— 20 — mitverstehen. (\Venn natürlich die Bundesfürsten als Ver- treter ihres Bundesstaates mit einem anderen Bundesstaate eine Streitigkeit zu erledigen haben, findet Art. 76 ohne weiteres Anwendung!) Kekule von Stradonitz hat durch Prüfung der Terminologie der Reichsverfassung und in Hinblick auf Art. 11 der Deutschen Bundesakte, wo er statt „Bundesstaat“ schließlich das Wort ‚„Bundesfürst“ setzt, darzulegen versucht, daß unter Art. 76 I nicht nur „Staatenstreitigkeiten im strengen Wortsinn“, sondern auch Streitigkeiten über persönliche Ansprüche eines Fürsten fallen. Zu diesem Schluß kommt Kekule von Stradonitz zunächst einmal dadurch, daß er beweist, besonders durch Vergleichung des Art. 7, mit Art. 6, daß das Wort „Bunde»- staat“ genau dasselbe bedeute wie das Wort „Bundesglied‘“. Weiter legt er dann dar, daß „Bundesglied‘ vollkommen iden- tisch mit „Bundesfürst‘“ sei, so daß man ohne weiteres für „Bundesstaat“ das Wort ‚‚Bundesfürst“ setzen kann. Wenn wir auch ohne Änderung des Sinnes der einzelnen Artikel der Reichsverfassung statt Bundesstaat das Wort Bundes- glied und statt Bundesglied das Wort Bundesfürst setzen können, so berechtigt uns das doch noch nicht zu der obigen Folgerung, daß nunmehr auch Bundesstaat in jedem Fall synonym sei mit Bundesfürst. Daß dieser Schluß Kekules von Stradonitz’ zum mindesten nicht immer treffend ist, zeigt uns schon Art. 1 RV., wo die Vertauschung — statt Staat = Bundesstaat das Wort Bundesglied gesetzt — den ganzen Art. 1 unverständlich machen würde. Aber außer den Artikeln 52, 54, 58, 74 der Reichsverfassung zeigt uns besonders Art. 76 II. daß eine Vertauschung der beiden Aus- drücke: Bundesstaat und Bundesfürst, in diesem Absatz ab- solut keinen Sinn ergibt. Wir müssen also m. E. gerade im Art 76 RV. das Wort Bundesstaat sehr streng interpretieren 7) Kekule von Stradonitz, Archiv für öffentliches Recht, Bd. 14, 1899, S. 12 fl.