— 29 — m. E. wohl von einer Präsumtion, nicht aber von der Tat- sache sprechen, daß die vom Bundesrat einer Austrägal- instanz übertragenen Entscheidungen ipso jure als Erkennt- nis des Bundesrats anzusprechen sind. v. Seydel®°) ent- nimmt daher mit Recht aus dem Bundesratsbeschluß anläß- lich des Streites zwischen Preußen und: Sachsen über die Berlin-Dresdener Eisenbahn, daß das austrägalgerichtliche Urteil identisch mit einer bundesrätlichen Entscheidung wäre: „Der Bundesrat beschloß, die Erledigung dieses Streites dadurch herbeizuführen, daß das Oberappellations- gericht Lübeck ersucht wurde, einen Schiedsspruch zu fällen, und daß beide Regierungen für verpflichtet zu er- klären seien, sich diesem Schiedsspruche zu unterwerfen. Die Entscheidung vom 28. Juni 1877 wurde vom Bundesrat lediglich zur Kenntnis genommen, nicht durch Beschluß be- stätigt. Dies hätte geschehen müssen, wenn die von La- band verfochtene Ansicht die richtige wäre.“ $ 10. Wie nun schon oben erwähnt, kann der Bundesrat auch, statt den anhängigen Staatenstreit durch eine Austrägal- instanz entscheiden zu lassen, eine Entscheidung durch eigenen Spruch herbeiführen. Da dieser Spruch des Bundes- rats leicht, wenn auch unbeabsichtigt, Ungerechtigkeiten enthalten kann, ist dieses Recht des Bundesrats oftmals und ganz energisch bestritten. Denn es ist klar, daß für die Bundesratsmitglieder — die doch nicht wie die Richter nur dem Gesetze unterworfen sind und die ja nur als Vertreter ihrer Regierungen urteilen, aber nicht ihre eigene Meinung zum Ausdruck bringen — bei der Entscheidung der streiti- gen Angelegenheit gar zu leicht politische Gesichtspunkte mitmaßgebend sind. Daß also eine Selbstentscheidung des Bundesrats leicht große Härten enthalten kann und daher 6) v. Seydel, Bundesrat S. 17.