300 Dritter Zeitraum. Weisungen. Deutscherseits waren alle Vorsichtsmaßregeln getroffen. Die See— zeichen waren entfernt, alle Feuer der Leuchttürme gelöscht, die Lotsen nach dem Binnenlande gebracht und die gefährdeten Punkte stark befestigt. Der Befehlshaber der Küstenlande, General Vogel von Falckenstein, bildete aus Kriegern und Bürgern eine Wacht am Meer, die aber kaum einen Fran— zosen gesehen hat. Eine von der französischen Ostseeflotte beabsichtigte Be— schießung Kolbergs unterblieb; auch die Nordseeflotte beschränkte sich auf die Blockade der Flußmündungen. Die deutsche Seemannschaft brannte vor Ver- langen, sich mit den Franzosen zu messen, und wenn sie auch einen ernsthaften Kampf nicht wagen durfte, so neckte sie den Feind doch, wo sie nur konnte. Kapitän Weickhmann schreckte mit der Korvette Nymphe die französische Flotte bei Neufahrwasser am 22. August aus ihrer trägen Ruhe; ebenso holte er aus dem Schutz der Strandbatterien an der normännischen Küste drei mit Vorräten beladene französische Schiffe. Den ehrenvollsten Kampf führte im November der Kapitänleutnant Knorr, der mit dem Kanonenboot Meteor einen französischen Aviso auf der Reede von Havanna zum Kampf heraus- forderte und nach zweistündigem Gefecht zur Rückkehr in den Hafen zwang. Auch dadurch haben die Franzosen uns nur wenig geschadet, daß sie deutsche Handelsschiffe abfingen; im ganzen haben sie ctwa vierzig aufgebracht. Im September kehrte die französische Flotte heim; ihre Bemannung fand dann im Landbkriege, besonders bei der Verteidigung von Paris, Verwendung. Paris war vollständig eingeschlossen, aber die eigentliche Belagerung dieser durch Natur und Kunst geschützten Riesenstadt hatte man noch nicht beginnen können. Die Seine nimmt kurz vor ihrem Eintritt in die Stadt die vielfach gewundene Marne auf, und nach ihrem Austritt aus derselben bildet sie große Schlangenwindungen, wodurch sie vor der Stadt drei parallele Wasserläufe zieht. Dazu war diese seit 1840 befestigt worden. Eine durch Basteien verstärkte Umwallung umschloß den Stadtkörper, in weiterem Kreise lagen 16 Forts, von denen das auf dem Mont Valerien das stärkste war. Die Stadt war mit Lebensmitteln, Geschützen und anderem Verteidigungsgerät sehr reichlich versehen und wurde von einer der Ein- schließungsarmee an Zahl mehr als doppelt überlegenen Besatzung verteidigt. König Wilhelm hatte sein Hauptquartier nach Versailles verlegt; er wohnte in dem einfachen Gebäude der Präfektur, während das Schloß zu einem Lazarett eingerichtet war: in den mit Bildern aus der Ruhmezgeschichte Frankreichs geschmückten Sälen lagen jetzt deutsche Soldaten. Von Versailles aus wurden von nun ab sämtliche Bewegungen der deutschen Heere geleitet. Die in einer 90 km langen, daher sehr dünnen Linie aufgestellten Belagerungs- truppen hatten sich nicht nur gegen die Ausfälle der Besatzung, sondern auch gegen Angriffe im Rücken zu verteidigen; dazu fehlte es ihnen bis Weihnachten an grobem Geschütz. Anfänglich war die Verbindung mit der Heimat ge- stört, die Schienen waren aufgerissen, Lokomotiven und Wagen nach dem Westen entführt, so daß die Truppen Mangel litten, später trafen die Sen- dungen in reichlicher Fülle ein. Die deutsche Post löste überhaupt während des ganzen Krieges ihre Aufgabe in unibertrefflicher Weise. Soweit die Truppen vordrangen, stellten besondere Feldabteilungen sofort die telegraphische