— 4 — gar nichts gesagt. Es können diese Begriffe aber auch gar nicht begriffen werden unter den Verfassungsstreitigkeiten, von denen der Art. 70 redet‘). Dieser Antrag wurde nun zwar abgelehnt, aber un- widersprochen hingenommen. Aus dieser Begründung Zachariaes folgert nun Perels?), „daß Streitigkeiten über die Thronfolgeordnung an sich nicht in die Kompetenz des Reiches fallen“. Dieser Schluß ist nın m. E. nicht gerechtfertigt. Zachariae bemerkt nur, daß Thron- folgestreitigkeiten nicht unter Verfassungsstreitigkeiten be- griffen werden können; im übrigen sagt er aber ja gerade, daß Streitigkeiten dieser Art „hier in Frage kommen können“. Zachariae steht also auf dem Standpunkt, daß es Thronfolgestreitigkeiten geben kann, die gleichzeitig als Staatenstreitigkeiten unter Art. 761 fallen können. Und das ist auch meine Ansicht. Ich würde Thronfolgestreitig- keiten dann als der Kompetenz des Bundesrat nach Art. 761 unterliegend ansehen, wenn sie gleichzeitig den Charakter von Staatenstreitigkeiten in dem oben ausgeführten Sinne haben, d. h. also, wenn sie wichtige materielle, positive Vor- aussetzung des Art. 6I erfüllen. Wann aber ist dies der Fall? Zweifellos dann nicht, wenn Agnaten eines regierenden Hauses, die sich auf einem außerdeutschen Thron befirkden, einen Anspruch auf Thron- folge erheben. Denn dann liegt ja keine Staatenstreitigkeit zwischen verschiedenen Bundesstaaten vor. Dasselbe gilt für den Fall, daß die streitenden Parteien alle als Angehö- rige des Hauses, das — um mit Binding?) zu reden — den Gegenstand des Streites, den Fürstenstuhl, innehat, ihre Sache verfechten, wenn keiner der Streitenden gleich- zeitig als Herrscher eines zweiten Bundesstaates auftritt. Wie aber liegt der Fall, wenn der Landesherr in einem 1) Holzendorff-Bezold, Materialien II S. 593/99. 2) Perels a.a O.S. 2. 3) Binding, Deutsche Juristenzeitung 1899 S. 13.