der dem Postzwang unterliegenden Gegenstände, den in den betheiligten
Staaten bestehenden Vorschriften unterworfen.
Arttikel 12.
Falls die Königlich Preußische Regierung sich eutschließt, längs der Weihenfels-
Geraer Eisenbahn von Weißenfels nach Gera eine Telegraphenlinie und in Gera eine
Telegraphenstation anzulegen, so verpflichtet sich die Fürstlich Reuß-Plauische Regierung nicht
nur zur unentgeltlichen Zulassung einer solchen Anlage und deren unbeschränkten Verrie-
bes innerhalb ihres Gebieles, sondern dieselbe wird auch die Thüringische Eisenbabnge-
sellschaft vor Ertheilung der Concession für Ihr Gebiet verpflichten, der Königlich Preu-
ßischen Telegraphenverwaltung die Vornahme der erforderlichen Einrichtungen unentgelt-
lich zu gestatten.
Diesen Falls räumt die Königlich Preußische der Fürstlich Reuß-Plauischen Regier-
ung die Befugniß eln, die Telegraphenlinie zwischen Welßenfels und Gera zur Befor-
derung von Hof= und Staatedepeschen in der Weise unentgeltlich zu benupen, daß täg-
296
lich höchstens 50 telegraphische Zeichen unentgeltlich befördert werden. Die Zahl der be-
förderten Zeichen soll monatlich zusammengerechnet und für die Gesammtsumme in soweit
Zahlungen geleistet werden, als solche die Jahl der 1500 Freizeichen überschreitct.
7n%
#n
Artikel 13.
In Rücksicht des Gebrauchs der Eisenbahn für Militairzwecke ist Folgendes vereln-
bart worden:
4) Für alle Trausporte von Militairpersonen oder Militaireffecten, welche für Rech-
nung der Königlich Preußischen oder Fürstlich Reußischen Militairverwaltung auf
der Weißenfels-Geraer Bahn bewirkt werden, wird den beiderseitigen Milikairver=
waltungen gegenseilig völlige Gleichstellung zugesichert, so daß die Bezahlung dafür
an die Eisenbahnverwaltung nach ganz gleichen Säßen erfolgen foll.
Wenn in Folge ctwaiger Bundesbeschlüsse oder anderer außerordentlicher Umstände
auf Anordnung der Königlich Preußischen oder Fürstlich Reußischen Regierung
größere Truppenbewegungen auf der mehrgedachten Eisenbahn stattfinden sollten,
so liegt der Vervaltung der Legteren ob, für diese, für Sendungen von Waffen,
für Kriegs= und Verpflegungs-Bedürfnisse, sewie von Militair-Effekten jeglicher
Art, insoweit solche Sendungen zur Beförderung auf Eisenbahnen überhaupt ge-
eignet sind, nöthigen Falls auch außierordentliche Fahrten einzurichten und für
dergleichen Transporte alle Transporimittel, die der ungestört fortzuseyende re-
gelmäßige Dienst nicht in Anspruch nimmt, zu verwenden und soweit thunlich
hierzu in den Stand zu setzen, nicht minder die mit Milltatrpersonen besetzten
und mit Miliktaireffekten beladenen, von einer anstoßenden Bahn kommenden Traus-
portsahrzeuge auf die eigene Bahn vorausgeseyzt, daß diese dazu geeignet sind,
zu übernehmen, auch mit den disponiblen Lokomotiven weiterzuführen.
Die Leitung aller solcher Trausporte bleibt jedoch lediglich dem Dienstper-
sonal der Bahnverwaltung überlassen, dessen Anordnung während der Fahrt Folge
zu leisten ist.
Hinsichtlich des an die Eisenbahnverwaltung zu entrichtenden Fahrgeldes tritt
wie unter Nr. 1 eine vüllige Gleichsiellung der beiderseitigen Militärverwaltungen ein.
Die kontrahirenden Regierungen sind darüber einverstanden, daß einer jeden auf
der Eisenbahn von Weißenfels nach Gera, sowie in entgegengesetzter Richtung
durch das Gebiet des andern Theils zu bewirkenden Truppensendung die herkömm-
liche Anzeige und Vernehmung der betheiligten Regierung in angemessener Frist
vorausgehen müsse. Im Falle auherordentlicher Dringlichkeit, wo ohne Gefähr=
dung des Zweckes eine vorgängige Vernehmung mit der betbeiligten Regierung
nicht zu bewirken sein würde, wollen jeroch die hohen Hlegieruigen es geschehen
297
lassen, daß von dieser Anzeige und Vernehmung ausnahmsweise abgesehen werde,
wogegen auch in solchen Fällen der Absendung der Truppentransporte unter allen
Umständen eine Anzeige an die betheiligte Regierung oder an die nach Befinden
deßbalb mit Anweisung zu versehenden betreffenden Behörden vorangehen soll.
Artikel 11.
Was den im Fürstlich Reuß-Plauischen Gebiete gelegenen Theil der Bahn von der Lan-
desgrenze bis Gera anlangt, so ist man dahin übereingekommen, daß das Königlich Preu-
Hische Gesetz über die Eisenbahnunternehmungen vom 3. Nopbr. 1838 als maahgebend
angesehen und deßhalb eine besondere Güliigkeitserklärung desselben unter Bezeichnung
der auf das Fürstenthum anwendbaren und der durch bereits im Lande erlassene Gesetze
auderweitlg ergänzten Bestimmungen binnen 3 Monaten bekannt gemacht werde.
Für die Expropriation der für die Weißenfels-Geraer Eisenbahn erforderlichen Grund-
stücke insbesondere findet, wie in Preußen das Gesetz vom 3. November 1838 im Für-
stenthume Reuß J. L. das daselbst bereits publizirte Eisenbahn-Exprepriationsgeset vom
15. März 1856 Anwendung.
Artikel 15.
Die Fürstlich Neuß-Plauische Regierung wird in Ansehung der in Ihrem Gebiet gelege-
nen Strecke der Weißenfels-Geraer Eisenbabn von der Thüringischen Eisenbahngesellschaft
weder eine Conressions= noch eine andere Abgabe erheben, als die in den Königlich Vreu-
Uischen Gesetzen vom 3. November 1838 und vom 30. Mai 1853 vorgesehene resp. feii-
besehte Anmortisattonsabgabe.
se Abgabe wird von den gesammten Thüringischen Einsenbahnunternehmungen,
einschliehüch derjeuigen Bahnen, auf welche die Thüringische Einbahngesellschaft ihr Un-
temehmen etwa noch auedehnen möchte, in Gemäßheit der eben augeführten Königlich
Preußischen Gesetze durch die Königlich Preußische Negierung erhoben und venwendet.
Ueber den Ertrag der Abgabe und deren Verwendung wird der Fürstlich Meuß-Plauischen
Regierung von der Königlich Prcußischen Iegierung alljährlich ein Nachweis mitgetheilt.
Sobald sämmtliche in dem Besip von Privatpersonen befindlichen Aktien der Thüringi-
schen Eiseubahngesellschaft im Wege der Amortisation eingezogen worden sind, wird die
Fürstlich Reuß.Plauische Regierung Eigenthümerin der in ihrem Gcbiete belegenen Strecke
der Weißenfels-Geraer Eisenbahn. Die Verwaltung und der Bctrieb der Weißenfels-Geraer
Eisenbahn soll jedoch im Interesse der einheitlichen Leitung des Unternehmens alsdann der
Königlich Preußischen Regierung für immer überlassen werden. Lehtere wird die im Für-
stenthume Reuß J. L. gelegene Strecke nach denselben Normen und in derselben Weise
wie die im Preußischen gelegene Strecke verwalten.
Die Fürsilich Reuß-Plauische Regierung erklärt sich damit einverstanden, daß die in den
298
Ss. 39 und 40 des Königlich Preußischen Gesehes vom 3. November 1838 aufgesiellten
Gundsätze über die Herabsetzung der Tarife auch auf die in Ihrem Gebiete belegene
Smecke der Weißenfels-Geraer Eisenbahn Anwendung finden. Sollten diese Bestimmun-
gen durch die Königlich Preußische Gesehgebung in der Folge einer Abänderung unter-
worfen werden dergestalt, daß von dem gesammten Thüringischen Eisenbahnunternehmen
ein Reinertrag erzielt würde, so wird von der Königlich Preußischen Regierung der auf
die AuWß. Plauische Bahnsirecke fallende jährliche Betriebsüberschuß an die Fürsilich Reuß-
Plauische Regierung abgeliefert werden.
Artikel 16.
Die Fürstlich Reuß-Plauische Regierung verpflichtet sich von den auf Ihrem Gebiele pas-
sirenden Transporten aller Art niemals eine Durchgangsabgabe irgend einer Ark zu er-
beben, namentlich auch nickt in dem Fall, daß das Fürstliche Gebiet mit den angrenzen-
den Königlich Preußischen Landestheilen nicht mehr zollvereint sei oder nicht mehr hin-
sichtlich der innern Consumtlons-Abgaben in Gemeinschaft stehen sollte.
Artikel I7.
In Ansehung der auf der Bahn anzuwendenden Fahrzeuge, einschließlich der Dampf-
wagen, ist man darüber einverstanden, daß die von der Königlich Preußischen Regierung
zu veranlassende Prüfung genüge und eine Genehmigung Seltens der Fürstlich Reußischen
Regierung nicht erforderlich sei.
Artikel 18.
Die auf der im Fürstlich Reuß-Plauischen Gebiete belegenen Bahnstrecke stationirten
Aussichts= und Betriebsbeamten ünd auf Präsentation der Bahnverwaltung bei den be-
treffenden Fürülich Reußischen Behörden in Pflicht zu nehmen.
Die Bahnverwaltung wird bei Anstellung der den untern Kategorien des Bahnper-
sonals angehörigen Beamten, welche innerhalb des Fürsllich Reußischen Staalsgebiets ih-
ren sesten Wohnsiy haben sollen, solche Bewerber, welche Angehörige des Fürstenthums
sind, bel gehöriger Befähigung vorzugsweise berücksichtigen.
Artikel 19.
Die Befugniß zur Anlegung von Seitenbahnen innerhalb Ihres Gebietes bleibt je-
der der beiden contrahirenden Regierungen vorbehalten.
Artikel 20.
Die Landesboheit bleibt in Ansehung der in Rede stehenden Bahnsirecke, soweit sie
das Fürstlich Reußische Gebiet brrührt, der Fürstlichen Regicrung auoschließlich vorbehalten.
299
Da demgemäß der Fuͤrsilichen Behoͤrde die Competenz zur Untersuchung und Be-
strafung aller innerhalb des Fürsilichen Gebiekes vorkommenden, die Vahnanlage oder
den Transport auf derselben betreffenden Polizel- oder Kriminalvergehen zusteht, so wird
von der Königlich Preußischen Reglerung die Vollstreckung der bezüglichen Straferkennt=
nisse nach Maaßgabe der bestehenden Conventionen zugesichert.
Die Königlich Preußische Reglerung erklärt sich damit elnverstanden, daß die Thü-
ringische Eisenbahngesellschaft wegen aller Entschädlgungsaufprüche, die aus Anlaß der
Eisenbahnanlage auf Fürstlich Reußischem Gebiete oder des Betrlebes derselben gegen sie
erboben werden möchten, sich der Fürstlich Reußischen Gerichtsbarkelt und den Fürstlich
Reußischen Geseyen zu untemwerfen habe.
Artikel 21.
Die Fürstlich Reußische Regierung wird zur Handhabung des Ihr über das Unter-
nebmen, soweit es innerhalb des Fürstenthums zur Ausführung kommt zustehenden Ho-
beits= und Aussichksrechts einen beständigen Kommissar bestellen, welcher die Bezichungen
der Fürstlichen Regierung zur Eisenbahngesellschaft und zur Bahnverwalzung in allen den-
jenigen Fällen zu vermitteln hat, die nicht zum direkten gerlchtlichen oder polizeilichen
Einschreiscu durch die kompetenten Behörden geeignet lind.
Artikel 22.
Wenn die Fortsetzung der Weihenfels-Geraer Eisenbahn bis zur Königlich Bayerl-
schen Bahn beschlossen und gestchert ist, so soll die ebengedachte Eisenbahn mit der, in der
Richtung nach der Bayerischen Grenze weiter zu bauenden Elsenbahn womöglich zu einem
Unternehmen vereinigt werden.
Artikel 23.
Für den Fall, daß die Fortsetzung der Weißenfels-Geraer Bahn nicht nach Hos, son-
dern in einer andern Richtung erfolgt, wird die Königlich Preußische Regierung, nach-
dem die anderweite Berbindung von der Weißenfels-Geraer Eisenbahn mit den Vayerl-
schen Eisenbahnen gesichert ist, auch der Ausführung einer Eisenbahn von Gera nach Hof
nicht allein kein Hinderniß entgegenstellen, sondern soweit thunlich, förderlich sein.
Artitel 24.
Die Königlich Prcußische Regierung ist damit einverstanden, daß, sobald die Fort-
sehung der Weißensels-Geraer Eisenbahn nach den Königlich Bayerischen Bahnen vötlig
geüchert ist, den Unternehmern dieser Fortsetzung die Bedingung auferlegt werde, der
Sürstlich Reußischen Regierung die Einfübrung von Zweigbahnen in die von Gera in
der Richtung nach der Königlich Vayerischen Grenze herzustellende Bahn und selbst den
48
300
Uebergang über dieselbe zu gestatten, beldes jedoch unter der Beschränkung, daß dies nur
bel elnem der projektirten und demnächst anzulegenden Bahnhöfe geschehen dürfe.
Artikel 25.
Im Fall der Fortsehung der Weißenfels-Geraer Bahn behalten sich die kontrabiren-
den Regierungen vor, im beiderseitigen Einvernehmen unter Aufbebung des gegenwärii-
den Vertrages mit den betreffenden Staatsregierungen über das ganze Unternehmen der
Eisenbahn von Weißenfels bis zum Anschlusse an die Bayerischen Bahnen einen Vertrag
auf die im Art. 23 vorgezeichnete Grundlage abzuschließen.
Artikel 26.
Gegenwärtiger Vertrag soll zur Landesherrlichen Genehmigung vorgelegt und die
Auswechselung der darüber auszufertigenden Ratifikationsurkunden sobald als möglich
spätestens binnen 6 Wochen bewirkt werden.
Des zu Urkund ist derselbe von den beiderseitigen Bevollmächtigten unterzeichnet und
besiegelt worden.
So geschehen Gera, den 2. April 1857.
(L. S.) Gustav Emil Ludwig Graf v. Keller. (I. S.) Heinrich Eduard v. Geldern.
(L. S.) Dr. Emil Heinrich v. Beulwitz.
301
Gesetz über die Eisenbahn-Unternehmungen.
Vom 3. November 1838.
8. 4.
Die Genehmigung der Bahnlinie in ihrer vollständigen Durchführung durch alle
Zwischenpunkte wird dem Handelsministerium vorbehalten, eben so sind die Verhältnisse der
Konstruktlon, sowohl der Bahn als der anzuwendenden Fahrzeuge, an diese Genehmig-
ung gebunden. Alle Vorarbeiten zur Begründung der Genehmigung hat die Gesellschaft
auf ihre Kosten zu beschaffen.
S. 5.
Die Anlage von Zweigbahnen kann eben so, wie die von neuen Eisenbahnen über-
haupt nur mit Unserer landesherrlichen Genehmigung stamsinden.
8. 6.
Zur Emisüon von Aktien über die ursprünglich sesigesetzte Zahl hinaus, ist Unsere
Genebmigung nothwendig. Die Aufnahme von Gelddarlehnen (womit der Kauf auf Kre-
il nicht gleichgestellt werden soll) bedarf der Zustimmung des Handelsministeriums, wel-
ches dieselbe an die Bedingung eines festzustellenden Zins= und Tilgungsfonds zu knüpfen
besugt ist.
S. 7.
Die Gesellschaft ist besugt, die für das Unternehmen erforderlichen Grundstücke ohne
Genehmigung einer Staatsbehörde zu erwerben; zur Gültigkeit der Veräußerung von-
Grundsüücken ist jedoch die Genehmigung der Regierung nöthig.
8. 20.
Für alle Entschädigungs-Ansprüche, welche in Folge der Bahn-Anlage an den Staat
gemacht, und entweder von der Gesellschaft seltst anerkannt, oder unter ihrer Zuziehung
richterlich festgestellt werden, ist die Gesellschaft verpflichtet.
8. 21.
Das Handelsministerium wird nach vorgängiger Vernehmung der Gesellschaft die
Fristen bestimmen, in welchen die Anlage sortschreiten und vollendet werden soll, und
kann für deren Einhaliung sich Burgschaften siellen lassen. Im Falle der Nichtollendung
binnen der bestimmen Zeit bleibt vorbehalten, die Anlage so wie sie liegt, für dlechnung
der Gesellschast unter der Bedingung zur öifrntlichen Versteiherung zu bringen, daß die-
48.
302
selbe von den Ankäufern ausgeführt werde. Es muß jedoch dem Antrage auf Versteige-
rung die Bestimmung elner schlleßlichen Frist von sechs Monaten zur Vollendung der
Bahn vorangehen.
8. 22.
Die Bahn darf dem Verkehr nicht eher eroͤffnet werden, als nach vorgaͤnglger Re-
vision der Anlage, von der Regierung die Genehmigung dazu ertheilt worden.
8. 23.
Die Handhabung der Bahnpolizei wird, nach einem darüber von dem Handelsmi-
nisterium zu erlassenden Reglement, der Gesellschaft übertragen. Das Reglement wird zu-
gleich das Verhältniß der mit diesem Geschäft beaustragten Beamten der Gesellschaft nä-
her festsepen.
. 8. 24.
Die Gesellschaft ist verpflichtet, die Bahn nebst den Transport-Anstalten sortwährend
in solchem Stande zu erhalten, daß die Beförderung mit Sicherheit und auf die der Be-
stimmung des Unternehmens entsprechende Weise erfolgen könne, sie kann hierzu im Ver-
waltungswege angehalten werden.
8. 25.
Die Gesellschaft ist zum Ersahz verpflichtet für allen Schaden, welcher bel der Be-
sörderung auf der Bahn, au den auf derselben beförderten Personen und Gütern, oder
auch an anderen Personen und deren Sachen, entsteht und sie kann sich von dieser Ver-
pflichtung nur durch den Beweis befreien, daß der Schade entweder durch die eigene
Schuld des Beschädigten, orer durch einen unabwendbaren äußeren Zufall bewirkt wor-
den ist. Die gefährliche Natur der Unternehmung selbst ist als ein solcher, ven dem Scha-
densersatz befreiender, Zufall nicht zu betrachten.
S. 26.
Für die ersten drei Jahre nach dem auf die Eröffnung der Bahn folgenden 1. Ja-
nuar wird, vorbehaltlich der Bestimmungen des §. 45., der Gesellschaft daov Recht zuge-
standen, ohne Zulassung eines Konkurrenten, den Transportbeirieb allein zu unternehmen
und die Preise sowohl für den Nersonen= als für den Waarentransport nach ihrem Er-
messen zu bestimmen. Die Gesellschaft muß jedoch
1) den angenommenen Tarif beim Beginn des Transportbetriebes und die späteren
Aenderungen sofort bei deren Eintrilt, im Falle der Erhöhung aber sechs Wochen
vor Anwendung derselben, der Regierung anzeigen und öffentlich bekannt machen,
und
2) für die angesetzten Preise alle zur Fortschaffung aufgegebenen Waaren, ohne Un-
303
terschied der Interessenten befördern, mit Ausnahme solcher Waaren, deren Trans-
port auf der Bahn durch das Bahn,Reglement oder sonst polizeilich für unzu-
lässig erklärt ist. «
8. 27.
Nach Ablauf der ersten drei Jahre können, zum Transportbetrlebe auf der Bahn,
außer der Gesellschaft selbst, auch Andere, gegen Entrichtung des Bahngeldes oder der zu
regulirenden Vergütung (#. 26—31. vergl. mit §. 45.), die Befugniß erlangen, wenn
das Handelsministerium, nach Prüsung aller Verhältnisse, angemessen findet, denselben eine
Konzession zu ertheilen.
8. 28.
Auf solche Koukurrenten find, in Ansehung der Bahn-Polizei, der guten Erhaltung
ihrer Anstalten, sowie der Verpflichtung zum Schaden-Ersat, dieselben Bestimmungen an-
zuwenden, welche in den §§. 23 24 und 25 für die ursprüngliche Gesellschaft gegeben
sind.
8. 29.
Die Hoͤhe des Bahngeldes, zu dessen Forderung die Gesellschaft, in Ermangelung
gütlicher Einigung mit den Transport-Unternehmern, berechtigt ist, wird in der Art fest-
hesebt, daß durch dessen Entrichtung, unter Jugrundelegung der wirklichen Erträge aus
den letztverflossenen Jahren,
1) die Kosten der Unterholtung und Verwaltung der Bahn nebst Zubehör emit Aus-
schluß der das Transport-Unternehmen augehenden Betriebs= und Verwaltungs=
kosten) bestritten,
der statutenmäßige Beitrag zur Ausammlung eines Resewefonds für außergewöhn.
liche, die Bahn und Zubehör betreffende Ausgaben aufgebracht,
die von der Gesellschaft zu übernebmenden Lasten (einschließlich der im §. 38 ge-
dachten) gedeckt werden können; woneben außerdem
der Gesellschaft an Zinsen und Gewinn ein, der bisherigen Nutzung enksprechen-
der, Reinertrag des auf die Bahn und Zubehör verwendeten Anlage-Kapitals,
zu gewähren bleibt, mir der weiteren Maßgabe jedoch, daß dieser Reinertrag, auch
wenn die Erträge der verfloffenen Jahre eine höhere Nuhung des Aulage-Kapi-
tals gewährt hälten, nicht höber als zu 10 Prozent des letzteren, dagegen umgec-
kehrt, auch wenn die Erträge der Vorjahre sich nicht so hoch belaufen hälten, nicht
geringer als zu 6 Prozent des Anlage-Kapitals in Ansatz kommen soll. Zum-
Aulage-Kapital sind auch alle spätere wesentliche, von der Regierung als solche an-
erkannte, Meliorationen zu rechnen, in soweit dieselben durch Erweiterung des
Grund-Kapitals bewirkt worden sind.
*— — 7
— — —
304.
8. 30.
Die Berechnung des Bahngeldes geschieht in folgender Weise:
1) Aus den von der Gesellschaft im letzten Vierteljahr der ersten Betriebs-Periode
vorzulegenden Rechnungen der verflossenen 2 3/8 Jahre ist zunächst der bis dahin
durchschniktlich gewonnene Reinertrag eines Jahres zu ermitteln. Dieser Rein=
ertrag wird nach Verhältniß der
auf die Bahn und deren Zubehör
und auf das Juhr= und Transport-Unternehmen nebstdem dazu gehörigen Inventar.
verwendeten Anlage-Kapitalien vertheilt, und der hiervon auf die Bahn und de-
ren Zubehör fallende Antheil, mit Berücksichtigung der im §. 29, Nr. 4 gege-
benen Vorschristen für den Reinertrag der Bahn angenommen. Der sonach sest-
gestellte Reinertrag der Bahn und der jährliche Durchschnittsbetrag der in dem
§. 29, Nr. 1—3 bezeichneten AusgabePositionen zusammengenommen, bilden die
Tbeilungssumme, welche der Festsehung des Bahngeldes zu Grunde zu legen ist.
Die Frcquenz der Bahn ist nach der Einnahme an Personen= und Frachtgeld zu
berechnen und hierbei entweder die Zentnerzahl der Güterfracht nach Verhälmiß
des Personengeldes zum Frachtgelde auf Personen-Einheiten, oder auch die Per-
sonenzahl nach demselben Verhälmiß auf Zentner-Einheiten zu reduziren.
Die zu 1 ermittelte Summe, durch die Jahl des auf Personen= oder Zentner-Ein-
beiten reduzirten Fuhr= und Transportbetriebes zu 2 getheilt, ergiebt die Höhe
des zu entrichtenden Bahngeldes für eine Person oder einen Zentner Waare.
Haben bei einer Bahn verschiedene Säte des Personengeldes oder für den
Güter-Transport staltgefunden, so soll bei der Reduktion zu 2
hinsichtlich des Personengeldes überall nur der niedrigste Satz
binsichtlich des Güter-Transports aber ein Durchschnittssaß
angenommen werden.
Die schließliche Feststellung des Bahngeldes für Personen und Güter erfolgt dem-
nächst in dem bei der Reduktion auf Personen= oder Zentner-Einheiten zum Grunde
gelegten Verhältnisse, mit Rücksicht auf die Verschiedenheit der bisherigen Säte
für den Güter-Transport.
—
t“
7—
. §.—Zl.
DasBahngeldistinbestimmtenPerioden,welcheMHandelsministetinmfüticde
EisenbahnaufwenigstcnöbkeiundhüchstenszchusahtefestzllstvkllbsbvvllNcllthlt
reguliren. Die Gesellschaft darf das festgesetzte Bahngeld nicht überschreiten, wohl aber
vermindern. Sowohl der für die ganze Periode festgesetpzte Tarif, als diese in der Zwi-
schenzeit eintretende Veränderungen, sind öffentlich bekannt zu machen und auf alle Trans-
303
porte ohne Unterschied der Unternehmer gleichmäßig anzuwenden. Enthält der neue Tarif
eine Erböhung des Bahngeldes, so kann diese erst sechs Wochen nach der Bekanntmachung
zur Anwendung kommen.
8. 32.
Es bleibt der Gesellschaft überlassen, nachdem die Regulirung des Bahngeld-Tarifs nach
88. 2 und 30 erfolgt ist, die Preise, welche sie für die Beförderung an Fuhrlohn neben
dem Bahngelde erheben will, nach ihrem Ermessen anzusetzen; es dürfen solche jedoch nicht
auf einen höheren Reinertrag als 10 Prozent des in dem Transport-Unternehmen ange-
legten Kapitals berechnet werden.
Die Gesellschaft ist hierbei verpflichtet:
4) den Fracht-Tarif (sowohl für den Waaren= als für den Personen-Transporh), wel-
cher nachber ohne Zustimmung des Handelsministeriums nicht erhöhet werden darf,
so wie demnächst die innerhalb der tarifnmäßigen Säte vorgenommenen Aende-
rungen, und zwar im Falle einer Erhöhung früher ermähigter Sähe 6 Wechen
vor Anwendung derselben, der Regierung anzuzeigen und öffentlich bekanmt zu
machen; au
für die angenommenen Sätze alle zur Fortschaffung aufgegebene Waaren, deren
Transport polizeilich zulässig ist, ohne Unterschied der Interessenten zu beiördern.
8. 37.
Sofern nach Abzug der das Transpert-Unternehmen betreffenden Ausgaben, ein-
schließlich des in dem Statute mit Genehmigung des Ministeriums festzusetzenden jährli-
chen Beitrags zur Ansammlung eines Reservefonds, für die zuletzt verlaufene Periode sich
an Zinsen und Gewinn ein Reinertrag von mehr als zehn Prozent des in dem Unter-
nehmen angelegten Kapitals ergiebt, müssen die Fuhrpreise in dem Maaße herabgesett
werden, daß der Reinertrag diese zehn Prozent nicht überschreite. Wenn jedoch der Er-
trag des Bahngeldes das dafür in §. 29 verstauete Maximum von zehn Prozent nicht
erreicht, so soll der Ertrag des Transporkgeldes zehn Prozent so lange übersleigen dürfen,
bis beide Einnahmen zusammengerechnet einen Reinertrag von zehn Prozent der in dem
gesammten Unternehmen angelegten Kapitale ergeben.
8. 34.
Um die Ausfuͤhrung der in den 88 29—33 gegebenen Vorschristen möglich zu
machen, ist die Gesellschaft verpflichtet, über alle Thelle ihrer Unternehmung genaue Rech-
nung zu führen und hlerin die ihr von dem Handels. Ministerium zu gebende Anweisung.
zu befolgen. Diese Rechnung ist jährlich bei der vorgesetzten Regierung einzurelchen.
-
306
8. 35.
Wenn über die Anwendung des Bahngeld= eder des Fracht-Tariss zwischen der Ge-
sellscast und Privalpersonen Streitlgkeiten entstehen, so kommt die Cutscheldung hierüber,
mit Vorbehalt des Rekurses an das Handels-Ministerlum, der Regierung zu.
36
Die aus dem Postregale entspringenden Vorrechte des Staals, an -estgeseyten Ta-
gen und zwischen bestimmten Orten Personen und Sachen zu befördern, gehen, sowelt es
für den Betrieb der Eisenbahnen nöthig ist, die in jenem Negale enthaliene Ausschlieh-
ung des Privatgewerbes auszugeben, auf dieselben über, wobei der Postverwaltung die
Berechtigung vorbehalten bleibt, die Eisenbahnen zur Beförderung von postmäßigen Ver-
sendungen unter den nachfolgenden näheren Bestimmungen zu benuyen.
1) Die Gesellschaft ist verpflichtet, ihren Betrieb, soweit die Natur desselben es ge-
stattet, in die nothwendige Uebereinstimmung mit den Bedürfnissen der Postver-
walltung zu bringen.
Sie übernimmt den unentgeltlichen Transport der Briefe, Gelder und aller an-
deren dem Postzwange untenworfenen Güter.
Sie übernimmt ferner den unentgeltlichen Transport derjenigen Postwagen, welche
nöthig sein werden, um die der Post anverkrauten Güter zu befördern.
Findet es die Postverwaltung nölhlg, der Gesellschast Reisende zur Beförderung
zu überweisen, so ist die Gesellschaft verpflichtet, dieselben vorzugsweise vor ande-
ren Personen auf derjenigen Klasse von Bahnwagen, die dazu von der Post für
immer bestimmt werden sollen, gegen Entrichtung des gewöhnlichen Personengel-
des dieser Wagen, zu befördern.
Die Gesellschaft ist verpflichtet, die mit Post-Freipässen versehenen Personen un-
entgeltlich zu befördern, vorausgeseht, daß diese nur einen Theil ihrer Reise auf
der Eisenbahn, einen andern Theil aber mit gewöhnlichem Postsuhrwerk zurück-
legen.
Wird der regelmäßige Postbetrleb auf einer Eisenbahn dergestalt durch die Schuld
der Gesellschaft unterbrochen, daß die Postverwaltung ihren Betrieb einstweilen
durch andere Anstalten zu besorgen genöthigt wird, so ist die Gesellschaft zum Er-
sah des hierdurch veranlahten Kostenaufwandes verpflichtet.
8. 37.
Wird eine Konkurrenz im Trausport auf der Eisenbahn verstattet (s. 27), so sind
die Konkurrenten gegen die Post zu denselben Leistungen verpflichtet, wie die ursprüngli-
chen Unternehmer (C. 36). Für die angemessene Vertheilung dieser Lasten unter den
verschiedenen Unternehmern ist bei Erheilung der Konzession Bedacht zu nehmen.
S——-
□##t#s
307
. 38.
Von den Essenbahnen ist eine Abgabe zu entrichten, welche im Verhältnisse des auf
das gesammte Aktien-Kapital, nach Abzug aller Unterhaltungs-- und Betriebskosten und
des jährlich inne zu behaltenden Beilrags zum Reservefonds, treffenden Ertrags sich ab-
stuft..)
Ven der Cnunichtung einer Gewerbesteuer bleiben die Eisenbahn-Gesellschaften be-
freik.
8. 39.
Der Ertrag der im §. 38 vorbehaltenen Abgabe soll zu keinen andern Zwecken,
als zur Entschädigung der Slaatskasse für die ihr durch die Eisenbahnen entzogenen Ein-
nahmen und zur Amortisation des in dem Unternehmen angelegten Kapitals, verwendet
werden. Ueber die Art dieser Verwendung werden Wir Unser Handelsministerium mit
besenderer Anweisung verseben.
8. 40.
Nach vollendeter Amortisation soll dem Unternehmen eine solche Einrichtung gege-
ben werden, daß der Ertrag des Bahngeldes die Kosten der Unterhaltung der Bahn und
der Verwallung nicht übansteige.
8. 41.
Sollte künftig eine Konkurrenz iu der Transport-Unternehmung bewilligt werden
(5. 27), so wird den Ronkurrenten gleichfalls eine angemessene Abgabe aufgelegt und
darüler in der Konzession das Nöthige bestimmt werden.
8. 42.
Dem Staate bleibt vorbehalten, das Eigenthum der Bahn mit allem Zubehoͤr ge-
Ven vollständige Entschädigung anzukaufen.
Hierbei ist, vorbehaltlich jeder anderweiten, hierüber durch gütliches Einvernehmen
zu kressenden Regulirung, nach folgenden Grundsäßen zu verfahren:
1) Die Abtretung kann nicht eher als nach Verlauf von dreißig Jahren, von dem
Zeitunkt der Traneporteröffnung an, gefordert werden.
2) Sie kann elensalls nur von einem solchen Zeitpunkt an gefordert werden, mit
welchem, zufolge des §. 31, eine neue Festseyung des Vahngeldes würde elntre-
ten müssen.
*) Anmerk. Die nöheren Bestimmungen wegen dieser Abgabe enthält das Könlglich Prenhilche
Geseß, die von den Eisenbahnen zu entrichtende Abgabe betreffend vom 30. Mat
1653, welchee auf die Gerg-Weihenfelser Eisenbahu ebenfalls Anwendung erleidek.
49
308
3) Es muß der Gesellschaft die auf Uebernahme der Bahn gerlchtete Absicht min-
desteus ein Jahr vor dem zur Uebernahme beüümmten Zeltpunkte augekündigt
werden.
4) Die Entschädigung der Gesellschoft erfolot sodann nach folgenden Grundsigzen:
à3) der Staat bezahlt an die Gesellschast den fünf und zwanzigfachen Betrag
derjenigen jährlichen Dividende, welche an sämmtliche Aktionäre im Durch-
schnitt der leyzten fünf Jahre ausbezahlt worden ist.
Die Schulden Gesellschaft werden ebenfalls vom Staate übernommen und
in gleicher Weise, wie dies der Gesellschaft obgelegen haben würde, aus der
Staatskasse berichtigt, wogegen auch alle etwa vorhandenen Aktiv-Forderun-
gen auf die Staatskasse übergehen.
Gegen Erfüllung obiger Bedingungen geht nicht nur das Eigenthum der
Bahn und des zur Trausport-Unternehmung gehörigen Inventariums sammt
allem Zubehör auf den Staat über, sondern es wird demselben auch der
von der Gesellschaft angesammelte Reservesonds mit übereignet.
Bis dahin, wo die Auseinandersezung mit der Gesellschaft nach vorstehen-
den Grundsätzen regulirt, die Einlösung der Aktien und die Uebernahme
der Schulden ersolgt ist, verbleibt die Gesellschaft im Besitze und in der
Benuhung der Bahn.
—
-
—
E
8. 43.
Für Krlegsbeschädigungen und Demolirungen, es mögen solche vom Feinde ausge-
ben, oder im Interesse der Landesvertheidigung veranlaßt werden, kann die Gesellschaft
vom Staat einen Ersatz nicht in Anspruch nehmen.
8 44.
Die Anlage einer zwelten Eisenbahn durch andere Unternehmer, welche ueben der
ersten in gleicher Richtung auf dieselben Orte mit Beruͤhrung derselben Haupwunkte fort-
laufen würde, soll binnen einem Zeitraum von dreißig Jahren nach Eröffnung der Bahn
nicht zugelassen werden, anderweite Verbesserungen der Kommunikation zwischen diesen
Orten und in derselben Richtung sind jedoch hierdurch nicht beschränkt.
8. 15.
Die Gesellschaft ist verpflichtet, nach der Bestimmung des Handelsministerlums, den
Anschluß auderer Eisenbahn-Unternehmungen an ihre Bahn, es möge die beabsichtigte
neue Bahn in einer Fortsehung, oder in einer Seiten-Verbindung bestehen, geschehen zu
lassen und der sich auschließenden Gesellschaft den eigenen Transportbetrieb auf der frü-
ber augelegten Bahn, auch vor Ablauf des im §. 26 Vedachten Zeitraums, zu gestatten.
309
Sie muß sich gefallen lassen, daß die zu diesem Behuf erforderlichen baulichen Elnrich-
tungen, z. B. die Anlage eines zweiten Geleises, von der sich anschließenden Gesellschaft
bewirkt werden. Das Handelsministerium wird hierüber, sowie über die Verhältnisse bei-
der Unternehmungen zu einander, und besonders wegen der vor Ablauf der ersten drei
Jahre (F. 26) sian des Babngeldes zu entrichtenden Verg#tung, das Nöthige bei der
Konzession des Anschlusses festseten.
8. 46.
Zur Ausbhung des Ausüchtsrechts des Staats über das Unternehmen wird, nach
Ertheilung Unserer Genehmigung, ein beständiger Kommissarius ernannt werden, an wel-
chen die G. sclrn sich in allen Beziehungen zur Staatsverwaltung zu wenden hat.
Derselbe ist befugt, ihre Vorstände zusammen zu berufen und deren Zusammenkünften
beizuwohnen.
K. 47.
Die ertheilte Konzession wird verwirkt und die Bahn mit den Transportmitteln und
allem Zubehör für Rechnung der Gesellschaft öffentlich versteigert, wenn diese eine der
allgemeinen oder besonderen Vedingungen nicht erfüllt und eine Aufforderung zur Erfül-
lung binnen einer endlichen Frist von mindestens drei Monaten ohne Erfolg bleibt.
8. 49.
Wir bebalten Uns vor, nach Maaßgabe der weiteren Erfahrung und der sich dar-
aus ergebenden Bedürfnisse, die im gegenwärtigen Gesetze gegebenen Bestimmungen, durch
allgemeine Anordnungen oder durch künftig zu entheilende Ronzessionen, zu ergänzen und
abzuändern und nach Umntänden densellen auch andere ganz neuc Bestimmungen binzu-
zusügen. Sollien Wir es für nothwenkig erachten, auch den bereim kenzessionirten oder
in Gemäßheit dieses Gesetzes zu sonzessionirenken (esellschaften die Beobachtung dir##er
Ergänzungen, Akänderungen oder neuen Mestimmungen auszulegen, so müssen sic üch den-
selben gleichfalls unterwersen. Sollte jedoch durch neue, in diesem Gesetze uerder feüge-
setzte noch vorbehaltene (F. 38) und, sosern von künftig zu konzessionirenden Gesellschaften
die Frage ist, spärer als die ihnen ertheilie Konzession erlassene Bestimmungen, eine Be-
schränkung ihrer Ginnahmen oder eine Vermelrung ihrer Ausgaben hekbelgeführt werden,
so ist ibnen eine angemessene Geldentschädigung dafür zu gewähren.
Bekanntmachung,
die mit der Regierung des Fürstenebums Reuß älterer Linie wegen der in Kri-
minal= und Polizeinntersuchungen erwachsenden Kosten abgeschlossene
Konvention betr. "
MitHöchstekGencbmigungsrkcnissimiistmitdkrFüksilichMmspPLältckctLinid
Regierung nach Inhalt der nachstehenden Erklärung vom 30. v. M., welche gegen eine
gleichlautende Erklärung der Fünstlich Reuß. Pl. Landesregierung zu Greiz vom 9. d. M.
ausgetauscht worden ist, eine Uebereinkunst wegen der in Kriminal und Polizeiunter-
310
suchungen erwachsenden Kosten abgeschlossen werden, welche zur Nachachtung hierdurch be-
kannt gemacht wird.
Gera, am 13. Juni 1857.
Fürstlich —) Ministerium.
v. eldern. —
emmel.
Zwischen dem Furstlich Reuß-Ml. Ministerium zu Gera und der Fürsilich Reuß-Ml.
Landesregierung zu Greiz ist bezüglich des Art. 15 der Uebereinkunft zu Beförderung
der Rechtspftege vom 24. Februar 1817 folgende Abänderung verrinbart worden.
r. 1.
Falls in Untersuchungssachen wegen Uneinbringlichkeit der Kosien von dem Aslichtl-
gen die Requisitionen der Vehörden des einen Staates von den Behörden des anderen
nach Mahgabe des Art. 15 der angezogenen Konvention kosten= und stempelfrei zu erle-
digen sind, soll auch eine Erstattung den baaren Verlags, worin derselbe auch besleht, der
requirirenden Bebörde nicht angesonnen werden.
rt. 2.
Ein Auspiuch auf Berichtigung der Kosien und Verläge in Untersuchungen stebt dem-
nach der requirinten Behörde nur dann zu, wenn solchr durch die requirirende Behörde
von den zur Aufkringung verpflichteten Privaten erlangt werden.
Die eistgekachte Belörde hat der letzteren eln Verzeichulß der durch Erfüllung der
Requisition erwachsenden Gebühren= und Verlagsforderung mirzutheilen, die requirirende
Behörde aber ist verpflichtet, den Betrag in die allgemeine Kosienliquidation der betref-
fenden Sache mit aufzunehmen und nach erfolgter Einhebung von dem Pflichtigen kosten-
frei an die requirirte Behörde zu überminteln.
Art. 3.
Die dergleichen Requisttionen betreffenden Korrespondenzen der Behörden sollen, wenn
sie mit entsprechender Aufschiist versehen und mit dem vorschriftemäßlgen Dienstsiegel ver-
schlossen sind, als Offizialsachen im Sinne des Artl. 28 des revidirten Postvereinsvertrags
vom 5. Dezember 1851 behandelt werden.
Art. 4. -
DiescbicmachtücksichtlichderKkiminalunlcksuchjmgmgeltendenGntndsåpcsollen
auch bezüglich der Requisitionen in polizeilichen Untersuchungsfällen Anwendung leiden.
rt. 5.
Vorstehende Bestimmungen werden vom Tage ihrer Bekanntmachung an in Vollzug
eseyt und bleiben so lange in Gültigkeit wie die obengedachte Haupikenvention über
Pesörderung der Rechtspflege.
Gera, den 30. Mai 1857.
Firstlich Reuß-Mauisches Ministerium.
(L. S.) v. Geldern.
N. Müller.
311
Gesetzsammlung
Fuͤrstlich Reußischen Lande juͤngerer Linie.
No. 206.
1) Landesherrliche Verordnung, das polizeiliche Verfahren gegen ausländische Landstreicher, Betller und
Störer der öffentlichen Ruhe, sowie die desfallsige Kompetenz der Behörde betr. J. d. 28. Junl 1857.
Wir Heinrich der Sieben und Sechzigste von Gottes Gna-
den Jüngerer Linie regierender Fürst Reuß, Stammes Ael-
tester, Graf und Herr von Plauen, Herr zu Greiz, Kranich-
feld, Gera, Schleiz und Lobenstein 2c. kc.
verordnen zur Beseitigung der Zweifel über das polizeiliche Verfahren gegen ausländi-
sche Landstreicher, Bettler und Störer der öffentlichen Ruhe, sowie über die desfallsige
Nompetenz der Behörden Folgendes:
8. 1.
Die Schlußbestimmung des §. 5 der Regierungsverordnung über den Schub aufge-
griffener Vaganten vom 9. Mal 1809 ist hiermit außer Krast geseht.
8. 2.
Ausländer, welche sich im Inlande der Landstreicherel, des Bettelns oder der Stör-
ung der öffentlichen Ruhe durch Völlerei, Straßenskandal und sonst schuldig machen, sind
a) das erste Mal mit Gefängniß bis zu 14 Tagen,
bh) beim ersten Rückfall mit Arrest von 8 Tagen bis zu vier Wochen und
u.e) beim zweiten Rücksall mit solchem bis zu sechs Wochen
polizeilich zu bestrafen.
. 3.
Außerdem sink dergleichen Ausländer beim zweiten Rücksall (§. 2c.) Polizeiwegen
aus dem Lande auszuweisen.
Ausgegeben den 29. Juli 1857. 50
312
Die Zeitdauer der Ausweisung, nicht unter einem Jahr und nicht über fünf Jahre,
ust in dem Polizeistrafbescheid mit auszusprechen, auch zugleich in diesem, oder wenigstens
bei dessen Eröffnung an den Straffälligen, auf die im Fall des Bruchs der Ausweisung
in dem nachstehenden F. 4 angeordnete Strafe zu verweisen.
8. 4.
Derjenige Auslaͤnder, welcher, nachdem er in Folge der Auordnung im 8. 3 aus
dem Lande ausgewiesen worden, innerhalb der Zeit der Ausweisung dahin ohne polizei-
liche Erlaubniß zurückkebrt, ist das erste Mal mit Arbeitöhaus bis zu zwei Monaten, das
zweile Mal mit Arbeitshaus bis zu vier Monaten und das dritte Mal mit solchem bis
zu sechs Monaten polizeilich zu bestrafen.
Bei jedem derartigen Straffall ist die fernere Dauer der Ausweisung von Neuem
in dem Polizeistrafbescheid zu betimmen und ebenfalls zugleich in diesem, oder wenigstens
bei dessen Publikation auf die für den Fall des wiederholten Bruchs der Ausweisung
angedrohte längere Arbeitshausstrase zu verweisen.
Bei weitern Rückfällen kann die Strafe bis zu zwei Jahr Arbeitshaus gesteigert
und neben derselben nach vorgänglger Androhung körperliche Züchtigung ausgesprochen
werden.
8. 5.
1) So lange die Ausweisung aus dem Lande nicht ausgesprochen worden ist, kann
gegen einen wegen der im F. 2 bezeichnelen Polizeivergehen zum dritten Mal
und weiter rückfällig gewordenen Ausländer nur die für den zweiten Rückfall im
K . 2 unter c. angeordnete Strafe von Gefängniß bis zu sechs Wochen polizeilich
erkannt werden.
2) Ist zwar die Ausweisung ausgesprochen, jedoch nicht auf die durch den Bruch
derselben verwirste Arbeitshauostrafe verwiesen, so ist ein solcher Bruch nur mit
Gefängniß bis zu acht Wochen zu bestrafen.
Ferner sind
3) die im F. 4 wegen wiederholten Bruchs der Ausweisung angeordneten längern
Arbeitshausstrafen nur dann auszusprechen, wenn der Straffällige darauf in dem
vorhergehenden Poligeistrafbescheid oder bei dessen Eröffnung verwiesen worden ist,
außerdem nur die früher angedrohte Arbeitshausstrafe.
4) Die Strafe wegen Bruchs der Ausweisung begreist zugleich die Strafe wegen
eines etwa zugleich verschuldeten, im §. 2 bezeichneten Polizeivergehens in süch.
8. 6.
Alö kompetente Behörden für das Untersuchungsverfahren und für die erste Ent-
scheidung werden hiermit
313
1) Unsere Kriminalgerichte zu Gera, Schleiz und Lebensiein, ein jedes für den ihm
zugewiesenen Bezirk, jedoch mir Ausnahme der nachstehend unter 2 den Gemein=
devorsiänden in den Städten zugewiesenen Straffälle und
2) die Gemeindevorslände in den Städten für ihre Gemeindebezirke rücksichtlich der
im §. 2 unter a, b und c aufgeführten Straffälle
bezeichnet.
Die Gemeindevorstände in den Städten haben bei Bestrafung des zweiten Räckfalls
(5. 2 unter c) zugleich die Ausweisung aus dem Lande auszufprechen.
8. 7.
Gegen die Entscheidungen der bezeichneten Behörden ersier Instanz sindet Rekurs an
Unsere Regierung, welcher binnen drei Tagen nach erfolgter Publikation bei Verlust
deoselben anzumelden ist, statt. Bei der Entscheidung Unserer Regierung hat es sein Be-
wenden und ist ein weitered Rechtsmittel nicht zulässig.
g. 8.
Unsere Regierung hat das Geeignete anzuordnen, damit die bei jeder der im 8. 6
bezcichueken Behörden vorkommenden Bestrafungen den übrigen bekannt werden.
8. 9.
Kriminalrechtlich kann die Auswelsung aus dem Lande ferner nur in den durch den
Art. 20 des Strafgesetzbuchs vorgesehenen Fällen erkannt werden.
Polizeiliche Ausweisungen von Ausländern auch in andern, als den in der vor-
stehenden Verordnung bezeichneten Fällen sind durch die Lehtere keineswegs ausgeschlossen.
Urkundlich unter Unserer eigenhändigen Unterschrist und Beisügung Unsers Fürstli-
chen Insiegels.
Schloß Thallwih, den 26. Juni 1857.
(L. S.) Heinrich LXVII.
v. Geldern.
314
2) Reglerungs · Verorbnung, die polizeiliche Beaufsichtigung von npsmascinen und anderen
Dampfkessel-Anlagen betr., vom 25. Juli 1
Auf Höchsten Landesherrlichen Befehl sind die gadumnn unter welchen die Auf-
stellung von Dampfkesseln zu gestatten und die Grundsätze, nach welchen bei der, im äf-
sentlichen Interesse nothwendigen besonderen Beaussichtigung von dergleichen baulichen An-
lagen zu verfahren ist, einer genauen Erwägung unterzogen worden, und es werden dem-
zufolge in Uebereinstimmung mit den Polizeigeseen der Nachbarländer nachstehende Be-
stimmungen getroffen.
8. 1.
Zu Ausstellung, Ingangsetzung, Translokation, Umbau oder wesentlicher Veränderung
eines Dampfkessels, derselbe sei für den Betrieb einer Dampfmaschine oder zu andern
Zwecken bestimmt, ist die Genehmigung der zusiändigen Polizeibehörde erforderlich. Als
solche ist anzusehen für den Landestheil Schleiz das Landrathsamt zu Schleiz; für
den Landestheil Lobensiein-Ebersdorf das Landrathsamt zu Ebersdorf; für die
Landgemeinden des Landestheils Gera das Laudrathsamt daselbst, für die Stadt Gera
der dasige Stadtrath, und zwar diese leptere Behörde in demselben Umfange, wie der-
selben die Vaupolizel durch die Verordnung vom 16. Oktober 1854 übertragen ist.
Unter Dampfkesseln sind hier alle Apparate, in denen sich Däwyfe entwickeln oder
entwickeln können, deren Spannung die der Almosphäre übersieigt, verstanden; daher auch
alle Dampferzeugungsapparate für Brennereien, Destillationen, chemische Fabriken u. s. w.
nicht minder Wasserheizungsapparate, welche Räume von erheblicher Niveaudifferenz
uUufassen.
8. 2.
Bei allen in Verfolg der Ausführung dieser Verordnung nöthig werdenden techni-
schen Erörterungen und darauf beruhenden Emscheidungen konkurrirt mit der Polizeibe=
Hörde ein technischer Beamter, welcher dazu Alegierungswegen mit besonderm Auftrage
versehen wird.
8. 3.
Dem Antrage auf Ertheilung der Genehmigung zur Anlage eines Dampfkessels oder
solcher in §. 1 gedachter Apparate sind behufs der Erläuterung nachstehend genannte Beich-
nungen und Beschreibungen, insoweit solche zur Beurtheilung des Erfülltseins der in §. 4
ersichtlichen, in jedem einzelnen Falle einschlägigen Bestimmungen erforderlich sind, in zwei
Exemplaren beizufügen:
a) ein Situationsplau, welcher die zunächst an den Ort der Aufstellung loßenden
Grundstücke umfaßt und in einem hinreichende Deutlichkeit gewährenden Maßstabe
b
o0)
d
e
—.
315,.
aufgetragen ist, um die Entfernung der nächsten Gebäude, (bel welchen die Höbe
und die Art der Bedachung in der Erklärung angegeben sein muß), der nächsten
öffentlichen Wege und etwaiger, zu Einwendungen gegen Dampfkesselanlagen Ge-
legenheit gebender gewerblicher Anlagen, z. B. Bleichereien, ersehen zu können;
der Bauriß des Kesselhauses. oder des Gebäudes, in dem der Kessel, resp. der
Dampferzeugungsapparat ausgestellt werden soll, auf welchem der Standpunkt des
Kesselofens und der Maschine, resp, der Dampfapparat, der Standpunkt, sowie
die Dimensionen und das Material des Schornsteins, insbesondere auch die Di-
mensionen des Aufstellungslokals, die Beschaffenheit und Stärke seiner Umfassungs-
wände sammt Thüren und Fenstern, die Art der Bedachung, bei eingebauten Res-
seln u. s. w., die Beschaffenheit und Bestimmung der oberhalb und neben dem Ausstel-
lungslokale (Kesselhause) befindlichen Räume, die Stärke und Substanz der diese
letztern vom Kesselhause trennenden Wände genau angegeben sein muß; hierzu
kann den Umständen nach ein einfacher Grundriß und eine Längenansicht oder
ein Durchschnitt genügen;
eine Zeichnung des Kesselofens nebst Kessel in einfachen Linien, aus welcher die
Größe und Gestalt des Kessels durch Aufriß-, Längen= und Querdurchschnitt ge-
nau ersichtlich ist, die Größe der vom Feuer berührten Flächen berechnet werden
kann und die Höhe des Wasserstandes über den Feuerzügen genau zu ersehen ist;
eine Beschreibung, in welcher die Dimensionen des Kessels oder Apparats, die
Stärke und Beschaffenheit des Materials, die Art der Zusammensetzung der Kes-
seltheile, die Anbringung., Dimensionen und Beschaffenheit der Sicherheitsventile
sammt den kleinsten Querschnitten ihrer Ausströmungsöffnungen, die Größe der
Dampfdruckflächen, die Breite der Verschlußflächen, die Verhältnisse des vorhan-
denen Belastungshebels und die Größe des Gewichts, ferner die Elnrichtung der
projektirten Wasserstandszeiger, sowie der sonst erforderlichen Sicherheitsvorricht-
ungen und des Speiseapparats rücksichtlich seiner Lieferungsfähigkelt genau ange-
geben sind;
werden mehrere Kessel zu gegenseitiger Unterstützung beabstchtigt, so muß aus der
Anzeige die Art ihrer Verbindung und gegenseitigen Aufstellung und überhaupt
hervorgehen, wie der Bestimmung in F. 4 genügt werden soll;
eine Angabe über Bestimmung des Kessels oder Apparats und über die beabsich-
tigte höchste Dampfspannung in Atmosphären. Die Ammosphärenzahl ist nicht
nach der Differenz zwischen dem innern Dampfdrucke und dem wirklichen äußer-
lichen Atmosphärendruck, sondern nach der gesammten Spannung der Dämpfe im
Kessel anzugeben; überhaupt ist im ganzen Texte der gegenwärtigen Verordnung
durchgängig die Dampfspannung als maßgebende Größe angenommen, nicht:
316
aber der Manometer- oder der sog. Ueberdruck, welcher lehtere eine Atmod-
phaͤre, die durch den äußeren Atmosphärendruck ausgeglichen wird, weniger zählt;
bezüglich der Dampfmaschinen genügt die schriftliche Angabe über die Krast, ob
sie mit oder ohne Kondensation sei, und welche Arbeit sie betreiben soll, ohne daß
ein weiteres Eingehen in ihre Koustruktion durch Zeichnung ersorderlich ist;
endlich ist der Name des Erbauers des Kessels und der Dampfmaschine anzuge-
ben, ingleichen ob der Kessel bereits probirt worden, wo und auf welche Spann-
ung dies geschehen.
Auch ist
das anzuwendende Brennmaterial zu bezeichnen.
K) Andere elwa im Interesse Dritter oder zum Zweck der Wahrnehmung allgemeiner
polizeilicher Rücksichten erforderlich erscheinende Erörterungen, 3. B. wegen des
Abflusses des Kondensationswassers, der Anlage von Wasserbehältern rc. bleiben
vorbchalten.
Bei Erlaubnißgesuchen, welche sich auf Veränderungen, Umbau oder Translocir=
ungen von Dampfkesseln beziehen, kann in Bezug auf diejenigen Theile der An-
lage, von welchen bereits behufs der ersten Anlage die erforderlichen Zeichuungen
eingereicht sind auf die frühern Beilagen verwiesen werden, insoweit sie keine
Vcränderung erleiden, und sind sonach nur von dem sich verändernden Theile der
Anlage ausführliche Zeichnungen und Beschreibungen nach obiger Vorschrift vor-
zulehen.
1#
.
—
—
8. 4.
Im Allgemeinen ist die Ertheilung der nach F. 1 erforderlichen Genehmigung im
allgemeinen polizeilichen Interesse von folgenden Bedingungen abhängig, und es wird
sich aus der Prüfung der Pläne (§. 3) erst ergeben, inwieweit von den vorgeschriebenen
Sicherheitsmaßregeln im einzelnen Falle abgewichen werden darf:
à) Dampkessel, in denen die Dampfspannung 2 Atmosphären übersteigt oder deren
Rauminhalt mehr als 350 Kubikfuß beträgt, dürfen künftighin nur in solchen
Häusern aufgestellt werden, welche nicht überseht sind, keine Wohnungen und
Werkstätten enthalten und nicht mit Dächern anstoßender Gebäude, wo derglei-
chen sich befinden, im Zusammenhange siehen. Werden Ausnahmen von dieser
Bestimmung beantragt und lassen gewichtigere Umstände eine Abweichung zuläsüg
erscheinen, so ist zu erörtern, ob und welche Bedingungen behufs der erforderli-
chen Sicherheit zu stellen sein möchten. Hierher gehört bei Wegfall eines abgeson-
derten Kesselhauses vor allen Dingen eine verhältnißmäßig beträchtliche Räumlich=
keit des Orles, wo der Kessel aufgestellt werden soll, welche den Rauminhalt
—
[]
317
des Kessels sammt Ofen wenigstens um das 25 bis 30fache übersteigen muß;
ferner ist mit Berücksichtigung der benachbarten und oberhalb befindlichen Räume
und ihrer Benutung die Konstruktion und Stärke der Wände und der Decke zu
zu prüfen, endlich die Verminderung der noch übrigen Gefahr durch gröbere
Stärke der Kesselwände, Anbringung eines Lärmschwimmers u. s. w. in Betracht
zu ziehen;
Danpfkesselhäuser sind, insofern seltige nicht von allen Seiten frei stehen, nicht
mindeslens 50 Ellen von allen anderen Gebäuden, und nicht mindestens 25 El-
len von öfsentlichen Wegen entseint sind, nur mit massiven Umfassungen und
mit thunlichst leichten, aber mit feuerfestem Material einzudeckenden Dächern ohne
vollständige Valkenanlage zu versehen.
Nur bei von allen Seiten freistehenden und in größeren, als den vorstehend
bemerkten, Entferuungen von andern Gebäuden und von öfsentlichen Wegen ge-
legenen Danpffesselhäusern darf zu deren Wänden Holzwerk unter Befolgung der
nachstehend unter e. enthaltenen Vorschriften in Anwendung kommen.
Die an der Grenze eines benachbarten Grundsiücks stehende oder an ein an-
deres Gebäude anstoßende Seite des Kesselhauses muß, wenn deren Entfernung
von jenem nicht über 10 Juß benägt, aus einer Mauer besiehen, welche um die
Hälste stärker, als die übrigen freisiehenden Umfassungswände und mindestens 18
Zoll stark ist, es sei denn, daß die anstoßende Mauer eines demselben Besiper
gebörigen Gebäudes, soweit sie den Kesselraum begienzt, von allen, nicht für die
Verbindung des Kessels mit der Dampfmaschine, oder für Fortkleitung der Bewegung
unerläßlichen Oeffnungen frei und selbst hinreichend stark ist. In den schwachen
Umfassungswänden, welche nicht Grenzwände sind, können Fenster und Thüren
angebracht werden.
Wo wegen lokaler Hindernisse die Dampfmaschine nicht im Kesselhause selbst
oder in einem besondern, an das Kesselhaus anstoßenden, nicht übersehten, und in
allen Beziehungen der zub g. enthaltenen Vorschrift entsprechenden Maume, dessen
Verbindung mit dem Kesselbause durch eine Thür jedesfalls zulässig ist, aufgestellt
werden kann, soll die Anbringung einer Verbindungsthüre aus dem Kesselraume
in den Maschinenraum dennoch gestattet sein; jedoch ist dle Anordnung zu treffen,
1) daß die Längenachse des Kessels mit der Wand, in welcher die Thüre ange-
bracht werden soll, parallel liegt;
) daß die von der Thür zu durchbrechende Wand doppelt so stark als die äu-
ßeren Umfassungswände des Kesselhauses, mindestens eine Elle stark und
daß die Thüröffnung selbst nicht über 3½ Ellen im Lichten hoch und nicht
über 1½ Elle im Lichten weit ist.
8
“
318
c) Bei Aulage siehender Dampfkessel in der Nähe öffentlicher Straßen, (worunter bloße
.
-
—.
#
m
Feldwege nicht begriffen sind) muß durch angemessene Enkfernung von der Straße
oder Bestimmung der Wandstärken des Kesselraums möglichst verhindert werden,
daß in Explosionsfällen Fragmente auf die Straßen geworfen werden; auch ist
dafür zu sorgen, daß das Geräusch des aussirömenden Dampfes von der Straße
aus nicht in störender Weise wahrgenommen werden kann.
Trausportable Dampfmaschinen bedürfen, nach erfolgter Prüsung und Genehmigung
des Kessels, zum Betrieb im Freien an Orten, die mindestens 100 Ellen vom
nächsten bewohnten Gebände und der nächsien öffentlichen Straße entfernt sind,
nicht erst besonderer Genehmigung; in allen andern Fällen ist lehtere dagegen
erforderlich.
Für den Betrieb der Lokomotiven auf Eisenbahnen leidet dies indeß keine
Anwendung.
Die Entfernung der Kesselmauer von den Umfassungswänden des Kesselhauses muß
a) wenn leptere von der Haussohle an aus Bundwerk bestehen, mindesiens 13/
Ellen,
b) wenn solche wenigstens bis zur Höhe der Kesselmaucrung massiv sind, minde-
.) wenn sie völlig massiv find und zugleich einen anstoßenden Raum einschließen,
mindesiens 6 Zoll
betragen. Auch muß das nächste Holzwerk über dem Kessel mindesiens 3 Ellen
von der oberen Kesselmauerung entfernt bleiben.
Die Züge des Kesselofens sollen mit ihrer obern Begrenzung noch mindestens 4
Zoll unter dem Nivean des niedrigsten Wasserstandes liegen; nur für Kessel von
weniger als 40 Joll Durchmesser genögt es, wenn die Züge des Kesselofens
mit ihrer vbersten Begrenzung um den zehnten Theil des Kesseldurchmessers unter
dem Nivean des niedrigsten Wasserstandes liegen.
Die Wasierstandslinic ist außerhalb an der Vorderseite des Kesselofens oder
Kessels deutlich anzugeben.
Die Esse soll in der Regel gemauert, mit eigner massiver Gründung versehen,
durchgehends in einer der Weite und Höhe (mit Nücksicht auf eine in besonderen
Fällen vielleicht nöthig werdende Erhöhung) entsprechenden Stärke, ohne alle Be-
tübrung mit Holzwerk oder andern Brennstoffen, aufgeführt werden. Jede solche
Esse soll in der Regel den Forst des höchsten innerhalb 50 Ellen Entfernung
liegenden fremden Gebäudes um 10 Ellen überstelgen und mindestens 25 Ellen
hoch sein.
Metallessen sind für siehende Dampfkessel nur dann zulässig, wenn das nächste
—
319
Gebäude der benachbarten Grundstücke mit harter Dachung 50 Ellen, mit Schin-
del= oder Strohdachung mindestens 100 Ellen entfernt ist.
In besonderen Fällen ist die Vorschrift einer größern Essenhöhe oder anderer
auf Verminderung der Belästigung benachbarter Grundbesiper durch Rauch,
Ruß re. abzweckender Vorkehrungen nicht ausgeschlossen. Treten dergleichen Be-
lästigungen, nachdem der Dampfkessel in Betrieb gesetzt worden ist, dennoch her-
vor, so ist der Unternehmer zur nachträglichen Beseitigung derselben, sei es durch
Erböhung der Schornsteinröhre, sei es durch andere anzuordnende Vorkehrungen,
verpflichtet. Ueberhaupt bleiben in dieser Beziehung alle Bestimmungen des Pri-
vatrechto wegen Schadensersat u. s. w. ungeändert. Die Einführung allgemeiner
Bestimmungen in Bezug auf Rußverbrennung bleibt vorbehalten. —
Jsolirt liegende Anlagen sind natürlich an diese Vorschristen, lusoweit eine
Veranlassung zu solchen nicht vorliegt und so lange sie isolirt bleiben, nicht ge-
Eben so kann auch bei kleinen Dampfkesselfeuerungen, bei welchen der durch
den Schornstein abzuführende Rauch nur dem bei einer gewöhnlichen Ofen., Kü-
chen= oder Waschkesselfeucrung stansindenden gleich zu erachten ist, eine geringere
Schornsteinhöhe gestattet und von dem Anspruch auf einen ganz frei stehenden,
außerhalb der Gebäude aufzuführenden Schornstein abgesehen werden.
Den im Vorstehenden sowie überhaupt in gegenwärtiger Verordnung vorkom-
menden Ellen-, Juß= und Zoll-Maaßen ist das Leipziger Werkmaaß zu Grunde
gelegt.
— von Mefssingblech und Gußeisen zu den Wandungen der Dampf-
kessel ist untersagt und nur für die einen integrireuden Theil derselben nicht bil-
renden Aufsägze, Deckel u. s.w. zulässig. Für Flammenröhren der Röhrenkessel bis zu
5 Zoll lichter Weite ist die Venwend#ung von Messingblech gestattet. Die Wand-
stärke jedes Dampfkessels an allen Theilen muß mindestens die der Dampfspann-
ung und der Weite des Kessels entsprechende sein; und zwar müssen
I. bei Dampfkesseln von Cylindrischer Form die Wände des Kessels, sowie der
Siede= und Heihröbren, nach Verhälimiß ihrer resp. Durchmesser, an ibren
schwächsten Stellen die aus der beigegebenen Tabelle I. erüchtlichen Stärken
haben, in keinem Falle aber darf letztere 15 Millimeter übersteigen, da dies
erkahrungsmäßig als zuläsüges Maximum der Wandstärke aufgestellt ist, wo-
durch sich zugleich der für höhere Dampffpannung zulässige gröhte Durch-
messer der Kessel aus jener Tabelle bestimmt.
Wenn bei stehenden Kesseln die obere Wand shwäcker ist, als die un-
tere, se ist, wenn die Differenz beider Wandstärken nicht über * der obern
5
320
beträgt, die untere, sonst aber nur die um ½ vermehrte obere der Berech-
nung der zulässigen Spannung zu Grunde zu legen.
Für Kessel unter zwei Aimosphären Spannung ist jedenfalls die für zwei
Atmosphären berechnete Wandstärke zu fordern und eine geringere überhaupt
unzulässig.
II. Bei nicht-chlindrischen Dampfkesseln sind die Wandungen angemessen stärker
zu machen und ist für gehörige Verankerung und sonstige Verbindung der
Kesseltheile unter sich Sorge zu tragen.
Für Kessel mit ebenen Wänden lassen sich sonst zwar kelne speziellen
Vorschristen geben; dagegen mag für die Stärke der Verbindungstheile als
Anhalt dienen, daß
kupferne und eiserne Ankerbolzen einer größern Spannung als 8000
Pfund per Quadratzoll nicht ausgeseyt werden dürfen,
und daß
die Last, welche der Probedruck des Kessels auf Ankerschienen erzeugt,
3
nach der Tredgold'schen Formel g = 2881 ... worin B und ll
in Zollen, L aber in Fußen gegeben ist, berechnet werden soll.
Als ein Haupterforderniß ist bei Prüfung der Kessel ins Auge zu fassen, daß die
Blechplatten der Kessel frei von Rissen und andemn eine schlechte Qualität des
Blechs anzeigenden Unvollkommenheiten, durch sorfältige Nietung verbunden und
auf den Wechsel sowohl innen als auhen tüchtig verstemmt seien.
) Jeder Daupfkessel muß der nach Anleitung von §F. 6 vorzunehmenden Kesselprobe
unterworfen werden und ist mit dem Zeichen, welches die höchste zulässige Span-
nung angiebt, zu versehen. Schon probirte und mit dem entsprechenden Jeichen
versehene Kessel sind nur dann nicht noch einmal zu probiren, wenn auher den
gerichtlichen Zeugnissen über die nach Maßgabe gegenwärtiger Verordnung mit
günstigem Nesultate bestandene Probe auch die Beweise der Identität des Kessels
beigebracht werden können, oder wenigsiens der technische Beamte durch Nachmes-
sung der in den Zeugnissen angegebenen Dimensionen die Ueberzeugung von der
Identität gewinnt.
) Jeder Dampfkessel ist (außer in den unter m und p erwähnten Fällen) mit zwei
Sicherheitsventilen zu versehen, deren jedes einen aus Tabelle II ersichtlichen
Querschnit der Ausströmungsöffnung hat, und deren ringförmige Vaschlußfläche
eine Breite von ½0 des Durchmessers der Drucksläche am Ventile, höchstens aber
von 2 Millimetern hat.
Diese Ventile sind direkt oder durch Vermiktelung eines Hebels, aber stets
—
321
nur mit einem aus einem Stück bestehenden Gewichte, dessen Schwere der
hochsten zuläsiigen Spannung und der Größe der Dampfdrucksläche des Ventils
entspricht, zu belasten, wie in Tabelle Ill berechnet ist.
Bei Hebelbelastung ist die Hebellänge und das Gewicht so zu berechnen, daß
das Gewicht für das Maximum der zulässigen Dampfspannung am äußersten Ende
des Hebels anzuhängen ist; die Ventilgewichte sind mit der Jahl der Zollpfunde
alzustempeln. Jede Vermehrung des Gewichts oder Erschwerung des Spiels der
Sicherheitsventile während des Betriebs ist sireng untersagt.
Ein Sicherheitsventil muß ganz frei liegen, während die Vergitterung oder
sonstige Umschließung des zweiten nicht geradezu untersagt wird. Es ist aber
alsdann jedesfalls die Einrichtung so zu treffen, daß man bei Revisionen auch
dieses Venul während des Betriebs des Kessels von seiner Vergitkerung oder Um-
schliehung vollständig befreien kann.
) Für Dampfkessel, deren gesammte Heizfläche 40 CFuß nicht übersteigt, genügt
ein Sicherheitsventil, jedoch von einem 1½ Mal so grohen Durchmesser der Aus-
strömungsöffnung, als der nach Tabelle U vorgeschriebene.
Jeder Damrfkessel, jedoch mit der unter p gestatteten Ausnahme, ist mit einem
gläsernen Wasserstandsrohre und außerdem noch entweder mit einem zweiten der-
Fleichen Wasserstandsglase, oder mit einem Schwimmer, oder mit drei Probir-
hähnen mit hinlänglich weiten Röhren zu versehen.
Der technische Beamte hat die Fälle zu bezeichnen, wo wegen der Qualität
des Speisewassers Probirhähne unerläßlich sind uitd wo ausnahmsweise, nament-
lich wegen trüber und schlammiger Speisewässer, anstakt des Wasserstandsglases
ein gehörig gangbarer Schwimmer anzuwenden ist.
Der Zeiger des Schwimmers muß den zulässigen niedrigsten und den ge-
wöhnlichen mittlern Wasserstand im Kessel richtig angeben, und die Nohre der
drei Probirhäbne resh. in den Niveaus des ltiessten zuläsügen, des gewöhulichen
mitrlern und des höchsten Wasserstands des Kessels münden.
) Mit jedem Dampfkessel, mit Ausnahme der unter pgedachten kleinern, ist direkt
durch ein mindestens ½ Zoll im Lichten weites Nohr ein Manometer zu ver-
binden, dessen die Spannung in Atmosphären angebende und die höchste zulässige
Spannung ganz besonders markirende Skala vom Plape des Heizers aus sicht-
bar setn muß. Das Manometer muß ein offenes sein, und sein Steigrohr darf
die höchste zulässige Spannung um höchstens ½ Anmosphäre übersteigen.
Bel transportablen Dampfkesseln ist statt des offenen Manomekers ein gut.
konstruirtes Federmanometer zuläsig.
p) Für kleine Dampfkessel von höchstens 3 Fuß Durchmesser und 8 Juß Länge, in
51
—
2
—
322
denen die Dampfspannung 1½ Atmosphäre nicht überschreitet, sind siatt der un-
ter 1, n und o vorgeschriebenen Apparate genügend: ein Wasiserstandsglasrobr=
oder zwei Probirhähne und ein Stand= und Sicherheitsrohr. Lepteres soll einen
eben so großen lichten Durchmesser haben, wie die Oeffnung eines Sicherheite-
ventils nach der Tabelle II für den betreffenden Kessel baben müßte, soll höch-
stens bis zum Nivean der Abdeckung der umlaufenden Feuerzüge in den Kessel
hinabreichen und darf eine lothrechte Höhe von 20 Juß über dem Nivcau des
niedrigsten Wasserstandes nicht übersteigen.
Jeder Dampfkessel ist mit einer gut konsiruirten und sicher wirkenden Speise-Vor-
nichtung von solcher Lieferungsfäbigkeit zu versehen, daß das bei dem lebhaftesten
Feuer verdampste Wasser vollständig ersetzt werden kann.
Für möglichste Reinheit des Speisewassers ist Sorge zu tragen.
Sind mehrere Kessel verbunden, so muß jeder für sich die unter I, n# und o ei-
wähnten Apparate besiten, besonders gespeist und nach Bedürfniß von dem an-
dern unabhängig gemacht werden können. Die Verbindung der Kessel umer ein-
ander darf nur in den stets mit Dampf gefüllten Theilen statifinden.
Ausnahmen von allen den vorstehend unter à bis r verzeichneten Vedingungen,
obschon deren Rothwendigkeit z. B. bei Kesseln, welche mit sehr geringer Srann-
ung arbeitend für Waschanstalten, Färbereien u. s. w. benuyt werden, eintreten kann.
können nur von der Landesregierung gegen Uebernahme der Verpslichtung zu
Beobachtung der sodann etwa erforderlichen besondern Sicherbeitomaßregeln ge-
stattet werden. ·
SolltmsichdagcgeninkinzclnanålchlmitRücksichtültfdicLofalitåtund
dieInteressendchcstvcknudBewohnerdctbknachlmncnGrundstückcausikk
den erwähnten noch besondere Vorrichtungen nothwendig machen, so ist die Po-
lizeibehörde im Einverständnisse mit dem betheiligten technischen Beameten be-
fugt, auch solche bei der zu ertheilenden Vanuerlaubniß zur Bedingung zu ma-
chen, resh. deren spätere Anbringung zu verlangen. NRamentlich ist, damit die
für ein bestimmtes Prosekt beantragte Bauerlaubniß der spätern polizeilichen An-
forderung der Einrichtung von Verbesserungen nicht entgegenstehr, bei künftig mir
der Bauerlaukniß zu verschenden gewerblichen, mit größeren Feuerungen verbun-
denen Anlagen, die Erlaubniß siels nur mit der ausdrücklichen Bedingung zu
ertheilen, daß der Unternebmer, falls sich ergebe, daß die getroffenen Einrichtun-
gen nicht genügen, um Belästigungen oder Beschädigungen der benachbarten Grund-
besiter durch Rauch, Ruß re. zu verhüten, verpflichtet sei, solche Abänderungen
in der Feuerungsanlage und in dem Berriebe, wie in der Wahl des Feuerungs-
materials vorzunehmen, welche zur Beseitigung der Belästigungen und Beschädig-
323
ungen besser geeignet sind. Die ertheilte Bauerlaubniß hat überhaupt auf prl-
vatrechtliche Verhälmisse keinen Einfluß.
8. 5.
Die auf Ertheilung der Genehmigung zur Anlage eines Dampfkessels u. s. w. gestellten
Anträge sind, sofern die Ortspolizeibehörde nicht schon mit Rücksicht auf die gewählte Le-
kalität oder aus sonstigen polizeilichen Gründen die Gewährung des Gesuchs bedenklich
findek, in welchem Falle sie den Petenten sofort abfällig zu bescheiden hat, abschriftlich un-
ter Beisügung beider Exemplare der erläuternden Beilagen (K. 3) ohne Zeitverlust dem
betreffenden sechnischen Beamten zuzufertigen. Dieser hat binnen 14 Tagen sein schrift-
liches Gutachten darüber, ob die projeklirte Anlage den Bedingungen der Verordnung
entspreche, oder was etwa daran zu ändern sein werde, an die Polizelbehörde abzugeben,
welche hierauf die Genehmigung zur Eniichtung der Anlage, beziehentlich unter der Be-
dingung, daß die geforderten Abänderungen angebracht werden, erkheilen kann.
Das eine Exemplar der geprüften und genehmigten Zeichnungen nebst Beilagen wird
dann dem Ansuchenden beglaubigt wieder ausgehändigk, während das andere bei der Pe-
lizeibehörde aufbewahrt wird.
8 6.
Jñ die nach 8. 1.1 vorgeschriebene Kesselprobe noch nicht erfolgt, oder kann sie nicht
genugend bescheinigt werden, so ist dieselbe noch vor der Einmauerung des Kessels dunch
den technischen Beamten nach §. 14 der Instruktion vorzunehmen. In allen Fällen aber,
wo die Anlage von der Art ist, daß die Abdeckung der Feuerzüge nicht zu viel Zeit in
Anspruch nimmt, sind die technischen Beamten ermächtigt, bei neuen Anlagen die urch
zu bewirkende Kesselprobe sogleich mit der ersten Revision (§. 7) zu verbinden.
Jeder Kessel ist dabei auf einen Druck zu prüfen, welcher die beabüchtigte böchüe
Spxannung unter und bis mit 2 Atmosphären um 2, bei mehr als 2 bis mit I Mmme-
sppären um 3, bei mehr als 1 Atmosphären um 4 Amosphären uͤbersteigt. Dabei sind
nur Abstufungen von mindestens halben Atmosphaͤren zuläsũg.
Kessel mit ebenen Wänden, in denen die Dampfspannung 1½ Atmosphäre nie
überseigen soll, können ausnahmsweise nur auf 2½ Annvorhären-Spannung geprüft
werden.
Ueber solche Proben ist ein besonderes Prokokoll aufzunehmen, welches für jeden pro-
birken Ressel, dessen Dimensionen und Blechstärke, die höchste zulässsge Spannung und die
vom technischen Beamten zu berechnenden Durchmesser der Dampfausströmungokanale, der
Druck, und Voschlußflächen der Ventile, sowie die höchsien zulässigen Belastungen der
Ventile resp, bei Hebelbelastung das Verhältniß der Hebelarme enthält.
Auf die am Ressel anzubringende Messingrlate sind die Worte: „Probirt für
324
Atmosphären-Spannung“ zu graviren, und vom technischen Beamten ist diejenige Zahl
aufzuschlagen, welche die bei dem Betriebe des Kessels zulässige höchste Spannung angiebt.
Beschädigungen der Kessel durch die Prebe, in Volge zu geringer Festigkeit, geben
keinen Auspruch auf Entschädigung.
S 7.
Wenn die Anlage zur Ingangsepung sertig und hiervon der Behörde eine Anzeige
gemacht ist, so hat die Polizeibehörde den technischen Beamten zu einer Lokalrevision auf-
zufordern, welche er mit thunlichster Beschleunigung auszuführen hat. Der technische Be-
amte hat bei dieser ersten Revision zuvörderst durch genaue Vergleichung und Nachmes-
sung sich davon zu überzeugen, ob die Ausführung mit den approbirten Plänen vollstäu-
dig übereinstimme, hierauf, wenn dies nicht schon früher geschehen, die Stempelung der
Gewichte nach F. 4, 1 vorzunehmen.
Findet sich an dem schon probirten Kessel bei dieser Revision eine später entstandene
Beschädigung vor, so ist die Kesselprobe sofort bei der Revision zu wiederholen und die
Weite der Sicherheitsventile und deren Belastung von Neuem zu bestimmen. Sollte das
zur Kesselprobe Ersorderliche nicht sofort herbeizuschaffen sein, so ist ein anderweiter Ter-
min für die Revision anzuberaumen. «
UcbcrdicEkgelmisscdckNevisioubakdcrtechnische-Beamte«einvondemBksipek
der Anlage und bezichentlich dem Maschinisien mit zu unterzeichnendes Protokoll in dop-
pelter Ausfertigung aufzunehmen, und insbesondere hierin bei etwa zu machenden Aus-
stellungen die vorzunehmenden Abänderungen zu bezeichnen.
Soweit besondere Einwendungen Drilter gegen die Beschaffenbeit der Anlage aus
lokalen Gründen nicht bei der schriftlichen Begutachuung (C. 5) zur Erörkerung und Er-
ledigung gekommen snd, werden sie bei dieser ersten Hlevision mit zu erledigen sein.
8. 8.
Ergiebt sich bei dieser Revision kein Anstand und ist sonst kein Bedenken vorhan-
den, so ist dem Besiper des Dampfkessels ein von der Behörde und dem technischen Be-
amten zu unterzeichnendes Certisikat über die erkhrilte Erlaubniß zur Ingangsetzung aus-
zustellen, welches außer der allgemeinen Beschreibung des Kessels die höchsie zulässige
Dampfspannung, die Dimensionen der Ventile und die höchsie zulässige Belastung dersel-
ben deutlich enthalten muß und im Kesselraume autzuhängen ist.
Haben sich bei der Revision Abweichungen ergeben, so ist dem Beüiper deren Kor-
rektion aufzugeben und die Ertheilung des Certisikates bis zu deren Erfolge aufguschie-
ben. Der lechnische Beamte bat sich zum Protokolle darüber zu erklären, ob die vorge-
fundenen Mängel von solcher Bedeuung sind, daß zu Konstatirung der geschehenen Ab-
325
hülfe eine technische Nachrevision erforderlich ist, oder ob eine nochmalige Revision durch
den Polizeibeamten allein genugt.
Im leßteren Falle kann der technische Beamte das Certifikat vorläufig unterzeichnen
und es ist nur, unter Verantwortlichkeit der Polizeibehörde, die Unterschrift der Legteren
und Auslieferung des Certisikats bis nach geschehener Abhülfe zu verschieben.
8. 9.
Wo nach dem Wortlaute der gegenwärtigen Verordnung vor Erthellung der Er-
laubniß zu Ingangsetzung einer Anlage eine Dispensation von der einen oder andern
Bestimmung erforderlich sein würde, auch nach dem Urtheile des technischen Beamten diele
Dispensation völlig unbedenklich erscheint und erhebliche Gründe die Beschleunigung der
Inbetriebsetzung gebieten, da ist zwar jedesfalls wegen Ertheilung der Dispensation von
der Polizeibehörde der vorschriftsmäßige Bericht an die Regierung zu erstatten, auch,
bei neuen Anlagen, das Certifikat vor Erlangung der Dispensation nicht auszuhändigen;
indessen ist die Obrigkelt ermächtigt, unter ihrer und des technischen Beamten gemein-
schaftlicher Verantwortlichkeit vorläufig eine provisorische Erlaubniß zur Ingangsetzung zu
erkheilen.
8. 10.
Weder bei der Kesselprobe, noch bei den ersten Revisionen (5§. 6 und 7) t# die
Anwesenheit der Polizeibebörde erforderlich. Der technische Beamte kann aber in Fällen
von Renitenz und wo sonst Umstände vorliegen, die dies wünschenswerth machen, die per-
sönliche Bekheiligung derselben ausdrücklich verlangen. Nur in Fällen der letztern Art
darf für die Assistenz der Polizeibehörde liquidirt werden. In allen Fällen sind jedoch
nach §§. 1, 3, 4 und 7 die Anträge wegen Vornahme einer Kesselprobe oder wegen Ver-
anstaltung der Revision an die Polizeibehörde zu richten, welche den technischen Beamten
zu benachrichtigen hat, und der Lepytere hat den für Vornahme der Kesselprobe oder Re-
vision bestimmten Tag wiederum der Polizeibehörde behufs Benachrichtigung der Bethei-
ligten mitzutheilcn.
8. 11.
Trockengerüste in Dampfkesselhäusern dürfen in keinem Falle über den Kessel oder
vor der Feuerung, an andern Stellen neben dem Kessel nur in 2 Ellen Abstand von
der Kesselmauerung, wenn fie von Holz sind, und nur in 1 Elle Abstand, wenn sie von
Eisen sind, angebracht werden. Ueberhaupt ist die Aufbewahrung brennbarer Gegenstände
irgend einer Art in dem Raume zwischen dem Kessel und der Decke des Kesselhauses un.
bedingt untersagt.
. 12.
Um sich in steter Ueberzeugung von Befolgung der Vorschrlften dieser Verordnung
326
zu erhalten, hat der dazu beauftragte technische Beamte alle in Betrieb befindlichen Dampf-
kessel eines Bezirks jährlich einmal zu revidiren und sich bei diesen Revisionen, welche
auch ohne Assistenz der Polizeibehoͤrde geschehen können, von der fortdauernden Tauglich-
keit aller in gegenwärtiger Verordnung als wesentlich bezeichneten Theile der Anlage,
von der stattgefundenen Abnuhung, sowie auch möglichst davon zu überzeugen, ob wäh-
rend des Berriebs eine zusällige oder geflissentliche Außergangsepung oder Erschmerung
des Spiels der Sicherheitsapparate u. s,kw stattgesunden habe. Eine Wiederholung der Kes-
selprobe ist nur im Falle einer eingetretenen Reparatur, oder wenn Grund zu der An-
nahme wesentlich verringerter Festigkeit vorliegt, erforderlich.
In jedem Falle ist aber der technische Beamte, sobald er Gründe zur Annahme sol-
cher Veränderungen hat, die sich nur im kalten Zustande des Kessels konstatiren lassen,
berechtigt, vom Besitzer die Kaltlegung des Kessels zu verlangen, um denselben auch von
innen untersuchen und, da nöthig, nochmals probiren zu können.
Nach jeder Revision hat der technische Beamte eine kurze Bemerkung unter das Cer-
##sikat zu bringen und über die Ergebnisse derselben ein vom Beüiper beziehentlich vom
Maschinisten mit zu unterzeichnendes Protokoll in der in §. 7 vorgeschriebenen Weise in
oppelter Ausfertigung aufzunehmen und das eine Exemplar an die Polizeibehörde ab-
zugeben, welcher dann die Aussicht über Abütellung der gerügten Mängel obliegt. In
riesem Protokolle sind die Ausstellungen in gleicher Weise, wie in dem ersten Revisions-
protokolle (F. 7) nebst den nothwendigen Abänderungen zu bemerken, zugleich aber ist
unter Berücksichtigung der praktischen Ausführbarkeit die Zeit anzugeben, innerhalb wel-
cher dem Uebelstande abzuhelfen ist, und ob eine Nachrevision unter Zuziehung deo icch-
nischen Beamten nötbig erscheinc oder nicht.
In dem Protokolle hat sich der technische Beamte sogleich darüber auszusprechen, ob
nach den gemachten Beobachtungen Grund zu der Annahme einer absichtlichen Komra-
vention, welche nach §. 19 der Verordnung zu bestrafen sein würde, vorliegt. Er hat
sich aber dabei alles weitern Eingehens zu enthalten, da die Handhabung der Strafke-
stimmungen den Polizeibehörden obliegt.
8. 13.
Erscheinen dem betheiligten Beamten bei dieser Revision vorhandene Mängel von
solcher Bedeutung, daß sie wirkliche Gefahr drohen, so hat er, ohne weitere Einwendun-
gen zu beachten, dem Besitzer des Kessels das Certisikat abzunehmen, sammt dem Proto-
kolle der Polizeibehörde einzusenden und diese davon in Kenntniß zu setzen, daß er bis
nach geschehener Beseitigung der Uebelstände die Außerbetriebseyung des Kesselo für nö-
thig erachte.
327
8. 14.
Sollten sich erst während des Betriebs einer Anlage erhebliche Velästigungen der
Umgebung oder sonstige Uebelstände ergeben, so hat bei diesen Nachrevisionen der techni-
sche Beamte auf Veranlassung der Polizeibehörde sein Augenmerk auch darauf zu rich-
ten, ob diesen Uebelständen durch eine, ohne unverhältnißmäßige Störungen und Kosten
auszuführende, Abänderung der Anlage begegnet werden kann, und dies ebenfalls im
Protokoll zu bemerken.
8. 15.
Die im §. 12 vorgeschriebenen Revisionen haben sich auch auf die bereits vor Er-
laß gegenwärtiger Verordnung gemachten Dampfkesselanlagen zu erstrecken und sind alle
diese älteren Anlagen, sofern dies noch nicht der Fall sein sollte, in möglichst kurzer Frist
und längstens innerhalb eines Jahres nach Erlaß dieser Verordnung, den 8. 4, 1—s an-
heführten Bedingungen gemäß, einzurichten.
Das Maximum der zulässigen Belastung der Ventile, der Durchmesser der Druck-
flächen und die Weite der Aussirömungskauäle der Venile für solche ältere Kessel ist
nach dem Ergebnisse der ersten Revision (womöglich nach Kaltlegung des Kessels und Vor-
nahme einer Kesselprobe) vom technischen Veamten zu bestimmen und, sobald diese Ein-
nichtungen in vorgeschriebener Weise erjoigt sind, das §. 8 vorgeschriebene Certifikat aus-
zustellen.
Was dagegen die Bestimmungen §. 4, a—k anlangt, so hat man sich bei ältern An-
lagen, selt st bei eintretenden Umbauen und Reparaturen, auf Beseitigung der dringend-
sten Uebelstände zu beschränken.
Nichtks destoweniger ist das Ergebniß der Revision sammt den dazu gehörigen Be-
merkungen ins Protokoll aufzunehmen und dabei anzugeben, in wieweit wenigstens ohne
große Kosien man sich den gesehlichen Anforderungen nähern könne, und dabei die be-
sonders dringlichen Punkie hervorzuheben. Die Polizeibebörde hat über solche Fälle an
die Regierung Bericht zu erstatten, welche dann ermessen wird, wie weit die Beüper zu
Abänderungen angrbalten werden sollen.
Hält es der technische Beamte für bedenklich, den Kessel ohne Probe zuzulassen, so
ist der Kessel kalt zu legen und sobald als möglich der Kesselprobe nach Vorschrist von
& 6 zu unterwersen, von deren Ergebniß dann die Ertheilung des Ceriifikats abhängt.
8. 16.
Behufs Ausfübrung der in 8. 15 erüchtklichen Bestimmung ist durch die betresfende
Polizeibehörde von den in ihren Bezirken vorhandenen ältern, noch nicht revidirten An-
lagen die Regierung zu benachrichtigen. welche sodann den lechnischen Beamten mit dem
urforderlichen Auftrag zu versehen hat.
2288
8. 17.
Den bei den Revisionen gerügten Mängeln hat jeder Besiter eines Dampfkessels
innerhalb der bei der Revision zu bestimmenden Zeit, bei Vermeidung der in §. 19 an-
gedrohten Strafen, abzuhelfen.
Bei gefahrdrohenden Uebelständen ist die sofortige Außergangsezung des Apparats
von der Behörde zu versügen und die Wiederingangsehung erst nach gründlicher, in fol-
chen Fällen durch technische Nachrevision zu kontastirende Beseitigung der Uebelstände zu
gestatten. Während dieser Zeit ist dem Vesiper das ausgestellte Certifikat abzunehmen
und erst mit der Erlaubniß zur Ingangsehung und zwar, da nöthig, mit den durch die
Reparalur oder Erneuerung erforderlich gewordenen Abänderungen wieder auszuhändigen.
8. 18.
Die Kosten der ersten Begutachtung, Kesselprobe und Revision sind bei neuen An-
lagen von dem Besiyer zu tragen. Die Kosien der regelmäßigen jährlichen Revisionen
trägt der Staat, mit Ausnahme derjeuigen Kosien, welche durch Nachrevisionen, von de-
nen der Besiper einer Anlage selbst Schuld trägt, und durch die in §. 10 erwähnten
Requisitionen veranlaßt werden. Diese sind von dem Kesselbesitzer zu bezahlen.
Wird Seiten des technischen Beamten in dem in F. 6 vorgedachten Falle die Kes-
selprobe mit der ersten Revtsion §. 7 vereinigt, so ist dafür nur einfach zu liquidiren.
8. 19.
Wer eine Dampflesselanlage nen errichtet, einen Dampfkessel ausstellt, verändert, um-
baut oder translozirk, deegleichen wer an irgend einem, durch diese Verordnung betroffe-
nen Theile einer Dampfkesselanlage eine Veränderung vornimmt, ohne die vorgeschriebene
Anzeige gemacht, und ohne die Ertheilung der Erlaubniß zur Ausführung der betressen-
den Neubauten oder Veränderungen, resp. die Ausfertigung des Certistkats über die er-
theilte Genehmigung zur Anbeizung und Inbetriebsetzung des Kessels abgewartet zu ba-
ben, verfällt, wenn der Kessel bis zum Bekannnerden der vorgekommencn Kontravention
noch nicht angeheizt und in Benieb gesetzt war, in eine Slaafe von
5 bis 100 Thalern;
wenn der Kessel aber bereits angeheizt und in Gang geseht war, in eine Strafe von
100 Thalern,
und es ist letzteren Falls der betreffende Kessel bis nach ersolgter Erfüllung aller vorge-
schriebeneu Bedingungen auger Betrieb zu sepzen.
Wer den bei den Revisionen gemachten Ausstellungen nicht innerhalb der bestium-
ten Zeit vollständig abhilst, verfällt in eine, im Wiederholungsfalle zu steigerude und
nach der Größe der aus der Unterlassung erwachsenden Gefahr zu bestimmende Strafe von
329
5 bis 100 Thalemn,
oder nach Befinden verhälmißmähige Gefängnißstrafe. Bei fernerer Renitenz ist zu
gänzlicher Untersagung des Betriebs zu schreiten. Absichtliche Störungen im Gange
und der vorgeschriebenen Anordnung der Sicherheitsapparate und sonstige vorsähliche Um-
gehung der Bestimmungen gegenwärtiger Verordnung sind, so weit nicht die Beslium-
ungen des Kriminalgesebuchs Anwendung leiden, nach dem Grade der Verschuldung
und verursachten Gefahr mit
5 bis 100 Thalern
vder entsprechendem Gefängniß zu bestrafen.
8. 20.
Wenn ein Dampfkessel explodirt, so ist Behufs der ersorderlichen technischen Eroͤr-
terungen ohne Zeitverlust elne Revision durch den technischen Beamten zu verankassen.
Zu diesem Behufe ist, so viel als thunlich, Alles in dem Zustande zu lassen. in dem es
sich unmittelbar nach der Explosion befand.
Unnöthige Veränderung dieses Zustands zieht eine Skrase von
25 Thalern
nach sich.
Der technische Beamte hat bei seiner Mitwirkung zu Ausführung gegenwärkiger Ver-
urdnung nach einer ihm dieserhalb zu ertheilenden Instruktion zu verfahren. Außer-
dem sind für Heizer und Maschinisten kurze Anweisungen unter OC beigegeben, von de-
nen bei jeder Dampfkesselanlage ein Exemplar vorhanden, womöglich im Kesselraume auf-
gehängt sein muß, und deren Inhalt bei Beurtheilung vorkommender Vernachlässigungen
als Anhalt dienen wird.
Die Bestlmmungen gegenwärtiger Verordnung treten von der Publikation derselben
an in Krast, und haben Alle, die es angeht, sich darnach zu achten.
Gera, den 25. Juli 1857.
Fürstlich Reuß-Mlauische Regierung.
v. de
Gel ren.
N. Müller.
330
Tabelle I.
Durchmesser Geringste Wandstärke des Kessels in Millimetern
des Kessels für Dampfspannungen von
in Metern. .
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Tabelle II.
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Tabelle III.
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in Mullun.
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2 5 20) 240% CAU. % 4% 5 %
34 „ 23 288328J 42 4 51, 56½: 60% 05
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Allgemeine Verhaltungemaßregeln für Heizer und Maschinisten.
1) Ein Heizer eder Maschinist muß ein durchaus nüchterner, ordentlicher, aufmerk-
samer, mit seinem Geschäfte wohl vertrauter Mann sein, denn er ist für allen Schaden
und alles Unheil verantwortlich, welche aus einem Fehler entstehen, den er hälte vermet-
den können und sollen. Kommen ihm daber Unordnungen und Unregelmäßigkeiten an
dem Daupfkessel und seinen Nebentheilen vor, denen er nicht selbst entsprechend abzu-
helfen im Stande ist, so hat er den Besiher des Dampfessels oder dirigirenden Mecha-
niker seiert in # zu setzen.
rist gleichmähig zu unterhalten. Zu rasches Stelgern der Hitze
oder Mretm erzeugen Risse und Beschädigungen des Kessels. Namentlich ist
beim Anfeuern die Hitze nur allmälig zu steigern und, wenn das Feuer gehr#rig in Gange
ist, das Brennmaterial in regelmäßigen Zwischenräumen und miglichst gleichen Mengen
auf den Rost zu biingen. — Soll die Damypfentwickelung unterbrochen werden, so ist
zuerst der Schieber der Esse zu schließen und dann die Feuerungethür zu öffnen. Dauert
die Unterbrechung länger, so ist auch das Brennmaterlal vom Roste zu entfernen. dhrt
auch dann noch die Dampfsrannung fort zu wachsen, so ist eins der Sicherheitsrentile
elwas zu heben und so lange gehoben zu halten, bis in Jolge der Dampfausströmung
der Manometerstand unter den gewöhnlichen herabgesunken ist. — Gegen das Ende der
Arbeitszelt werden die aufzugebenden Brennmoterialmengen so weit vermindert, daß eben
nur die nöthige Spannung erhalten wird. Beim Schlusse der Arbeit wird der Rest des
Breumnaterlals auf dem Roste mit Asche bedeckt, der Schieber der Esse geschlossen und
ebeuso die Feuerungsthür. Sollte nech zu viel Brennmaterial auf dem Roste sein, so
wird ein Theil entfemt. In keinem Falle darfk der Helzer das Kesselbaus eher verlassen,
als bis er sich überzeugt hat, daß das Manomeker zu sinken fortfährt.
Belm Anfeuern wird zuerst der Schieber der Esse gedffnet, dann die Feuerungsthür,
blerauf die Aschendecke vom Feuer weggezogen und klsches Brenumaterial aufgegeben.
3) Uebermäßige Steigerung der Verbrennung auf dem Herde, um die Dan##fent-
wickelung über das eigennlch für den Kessel bestlmmte Maß zu erhöhen, erzeugt zu rasche
Abnußung des dem Feuer ausgesetzten Kesselthelles, welcher Blasen bekommt und sich ab-
blättert. Ein solcher Zustand des Kessels ist gefahrdrohend und darf von dem Heizer,
nicht vernachlässigt oder verheimlicht werden.
4) Mit sauern oder solchen Wässern, welche Substanzen enthalten, die das Eisen
angreifen, darf ein Kessel nicht ohne Anwendung von Mitteln, welche die übeln Elgen-
schaften des Speisewassers aufheben, gespeist werden.
334.
5) Selbst das reinste Speisewasser bildet beim Verdampfen einen erdigen Absatz, wel-
cher, besonders wenn das Wasser Kalksolze enthält, sich in einen den Kesselwänden, be-
sonders am tieksten Theile des Kessels fest anhängenden Stein verwandelt, der die Mit-
tbeilung der Wärme an das Wasser erschwert, die Konsumtion an Brennmaterial ver-
Fröhert und die Abnutzung der Kesselwand beschleunigt. Man muß daher den Kessel von
Zeit zu Zeit sorgfältig reinigen, damit der Kesselstein nicht überhand nimmt, sich aber
dabei hüten, irgend ein Werkzeug, einen Lappen u. s. w. im Kessel zurückzulassen, da
solche Kömer die Ansammlung des Kesselsteins befördern. Sollte der Heizer bemerken,
daß sich der Kessel wegen seiner Ferm nur unvollständig reinigen läßt; so hat er dem
Eigenthümer dieses bemerklich zu machen. — Bek kalkhaltigen Wässern ist ferner die An-
wendung eines der bekannten, die Absetzung des Kesselsteins verzögernden Mittel, z. B.
das Einhängen eines mit gepulvertem Campecheholze gefüllten Säckchens in den Kessel
u. s. w. nicht zu unterlassen.
60) Beobachtet der Heizer, daß zwischen einem aufgeschraubten Deckel und dem Nande
Wasser eytweicht, so soll er nicht wöhrend des Betriebs die Schrauben anzieben, weil
dadurch leicht das Springen der Deckelplatte bewirkt und Unglück verursacht wird. Erst
nach Aufhören der Arbeit dürfen dle Schrauben angezogen werden.
7) Zweck der Sicherheitsventile ist, das Ansteigen der Dampkspannung auf einen der
Festigkeit des Kessels gefährlichen Grad zu verhlndern; also ist es höchst gefährlich, das
(Pewicht des Sicherheitsventils zu vermehren, den Helbelarm zu verlängern, rder gar
durch Verkittung, Fesikeklung u. s. w. dar Sviel des BVemils zu hindern. — Zedes
Sicherbeitsventil ist, um es im Gange zu erhalten, täglich zre reil, einige
Zeit lang weit genug zu öffnen, daß der angegebene Zweck erreicht wird. — Zuweilen
kommt es vor, daß ein Ventil, nachdem es geöffnet werden, nicht ur„çT ganz schließen
will und selbst unter der normalen Spannung Damyf entweichen läßt; genügt es dann
nicht, wenn man kurze Zeit die Hand auf das Ventil legt, um es zu schließen, so ist
dieses Dampfentweichen ein Zeichen, daß das Vemtil gereinigt und abgedreht werden muß.
Durch Ueberlastung darf man sich durchaus nicht helfen.
8) Das Manometer ist der wahre Führer des Leizers. Es steht durch ein Rohr,
in welchem ein Hahn angebracht ist, mt dem Dampfraume des Kessels in Verbindung.
Man oflegt, obgleich dies bei gut konstruirten Manomekern unnöthig ist, diesen Hahn zu
schließen, wenn die Arbelt aufhörk. Man muß sich siets huten, diesen Hahn zu rasch zu
öffnen, weil dadurch leicht ein Thell des QOnecksikbers, je nachdem der Druck im Kessel
slärker oder schwächer i#st, als außerhalb, nach außen oder innen aus dem Instrumente
berausgedrückt werden kann.
Der Heizer hat häufig die Vorrichtungen zu beobachten, welche den Wasserstand
im Kessel anzeigen; — hat dafür zu sorgen, daß die Wasserstandsröhren immer rein und
335
tlar, irei von Veistepfungen sind und daß die Schwimmer frei #pielen; Wasseistands-
lähne hat er oft spielen zu lassen, ohne sich auf die Augaben derfelben alleln zu verlas
sen. Nach Angabe der-Wasserstandszeiger, welche er mit der außerhalb am Kesselofen
markirten Wasserstandslinle vergleicht, hat der Hrizer die Spelseapparate so zu reguliren,
daß das Wasserniveau immer so wenig wie möglich von dieser Linte abweicht. Auch
wenn der Kessel einen selbstthätigen Speiseapparat haben sellte, ist der Heiter dadurch
seiner Verpflichtung zur Aufmerksamkeit auf den Wasserstand nicht enthoben. Unordnun-
gen in den Syeiseapparaten sind, sobald sie bemerkt werden, abzuändern und wenn dies
nicht ohne Weiteres gcht, die Maschine in Ruhe zu sezen. — Sollte es dem Hetzer trotz
aller Vorsicht begegnen, daß der Wasserspiegel zu tief sinkt, so ill sefert der Schieber der
Esse zu schliehen, dle Feuerungsthür zu öffnen und das Feuer zu vermindern, bis durch
die Thätigkeit der Speisepumpe das normale Wassernivean hergestellt ist. Ein Aufheben
der Slcherheitsventile in diesem Falle ist unzulässig.
Ist ein Bleiniet im Kessel vorhanden, welches schmilzt, sobald die Stelle, an welcher
es sitzt, innerlich einige Zeit von Wasser enkblößt blelöt, so ist dieses theils dazu da, in
solchen Fillen den Damyf entweichen zu lassen und Unglück zu verhüten, theils als Kon-
trole für den Heizer, da ein Schmelzen des Bleinieis und die dadurch berbeigeführte Un-
terbrechung des Dienstes stels Folge einer Verschuldung des Heizers sind. Einem auf-
merksamen Heizer sollte es nie begegnen.
Wo ein Lärmschwimmer vorhanden ist, um ein zu tiefes Sinken des Wasierstandes
anzuzeigen, giebt dieser dem Heizer das Zeichen, das Erforderliche zu besorgen; aber er
soll ihn keineswegs eigener Aufmerksamkelt entheben. Es ist daher ein Zeichen eines
schlechten und unachtsamen Heizers, wenn sich die Läruyseife oft hören läßt. Jedenfalls
muß aber der Lärmschwimmer in gutem Stande erhalten werden.
10), Der Heizer hat dafür zu sorgen, daß das Kesselhaus frei von Dingen bleibt,
welche die Arbeit hindern und die Gefahr einer Explosion vermehren könnten. Das Kes.
selhaus ist während der Feierstunden geschlossen zu halten, und darf den Arbeitern nicht
als Durchgang oder gar als Ausenthalt dienen.
337
Gesetzsammlung
Fürstlich Reußischen Lande jüngerer Linie.
No. 207.
1) Ministerialvererdnung vom 4. September 1857, die Privilegirung der Königl. Sichs.
Landeslotterie beir.
(Rukligirt in Nr. 37 des Amtk= und Veren#nungsblatts vem Jahre 1837.)
Im Wege des Uebereinkommens mit der Königlich Sächsischen Staatsregierung ist
unter Höchster Genebmigung Sr. Durchlaucht des Fürsten gegen ein entsprechendes, zur
Fürstlichen Hauptstaatskasse fließendes Entgelt der Königlich Sächsischen Landeslotterie
von dem 53. Spiele an das Privilegium des alleinigen Debits ihrer Loose im ganzen
Bereiche des Fürsienibums NReuß Jüngerer Linie ertheilt worden, dergestalt, daß neben
derselben kein anderes Lotteriespiel zugclassen werden soll.
Indem wir dies hierdurch zur öffentlichen Kenntniß bringen, wird zugleich zu Aus-
führung der diesseits vertragsmäßig übernommenen Verbindlichkeiten ebenfalls mit Höch-
ster Genehmigung wegen des Vertriebs nicht konzessionirter Lotterieloose zur näheren
Fesiseung der bereins beüehenden Strafandrohungen hierdurch Folgendes verordnet:
1.
Wer von nichtkonzession irten (außersächsischen) Lotterieen einzelne oder mehrere Loose
verschreibt oder sonst annimmt und solche sodann verkauft, verschenkt oder auf irgend
eine andere Art vertreikt (für dergleichen Lollerieen kolligirt), is mit ein= bio dreiwöchent-
lichem Gefängniß und Geldbuße bis zu zehn Thalern zu belegen.
Im Wiederholungsfall trin das erste Mal zwei= bis sechswöchentliches Gefängniß
und erhöhte Geldstrase bis zu zwanzig Thalern, sodann aber ein= bis sechsmonatliches
Gefängniß und Geldstrase bin zu Einhundert Thalern ein.
2.
Diejenigen, welche bel dem Vertriebe einzelner oder mehrerer Loose nicht zugelasse-
Ausgegeben den 25. Nevember 1857. 54
338
ner Lotterieen, sowle bei Versendung oder Einziehung der Einlagen und Gewinngelder
wissentlich als Mittelspersonen, Boten, Beförderer oder auf andere Art mitgewirkt haben,
sind das erste Mal mit Gefängniß bis zu vierzebn Tagen und Geldstrafe bis zu fünf
belegen, welche jedoch vier Wochen Gefängniß und zehn Thaler Geldsirafe nicht über-
steigen darf. 3
Wahlweise mit Gefängnißstrafe ist auf ebenso viele Tage Handarbeit zu erkennen,
wenn lehtere nach allgemein kriminalrechtlichen Bestimmungen gegen den Uebertreter
überhaupt in Anwendung gebracht werden kann.
4.
Kann die erkannte Geldsirafe von dem Verurtheilten ulcht erlangt werden, sao ist
dleselbe in Freiheitsstrafe nach dem geseplichen Maßstabe umzuwandeln.
5.
Die Untersuchung und Bestrafung aller Kontraventionen gegen die Beslimmungen
der gegenwärtigen Verordnung ersolgt durch die Fürstlichen Kriminalgerichte.
6.
An den Strafbestimmungen gegen das Lottospiel wird ehwas nicht geändert; die-
selben bleiben vielmehr allenthalben in Kraft und Geltung. —
Sämmtliche Polizeibehörden erhalten hierdurch Anweisung, auf alles verbotene Ver-
treiben von Loosen (Colligiren) genau Acht zu haben und ctwaige Kontraventionsfälle
zur sofortigen Untersuchung anzuzeigen.
Gera, am 4. September 1857.
Furstlich Reuß-Plauisches Ministerium.
v. Geldern.
Semmel.
2) Ministerialverordnung vom 19. September 1857, das Verbot von Waarenverloosungen und
Auospielungen beir.
(Putlizin in Nr. 33 des Amts- und Dervidnunzoblalis vem Jabie 1857.)
Bei Abschluß des Vertrags über die Privilegirung der Königl. Süchsischen Landes-
339
lokterle ist die Bestimmung getroffen worden, daß auher allen nicht sächsischen Lotterle-
spielen auch Waarenverloosungen und Auaspielungen — die üblicherwelse bel öffentlichen
Volkofesten etwa vorkommenden allein auosgenommen — im Allgemeinen im Bereiche des
Fürstenthums fernerhin nicht mehr zugelassen, auch keine Ausspiclungen einzelner Gegen-
stände, außer wenn ein solcher weniger als 50 Thlr. an Werth hat und auf Rechnung
des Verfertigers felbst ausgespielt wird, obrigkeitlich gestattet werden sollen.
Es wird dieß hierdurch zur allgemeinen Nachachmung bekannt gemacht, wobei wir
zugleich den Fürstlichen Landrathsämtern und den siädtischen Gemeindebehörden unter
Hinweisung auf die Regierungsverordnung vom 31. Mai 1856 die sorgsältige Beachtung
der obigen Bestimmung bei den etwaigen an sie gelangenden Erlaubnißgesuchen zur
Pllicht machen.
Gera, am 19. September 1857.
Fürstlich Reuß-Mlauische Regierung.
d .
v. Geldern ,
R. Müller.
3) Ministerialverordnung vom 13. November 1857, dus Kolligiren für die Königl. Sichl.
Landeslolteric betr.
Im Nachtrag zu unserer Verordnung vom 4. Sepibr. d. J., dle Privilegirung der
Königl. Sichs. Landeslotteric betreffend, wird hierdurch zur Nachachtung bekannt gemacht,
daß Niemand Loose der Königl. Sächs. Landeolokterie zu debitiren befugt ist, der nicht
mit einem dießfallsigen Erlaubnißscheine der Königl. Sichs. Landeslotterle-Direktion zu
Leipzig versehen und daher nicht als Haupt= oder Unterkollekteur angestellt ist. Diejeni-
gen Personen, welche sich des unbefugten Vertriebs Königl. Sächs. Lotterieloose schuldig
machen, haben sich des obrigkeitlichen Einschreitens zu gewärtigen und sollen im Wieder-
holungsfalle in dieselben Strasen genommen werden, welche durch unsere obengedachte
Verordnung unter 1 auf das Jänzlich verbotene Kolligiren für außersächsische Loltericen
geseht sind.
Alle Polizelbehörden des Fürstenthums werden angewiesen, darüber, daß ein solches
unbefugtes Loosvertreiben nicht Statt findet, inolgiliren zu lassen, die darüber betroffenen
Personen unter Hinwels auf gegenwärtige Verordnung zu verwarnen und wiederholte
Kontraventionen zur Untersuchung anzuzeigen, wobei sie namentlich allen etwaigen Re-
340
auisitionen der Königl. Söchs. Lokterle-Direltion pünktlichst und mit der thunllchsten Be-
schleunigung zu entsprechen haben.
Gera, am 13. November 1857.
Fürstlich Reuß-Plauisches Ministerium.
v. Geldern.
N. Nüller.
4) Landesherrliche Vererdnung von 14. Norember 1857, die Aufhebung der bei der Braumalzsteuer=
erhebung in den einzelnen Landestheilen bestandenen Ungleichheiten betr.
Wir Heinrich der Sieben und Sechzigste von Gottes Gnaden
Jungerer Linie regierender Fürst Reuß, Stammes Aeltester,
Graf und Herr von Plauen, Herr zu Greiz, Kranichfeld,
Gera, Schleiz und Lobenstein 2c. 2c.
Da es wünschenswerth erscheiut, daß die im Verfahren bei der Braumalzsteuererhe-
bung in den einzelnen Landestheilen bisher bestandenen Ungleichheiten aufgehoben wer-
den, so verordnen wir hierdurch mit Zustimmung des Laudtags:
1.
Die im §. 4 der Ordnung zu dem Braumalzsteuergesetze für das Fürstenthum Gera
mit Sgalburg vom 1. Mai 1839 gegebene Vorschrift,
nach weicher die Anmeldung zum Brauen jedes Mal mindestens 24 Stunden
vorher, ehe die Einmaischung beginnen soll, zu bewirken ist,
soll von jetzt ab auch in den Gebietstheilen der ehemaligen Spezialfürstenthümer Schleiz
und Lrbenstein-Ebersdorf besolgt werden, indem die davon abweichenden Bestimmungen
des §. 14 der Verordnung für Schleiz vom 10. Juli 1838 und des §. 13 der Loben-
stein-Ebersdorfer Verordnung vom 1. Juli 1938 hiermit außer Krast gesetzt werden.
2.
Zugleich wird die in §. 3 der Verordnung für Lobenstein-Ebersdors getroffene Ver-
sügung, daß ein Uebergewicht von ½16 Etr. nich: zu berücksichrigen sei, im Hinblick auf
die entsprechenden Bestimmungen im §. 8 der Ornung zum Braumalzsteuergesetz für
Gera und §. 3 der Verordnung für Schleiz dahin abgeändert:
341
daß das Uebergewicht nur dann, wenn es unter ½/16 Ctr. beträgt, nicht beachtet
werden soll.
Gegeben Schloß Schleiz, den 14. Nov. 1857.
L. S.) Heinrich LXVII.
v. Geldern.
5) Landesherrliche Verordnung vom 14. November 1857, die Freigebung des Zinsfußes für
kaufmännische und Bankgeschäfte betr.
Wir Heinrich der Sieben und Sechzigste von Gottes Gna-
den Jungerer Linie regierender Furst Reuß, Stammes Ael-
tester, Graf und Herr von Plauen, Herr zu Greiz, Kranich-
feld, Gera, Schleiz und Lobenstein 2c. 2c.
verordnen hiermit mit Zustimmung des Landtags wie folgt:
Die Bestimmung des Art. 286 des Strafgesetzbuchs, nach welcher als gesetzliche Zin-
sen höchstens sechs vom Hundert auf das Jahr gestattet sind und hiernach auch das Zins-
maaß für kleinere Zeitabschnitte zu berechnen ist, wird für kaufmännische und Bankge-
schäfte und für den Verkehr mit denselben bis auf Weiteres aufgehoben und die Bestim-
mung des Zinsmaaßes der Vereinbarung unter den Kontrahenten überlassen.
Mit den erwähnten Ausnahmen bleibt obige Bestimmung des höchsten zulässigen Zins-
fußes in Kraft.
Gegeben Schloß Schleiz, den 14. Novbr. 1857.
(L. S.) Heinrich LXVII.
v. Geldern.
343
Gesetzssammlung
Fürstlich Reußischen Lande jüngerer Linie.
No. 208.
1) Verordnung, den Wegfall der aus städtischen Kassen zur Beamtenwittwen-Pensionskasse zu
zahlenden Beiträge betr.
Da in Folge der neuerlichen Gesetzgebung, namentlich vermöge der Gemeindeord=
nung vom 13. Februar 1850 und des Gesetzes über die Aufhebung der Patrimonialge=
richle vom 1. Dezember 1852 die Verhältnisse der Kommunalbeamten sich gegen früher
wesentlich geändert haben, insofern namentlich alle Justizbeamten aus dem Kommunal=
dienste ausgeschieden sind, die Anstellung aller übrigen Kommunalbediensteten aber nicht
mehr wie früher, auf Lebenszeit, sondern regelmäßig auf einen Jeitraum von sechs Jah-
ten erfolgt, und da hierdurch auch die Stellung der städtischen Kämmereikassen zu der
allgemeinen Beamtenwituven-Pensionsanstalt eine wesentlich andere geworden ist, so wird
bierdurch in Folge Höchster Eurschließung Sr. Durchlaucht des Fürsten und nach dazu
erklärter Zustimmung des Landtags verorduet,
daß die nach §. 18 des Statuts der gedachten Anstalt vom 28. Jan. 1847
aus den Kämmereikassen der Städte Gera, Schleiz, Tanna, Lobenstein, Hirsch-
berg und Saalburg zur Wittwenpensionanstalt zu zahlenden jährlichen Bei-
träge mit dem Jahre 1858 in Wegfall kommen.
Indem dieß hierdurch zur öffenrlichen Keuntniß gebracht wird, wird gleichzeitig be-
merkl, daß durch vorstehende Bestimmung in dem durch §. 7 unter d des Statuts be-
stimmten Verhälmisse der gegenwärtig auf Lebenszeit angestellten oder in
Zukunft ausnahmsvweise lebenslänglich angestellt werdenden siädtischen
Kommunalbeamten nichts grändert wird und daß mithin auch in der Folgczeit die auf
Lebenszeit erfolgende Anstellung eines solchen in jedem Falle dessen Berechtigung und
Verpflichtung zum Eintrin in dic erwähnte Anstalt begründet.
Gera, am 25. Novbr. 1857.
Furstlich Reuß Plauisches Ministerium.
v. elder
n.
R. Muͤller.
Ausgegeben deu 9. December 1857. 56
344
2) Gesetz, die Einführung des Zollgewichts als allgemeines Landesgewicht betr.
Wir Heinrich der Sieben und Sechzigste von Gottes Gnaden
Jüngerer Linie regierender Fürst Reuß, Stammes Aeltester,
Graf und Herr von Plauen, Herr zu Greiz, Kranichfeld,
Gera, Schleiz und Lobenstein 2c. 2c.
verordnen hiermit, nachdem die zu dem Preuhischen Zoll= und Handelsvereine gehörigen.
Staaten überelngekommen sind, das für den Zollverkehr angenommene Zollgewicht als all-
gemeines Landesgewicht einzuführen und diese Einrichtung in den Nachbarstaaten Gheils
bereits in das Werk gesetzt ist, theils demnächst noch zur Ausführung gebracht werden soll,
im Hinblick auf die Ersprießlichkeit dieser allgemeinen Maßregel und deren auch Unserm
Gesammtfürstenthum in dem Verkehre zu Gute kommenden Vortheile, unter Zustimmung
der Landesvertretung hierdurch JFolgendes:
8. 1.
Das zeither fuͤr den Zollverkehr — Pfund (das Zollpfund) soll künftig die
Einheit des hiesigen Landesgewichts bilden. Dieses F qlncelnen Einführung bestimmte
Pfund ist gleich Einem Pfunde 2291/32123, (2,09308) Loth des gegenwärtig im hierländi-
schen Handelsverkehr gebräuchlichen Leipziger Gewichts,
8. 2.
Einhundert Pfund machen einen Zeutner, vierzig Zentner oder vlertausend Pfund
eine Schiffslast aus.
8. 3.
Das Pfund wird in dreißig Loth, das Loth in zehn Quentchen, das Quentchen in
ehn Zent, der Zeut in zehn Korn getheilt. Noch kleinere Theile werden ohne besondere
Benennung durch Dezimal-Bruchtheile des Korns angegeben.
8. 1.
Ein vom Handelsgewicht abweichendes Medizinalgewicht findet serner nicht Statt.
Ebensowenig besteht serner ein, vom Handelsgewicht abweichendes Juwelengewicht.
Andere, als dem gegenwärtigen Gische eunpreende Gewichte dürfen weder in Ver-
kehr angewendet noch geaicht werden.
345
8. 7.
Bei Erhebung der öffentlichen Abgaben, welche in Gemähheit der bestehenden Vor-
schristen nach dem bisherigen Gewichte entrichtet worden, kommt, sowelt nicht durch Ver-
abredung mit andern Staaten etwas Anderes bestimmt ist, das durch das gegenwaͤrtige
Gesetz vorgeschriebene Gewicht dergestalt in Anwendung, daß derjenige Betrag, welcher
von dem bisherigen Zeutner erhoben worden, künfig von dem durch dieses Gesetz bestimm-
ten Zeutner zur Erhebung gelangt. Einen Auggleichungsanfpruch begründet die hierdurch
an dem Abgabeubetrage entsiehende Differenz nicht.
8. 8.
Auch beim Verkanfe des Salzes kommt das, durch das gegenwärtige Gesetz vorge-
schriebene Gewicht zur Amvendung.
Es blelbt jedoch darüber, zu welchem Gewichte die Tonne Salz berechnet werden
solle, und wic hiernach das Gewicht der kleineren Gebinde und Verkaufämengen, bezieh-
ungsweise der Debilpreis für dieselben, unter angemessener Abrundung zu bestimmen sei,
Unserem Ministerium vorbehalten.
8. 9.
Die Bestimmungen in den I#s. 1 bis 3 und s bis 8 treten mit dem 1. Juli 1858
in Krast. Der Zeitpunkt, von welchem an die Vorschrift im §. 4. in Wirksamkelt treten
soll, wird durch besondere Berordnung festgesetzt werden.
8. 10.
Unserm Ministerium liegt es kraft der ihm hierdurch ertheilten Ermächtigung ol,
alle diejenigen Einrichtungen und Anerrnungen im Wege der Verordnung und der ad-
ministrativen Verfügung zu treffen, welche für Einführung des neuen Landeegewichts und
für eine gertgelte Ueberwachung der dadurch betroffenen Verkehrsverhältulsse erforder-
lich sind.
Urkundlich haben Wir dieses Gesetz eigenhändig vollzogen und mit Unserm Fürst-
lichen Insiegel bedrucken lassen.
So geschehen Schloß Schleiz, den 26. Noobr. 1857.
(L. S.) Heinrich IXAVII.
v. Geldern.
567
346
3) Landesherrliche Verordnung, die Auswanderung Wehrpflichtiger bem.
Wir Heinrich der Sieben und Sechzigste von Gottes Gna-
den Jungerer Linie regierender Furst Reuß, Stammes Ael-
tester, Graf und Herr von Plauen, Herr zu Greiz, Kranich-
feld, Gera, Schleiz und Lobenstein 24c. 2c.
finden und, im Hinblick auf die Nachtheile, welche aus den bisherigen gesetzlichen Be-
stimmungen über die Auswanderung Wehrpflichtiger für die Wehrkraft des Landes her-
vorgehen, veranlaßt, unter verfassungsmäßig ertheilter Zustimmung der Landesvertretung
bierdurch Folgendes zu verordnen.
81.
Die durch §. 12 der landesherrlichen Verordnung vom 25. November 1819 getrof-
sene Bestimmung, wonach das Necht und die Freiheit zur Auswanderung durch die Wehr-
pflicht nur insoweit beschränkt ist, daß denjenigen Staatsangehörigen, welche auszuwan-
dern beabsichtigen, der Auswanderungsschein nur dann verweigert werden kann, wenn sie
das Alter der Militärpflicht erreicht und die Jahre der aktiven Dienstpflicht noch nicht
zurückgelegt haben, wird hiermit aufgehoben.
8. 2.
Vielmehr ist denjenigen Staatsangehörigen männlichen Geschlechts, welche sich blei-
bend ins Ausland zu wenden beabsichtigen, die dazu nöthige obrigkeitliche Erlaubniß nicht
eher zu ertheilen, als bis von ihnen nachgewiesen ist, daß sie der Verbindlichkeit zum
vaterländischen Kriegodienst vollständig genügt haben, oder von derselben wegen Untaug-
lichkeit oder sonst gesehlich entbunden sind.
In den Fällen, wo ein zur Auswanderung enischlossener Staatsangehöriger diese
Bedingung nicht erfüllt hat, sind die Behörden verpflichtet und bercchtigt, den Wegzug
seines elwaigen Vermögens so lange zu verhindern, als dem Gesehe kein Genüge ge-
schehen ist. -
In Hinsicht derer, welche ohne Erlaubniß auswandern, wird nach Vorschrift des
fünften Abschnitts der Verordnung wegen Verpflichtung der Unterthanen zum Kriegsdienste
vom 2. Januar 1823 §§. 33 —39 verfahren.
83.
Aunsnahmsweise soll ferner die Auswanderung männlicher Landesangehöriger dann
bestattet sein, wenn sie das Alter der Militärpflicht noch nicht erreicht haben und in un-
selbständigen Verhältnissen mit ihren Eltern auswandern. Haben solche Wehrpflichtige
347
das Alter der Militaͤrdienstpflicht erreicht, so macht der Umstand, daß sie mit ihren El-
tern auszuwandern beabsichtigen, keinen Unterschied. Sie haben vielmehr wie andere
Wehrpflichtige ihrer Verpflichung zum Kriegsdienste zu genügen.
8. 4.
Rücksichtlich der von Wehrpflichtigen beabsichtigten zeitweiligen Entfernungen und
Reisen ins Ausland und der Ertheilung von Reisepässen und Wanderbüchern an derglei-
chen Personen kommen die Vorschriften in §. 11 der obengedachten Verordnung vom 2.
Januar 1823 und die zu diesem §. unter Ziffer 9 nachträglich getroffene Bestimmung
für die Fürstenthümer Schleiz und Gera unter dem 30. Januar 1838 und dem 1. Juni
1839 ergangenen, durch das Geseh vom 25. November 1849 auf den Bereich des ehe-
maligen Spezialfürstenthums Lobenstein-Ebersdorf ausgedehnte Erläuterungsverordnung,
— velche beide gesehlichen Vorschristen im Anhange besonders abgedruckt sind, — zur
Anwendung.
Urkundlich haben Wir das gegenwärtige Gesehh eigenhändig vollzogen und Unfer
Landesfürstliches Insiegel beidrucken lassen.
Schloß Schleiz, den 26. Novbr. 1857.
(L. S.) Heinrich LXVII.
v. Geldern.
(Nr. ö.) Verordnung wegen Verpflichtung der Unterthanen zum Knegsdienst
vom 2. Jannar 1823.
8. 11.
Beschränkung der Entfernungen ins Ausland.
Der bürgerliche Verkehr Unserer Unterthanen soll durch die Verpflichtung zum Kriegs-
dienst so wenig als möglich beschränkt werden. Für die Ertheilung von Reisepässen und
Wanderbüchern an militairpflichtige Personen werden daher folgende Bedingungen vor-
geschrieben:
a) Keine, in den Jahren der Kriegsdiensipflicht stehende Mannsperson darf sich ohne
schriftliche Bewilligung der Rekrutirungsbehörde ins Ausland begeben. Solchen
Individuen dürfen daher ohne Vorwissen und Genehmigung der Rekrutirungsbe-
348
börde keine Pisse, Wanderbücher, Zeugnisse zum Fortkommen, Handwerkslehrbriefe
und dergleichon, sowie auch keine geistlichen Geburts= und Ledigkeits-Zeugnisse
ausgehändigt werden. Tie Geistlichen, Zivilbehörden, Gemeindevorstände und
Innungsvotgesetzten ünd, Jedes in seinem Wirkungskreise, dafür verantwortlich
und zur Versorge verpflichtet, daß Niemandem die Umgehung der Kriegsdienst=
Pflicht hierunter erleichtert werde. Uebertretungen dieser Vorschrift sollen den Um-
ständen nach mit namhafter Gelde oder Gefängnißsirafe geahndet werden.
Derjenige, welcher die Loosung noch zu envarten, hat oder zu der, vom Loos nicht
betrofenen Mannschaft der drei jüngsien Altersklassen gehört, muß der Rekrurir-
nungsbehörde durch Bürgen, oder Pfand, oder subidiarisch durch eidliches Ange-
löbniß Sicherheit dafür leisten, daß er auf Erfordern jeder Zeit binnen der, ihm
zu besitmmenden Frist zurückkommen wolle.
Wenn der Kriegedienpflichtige zu der, vom Loos nicht betroffenen Mannschaft
der drei letzten Altereklassen gehört, so kann ihm, auf Bescheinigung der Rekru-
tirungsbebörde, der Paß und dem Handwerksgesellen das Wanderbuch, woelche ei-
nem Militärpflichtigen überhaupt nicht länger, als auf die Dauer eines Jahres
ertheilt werden dürfen, ohne Sicherheitsleistung ausgestellt werden. Er muß je-
doch der Rekrutirungsbehörde einen Bevollmächtigten namhaft machen, an welchen
die künftigen Eitalionen erlassen werden lönnen, und sich minelst Handschlags an
Eides Statt verpflichten, diesem Bevollmächtigten von seinem Aufenthalt wenig-
sicns alle drei Monate Kenntnih zu geben und den, durch denselben an ihn ge-
langenden Ladungen pünktliche Folge zu leisien.
Alle im Auelande befindlichen Individuen, welche in den vier ersten Jahren der
Kriegsdienstpflicht üehen, sind, bei Vermeidung der geseplichen Nachtheile (§. 39),
verpflichtet, ohne besondere Aufforderung die Rückreise zur Heimath anzutreten,
sobald in den deutschen Bundesstaaten Krlegsrüstungen eintreten. Diejenigen,
welche in den zwei leyten Alterollassen begriffen sind, müssen in diesem Fall, bei
Vermeidung derselben Nachtheile, sparestens mit dem Ablauf ihres Passes oder
Wanderbuchs vor der Rekrurirungsbehörde sich persönlich melden.
Die Rekrutirungsbehörden haben alle Militärpfllchtigen, welche Reisepässe ins Aus-
land erhalten, von diesen Verbindlichkeiten zu unterrichten und vor den, die Austreten-
den treffenden Vermögensnachtheilen und Strafen ausdrücklich zu warnen. Die Unter-
lassung dieser Wamung kann jedoch keinem Ausgetretenen oder Ausgebliebenen zur Ent-
schuldigung angerechnet werden. r2c. W.
-
·
S
—— — —
349
Auszug aus der Erläuterungs-Verordnung für die Fürstenthümer Schleiz und
Gera vom 30. Jannar 1838 und 1. Juni 1839.
9. zu S. lle.
Bie Bestimmung, nach welcher die m militärpflichtigen Alter siehenden jungen Leute,
wenn ihnen das Reisen nach dem Auslande verstattet wird, mittelst Handschlags an Ei-
des Stan angeloben müssen, von drei Monaten zu drei Monaten Nachricht von ihrem
Aufenthalte zu geben, soll nur auf diejenigen Individuen beschränkt sein, welche die zehn
höchsten auf die Einstellungsloose folgenden Rummern gezogen haben. Die übrigen jun-
gen Leute haben ihren Aufenthalt nur alljährlich im Monate Juni anzuzeigen, wenn
nicht, in Berücksichtigung der Zeitumstände, ihnen bei der Erlaubniß zur Reise nach dem
Auslande ein Anderco zur Pflicht gemacht wird.
4) Gesez, die Vildung von Bezirksausschüssen als Nekurskehörden in Gewerb= und Personalsteuer=
sowie Kommunalabgaben-Angelehenheiten beir.
Wir Heinrich der Sieben und Sechzigste von Gottes Gna-
den Jüngerer Linie regierender Furst Reuß, Stammes Ael-
tester, Graf und Herr von Plauen, Herr zu Greiz, Kranich-
feld, Gera, Schleiz und Lobenstein 2c. 2c.
haben, um das Verfahren, welches bei Reklamationen gegen Steneransätze und Gemein=
deanlagen zu beobachten ist, durch die, in den Nachbarländern in ähnlicher Weise be-
stehende Einrichtung einer besondei, über den Abschähungotommisstonen bestehenden Re-
kuroinstanz zu ergänzen, im Einvernehmen mit Unserem getreuen Landtage Nachstehen-
des verordnet:
1.
Es wird in jedem der drei Landrathoͤbezirke ein Bezirksausschuß zu dem angege-
gebenen Zwecke gebildet.
Derselbe besteht auo dem Landrathe, als Vorsipendem, und außerdem
im Geraischen Landestheile aus zwei Abgeordneten der Rittergutobesiper, dem Ober-
bürgermeister und dem ersten Stadtrathe zu Gera und zwei Bürgermeistern der Land=
gemeinden;
350
im Schleizer und Lobenstein- Eberodorfer Landestheile aus einem Abgeordneten der
Rittergutobesiper, einem städtischen Buͤrgermeister und zwei Buͤrgermielstern der übrigen
Gemeinden.
Die Wahl der von den Niltergutsbesiyern abzuordnenden Ausschußmitglieder ge-
schieht von den Besihern der landtagowahlberechtigten Rittergüter eines jeden Bezirks in
derselben Weise und nach denselben Bestimmungen, wie bei den Landtagswahlen, mit der
weileren Maßgabe, daß in Gera und Schleiz ein Verireter des Köstriger Fürstl. Para-
giats daran Theil nehmen kann und wählbar ist.
Im Schleizer Bezirke soll der Gemeindevorstand zu Schlelz jedes Mal drei Jahre
binter einander, alodann das vierte Jahr der von Tanna, das fünfte Jahr der von
Saalburg Beisiper des Bezirksausschusseo sein, im Lobenstein-Ebersdorser Bezirke drei
Jabre der von Lobensiein, das vierte Jahr der von Hirschberg.
Die Bürgermeister der Landgemeinden, welche Mitglieder sein sollen, werden von
den Bürgermeistern selbs und aus ihrer-Mitte gewähll. Jür die Wahlen im Geraischen
Landestheile werden nach der Zahl der Wählenden zwei gleiche Distrikte gebilder; Sei-
kens der Gemeinden Langenberg und Köstrit nehmen als wahlberechtigk, aber ohne eigne
Wählbarkeit, auch die Stellvertreter der Bürgermeister daran Theil. Im Schleizer Lau-
destheile wird ein Abgeordneter zum Bezirkoausschuß von den Bürgermeistern der Ge-
meinden in der Pflege Reichenfels, der andere von denen der übrigen Landgemeinden
ewählt. Im Lobenstein-Eberedorfer Landestheile werden, wie in Gera, zwei Wabldi-
sirikte nach Zahl der Simmberechtigten und in der An gebilder, daß für Ebersdorf
auß##er dem Bürgermeister der Ortegemeinde auch dessen Stellvertreter und der Vorsteber
der Brüdergemeinde, für Wurzbach der Bürgermeister und dessen Stellvertreter an der
Wahl Theil zu nehmen haben. Urker das Verfahren bei diesen Wahlen gelten die Vor-
schriften, die im Landtagewahlgeseye über die allgemeinen Abgcordne##wahlen enthalten
sind, so dab die Rrast ihrer amrlichen Stellung zur Theilnahme an der Wahl berufenen
Gemeindevorsteher, beziehungoweise die für die namhaft gemachten Orte noch zuzuzieben-
den Stellvertreter, als Wahlmänner bektrachtet werden.
Die Wahl der Mitglieder aus dem Stande der Rirtergutsbeüter und dem der
Landgemeinden geschieht auf Vebenszeit. Dieselben scheiden aber aus dem Bezirkoaus-
schusse aus, wenn sic die Eigenschaft als Besiper eines landiagewahlberechtigten Gutes
verlieren, beziehungsweise nicht mehr im Amte als Bürgermeister verbleiben. Eine Ab-
lehnung der Wahl oder sreiwillige Niederlegung der Junktion als Bezirksausschußmt=
glied kann nur mit landesherrlicher Diepensation Sian finden.
2.
Die Bezirksausschuͤsse baben unter Beobachtung der Negeln des kollegialischen Ge-
351
schäftsgangs über die Neklamationen, welche gegen die Festsetzungen der Gewerbe= und
Personalsteuer durch die Orto-Abschäpungs= oder Revissonskommissonen und über die
Rekurse, welche gegen Ansähe in den Heberegistern für Kommunalanlagen eingewendet
werden, zu entscheiden.
Die Befugnisse, welche in dleser Beziehung in den Gesehen den Kreis= oder neuer-
dings den Landräthen oder der Regierung beigelegt sind, werden hiermit an dieselben
übertragen.
Im Uebrigen aber bleiben die Bestimmungen über dle geschäftlichen Besugnisse und
Verpflichtungen der Landes= und Gemeindebehörden hinsichtlich der Einsepung der Ab-
schäpungskommissionen, der Aufnahme und Revision der Kataster und Heberegister und
der Abgabenerhebung selbst völlig unverändert, auch bleibt die Einwendung der Rekla-
mattonen und Rekurse an die bisherigen Fristen und Formen gebunden.
3.
Gegen die Entscheidung des Bezirksausschusses sindet nut in den Fällen eine noch
weitere Beschwerde bei Unserem Ministerium Statt, wenn es sich um Verlehung einer
geseblichen Vorschrist, nicht um eine nach dem Gesetze selbst dem pflichtmäßlgen Ermessen
öberlassene Abschähung des steuerpflichtigen Objekts handelt.
4.
Die obere Landesverwaltungsbehörde wird in denjenigen Fällen, in welchen ihr
nach §. 44. des Gesetzes vom 1. Juli 1852 und Art. 157. der Gemeindeordnung die
unmittelbare Bestimmung eines Gewerbesleuersatzes oder eines Kommunalabgabenbeitrags
obliegt, jedes Mal darüber den Bezirksausschuß, dem es übrigens auch freisteht, deßfall-
sige selbsiständige Anträge an Unser Ministerium zu siellen, mit seinem Gutachten ver-
nehmen; auch steht ihr frei, denselben mit den zur Vorbereitung ihrer Entschließung er-
forderlichen Erörterungen zu beauftragen-
5.
Wenn, — wie es die amtliche und staatsbürgerliche Verpflichtung der Ortsobrig-
keiten oder Vorsteher der Abschäpungskommissionen mit sich bringt — von diesen über
die gesetzwidrige oder sonst unverhältnißmäßig niedrige Beurtheilung der Abgabepflichti-
gen durch die Kommissionen Meldung geschiebt, wird die Oberbehörde den Bezirksaus-
schuß mit der Revision der betreffenden Abgabenanusäße beauftragen und dieser ist alsdann,
nach vorgingigem Gebör der betresfenden Abschähungskommission, zur unmittelbaren an-
derweilen Einschätuung der Abgabepslichtigen berufen. In dem Falle der Verordnung vom
27. Dezember 1853, die Ausführung des Gewerb= und Personalsteuergesehes vom 1. Juli
1852 und des. zu demselben erlassenen Ergänzungögesetes vom 23. Dezembe 1853 be-
*7
352
treffend, kann der Landrath die enksprechende Einleilung dazu ohne vorherige Anfrage be
dem Ministerium treffen. Gegen diese Entscheidung steht den betreffenden Steuerpflichti-
gen Rekurs an Unser Ministerium zu.
6.
Der Bezirksausschuß wird durch den Landrath als seinen Vorsitenden einberufen,
so oft als es nach den vorliegenden geschäftlichen Veranlassungen erforderlich scheint. Die
Mitglieder erhalten dann außer der Erstattung ihrer Reiseverläge Diäten zu 2 Thlr. für
jeden Tag.
Die Leitung der Verhandlungen in den Sipungen und den Geschäfte überhaupt ge-
bührt dem Landrath, der den Landrathsamtssekretär oder einen andern Unterbeamten zur
Protokollführung beiziehen kann. Die Akten des Bezirksausschusses werden bei dem Land-
rathsamte verwahrt.
7.
Es bleibt Unserer obersten Landesbehörde überlassen, das Gutachten der Bezirksaus-
schüsse über Gegenstände der Verwaltung in den einzelnen Landestheilen zu vernehmen
und gelten alsdann über den Geschäftsgang bei denselben die vorstehenden Bestimmungen.
Urkundlich Unserer eigenhändlgen Unterschrist und beigedruckten Landesherrlichen
Inssegels.
Schloß Schleiz, den 28. Novbr. 1857.
(L. S.) Heinrich I.XVII.
v. Geldern.
353
Gesetzsammlung
für die
Fürstlich Reußischen Lande jungerer Linie.
No. 209.
1) Verordnung, die Uebersendung von Todtenscheinen an Auoländer betr.
Um der, in den meisten fremden Staaten bestehenden Einrichtung,
wonach über das Ableben der darin sich aufhaltenden Ausländer alsbald amt-
liche Todtenscheine mit Angabe der sonst enva bekannt gewordenen Verhältnisse
des Verstorbenen, welche seinen Hinterlassenen von Werth sein könnten, unauf-
gefordert und unentgeltlich ausgestellt und durch die Departements der auswär-
tigen Angelegenbeiten an die Regierung des Vaterlandes des Verstorbenen über-
sendet werden,
im Interesse der Angehörigen des Fürstenthums durch ein gleiches reziprozirliches Ver-
fahren zu entsprechen, wird auf Grund eingeholter Höchster Entschliechung andurch ver-
orduct:
Sämmtliche Pfarrämter haben künftig, wenn in ihren Bezirken ein Unterthan srem-
der Staaten ohne Hinterlassung hierländischer Leibeserben verstirbt, innerhalb vier Wochen
nach dem Eintritte des Todesfalles einen Todtenschein in gehöriger Zorm auszufertigen;
dieser Todtenschein, welcher die Angabe des vollen Namens, des Alters, des Standes
oder Gewerbes und des letzten Aufenthaltsorts enthalten soll, ist an das Fürstliche Ju-
stizamt, zu dessen Gerichtesprengel der letztere gehört, abzugeben. Diese Behörde hat das,
was ihr sonst über die hier einschlagenden Verhälmisse etwa bekannt ist, unter gewöhn-
licher Vollziehung und Besiegelung amtlich beizufügen, den solchergestalt vervollständigten
Todtenschein aber zur Legalisation und weiteren Beförderung an uno einzureichen.
Die Abfassung solcher Todtenscheine und der dazu gehörigen Zeugnisse hat unauf-
gefordert und kostensrei zu erfolgen.
Gera, am 9. Dezember 1857.
Fürstlich Reuß-Plauisches Ministerium.
v. Geldern.
R. Muͤller.
Andgegeben den 23. December 1837. 58
354
2) Gesetz, die Abänderung der Gemeindeordnung vom 13. Februar 1850 berr.
Wir Heinrich der Sieben und Sechzigste von Gottes Gnaden
Lüngerer Linie regierender Fürst Reuß, Stammes Aelltester,
Graf und Herr von Plauen, Herr zu Greiz, Kranichfeld,
Gera, Schleiz und Lobenstein 2c. 2c.
haben, nachdem von Uns durch Vererdnung vom 8. Juli r. Is. mit dem verfassungs-
mäßigen Vorbehalte einige für unaufschieblich crachtete Aenderungen in den Kommunal=
einrichtungen verfügt worden, mit Zustimmung des jetzt versammelten Landtags Nach-
ücchendes, wodurch zugleich die vorgedachte Verordnung in Wegfall kommt, zur Abänder-
ung und Ergänzung der Gemeindeordnung vom 13. Februar 1850 mit Gesetzeskraft
verordnet:
Zu Art. 40 der Gemeindeordnung.
Wenn ein In-- oder Ausländer an einem Orte des Landes, an welchem er die
Aufnahme in den Heimathäverband nicht sofort erlangen will oder kann, das Eigenthum
an einem Wohngebäude durch Kauf, Erbgangsrecht oder sonst enwirkt, soll, unbeschadet
der Forldauer des bestehenden Heimathsverhältnisses von demselben das Bürgergeld erho-
ben werden. Dasselbe ist jedoch ohne Rücksicht auf das etwaige Einkommen und Ver-
mögen des Betbeiligten in seiner auswärtigen Heimath nur nach dem Werthe seines Grund-
beütes im Gemeindebezirke zu kemessen und kefreit zugleich von der Entrichtung der
Schutz= und Flurgenossengebühr. Im Uebrigen sind aber solche auswärts heimathsbe-
rechtigte Hausbesiyer wie Flurgenessen zu behandeln, so lange sie nicht förmliche Aufnahme
oder Schutzgenossenrecht erlangen.
Bei der spätern Aufnahme wird das bereits füüher bezahlte Bürgergeld in Abzug
gebracht. Dergleichen Hausbesitzer sind dann, wenn sie das Haus innerhalb 5 Jahren
vom Tage der Zuschreibung an gerechnet nicht wieder veräußern, zur Erwerbung des
Bürgerrechts verpflichtet. Kommen dieselben dieser Verpflichtung innerhalb dieser vorge-
schriebenen Frist nicht nach, so ist auf Antrag des Gemeindevorstands der sofortige zwangs-
weise Verkauf des Hauses, beziebungsweise des Gutes, womit dasselbe unzertrennlich ver-
bunden ist, durch das zuständige Gericht zu bewirken.
Zu Art. 42.
Der unter 2 und 3 enräbnte Vorbchalt finder für die Zukunft und unbeschadet
schon bestehender rechtlich begründeter Verhälmmisse nicht mebr Statt. Eine ausnahms-
weise Zulassung dieses Vorbehalts hängt lediglich von der Cutscheidung der Gemeindebe-
hörden, sowic eintretenden Falls von endgiltiger Genehmigung Jürstlicher Regierung ab.
355
Der Art. 44
wird dahin abgeaͤndert, daß der Aufenthalt als Schußgenosse in elner Gemeinde (zwar
nicht weiter keinem Deutschen, aber doch) keinem Inlaͤnder verwelgert werden kann, wenn
er die Führung eines ordentlichen und straflosen Lebenswandels nachweiset und einen aus-
reichend sichernden Heimathschein beibringt.
Zu Art. 51.
In Gemeinden, in welchen kein Gemeinderath besieht, gebührt dem Kammer= oder
Nittergute, dessen Wohn= und Wirthschaftegebäude im Orte besindlich, die Theilnahme
an den Beschlußfassungen und Wahlen der Gemeindeversammlung mit dem vierten Theil
der Summen und diese Berechtigung kann nicht nur Seitens Fürstlicher Kammer durch
Bevollmächtigtc, sondern auch von den Nintergutsbesipern nach ihrem Ermessen in eige-
ner Person oder durch Vertreter ausgeübt werden.
Die Bestimmungen des Art. 56 leiden auf diese Verkretung keine Anwendung.
Bei Beurtheilung der Frage, ob nach 2. Art. 62 die Gemeindeversammlung für
vollzählig zu achten, werden solche Stimmbercchtigte nicht anders wie die übrigen An-
wesenden gezählt.
Diese Berechtigung kann erst von der Zeit an ausgeübt werden,
a) wo das Kammer= vder Riuergut nach Verhälmiß seines Grundbesitzes in der
Flur zu den Gemeindelasten beiträgt; serner
wo dasselbe, fall der Bevollmächtigte im Orte nicht wohnhaft ist, zur Ueber-
nahme der Bestellungen und sonstigen Mittheilungen des Gemeindevorstands,
diesem ein in der Gemeinde wohnhaftes Gemeindeglied schriftlich nahmhast
macht. (Jusinuationsmandakar.)
Dieser vierte Theil der den Kammer= und Rittergütern eingeräumten Stimmbe-
rechtigung isi übrigens das höchste Maß, und es mindert sich daher diese Berechtigung
da, wo die Kammer= oder Rittergüter weniger als den vierten Theil zu den Gemeinde-
lasten beizutragen haben, dem entsprechend.
Zu Art. 56.
Nach den Worten nach Art. 54. unter 1. und 2. ist noch einzurücken:
„und obigen Nachtrage dazu.“
Zu Arl. 61.
Nach den Worten: „das Recht der freien Wahl“ sind die Worte: „des Gemeinde-
vorstands und“ zu streichen.
DS
—
u Art. 65.
In Gemeinden, in welchen ein Gemeinderath besteht, darf — außer ornahne
356
der vorschristsmäßigen Gemeindewahlen — die Zusammenberufung der Gemeinde nicht
ohne Genehmigung der vorgesetzten Behörde (der Regierung für die Städte, des Land-
rathsamts für die Landgemeinden) veranstaltet werden.
Dieser sieht es in solchen Fällen zu, die besonderen Verhältnisse, welche die Be-
schlußfassung des Gemeinderaths ausschließen, durch Vernehmung einzelner Einwohner=
klassen oder sonsiiger Betheiligten zu erörtern und erst nach dem Ergebniß über die
Nothwendigkeit oder Angemessenheit einer Gemeindeversammlung zu entscheiden.
Erachten der Gemeindevorstand und Gemeinderath übereinstimmend die Zusammen-
berufung der Gemeindeversammlung für nothwendig, die vergesette Behörde aber ge-
nehmigt aur diesfallsige Berichtserstattung des Gemeindevorstands die Veranstaltung der
Gemeindeversammlung nicht, so find der Verweigerung nicht nur die Gründe beizusügen.
sondern es sieht auch den Gemeindebehörden der Rekurs an die höhere Behörde gegen
die verweigernde Entscheidung zu.
Auf Gemeinden dagegen, die nicht über 300 Einwohner zählen, leidet, wenn sie
auch einen Gemeinderath haben, vorstehender Zusatzartikel keine Anwendung.
u Art. 68.
In allen Gemeinden, in deren Bezirke sich landesherrliche Domanialgüter oder sonst
mit Gerichtsbarkeit versehen gewesene Rittergüter befinden, können von Unserer Kameral-
Verwaltung zu ernennende Bevollmächtigte oder die Besiyer der Ritrergüter, von denen
Wohn= und Wirhhschaftsgebäude innerhalb des Gemeindebezirks liegen, letztere mit der
Beiugniß, Vertreter für sich zu ernennen, auch ohne Wahl in den Gemeinderath eintre-
ten und unter Uebernahme der allgemelnen Obliegenheiten, welche sich auf alle
reinen und wirklichen Gemeindeangelegenheiten und nicht blos auf die im Areikel
54 unter 2 angegebenen Gegenstände erstrecken, auch ein gleiches Stimmrecht, wie
jedes andere Gemeinderathsmitglied in Anspruch nehmen. Die Zahl der andern Ge-
meinderathsmitglieder und deren Bestimmung bei künftigen Wahlen erleidet aber auch
durch den Hinzutritt eines solchen zu Folge besonderer Berechtigung eintretenden Gemein-
derathemitglieds keine Aenderung.
Diese Berechtigung kann aber auch erst von der Zeit an ausgeübt werden,
a) wo das Kammer= oder Ritergut nach Verhälmiß seines Grundbesites in der
Flur zu den Gemeindelasten beiträgt, ferner
b) wo basselbe, Falls der Bevollmächtigte im Orte nicht wohnhaft ist, zur Ueber-
nahme der Bestellungen und sonstigen Mittheilungen des Gemeindevonstands und
des Vorsigenden des Gemeinderaths ein in der Gemeinde wohnhastes Gemeinde-
glied dem Gemcindevorstaude schriftlich namhaft macht.
rt. 70.
Die Wahl des Gemeinderaths erfolgt von der Gemeindeversammlung, die des Ge-
357
meindevorstands (Bürgermeister, Stellvertreter, Stadträthe) in den Gemeinden in denen
Gemeinderäthe bestehen, durch den Gemeinderath.
Zu Art. 71.
Bei den Gemeinderäthen sell wenigstens die Hälfte der Mitglieder
in den Städten und in Hobenleuben, Eberodorf, Langenberg, auch nach be-
sonderen statutarischen Bestimmungen in Köstrit und Untermhaus aus Haus-
besihern,
in den Dorfgemeinden aus den Besitern geschlossener Bauergüter
bestehen. Zu diesem Iwecke sind bei den nächsten vorkommenden Wahlen in Orten, wo
ein solches Verhältniß noch nicht vorhanden ist, ausschließlich oder so viel dergleichen
Grundbesiper zu wählen, als zur Hersellung dieses Verhältnisses erforderlich ist. Im
Allgemeinen aber bleikt die Vorschrift, daß bei den regelmäßig wiederkehrenden Ergänz-
ungswahlen mindestens die Hälste der neu zu wählenden Gemeinderathsmitglieder
die oben bezeichnete Eigenschaft haben muß. Auf den Wahlzetteln find daher mit Be-
achtung des Art. 81 der Gemeindeordnung die Namen von Unangesessenen oder Nichtbe-
güterten, welche über die möglicher Weise für diese Klasse zulässige Zahl hinausgehen,
als nicht geschrieben anzusehen. Bei ungeraden Zahlen ist zum ersien Male die größere
Hälste wenigstens aus den Haus-bezichungsweise Bauergutsbesitzern zu wählen. Ueber
das bei jerer Neuwahl eintretende Zahlenverhältniß hat der. Vorsizende der Wahlver-
sammlung ausreichende Eröffnung zu machen und dabet zu erläutern, daß ein bestimm-
tes Verhällniß der Theilnahme am Gemeinderathe für andere als die ebengenannten
Klassen der Ortsbürger nicht besicht und als solche die Augesessenen und Vegüterten in
unbedingter Zahl wählbar sind.
Zu Art. 73.
Fürstliche Staatsdiener und Kameralbeamte, Geistliche und Schullehrer bedürfen bei
jeder auf sie fallenden Wahl zum Eintritt in den Gemeinderath oder zum Verbleiben in
demselben der landesherrlichen Erlauk#niß oder Genehmigung der vorgesepten Dienslbchörde.
Im Falle, daß diese verfagt wirk, ist eine Ersahwahl vorzunehmen.
Zu Art. 79.
Ein jeder Wähler hat seinen Slimmzektel eigenhändig zu vollziehen. Wer dies
nicht zu thun vermag, hat seine Simme zu Protokoll zu geben.
Vertretungsweise Ausübung des Stimmrechts ist außer in den durch Art. 54 der
Gemeindeordnung und des Nachtrags dazu bezeichneten Fällen unstatthaft; auch darf
Niemand seine Stimme sich selbst geben.
ten.“
358
Zu Art. 81
Hinter dem Worte: „Staatskienern“ ist einzuschalten: „Fürstlichen Kameralbeam=
Zu Art. 92. und folgende.
Wegen des bei den Gemeindevorstandswahlen durch den Gemeinderath zu beobach-
tenden Verfahrens gelten solgende Bestimmungen:
u
) Der Vorsipende, von dem die Wahlhandlung ohne Zuziehung eines besondern
Wablvorstands zu leiten ist, hat in gesetzlicher Weise bezüglich der Geschäfts-
ordnung gemäß eine besondere Sipung des Gemeinderaths anzuberaumen, nach
deren Eröffnung den Zweck derselben darzulegen und dann die Wahlzeitel zu
vertheilen.
.) Die Wahl selbst geschieht schriftlich mitteli gestempelter Stimmzeitel, welche je-
des Gemeinderathsmitglied eigenhändig zu vollziehen hat. Wer dies nichr zu
tbun vermag, hat seine Stimme zu Protokoll zu geben.
c) Vertretungsweise Ausübung des Slimmrechts ist außer in den durch Art. 51
der Gemeindcordnung und der Nachtragovcrordnung vom 8. Juli 1856 unter
3 bezeichneten Fillen unstatlhaft; auch darf Niemand seine Stimme sich selbüt
geben.
ch Die beschriebenen Wahlzettel werden von jedem Mitgliede persoönlich in das zu
diesem Zwecke aufgestellte Gesäß gelegt, nach Abgabe aller dergleichen vom Vor-
sipenden eröffnet, und die auf jedem Stimmzettel bemerkten Namen vom Schrift-
fübrer oder einem andern Gemeinderathomitgliede einzeln in der Stimmliste ver-
zeichnet.
e) Sind mehrere Mitglieder des Gemeinderorstands zu wählen, so kann dies zwar
in einer Sipung, jedoch für jede einzelne Wahl nur durch besondere Wahlhand-
lung geschehen.
1) Ungestempelte, oder solche Wahlzenel, aus denen bestimmte wählbare Personen
rtx
ist al
nicht zu erkennen sind, sind wirkungolos.
)Im Uebrigen kommen die An. Z6, 39, 95 und 96 der Gemeindeordnung da-
bei in Anwendung.
Zu Art. 103.
§ „No. 21. Wahl des Gemeindevorstands“ hinzuzufügen.
Zu Art. 115.
Die Verpflichtung zur Entrichtung der bis zu Einführung der Gemeindeordnung
bestandenen dinglichen Kommunalabgaben, Schoz, Erb. ins und dergl. bleiot unverändert.
359
Reichen diese zu Deckung der Gemeindebedürfnisse nicht aus, so ist eine neuc Be-
steuerung entweder nach dem Einkommen oder durch Erhebung von Steuerzu-
schlägen in der Weise einzufühen, dah nach gleichem Maßstabe, wie bel den Laude#ab=
gaben, neben dem Betrage eines Personal= unn Gewerbsteuertermins jedesmal drei
Viertheile eines Grundsteuerterminsbetrags zu enrrichten sind.
Zu Art. 147.
Bei Einführung von Abgaben vom Einkommen ist in den Städten und in Ort-
schaften von 1000 und mehr Einwohnern jedesmal ein Ortsstatut zu entwerfen und
der Regierung zur Bestätigung vorzulegen; in andern Ortschaften ist, insofern nicht ein
Ontsstatut errichtet worden, die Besteunerung nach Steuerzuschlägen einzurichten. Das
Geschäft der Alschähung bezüglich der Ausstellung des Heberegisters ist vom Gemeinde-
tath, insoweit dies nicht durch Ortostatut in anderer Weise geregelt ist, oder noch gere-
gelt werden wird, zu besorgen. Die Instruktion für Aufstellung und Fortführung der
Heberegister wird (unbeschader der Giltigkeit der bereits nach derselben aufgestellten und
in Anwendung befindlichen Heberegister) hierdurch aufgehoben.
Die landesberrlichen und Kommunal-Beamten, die Geistlichen und Schullehrer, so-
wie alle eine öffentliche Junktion bekleidende Persoenen, ferner solche Personen, welche
eine Pension oder Wartegeld, mit Rücksicht auf eine von ihnen selbst oder von einem
Angehörigen geführte Verwaltung eines öffentlichen Amtes beziehen, dürfen nur in fol-
gender Weise mit ihrem Diensteinkommen bezüglich der Pension oder dem Wartegelde zu
den direkten Gemeindeanlagen beigezogen werden, daß Diejenigen, welche 500 Thaler
oder weniger Diensteinkommen haben, nur mit der Hälste, Die, welche über 500—750
Thaler Einkemmen haben, mit /a, dann die von 750— 1000 Thlr. Diensieinkommen
mit 3( deoselben, endlich die mit einem Einkommen von über 1000 Thlr. mit dem vol-
len Betrage desselben zur fraglichen Abgabenentrichiung anzusetzen üind.
Bei den nach Steuerterminen ausgeschriebenen Anlagen zahlen die genannten Per-
sanen von der, auf ihr Diensteinkommen ausgeworfenen terminlichen Steuer nur ½ rek.
3m bezüglich 3/8, wobei auch, wie sich aus den landesgesehlichen Bestimmungen über die
Grundsteucr ergiebt, von den zur Dotation ihrer Stelle gehörigen Grundsiücken kein
Grundsieuerzuschlag erboben werden kann. Bei einer Klassisikation und verschiedenen Bei-
ziehung des Eintommens nach steigenden und fallenden Proportionalsätzen ist bei jedem ge-
nanmen Angestellren in der Klasse, in der er steuert, ½ resp. 2/9 bezüglich 25/#8 des Be-
trags, welcher nach dem Klassenansapx auf sein Diensteinkommen treffen würde, in Ab-
gang zu bringen.
Nach diesen Bestimmungen sind auch bereits eingeführte Gemeindcanlagen von An-
fang nächsten Jahres an zu modifiziren.
360
Zu Art. 172.
Wenn in einer Gemeinde die zur Ordnung derselben erforderliche Ausschreibung von
Gemeindeanlagen und die Ausstellung des Heberegisters für die Beiträge zu den Gemein-
delasten Anstand findet, so kann bio zur vollständig ordnungsmäßigen Erledigung dieses
Gegenstandes und genügenden Einrichtung des Kommunalabgabenwesens Unsere Regier-
ung auf Antrag des dritten Theils der Gemeinderathsmitglieder dahin Verfügung tref-
fen, daß — insoweit es zur Deckung des Bedarss der Gemeindekasse nöthig — für die-
selbe Zuschläge zu den Staatssieuern in der Weise erhoben werden, dah nach gleichem
Maßstabe, wie bei den Landesabgaben, neben dem Betrage eines Personal= und Ge-
werbsteuertermins jedes Mal drei Blertheile eines Grundsteuerterminsbetrags zu entrich-
ten sind.
Zu Art. 174.
Durch landesherrliche Verordnung kann auf Antrag des Ministeriums unter genauer
Angabe der Gründe ein Gemeinderath aufgelöst werden. Es ist sodann in der betref-
fenden Gemeinde eine Neuwahl des gesammten Gemeinderaths unter Beobachtung der all-
gemeinen geseplichen Vorschristen zu vexanstalten und muß diese binnen drei Monaten
vom Tage der Auflösung an erfolgen. Bis zu Einführung des neuen Gemeinderaths
ist der Gemeindevorstand verpflichtet, bei allen vorkommenden wichtigern und unaufschieb-
baren Geschäften die vorläusige Billigung (Ankorisation) der Regicrung, beziehungsweise
des ihm vorgesetzten Landralhsamts einzuholen, wogegen dem neuen Gemeinderathe die
nachträgliche verfassungsmäßige Genehmigung oder Ablehnung vorbehalten bleibt.
Urkundlich unter Unserer Unterschrift und beigefügten Fürstlichen Insiegels.
Gegeben Schloß Schleiz, den 10. Dezember 1857.
(L. S.) Heinrich LXVII.
v. Geldern.
3) Verordnung, die Ansübung der Polizei auf den Kammer. und Rittergütern betr.
Die wesentliche Bedeutung, welche die Kammer= und Rittergüter in den Gemeinde=
bezirken haben, mit denen sie vereinigt sind, und welcher das Verhäliniß ihrer Theilnah-
meberechtigung an den Gemeindewahlen nicht entsprechen kann, erheischt es, daß bei der
obrigkeitlichen Beslätigung dieser Wahlen auf jenen Umstand Räcksicht genommen werde.
Die Fürstlichen Landrathsämter werden daher angewiesen, in allen Fällen, in wel-
chen ihnen die Wahlen von Bürgermeistern oder deren Stellvertretern zur Bestätigung
361
angezeigt werden, vor der Erlheilung der letzteren sich mit der Fürstlichen Kammerbe-
börde oder dem betheiligten Rittergutsbesiver in Einvernehmen zu setzen, wenn begrün-
dete Einwendungen erhoben werden, die Bestätigung zu versagen, wenn aber dlese nicht
erheblich genug erscheinen, zu einer Nichtgenehmigung, jedenfalls vor weiterer Verfügung
in der Sache hierher Bericht zu erstatten.
Ferner wird wegen der Mißstände, die bel der Polizelverwaltung hinsichtlich der
oben bezeichneten Grundbesixungen heworgetreten sind, mit landesherrlicher Höchster Ge-
nehmigung verordntt:
Die polizeiliche Beaussichtigung der Kammer= und Rüttergüter haben vorzugsweise
die Landrathsämter selbst zu ordnen und wahrzunehmen; die Fürstlichen Kammerbehör=
den nd, wo die Eigenthümer nicht selbst auf den Rittergütern wohnen, die Besiper der
lepteren sind zur Bestellung von Vertretern zur Empfangnahme der polizeilichen Anord-
nungen zu veranlasten; die Gemeindevorstände haben sich — außer in den Fällen, wo
es sich um Verhütung oder Enkdeckung von Verbrechen handelt, in welchen sie zum
sebstüändigen Einschreiten besugt und verpflichtet bleiben — der polizeilichen Revisionen
in den Wohngebäuden und Gehösten und auf dem Grundstückskomplexe der Kammer-
und Rittergüter zu enthalten, auch unmittelbare polizeiliche Anordnungen hinsichtlich der-
selben zu untrlassen, vielmehr wegen vorkommender Ordnungswidrigkeiten und die Po-
lizeiausübung slörender Mißstände Anzeige an das ihnen vorgesetzte Landrathsamt des
Bezirks zu erstatten und dort die zweckdienlichen Anträge zu stellen. Die Anmeldung
von Fremden und Dienstboten auf den Kammer= und Rittergütern bei dem Gemeinde-
vorstande ist nicht erforderlich, wenn daselbst stets gehörige, zu jeder Zeit dem Landraths-
amte vorzulegende Verzeichnisse darüber gehalten werden; ist der Aufenthalt von Aus-
wärligen von der Art, dah ein Schußgenossenverhälmiß damit gesetzlich verbunden ist, so
hat das Landraihsamt die entsprechende Zufertigung an den Gemeindevorstand zu er-
lassen. Die Risse über Neubauten und Vauveräuderungen auf den Rittergütern sind
unmistelbar bei den Landrathsämtern zur Approbation einzureichen, während es dieser
binüchtlich der Baulichkeiten auf den Kammergütern nicht mehr bedürfen soll, da daselbst
alle Bauten durch einen auf die Landesgesepe besonders verpflichteten Baumeister aus-
gesührt werden. Die regelmäßigen Feuerschauen sind auch auf den Kammer= und Rit-
tergütern in der bisherigen Weise zu halten; doch ist der Gemeindevorstand zu einer
unmittelbaren Anordnung auf Grund derselben nicht befugt; bei ausbrechenden Feuern
aber hat derselbe, wenn nicht ein höherer Beamter oder Kommissar zugegen ist, die Lei-
tung der vöschanstalten zu übernehmen.
Uebrigens bewendet es, soweit nicht die obigen Modisikalionen hinsichtlich der ehe-
mals vom Gemeindeverband ausgenommen gewesenen Grumbesitzungen Plah greisen,
und vorbehältlich der besonderen Anoidnungen über die nächtliche Polizeiaussicht in der
59
362
Stadt Gera bei der auf Grund der Gemeindeordnung und nach der Verordnung vom
14. September 1855 besiehenden Einrichtung, wonach den Gemeindevorständen in der
vetfassungsmäßigen Unterordnung unter die vorgesehzten Landesbehörden — in den
Landgemeinden unter Leitung und Aufsicht der Landratbsämter und
mit Ausschluß der den Letteren überwiesenen polizeilichen Straffest-
sesungen — die Handhabung der Polizei in ihren Gemeindebezirken in allen Bczieh-
ungen zusteht und obliegt und wird hier wiederbolt in Höchstem landesherrlichen Auf-
trage die Erwarlung ausgesprochen, daß von Seiten derselben durch richtige Auffassung
und thätige Erfüllung dieser ihrer Berufspflicht, für welche dao Vorhandensein des er-
probten Gensdarmeriepersonals ein wesentliches Hilsomittel darbictet, den Anforderungen
des Gesetzes und des allgemeinen Bestens fortwährend genügt werden wird.
Gera, den 2. Dezember 1857.
Fürstlich Reuß-Plauische Regierung.
v. Geldern.
Franke.
4) Geset, die Stellvertretung beim Militär und den Dienst als Freiwilliger betr.
Wir Heinrich der Sieben und Sechzigste von Gottes Gna-
den Jüngerer Linie regierender Fürst Reuß, Stammes Ael-
tester, Graf und Herr von Plauen, Herr zu Greiz, Kranich-
feld, Gera, Schleiz und Lobenstein 2c. 2c.
verordnen zur Regelung der Stellvertretung bei Unserem Militair und um Unseren Un-
terthanen nach dem Vorgange auderer Staaten die Vortheile des Dienstes als Frei-
willige angedeihen zu lassen, mit Beirath und Zustimmung des Landtags Folgendes:
8. 1.
Jedem, welcher durch das Loos militairpflichtig wird, sieht es und zwar bei Verlust
dieses Rechtes nur bis vier Wochen nach dem Loosungstermine mit der in 8. 16 bezeich-
neten Einschränkung frei, sich gegen baare Erlegung einer Einstandssumme von Ein Hun-
dert Fünf und Siebenzig Thalern und eines Handgeldes von Fünf und Zwanzig Tha-
lern vertreten zu lassen.
8. 2.
Wer vor Eintritt des Jahres, in welchem er konskriptionspflichtig wird, von der
363
Stellvertretung Gebrauch zu machen beabsichtigt, hat sich unter Angabe der Gruͤnde und
unter mit Beitritt des Baters resp. Vormundes zu erklärender Verzichtleistung auf Loos-
ziehung, ärziliche Untersuchung und ctwaige Reklamalionsgründe an Unsere Regierung
zu wenden. Auf Vortrag derselben werden Wir genehmigenden Falles die gänzliche Eut-
bindung des Binstellers von der Militairpflicht gegen Bezahlung der Einstandssumme und
des Handgeldes ausfprechen.
Diese Beträge sind zu dem Stellvereretungsfonds zu nehmen und in demjenigen
Jahre, in welchem der Binsteller in das militairpflichtige Alter eintritt, zur Verwendung
zu bringen.
3 8. 3.
Ein Soldat, gleichviel, ob derselbe der aktiven Mannschaft oder der Nesewe auge-
Hört, kann sich blos ausnahmsweise dann vertreten lassen, wenn er durch seine Beite-
baltung im Kontingente entweder wichtige Vortheile verlieren oder ein wesentlicher Nach-
theil für ihn entsiehen würde, vorausgesetzt, dab die Gründe zur Vertretung erst nach
der Einstellung entstanden sind. Hierüber sieht Uns nach Vernehmung des Bataillons=
kommandos die Cutscheidung zu. Wird in einem solchen Falle die Stellvertreiung ge-
stattet, so ist von dem Soldaten die in F. 1 bestimmte Einstandssumme nebst Handgeld
Unverkürzt zu bezahlen, dafern er vor Ablauf der ersten drei Dienstjahre von der Siell-
verkretung Gebrauch macht. Geschieht Letzteres nach Ablauf dieser Zeit innerhalb der
solgenden drei Jahre, so ist nur die Hälste der Einstandssumme und des Handgeldeo
zu erlegen.
Die Zurückzahlung der Einstandssumme nebst Handgeld (S. 16) bleibt auch hierbei
vorbehalten.
C. 4.
Militairpflichtige, welche der Ersatzmannschaft angehören, können, dafern sie eine der
Einsiandosumme und dem Handgeld gleichkommende Kaution bei der Gerichtsbehörde ih-
res Wohnortes durch sichere Bürgschaft, Baarzahlung oder Pfand bestellen, an welche
sich erforderlichen Falls zur Gewinnung eines Stellvertreters gehalten werden kann, von
Unserer Regierung nach vorgängiger Vernehmung Unseres Bataillonskommandos mit dem
Vorbehalt der Einzlehung der Kaution, wenn ein Stellvertreter zu beschaffen ist, eventuell
des in 8. 16 geordneten Verfahrens, aus der Ersatzmannschaft entlassen werden.
Etenso können durch eine solche Kautensbestellung die Zurückgestellten (unerhalb
der Zeil, während welcher ihre Verpflichtung zum Militairdiensi noch besteht, dieser Ver-
yflichtung unter gleichem Vorbehalt von Unserer Regierung euthoben werden.
8. 5.
Auf die Anschaffung von Stellvertretern in solchen Fällen, in denen nach den Be-
5
364
stimmungen der Verordnung wegen Verpflichtung der Unterthanen zum Kriegsdienst vom
2. Januar 1823 die Beschaffung eines Stellvertreters als Strase ausgesprochen ist, er-
leiden die Bestimmungen des gegenwärtigen Gesetes ebenfalls dergesialt Anwendung, daß
an die Stelle der Verpflichtung zur cigenen Beschaffung eines Stellvertreters lediglich
die Verpflichtung zu Beschaffung der geseplichen Einstandssumme zu treien bat, inglei-
chen daß bei einer erhöhten Dienstzeit eine verhälnißmäßige Erhöhung des Stellvertre-
tungsquantums (clr. §. 26.) eintrit.
8. 6.
Der Einsteller erlangt, sobald von ihm die Einstandssumme und das Handgeld ge-
zahlt und von Unserer Regierung angenommen worden sind, Befreiung vom aktiven und
vom Reserwedienst.
8. 7.
Diejenigen, welche auf Grund des 8. 1. sich vertreten lassen wollen, haben binnen
vier Wochen nach geschehener Loosung dies unter baarer Uebersendung des Betrags von
Zwei Hundert Thalern Unserer Regierung anzuzeigen.
In den Zürstenthümern Schleiz und Lobensiein-Ebersdorf ist es nachgelassen, diese
Baarzahlung an die betreffende Bezirkssieuereinnahme zu leisten und deren Bescheinigung
obiger Anzeige beizulegen.
Diese Frist kann von Unserer Regierung auf Ansuchen noch um 11 Tage verlän-
gert werden. Nach Ablauf dieser verlängerten, bezüglich der ursprünglichen vierwöchent-
lichen Frist tritk, bei nichr erfolgter Zahlung der Einstandssumme sammt Handgeld, ohne
Weiteres der in §. 28. Alinen 3. der Verordnung vom 2. Jannar 1823 angeordnete
Achhtsnachtheil ein.
8. B.
Die von dem Einsteller erlegte Einstandssumme wird zu dem bei der Hauptstaats-
kasse mit zu verwaltenden Stellvertretungsfonds genommen.
Lehterer, dessen Bestände auf Zinsen sicher anzulegen sind, ist lediglich zur Beschaf-
fung von Einstehern, zu Bestreitung des ciwatgen Verwaltungsaufwandes und zur Dek-
kung von Verlusten bestimmt.
Das Handgeld wird dem Einsteher acht Wochen nach dessen Einstellung gewährt.
8. 9.
Wer als Stellvertreter in das Militair eintreten will, hat sich im Monat Januar
jeden Jahres bei dem Bataillonskommando zu melden und seine Qualistkatton nachzu-
weisen.
365
8. 10,
Der Einsteber muß folgende Eigenschaften haben:
a) er muß Juländer und in der Regel unverheirathet oder kinderloser Wittwer sein;
b) er muß körperlich, moralisch und geistig fähig zum Militärdienst besunden werden
und glaubwürdige Zeugnisse über seine gute Aufführung beibringen;
) er muß seiner eigenen Militairpflicht vollständig Geunnge geleisiet, oder wenigstens
bei der Konskription eine so hohe Loosnummer gezogen haben, daß er als von
der dereinstigen Einsiellung gänzlich befreit zu betrachten ist und darf bei seinem
Antritt nicht über 30 und wenn er gedient hat, nicht über 36 Jahre alt sein.
S. 11.
Die Auswahl der Einsteher steht ausschließlich Unserem Bataillonskommando zu.
Doch ist gegen dessen Ausspruch die Berufung an Unser Ministerium zuläsig. Es sind
übrigens hierbei zunächst diejenigen geeigneten Unterofüziere und Soldaten zu berücksich-
tigen, welche ihre Dienstzeit im Kontingente im Laufe des Jahres beendigen. Hierbei
gebührt wiederum denjenigen, welche ihre eigene Dienstpflicht erfüllt haben, der Vorzug
vor den Stellvertretern.
C. 12.
Bis zum nächsien Einstellungstermine, von ihrer Anmeldung bei Unserem Batail-
lonskommando an gerechnek, bleiben die für brauchbar befundenen Einsteher, welche ihre
Verpflichtung zum Eintritt zu Protokoll zu erklären haben und dagegen eine Bescheinig-
ung über die erfolgte Anmeldung erhalten, zum Eintritt in den Militärdienst auf (Er-
sordern verbunden und üind, Falls ste auf erhaltene Ordre zum Dienste sich nicht stellen,
den gesenlichen Strafen, welche solche ungehorsame Konskribirte, die ihrer Looonummer
nach zur Einstellung gekemmen sein würden, treffen, unrerworfen. Erhalten sie dagegen
binnen der gedachten Frist die Einbernfungsordre nicht, so sind sie der durch ihre An-
meldung übernommenen Veryflichtung ledig.
S. 13.
Kein Einsteher verkritt einen bestimmten Einsteller; Alle werden nur als Einsteher
bezeichnet. Demzufolge hat aber auch kein Einsleller in irgend einem Falle einen An-
spruch auf Einstandssumme und Handgeld, welche von ihm gezahlt worden.
8. 11.
Unser Vataillonskommando bat ein Verzeichniß der angemeldeten und nach Maß-
gabe des § 10 brauchbar befundenen Einsteher nach der Zeitfolge, in welcher sie sich
angemeldet haben, anzufertigen und solches alljährlich vor dem Loofungstermine bei Un-
serer Regierung einzureichen.
366
8. 15.
Insoweit die Anzahl der angemeldeten Einsteher die erforderliche Zahl übrrsteigt,
bleiben von denselben die in dem aufge#cllten Verzeichniß zuletzt genannten unberück-
sichrigt.
Die Leptern sind aber, wenn nicht die Bestimmungen im §. 141 zur Anwendung
kommen, dafern lie bei ihrer Einstellung beharren und dies spätestens im Monat Jannar
des nächstfolgenden Jahres dem Vataillons-Kommando anmelden, auch die im F. 10 an-
gegebenen Bedingungen der Einstellungsfähigkeit noch vorhanden sind, nach der Zeiltfolge
ibrer ursprünglichen Anmeldung im nächsien Verzeichnisse einzutrayen.
8. 16.
Jü die krforderliche Anzahl von Einstehern nicht vorhanden, se werden zuvörderst
für die in den §§. 2. bis 5. envähnten Militärpflichtigen die erforderlichen Einüee#r
angenommen, für die in Folge der Loosung angemeldeten Einsteller aber nach der Rei-
beufolge ihrer Anmeldung die noch verbleibende Zahl von Einstehern verwandt.
Denjenigen Einstellern, welche auf diese Weise ein Einsteher nicht verschafft werden
kann, wird die Einstandssumme nebst Handgeld von Unserer Reglerung zurückgezahlt.
Es bleibt in einem solchen Falle dem als Einsieller Angemeldeten aber nachgelas.
sen, einen tanglichen Stellvertreter selbst aufzusuchen und zu präsemiren, welcher Leptere
aber ebenfalls einen bestimmten Einsteller nicht vertritt, und ist ihm hierzu eine vier-
wöchentliche Frist zu bewilligen.
Ebenso steht dem betreffenden Angemeldeten das Recht zu, der vorgenemmenen
Loosung ungeachtet bei sonst vorhandener QOnalisikation in Gemäßheit des 8. 30. dieses
Gesetzes als Freiwilliger in das Kontingent einzutreten, übrigens auch bei gegebener
Füglichkeit später von der Vergünstigung der Siellvertretung Gebrauch zu machen.
8. 17.
Unsere Regierung hat Unserem Bataillonskommando die zur Einberufung kommen-
den Einsteher anzuzeigen und sind Leptere soedann von dem Vataillonskommando über
ihre erfolgte Annahme zu benachrichtigen.
C. 18.
Die eingestellten Einsieher erlangen einen Anspruch an den Stellvertretungsfonds
darauf, daß denselben nach gehörig geleisieter Militärpflicht die §. 1. bestimmte Einstands-
summe ausgezahlt wird, werden aber auch nur insoweit beurlaubt, als dies nach dem
Ermessen Unsercs VBataillonskommandos aus dienstlichen Rücksichten nothwendig oder zu-
lässig ist.
367
S. 19.
Das dem Einsteher gebührende Einstandsgeld bleibt bei dem Stellvertretungsfonds
bis vier Wochen nach Beendigung der übernommenen Dienstzeit als Kaution stehen.
Während dieser ganzen Zeit werden dem Einsteher vierprozentige Zinsen ven dem Ein-
standegelde gewährt.
8. 20.
Es bleibt Unserer Regierung nachgelassen, insowelt dies die Kräfte des Stellver-
tretungofonds gestatten, behuss der Beschaffung einer ausreichenden Anzahl von Einsie-
bern in einzelnen Fillen eine höhere Einstandssumme als die in §. 1. bestimmte an
Einsteher zu bewilltgen.
8. 21.
Ueber den Anspruch auf die festgeseyte Einstandssumme und die Verzinsung der-
selben wird dem Einsteher von Unserer Regierung eine Bescheinigung ausgestellt, die der-
selbe dann, wenn nach bestandener Dienstzeit die Auszahlung des Einstandsgeldes an
ihn geschiehr, zur Kassation zurückzugeben hat.
8. 22.
Während der Dienstzeit des Einstehers kann derselbe weder das Einstand sgeld cedi-
ren, noch auf andere Weise darüber, außer auf den Todesfall, verfügen. Alle dem zu-
wider laufenden Rechtsgeschäfte sind null und nichtig, auch ist von Seiten der Gerichte
eine Beschlagnahme der Einstandsgelder nur bis zum dritten Theile zulässig.
Die fällig werdenden Jahreszinsen kann dagegen der Einsteher einheben und steht
ihm die freie Verfügung darüber, ebenso, wie den Gerichten die volle Beschlagnahme
derselben zu.
8. 23.
Wenn ein Einsteher sich vorsätzlich zum Militairdienst unbrauchbar machl, deserkirt,
sich entleibt oder wegen eines Verbrechens durch kriegegerichtliches Erkennnißh aus dem
Militair gestoßen wird, oder wenn sich erst nach seinrm Dienstantritt ergiebt, daß er we-
gen eines schon vorhanden gewesenen Eehlers untauglich sei, oder daß er aus einer an-
ldern Ursache schon vor seinem Einkritt die für den Einteher erforderliche Qualiftkation ver-
loren habe, so ist das ganze Einstandsgeld nebst den noch nicht von dem Einsteher er-
hobenen Zinsen dem Stellvertretungsfonds verfallen.
K. 24.
Wenn ein Einsteher wegen eines erst nach seinem Dienstantritt ohne seine Schuld
368
entstandenen Gebrechens als dienstuntauglich entlassen werden muß oder siirbt, so erhält
im ersieren Falle der Einsteher, im andern Falle dessen rechtmäßiger Erbe von dem Ein-
standsgelde und den verfallenen resp. nicht eingehobenen Zinsen nur die abverdiente
Quote ausgezahlt und fällt der Rest an Kapital und Zinsen dem Stellvertretungsfonde
anheim. Dabei wird der angefangene Monak, in welchem einer dieser Fälle eintritt, zu
Gunsien des Empfängers für voll gerechuct.
Ereignet sich jedoch einer dieser Fälle in Folge unmittelbarer Beschädigung im
Dienste, was durch milikairärztliches, von Unserem Vataillonskommando bescheinigtes At-
test nachzuweisen ist, so wird das Einstandsgeld nebü den noch nicht erhobenen verfalle-
nen Zinson dem Einsteher oder dessen Erben ungekürzt ausgczahlt.
Findet der Einsteher, außer dem Falle der unmittelbaren Beschädigung im Dienste
ohne sein Verschulden im Kriege seinen Tod, so steht Unserer Regierung der Ausspruch
darüber, ob seine Angehörigen nur den verfallenen Theil, oder die ganze Einstando-
summe erhalten sollen, zu.
8. 25.
Wird ein Soldat, der als Einsteher dient, wegen einer Anstellung im landesherr-
lichen Dienste vom Militair enklassen, so wird ihm das Einstandsgeld nur zu dem Theile,
bis zu welchem er es wirklich verdient hat, nebst den bis dahin erwachsenen, noch uner-
pobenen Zinsen bezahlt, der Rest aber zu dem Stellvertretungsfonds genommen.
S. 26.
In den einschlagenden Fällen des Geseheb wird ein Jahr Dienstzeit im Aktivkon-
tingent doppelt so hoch wic ein Jahr Dienstzeit in der Nleserve gerechnct.
S. 27.
Hierbei is, insoweit die Rücksicht auf die Vollzähligerhaltung des Kontingentes die
Einstellung eines andern Mannes nothwendig macht, Leptere jeder Zeit durch Beschaf-
fung eines Einstehers auf Koßen des Stellvertretungsfonds zu bewirken.
8. 2.
Verabredungen unter Privatpersonen, durch welche die gegenwärtigen geseplichen Bt-
stimmungen über die Siellvertretung umgangen werden sollen, sind wirkungslos.
8. 29.
Jeder Unserer männlichen, zum Kriegsdienst tauglichen Unterthanen, welcher ent-
weder das konskriptionspflichtige Alter noch nicht erreicht hat, oder aus einem sonstigen
Grunde zum Militairdienst nicht verpflichtet ist. kann vom zuruͤckgelegten 18. bis 30.
Jahre freiwillig in den Militairdienst eintreten, wenn er die staatsbuͤrgerlichen Rechte
369
nicht verloren hat. Ist er wegen elnes, den Verlust der Lewzteren nach sich ziehenden
Verbrechens in Untersuchung, so kann selne Ausnahme in den Militalrdienst erst nacher-
felgter Freisprechung geschehen.
Der freiwillige Eintritt befreit von der Kenfkription.
8. 30.
Jedem diensttauglichen männlichen Unterthan, welcher entweder das Zeugniß der
Neife für die Prima des Gymnasiums beibringt oder welcher einc landwirthschastliche,
ferstwirthschaftliche oder Berg. Akademie oder eine Handelsschule sowie sonstige höhere tech-
nische Bildungsanstalt bezogen hat, steht es zu, ehe er zur Konskripliou kommt, sich zur
freiwilligen Ableistung seiner Militärpflicht zu melden und. es soll einem selchen nachge-
lassen sein, entweder schon mit vollendetem 18. oder erst nach vollendetem 23. Jahre in
den Militairdienst einzutreten.
Ein solcher Freiwilliger hat dieselte Dienstzeit wie jeder andere Militairpflichtige.
Nach abgeleisicter einjähriger aktiver Dienstzeit tritt er aber sofort in die Reserve und
wird außer in Kriegszeiten, wo er wie jeder andere Reservepflichtige zu dienen hat, nur
bei Bundeszinspektionen zu Uebungen herangezogen.
Derselbe hat sich selbst zu bekleiden und zu beköstigen und es ist ihm gesiattet, außer-
balb der Kaferne zu wohnen.
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Alle den Bestimmungen dieses Gesepes zuwiderlaufenden früheren gesetzlichen Be-
stimmungen sind ausgehoben.
Urkundlich unter Unserer Unterschrift und beigesügtem Fürstlichen Insiegel.
Gegeben Schloß Schleiz, den 12. Dezember 1857.
(L. S.) Heinrich IXVII.
v. Geldern.
370
5) Landesherrliche Verordnung, die Abänderung des Reglements der Magdeburger-
Laudseuer. Sozielät betr.
Wir Heinrich der Sieben und Sechzigste von Gottes Gna-
den Jungerer Linie regierender Fürst Reuß, Stammes Ael-
tester, Graf und Herr von Plauen, Herr zu Greiz, Kranich-
feld, Gera, Schleiz und Lobenstein 2c. 2c.
verordnen hiermit, nachdem die bisherigen Besiimmungen über die abgestuste Beitrags-
pflichtigkeit der, bei der Magdeburger Landseuersozictät versicherten Gebäude durch die
bestehende Deputarion der Sozielät unter Beiziehung des Deputirten und Kreisdirektors.
für Unser Gesammtfürstenthum abgeändert und die diehfallügen anderweiten Normirungen
Königl. Preußischer Seits sanktionirt worden sind, in Uebereinstimmung mit dem ent-
sprechenden Erlasse des Königl. Preußischen Gouvernements vom 2. November d. Is-
Zolgend es:
Der 8. 10. Unsrer Verordnung vom 12. Juni 1844 erstes Alinea — (entsprechend
dem §. 61. des erneuerten Reglements. für die Magdeburger Landfeuersozietät vom 28.
April 1843) — wird aufigehoben und es kreten an dessen Stelle die nachfolgenden Be-
stimmungen:
Das Beilragoverhällmiß der drei Klassen unter einander wird vom 1. Jannar 1858
ab dahin besiimmt, daß auf je drei Silbergroschen für jedes Hundert Thaler Verüche-
rungssumme, welche in der ersten Klasse zu zahlen sind, die zweite Klasse vier Silber-
groschen und die dritte zehn Silbergroschen beitragen muß.
Kirchen, nebst den dazu gebörigen Thurmgcbäuden, sofern sie noch zum Gertes-
diensie gebraucht werden, zablen nur die Dälste des Beitrags der betreffenden Rlasse.
Der Depmation sielt mit Genebmigung der oberen Landesbehörden die Befunniß
zu, nach Maßgabe des obwallenden Bedürfnisses und der Grfahrung gewisse Gekahren
oder Oertlichkeiren zu bestimmen, für welche gewisse Zuschläge zu den Beiträgen der
einzelnen Klassen erboben werden oder gewisse Erleichterungen eintreten sollen. Derglei-
chen Zuschläge können jedoch innerhalb der Triennien nicht eingeführt werden.
Urkundlich Unster eigenhändigen Unterschrift und beigedruckten Landraoherrlichen In-
siegels.
Schloß Schleiz, den 12. Dezember 1857.
(1. S.) Heinrich LXVII.
v. Geldern.
=
371
6) bandesherrliche Vecrordnung, einige Beslimmungen über die Vertheilung der
Parochial-, Kriegs= und Einquartierungslasten betr.
Wir Heinrich der Sieben und Sechzigste von Gottes Gna-
den Jüngerer Linie regierender Fürst Reuß, Stammes Ael-
tester, Graf und Herr von Plauen, Herr zu Greiz, Kranich-
feld, Gera, Schleiz und Lobenstein 2c. 2c.
verordnen hiermit unter Zustimmung Unstes getreuen Landtags im Zusammenhange mit
den über die Gemeindeverhältnisse ergangenen neuen Anordnungen:
1.
Die Bestimmungen des unter dem 10. d. M. erlassenen Gesetzeo, die Abänderung
der Gemeindeordnung betreffend, kommen in Gemähheit des in der Verordnung über
die Vertheilung der Parochial-, Kriegs= und Eingquartirungslasten vom 15. Jannar
1850, §. 6. am Ende enthaltenen Grundsatzes gleichmäßig bei der Aufbringung der
eben genaunten Lasten zur Anwendung.
2.
Von den Kommunalanlagen, die zur Bestreitung von Kirchen-, Pfarr= und Schul-
bankosten ausgeschrieben werden, sollen künftig Geistliche und Schullehrer auf dem Lande
ganz freigelassen werden.
Dagegen soll hinichtlich der Dienstwohnungen der Geistlichen und Schullehrer auf
dem Lande der §. 11 des, mittelst Ministerialverordnung vom 16. April 1856 publizir-
ten Regulativs von dem Zeilpunkte ab, wo Veränderungen in den Personen der Inha-
ber Stat ünden, außer Geltung treten und die Berechtigung und Verpflichlung der ge-
nannten Dienstwohnungsberechtigten — unbeschadet der Ansprüche derjenigen, welche sich
gegenwärtig im Genuß einer Dienstwobnung beüinden, auf die Fortbeobachtung der darauf
bezüglichen bisherigen Observanz — künftig nach den allgemeinen Normen des oben an-
geführten Regulativs beurtheilt werden.
Urkumlich unter Unster eigenhändigen Unterschrist und beigedrucktem Landesherrli-
chen Insiegel.
Schloß Schleiz, den 18. Dezember 1857.
(L. S.) Heinrich I-XVII.
v. Geldern.