— 698 — gelegen sein lassen, auf die sittlichen Mächte, die in der Geschichte der Menschheit wirksam gewesen sind, wie auf die ernsten Lehren, die aus ihr zu ziehen sind, ein— dringlich hinzuweisen und die Gegenwart aus der Vergangenheit verstehen zu lehren. Nicht minder aber soll er im Auge behalten, daß man die Vergangenheit besser begreift, wenn man die Formen des öffentlichen Lebens in der Gegenwart kennt. 3. Kenntnis der wichtigsten Ereignisse und der bedeutendsten Persönlichkeiten der deutschen Geschichte kann von den Schülerinnen, die in die Studienanstalt eintreten, erwartet werden. Aber die Schule muß sich dessen vergewissern; darum ist ein wieder— holender und ergänzender Überblick über die deutsche Geschichte in Untertertia unerläß— lich. Als Abschluß eines vorausgegangenen ersten Lehrgangs kann diese Wieder— holung mit der Gegenwart beginnen, mit einer Übersicht über die staatlichen Ver— hältnisse Deutschlands in den dieser Klasse verständlichen Hauptzügen. Die Frage: Wie ist das heutige Reich entstanden? findet ihre Beantwortung in der Geschichte des deutschen Bundes und seiner Auflösung und in der Darstellung der Kriege 1866 und 1870/71. Die Frage: Warum wurde auf dem Wiener Kongreß eine Neuordnung notwendig? leitet über zur Geschichte der Fremdherrschaft und des Befreiungskrieges, und ebenso kann die Periode von 1648—1806 der Reformationszeit und der Geschichte des Dreißigjährigen Krieges vorausgeschickt werden. Das deutsch-römische Kaisertum im Mittelalter ist als eine große Einheit zu behandeln, wobei die charakteristischen Hauptzüge möglichst herauszuarbeiten sind. Selbstverständlich ist in allen Zeit- abschnitten die Geschichte Sachsens und seiner Fürsten gebührend zu berücksichtigen. Auf die Belebung durch Einzelbilder wird besonderes Gewicht zu legen sein; doch sind auch schon auf dieser Stufe die wichtigsten staatsbürgerlichen Begriffe zu klarem Verständnis zu bringen. 4. Eine ausführliche Behandlung der morgenländischen Geschichte, die durch den Religionsunterricht der Obertertia ergänzt wird, ist abzulehnen; sie ist nur soweit zu berücksichtigen, als das Morgenland das Abendland beeinflußt hat. In der griechischen Geschichte ist die älteste Zeit lediglich als Kulturgeschichte zu behandeln: Das kretische und mykenische Zeitalter, das Homerische Zeitalter, die Bildung des Stadtstaates, die Kolonisation. Dagegen sind die wirkenden Persönlichkeiten des 6. bis 4. Jahr- hunderts, ebeuso wie die der römischen Geschichte vom 3. Jahrhundert an ins Licht zu rücken. Dem Hellenismus, besonders den Bildungszentren in Alexandria, Athen und Pergamon, wie der Kultur des römischen Kaiserreichs gebührt ein größerer Raum, als bisher üblich gewesen ist. Es bleibt übrigens dem Lehrer überlassen, die morgen- ländische, griechische und römische Geschichte zu einer Geschichte der Mittelmeerländer im Altertum zu verbinden, wie auch die Erdkunde in Obertertia diese Länder als eine Einheit auffassen wird.