(291 ) §J 3. Wenn ein Individuum ausgewiesen werden soll, welches zufällig in dem einen Scaate geboren ist, in dem andern aber entweder Unterthanrecht erworben, oder mie Anle= gung einer Wirthschafe sich verheirarher, oder zehn Jahre hindurch gewohnt hat, so ist vor- zugsweise dieser letzte Staat dasselbe aufzunehmen verbunden. Hat der Auszuweisende in dem einen Staate Unterthanrecht erworben, in dem andern aber sich verheirather oder zehn Jahre gewohne: so soll der Staat, dessen Unterthan er ist, ihn aufzunehmen schuldig sein. Wenn endlich ein Auszuweisender, welcher in keinem der contrahirenden Staaten Unrerthan- rechte erlangt hat, in dem einen Staate in die Ehe getreten ist, in dem andern aber nach seiner Verheirathung zehn Jahre hindurch gewohnt hat: so liegt dem zuletzt genannten Staate die Pflicht zu seiner Aufnahme ob. § 4. Ist auf den Auszuweisenden keine der im § 3 enthaltenen Bestimmungen an- wendbar: so muß der Scaat, in welchem er sich befindet, ihn vorläufig behalten. § 5. Verheirarhete Personen weiblichen Geschlechts sind als Angehörige des Staats anzusehen, dem ihr Ehemann nach den vorstehenden Bestimmungen angehört. Dasselbe gilt von Wirkwen, so lange nicht während ihres Wittwenstandes eine Veränderung einge- treten ist, durch welche sie nach den Grundsätzen dieser Uebereinkunft Angehörige eines an- dern Staaks werden, als welchem ihr gewesener Ehemann angehört hat. Jedoch soll Wietwen und geschiedenen oder von ihren Ehemännern verlassenen Ehe- weibern die Rückkehr in den Seaat, dessen Angehörige sie, vor ihrer Verheirathung, nach den Bestimmungen dieser Uebereinkunft waren, dann freistehen, wenn die Ehe innerhalb fünf Jahren nach deren Schließung wieder getrennt worden und kinderlos geblieben ist. § 6. Hat ein Unterthan des einen contrahirenden Staats sich seines Unterthanen- rechts in demselben durch irgend eine Handlung verlustig gemacht, ohne Angehöriger des andern Staats geworden zu sein: so ist der zuerst bezeichnete Staak schuldig, ihn bezie- bungsweise zu behaléen oder wieder aufzunehmen. § 7. Handlungsdiener, Handwerksgesellen und Dienstboten, mit Einschluß der Schä- fer und Dorfhirten, welche ohne Anlegung einer Wirthschafe, ingleichen Zöglinge und Studirende, welche der Erziehung oder des Unterrichts wegen irgendwo verweilen, werden durch diesen Aufenthalt, wenn derselbe auch länger als zehn Jahre dauert, nicht Angehö- rige des Stagts, in welchem sie sich aufgehalten haben. Zeitpaͤchter sind den vorstehend benannten Personen nur dann gleich zu achten, wenn sie nicht entweder persönlich, oder mie ihrem Hausstande und Vermögen an den Ort der Pachtung sich begeben und während der Dauer derselben dort gewohne haben. § 8. Koönnen die Behörden der beiden contrahirenden Staaten über die Verpflich- tung des Staaks, dem die Aufnahme eines Auszuweisenden angesonnen wird, sich nichr vereinigen, und ist die Meinungsverschiedenheit auch im diplomatischen Wege nicht zu be- seitigen, so wollen die beiden contrahirenden Regierungen den Srreitfall zur compromissa- rischen Enrscheidung eines solchen dritten deutschen Bundesstaates, welcher sich mit beiden