( 353 ) 109.) Verordnung zu Abstellung der bei Gelegenheit der Taufen stattfindenden schädlichen Gewohnheiten betreffend; vom 22sten October 1840. D. Vollziehung der heiligen Taufe und die Theilnahme an derselben wurde bisher ofe von mancherlei Gewohnheiten begleiter, welche nicht allein dieser heiligen Handlung fremd, sondern sogar dem Zwecke derselben widersprechend und für die Gefühle der Andacht und christlichen Erbauung, womit jeder Theilnehmende sich ihr nahen sollee, störend, auch wohl für den Täufling selbst gefährdend sind. Namentlich gehört dahin das unter den ge- bildeten Ständen bereits mehrentheils aus der Uebung gekommene, jedoch hin und wieder noch herrschende Vorurtheil, daß den männlichen Parhen obliege, ihre Mitgevatterinnen zu beschenken, die unter den niederen Classen fast allgemein herrschende Gewohnheit, unter verschiedenen Namen von Eingebinde, Bettgeld und dergleichen, Geschenke in dem Tauf- hause selbst darzubringen, welche die Kräfte der Schenkgeber, wenn diese unbemittelt sind, oft weit übersteigen und gleichwohl selten dem an sich löblichen Zwecke entsprechen, den Täufling zu seiner Auferziehung eine nützliche Beihülfe zu gewähren, endlich insbesondre auf dem Lande das die Grenzen einer mäßigen Ergößlichkeit überschreirende Jechen in den Wirkhshäusern und Au:srichten besondrer Schmausereien und Tanzgelage. Alles dieses hat zur Folge, daß eine Taufe nicht selten von den Aeltern des Kindes als ein Gegen- stand der Gewinnsuchte, von den nicht unmirtelbar bei der religiösen Handlung Betheilig- ten als ein Gegenstand der Vergnugungssuche, von den Gevattern aber, statt daß sie das ihnen aufgekragene Geschäft als ein Werk christlicher Liebe mit Bereitwilligkeit und Freude verrichten sollten, wegen des damit verbundenen unverhälcenißmäßigen Kostenaufwands, als ein Gegenstand ängsilicher Besorgniß und entschiedener Abneigung betrachtet wird. Die unterzeichneren Ministerien haben daher, nach erfordertem gutachtlichen Berichte sämmtlicher Kreisdirectionen und des evangelischen Landesconsistorie, für nothwendig er- achtet, die bestehenden gesetzlichen Vorschriften zu Abstellung jener schädlichen Gewohnhei- ten wieder einzuschärfen und mit Allerhöchster Genehmigung Folgendes zu bestimmen: § 1. Die Pathen sowohl, als die Aeltern des Kindes und die Hebamme, oder die- jenige Person, deren Obhut zunächst das Kind anvertraut ist, haben an dem Tauftage vor Vollziehung der Taufe sich jedes Besuchs und Zechens in den Wirchshäusern, wie schon in den Generalartikeln von 1580, Art. VI. verb. „Nachdem an etlichen Orten“ (C. A. I. pag. 669) und in der Polizeiordnung von 1661, Tit. 17, §& 6 (ebendaselbst pag. 1583), ingleichen in der Oberlausitz durch das Oberamespatent vom 23sten Juli 1779, (ebendaselbst Cont. II, P. 3, pag. 26) nachdrücklich untersagt worden, unbedingt zu ent- 1840. 49