— 139 — wochenlange Schmausereien an, und in den heiligen Hainen wurden Opferschmäuse begangen, an denen die Geister und ihre Führer selbst mit teilnahmen. Weil nun auch die Seelen der Abgeschiedenen in die Zukunft schauen und dem Menschen das dunkle Kommende enthüllen konnten, so waren diese Tage die Zeit der Weissagung und des Zaubers, wo Geisterbanner und Wahrsager besonders ihr Wesen trieben. Zu diesem altgermanischen Glauben und Kult finden sich noch heute in den Sitten und Gebräuchen, im Aberglauben zur Weihnachts- zeit mannigfache Beziehungen. Denn als das Cbristentum sich der heidnischen Religion bemächtigte, ließ es nicht nur dem Volke die meisten Bräuche und Kulthandlungen, soweit sie der christlichen Religion nicht feindlich gegenübertraten, sondern es nahm sie sogar in sich auf, nur schob es ihnen einen andern Sinn unter und veränderte das, wovon sich der germanische Geist nur schwer trennen konnte, in der Weise, daß der Bekehrte mit den gewohnten Sitten und Symbolen allmählich einen andern Sinn verband, „so daß durch diese Perversion der heidnischen Formen die neue Lehre zu geräuschlosem Siege einzog.“ Und eine reizvolle Aufgabe ist es für den Forscher, Vergleiche anzustellen zwischen den alten heidnischen Vorstellungen und den späteren christlichen Aus- legungen, verwandten Zügen nachzuspüren, die beide miteinander ver- binden. Freilich darf man dabei nicht außer acht lassen, daß auch viele der Bräuche und Sitten erst die Einführung des Christentums mit sich gebracht hat, erst in späthistorischer Zeit oder in Anlehnung an andere Festgebräuche geschaffen worden sind. Die Adventzzeit. Mit dem Beginn der Adventszeit zieht schon der volle Zauber der Weihnachtszeit ins Herz des Erzgebirgers ein; denn der größte Reiz des Festes liegt für ihn in der Zubereitung aller der Dinge, die nach altem Brauche am h. Abende nicht fehlen dürfen. Schon Wochen zu- vor „bästelt“ deshalb der Vater mit den Seinen an all den Dingen, die lediglich zur Ausschmückung des Festes und des Festraumes dienen, der gewissermaßen allen gemeinsam ist und an dem sich alle erfreuen sollen. Und dazu sind ja die stillen lichtlosen Wochen vor dem Feste wie geschaffen. Über der weltlichen Vorbereitung aber übersieht man die Bereitung des Herzens nicht. Außerordentlich gern werden die Adventsgottes- dienste besucht. In Ehr. blasen Musikanten während der Adventszeit und zwar wöchentlich dreimal vom Kirchturm aus „das Feldgeschrei“ in die stille Winternacht hinaus. In den 60er Jahren wurde der Turm illuminiert und daselbst die „Mette“, ein Transparent, aufgestellt mit der Inschrift: Gott segne unfre Stadt. Wenn auch nur noch ganz vereinzelt, stellt man am 1. Advent ein brennendes Licht, am 2. zwei, am 3. drei, am 4. vier in der Hausflur oder im Vorsaal auf und legt zu der Meistzahl der Lichter Speisen hinzu zum Zeichen, daß alle bereit sind auf den Einzug des Herrn (Gey.)