( 200 ) thun, um die Ausführung des Verbrechens, je nach Verschiedenheit der Fälle, durch An- zeige bei der Obrigkeit oder einem der nächsten Aufsichtsbeamten, oder durch Benachrich- tigung des Bedrohten, oder auf jede andere gesetzlich statthafte Weise zu verhindern, dafern nicht die Verhinderung mit Gefahr für ihn selbst oder seine Angehörigen verbunden ist. Die Verletzung dieser Pflicht zieht, wenn es sich um das Verbrechen des Hochverrathes, des militärischen Verrathes (Militärstrafgesetzbuch §9 81, 82), des Staatsverrathes, des Aufruhrs, des Mordes, der Körperverletzung unter den Art. 169 angegebenen Verhält- nissen, des Raubes, der Nothzucht, des Diebstahls mit Waffen, der Brandstiftung, oder des Falschmünzens handelt, Gefängniß= oder Arbeitshausstrafe bis zu vier Jahren nach sich. Ist bei Unterlassung der Verhinderung nicht zugleich ein eigener Vortheil beabsich- tigt oder eine Amtspflicht verletzt worden, so kann in Fällen, wo keine höhere Strafe als sechs Monate Gefängniß als angemessen erscheint, statt der Gefängnißstrafe auf Geldstrafe bis zu sechshundert Thalern erkannt werden. Bei anderen Verbrechen soll die Unterlassung der Verhinderung dann, und zwar mit Gefängniß bis zu einem Jahre bestraft werden, wenn dieselbe wegen eines eigenen mittel- baren oder unmittelbaren Vortheils dabei, oder mit Verletzung einer Amtspflicht geschehn ist, und das Verbrechen, um dessen Nichtverhinderung es sich handelt, zu den von amts- wegen zu bestrafenden gehört. « Art.71. Unterlassene Anzeige begangener Verbrechen. Die unterlassene Anzeige bereits verübter Verbrechen wird mit Gefängniß oder Arbeits— haus bis zu zwei Jahren bestraft, wenn derjenige, welcher sie unterlassen hat, zur Anzeige amtshalber verpflichtet war, oder wenn er wußte, daß statt des ihm bekannten Thäters ein Unschuldiger deshalb sich in Untersuchung befinde, oder Strafe verbüße. Art. 72. Ausnahme. Die nicht zum Voraus versprochene Begünstigung eines Verbrechens (Art. 61 erster Absatz) und die Unterlassung der in Art. 70 und 71 vorgeschriebenen Anzeigen und Be- nachrichtigungen ist straflos zu lassen, wenn sie aus Rücksicht auf verwandtschaftliche, schwäger- schaftliche, oder nahe häusliche Verhältnisse, und weder um eigenen Vortheils willen, noch aus eigenem Interesse an der That stattgefunden hat. Diese Bestimmung leidet auf diejenigen, welche amtshalber zur Verhütung oder An- zeige von Verbrechen verpflichtet sind, nicht Anwendung. Geistliche, welche durch die Beichte oder durch andere im Vertrauen auf ihre geistliche Amtsverschwiegenheit erfolgte Mittheilungen Kenntniß von dem Vorhaben eines der im Art. 70 erwähnten Verbrechen, oder davon, daß sich wegen eines Verbrechens ein Un-