— 10 — Bundesrat ebenfalls eine ausgedehnte Wirksamkeit. Er tritt in dieser Eigenschaft schon in Tätigkeit in den von der Verfassung selbst normierten Fällen, d. h. wenn das Ein- schreiten des Bundesrats im Falle der Justizverwaltung ge- geben ist gemäß Art. 77 RV. oder falls über die Einleitung einer Bundesexekution nach Art. 19 zu beschließen ist, oder endlich, falls ein Fall des Art. 76 vorliegt, der Bundesrat also in gewissen Öffentlichrechtlichen Streitigkeiten Recht sprechen muß. Dieser letzte Fall, in dem der Bundesrat als Rechts- pflegeorgan des Reichs in Kraft tritt, ist der wichtigste und soll daher unserer Betrachtung vorangestellt werden. Nach Art. «6 I werden „Streitigkeiten zwisclien verschiedenen Bundesstaaten, sofern dieselben nicht privatrechtlicher Natur und daher von den kompetenten Gerichtsbehörden zu entscheiden sind, auf Anrufen des einen Teils von dem Bundesrat erledigt“. Die Tendenz einer solchen Vorschrift ist klar. „Solange die Nationen ein gesondertes Dasein führen, wird es Streitigkeiten geben, welche nur mit den Waffen geschlichtet werden können!“?) Der Umstand aber, daß sich ver- schiedene selbständige, völkerrechtliche Subjekte, ganze Nationen oder bisher unabhängige Teile einer Nation an einander angeschlossen haben, um unter der Macht dieser Zusammengehörigkeit einheitliche Aufgaben besser erledi- gen zu können, läßt es zum mindesten wünschenswert er- scheinen, daß bei einem ausbrechenden Zwist auf gütlichem Wege zwischen den beiden streitenden Parteien vermittelt wird. Denn wie sollte ein zusammengesetzter Staat den gemeinschaftlichen Interessen seiner Glieder auch nur in entferntesten gerecht werden, falls es bei einem entstande- nen Streite, der ja trotz Eingehung eines engeren Bundes keineswegs gänzlich ausgeschlossen ist, den einzelnen 2) Graf Helmut von Moltke.