—- 18 — Reiche gegenüber liegt, der Bundesrat über eine Bundes- exekution nach Art. 19 der Reichsverfassung beschließen und auf diesem Wege den Streit erledigen können. Es fragt sich nun, ob Art. 76 I auch dann Anwendung findet, wenn der Fall des Art. 30 der Wiener Schlußakte vor- liegt’). Daß Forderungen und Ansprüche von Privatpersonen gegen Bundesregierungen deshalb nicht befriedigt werden können, weil die Verpflichtung zur Befriedigung zwischen mehreren Bundesstaaten streitig ist, ist noch kein Grund für den Bundesrat, auf Grund des Art. 76 I einzuschreiten. Denn es liegt vorläufig noch gar keine Streitigkeit zwischen ver- schiedenen Bundesstaaten vor. Nach Art. 30 der Wiener Schlußakte wurde ein derartiger Fall nun auf die Weise er- ledigt, daß zunächst einmal die streitende Privatperson als Partei ausgeschaltet wurde?), statt dessen aber die Streitig- keit als Angelegenheit der betreffenden Bundesstaaten an- gesehen wurde. Unser Reichsstaatsrecht bietet nun keine Handhabe, in einem solchen Falle im Interesse der betreffen- den Privatleute einzuschreiten. Es liegt demnach eine Lücke vor, die auch im konstituierenden Reichstage erkannt wurde, was aus der Rede des Abgeordneten Schwarze?) 1) Art. 30 der Wiener Schlußakte: Wenn Forderungen von Privatpersonen deshalb nicht befriedigt werden können, weil die Verpflichtung, denselben Genüge zu leisten, zwischen mehreren Bundesgliedern zweifelhaft oder bestritten ist, so hat die Bundes- versammlung auf Anrufen der Beteiligten zuvörderst eine Aus- gleichung auf gütlichem Wege zu versuchen, im Fall aber, daß dieser Versuch ohne Erfolg bliebe, und die in Anspruch genomme- nen Bundesglieder sich nicht in einer zu bestimmenden Frist über ein Kompromiß vereinigten, die rechtliche Entscheidung der streitigen Vorlage durch eine Austrägalinstanz zu veranlassen. 2) Trotzdem konnten diese Privatpersonen bei dem Austrägal- gericht solche Anträge stellen, die sich auf die ordnungsgemäße Erledigung der Angelegenheit bezogen. cf. Zachariae, Deut- sches Staats- und Bundesrecht II 1367 $ 273, IV, V. 3) Bezold, Materialien II S. 573.