— 7.— I. Das obererzgebirgische Bauernhaus. 1. Haus, Hof, Garten, Jeld. Das obererzgebirgische Bauernhaus1) in seiner älteren Form zeigt, abgesehen von Rittergütern, Erblehngerichten und vereinzelten größeren Bauerngütern, deren Gebäude ein förmliches Hofviereck bilden, die An- lage des dreigeteilten Hauses. An das Wohnhaus sind, in derselben Flucht wie dieses verlaufend und unter gleichem Dache, die Ställe an- gebaut, die durch den Flur des Wohnhauses zugängig sind, ihren Eingang für das Vieh aber von der Langseite haben. An die Giebelwand des Stalles reiht sich die Scheune mit dem Schuppen an, der aber auch nicht selten allein steht. In seiner jüngeren Form stehen entweder Scheune und Schuppen in einem Gebäude oder getrennt in zwei Gebäuden neben dem Wohnhause mit den Ställen. Vor dem Hause liegt der offene Hofraum mit Düngerstätte, die aber auch an der Giebelseite des Hauses oder hinter diesem in dem sich anschließenden Grasgarten gelegen ist. Wohnhaus und Stall sind gewöhnlich im Erdgeschoß von Bruchstein- mauerung in Lehm, wohl auch von bloßem Balkenwerk mit Lehmziegeln ausgesetzt, das Stockwerk aus Fach= oder Klebewerk erbaut. Die Giebel- wände des Dachraumes bestehen entweder nur aus einem Bretterverschlag oder aus einem solchen mit darunter befindlichem Bundwerk. Die schwarz, rot, braun oder blau angestrichenen Balken heben sich kräftig von dem vorherrschend weißen Anstrich der Mauerflächen ab. Dem Anstrich der Balken entsprechen die Rahmen, Türen und Fensterläden, die nur im Erdgeschoß vorhanden sind. Die ehemals kleinen Fenster mit vier bis sechs Scheiben, von denen eine in einen verschiebbaren Rahmen einge- lassen ist, wie sich solche noch vereinzelt erhalten haben, ließen eine nur ungenügende Belichtung und Lüftung der Innenräume zu. Uber der Haustür, deren Gewände aus Holzpfosten, seltener aus Stein besteht, stehen mitunter außer der Hausnummer die Aufangsbuchstaben des Be- sitzers und das Jahr der Erbauung. Die Tür selbst, mitunter sehr niedrig, ist vereinzelt noch als Gatter-Tür eingerichtet, d. h. in halber Höhe geteilt, so daß die untere Hälfte den Tieren den Eintritt ins Haus verwehrt, während die obere Hälfte zurückgeschlagen werden kann, um Licht und Luft hereinzulassen, welchem Zwecke auch ein kleines über der Tür angebrachtes Fenster dient. Unter den Wohnstubenfenstern bis zur Haustür zieht sich ein mit Steinen belegter Weg, „'s Pflaster“. Die Dächer sind vielfach noch mit Stroh oder Schindeln gedeckt. Erst aus neuerer Zeit stammt die Schieferbedachung. Der First ist bei Strohbedachung, wenn diese nicht gleich überzogen ist, mit zwei bis drei Latten Schindeln belegt. Dachrinnen gibt es an alten Gütern ziemlich 1) Vgl. hierzu Gruner, „Haus und Hof im sächs. Dorfe“ in Wuttke, Sächs. Volkskunde, S. 382 ff. Meine Arbeit „Von Sachsens Bauern an der altenburgischen Grenze“ in Mitt. d. V. f. s. V., Bd. II, S. 12 ff. — Meine Beschreibueg erstreckt sich nur deshalb auf Güter mit ca. 30 Acker Besitz, weil diese im oberen Erz- gebirge weit in der Mehrzahl vorhanden und sonach typisch sind.