Zweites Kapitel. Die Entstehung des deutschen Reiches, 8 6. Wir erkennen an, dass der juristische Entstehungsgrund eines Rechtsverhältnisses und einer Rechtsnorm über die innere Natur derselben nicht entscheidet. Wir erkennen ins- besondere an, dass ein Bund mehrer, bisher suveräner Staaten, welcher die wesentlichen Merkmale des Bundesstaates an sich trägt, sich auch dann nicht in ausschliesslich vertragsmässige Beziehungen der Einzelstaaten auflösen und seine Verfassung ausschliesslich als Vertragsinstrument auffassen lässt, wenn dieselben durch ‚völkerrechtlichen Vertrag entstanden sind. Nichts desto weniger wird bei der Frage, ob die wesentlichen Merkmale eines Bundesstaates von den Betheiligten gewollt sind, sowie bei der andern Frage, ob und inwieweit auch der gewollte Bundesstaat und seine Verfassung mit vertragsmässi- gen Elementen durchsetzt sind, der Umstand eine massgebende Bedeutung haben, ob und unter welchen nähern Modalitäten der Bund der Staaten durch völkerrechtlichen Vertrag ent- standen ist, ob und inwieweit der geschlossene Vertrag auch nach der Verwirklichung des Bundes noch dauernde recht- liche Wirksamkeit entfaltet. Unter diesem Gesichtspunkte betrachten wir die Ent- stehung des deutschen Reiches und zunächst seines Vorgängers, des norddeutschen Bundes. I. Der norddeutsche Bund. Den rechtlichen Ausgangspunkt für die Begründung des norddeutschen Bundes bildet der Bündnissvertrag zwischen