Vorbemerkung. „Belagerungszustand“ oder „Kriegszustand“ nennt man denjenigen Ausnahmezustand, der infolge einer Bedrohung des Staates durch innere oder äußere Feinde hervorgerufen ist und in dem zur Erhaltung des Staates und seiner öffent- lichen Sicherheit die konstitutionellen Schranken, die die Ver- fassung den Machthabern des Staates auferlegt hat, ganz oder teilweise beseitigt werden, die gesamte vollziehende Gewalt des Staates in einer Hand, sei es einer Militär= oder Zivil- behörde vereinigt wird und die strafrechtlichen Vorschriften hinsichtlich gewisser Vergehen, die die öffentliche Sicherheit besonders bedrohen, verschärft werden. Die Herbeiführung eines solchen Zustandes und seine gesetzliche Regelung — eine solche ist nötig, soll der Ausnahme- zustand nicht zu einer reinen Willkürherrschaft werden — war solange nicht erforderlich, als der Monarch uneingeschränkt, absolut herrschte. Das Bedürfnis tauchte erst auf, als die Ver- fassungen die Rechte des Herrschers beschränkten. Daher finden wir die ersten Anfänge des Belagerungszustandes und seine Regelung in der französischen Revolution: das Gesetz vom 8. Juli 1791 sah zum erstenmal einen 6état de siège für befestigte Plätze vor. Dieses Gesetz wurde im Jahre 1797 und später besonders durch das napoleonische Dekret vom 24. Dezember 1811 weiter ausgebaut, welches neben den Belagerungszustand noch den Kriegszustand (état de guerre) setzte. Diese Gesetze gelten in einem Teil des Deutschen Reiches, in der bayerischen Pfalz noch heute, soweit der Belagerungszustand wegen eines Aufruhrs verhängt werden soll, was allerdings nicht unbestritten ist (ogl. v. Suttner, Bayr. Ges. über den Kriegszustand S. 3). Sie sind die Vorbilder des preußischen Gesetzes geworden.